"Das Gude Börnla", der "Gute Brunnen"
Die Geschichte:
(Verfasser: Hella Tegeler)
(Quelle: Kulke, Heinz: Schlesischer Gebirgsbote Nr. 13/1963
Welche Schömbergerin, welcher Schömberger kennt nicht die Geschichte des "Guden Börnla"? Wohl jeder ist früher einmal zu diesem Brunnen gegangen.
Über die Liebauer Straße wanderte man aus Schömberg hinaus in Richtung Ullersdorf zur "Roten Höhe". Von hier aus war es nicht mehr weit, bis zum "Guden Börnla". Beim Kilometerstein 5.3 führte nach links ein kleiner Fußpfad. Etwa 20 Meter von der Straße entfernt, war die Quelle des heilenden Wassers zu sehen. Sie war in einen aus wuchtigen Steinquadern zusammengefügten Schacht gefasst, der etwa eine Tiefe von zwei Metern und eine Innenweite von anderthalb Metern aufwies. Einst mag dieser Steintrog viel weiter aus dem wasserreichen Erdreich herausgeragt haben, aber die Jahrzehnte und Jahrhunderte seiner Existenz haben ihn versinken lassen. Deutlich waren an der verwitterten Einfassung des Brunnens die Reste einer barocken Simsprofilierung zu erkennen.
Kein Geringerer als der auch als Heimatforscher bekannt gewordene Pater Nikolaus von Lutterotti hatte einst im Archiv der Abtei Grüssau bei seinen Nachforschungen einen bedeutsamen Fund über die Geschichte des Brunnens entdeckt.
Aus dieser archivalischen Aufzeichnung geht hervor, dass am 22. Juli 1739 der Grüssauer Prälat Abt Benedikt II. Seidel mit dem Klosterarzt Dr. Zacharias Wiehl das "Gude Börnla" besuchte. Der Grüssauer Abt ließ bei dieser Gelegenheit durch den Schömberger Stadtvogt Friedrich Bernhard Gintschel über die Geschichte der Quelle Nachforschungen und Ermittlungen vornehmen. Nach dieser Schilderung scheint die Quelle in der Zeit des Wirkens des Grüssauer Abtes Bernhard Rosa entsprungen zu sein. Wörtlich lautet der Bericht, den der Stadtvogt Gintschel nach Abschluss seiner Ermittlungen abfasste, wie folgt:
"Den 22. Juli 1739 bin ich mit dem hiesigen Herrn Doctor nach Schömberg gefahren, um den sogenannten Guten oder Heiligen Brunnen zu sehen, wohin durch eine Zeit viel Leute zugelaufen, dasiges Wasser zur Gesundheit zu gebrauchen. Bei meiner Ankunft habe ich auch verschiedene Leute alleda angetroffen, das Wasser selbst getrunken, auch einige Flaschen angefüllt und mit mir genommen, um selbiges in hiesiger Stiftsapotheke zu probieren, was für eine Wirkung es in sich führe. Nach der Aussage der Alten soll der Brunnen in der elften Stunde gegen Mittag entsprungen sein, da ein Schafhirte aus dem Schömberger Vorwerke die Schafe geweidet, und gesehen, daß dies Wasser einen Bogen gemachet gleich wie eine Röhre auslaufet.
So hat er sich daraus gewaschen und weil er auf einem Auge blind gewesen, hat er ein Krimmern und Hitze darin empfunden; welches er nun öfters getan und hiermit sich das Häutlein zerteilet, daß er sein gutes Gesicht wieder bekommen hat. Darum dieser Brunnen bis heutigen Tages danach der "Gute oder der Heilige Brunn" benannt wird. Wenn man die Leute gefraget, "wo geht ihr hin?", sagten sie, "nach Schömberg zum Guten Brunn oder Heiligen Brunn"!
Allda hat gestanden ein Kruzifixbild, unter dem Kreuze die Schmerzhafte Muttergottes. Dabei waren auch zwei Hütten mit Pfählen in die Erde geschlagen, mit Ruten ausgeflochten, oben mit Schrauben gedecket, inwendig etliche Bretterbänke angemachet, daß die Leute darauf könnten sitzend wegen des Regens oder der Hitze sich aufhalten.
Solchen Brunnen sollen viel Tausend Menschen besucht, viel Bresthafte sich daraus gewaschen, die an Armen und Beinen Reißen gehabet, oder Augen- und Hauptschmerzen, oder geschwollene Schenkel, und sind alle zur Gesundheit gekommen und habe ich solches auch an mir selbst empfunden. Da Herr Abt Bernhardus Rosa Stadtrecht in Schömberg gehalten und den Brunnen einzufassen und einen Bademeister zu halten resolvieret und alles ausmessen lassen, soll der Brunnen das Wasser verloren haben. Da dies der gnädigen Obrigkeit beigebracht worden, soll der Herr Abt Bernardus zur Antwort gesagt haben. "laßt den Brunn Brunn sein und laßt baden, wer da will". Und ist darauf das Wasser wieder gekommen. Dieses hat mir eingehändigt Friedrich Bernhard Gintschel, Vogt in Schömberg."
Nach den Forschungen Lutterottis war der Brunnenschacht des Brunnens einst mit einem Gitter versehen gewesen, das den Brunnen vor Verunreinigung schützen sollte. In den Stein des Brunnenschachtes war eine tiefe Furche eingegraben, das zeugt von den vielen, zahllosen Wasserschöpfungen, die hier von Männern, Frauen und Kindern vorgenommen wurden.
Neben der Quelle stand unter drei Fichten ein Steinobelisk mit einem Kreuz. Dieser Steinobelisk wurde im Jahre 1722 errichtet. Auf dem Obelisk war ferner die Jahreszahl 1857 zu sehen, in jenem Jahre nämlich wurde das Kreuz durch den Schömberger Vorwerksbesitzer Paul Schal erneuert. Die Quelle gehörte früher zum Grund und Boden des Schömberger Stadtvorwerkes, dessen Lände-reien sich bis zur "Roten Höhe" und darüber hinaus erstreckten. Das Stadtvorwerk selbst aber befand sich dort, wo später die Textilwerke der Leinenfabrik Methner und Frahne errichtet wurden.
Als um 1880 die Chaussee von Liebau nach Schömberg erbaut und zu diesem Zwecke ein hoher Straßendamm aufgeschüttet wurde, hemmte dieser Damm den Abfluss des Quellwassers. Deshalb versumpfte die Wiese, aber die Quelle behielt trotzdem ihr klares, reines Wasser.
Heute ist der Brunnen total verwildert.
So sah der Brunnen vor 1945 aus.
(Bild von Herrn Arnold Wittwer aus Bensheim).
Die drei folgenden Bilder wurden von Herrn Bernhard Puschmann aus Niebüll zur Verfügung gestellt (Aufnahmen: 1990).
Gerhard Puschmann (s. Markt Nr. 27)
am "Gude Börnla"
Der Brunnenschacht
Gerhard Puschmann vor dem Obelisk.
Der Brunnen im Jahre 2008
(Bild von Herrn Arnold Wittwer, Bensheim)
Der Brunnen im Jahr 2016.
(Bild von Herrn Arnold Wittwer aus Bensheim)