Frantz, Martin

Baumeister
*       03.1679 in Reval                                                         + 06.11.1742 in Liegnitz
Wirkungsstätte: Landeshut

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Martin Frantz ging als der große Baumeister der Gnadenkirchen in Hirschberg und Landeshut in die Geschichte ein. Das Licht der Welt erblickte er im März 1679 in Reval, das damals noch zu Schweden gehörte, als Sohn des Stadtbaumeisters Martin Frantz und dessen Ehefrau Elsgen, geb. Seger. Sein Vater war um 1670 berufsbedingt von Dresden nach Reval gezogen. Um in der Stadt eine Arbeitserlaubnis zu erhalten, musste er durch eine nachgewiesene Heirat sesshaft werden, so dass er am 04.12.1671 mit Elsgen Seger getraut wurde. Aus dieser Ehe ist neben dem Sohn Martin noch die Tochter Anna Elisabeth hervorgegangen. Ihm war es nicht vergönnt, seine Kinder heranwachsen zu sehen. Im August 1684 verstarb er und wurde am 29.09.1684 auf dem Friedhof von St. Olai in Reval beigesetzt. Seine Witwe heiratete zwei Jahre später seinen Nachfolger im Amt des Revaler Stadtbaumeisters, Georg Winkler.

Georg Winkler bemühte sich sehr um die Erziehung seiner Stiefkinder. Aus einem Protokoll vom 27.01.1691 geht hervor, dass er sich bemühte, seinen Stiefsohn Martin im Zeichnen und all den Fertigkeiten zu unterrichten, die er als Architekt brauche, um später auf eigenen Füßen zu stehen. Am 21.11.1691 wurde Martin Frantz in das Jungenbuch des Maurermittels zu Reval eingetragen und sein Stiefvater übernahm für ihn die Bürgschaft. Am 18.02.1697 erfolgte die Eintragung in die Revaler Gesellenliste. Nun begann für ihn die Zeit der üblichen Wanderschaft. Stationen seiner Gesellenwanderschaft sind nicht bekannt. In seinem Buch über die Baumeisterfamilie Frantz nimmt Dr. Günther Grundmann an, dass der Baumeister von Reval über Stockholm und Pommern nach Schlesien gekommen ist. Laut Grundmann soll Frantz in Breslau Verbindung zu dem damals sehr bekannten Baumeister Johann Georg Knoll aufgenommen haben, der Gesellen für seine auswärtigen Arbeiten suchte. U. a. hatte Knoll den Auftrag zum Bau des Jesuiten-Kollegs in Liegnitz erhalten und mit den Arbeiten 1698 begonnen. Als neuer Geselle wurde nun Martin Frantz nach Liegnitz entsandt und trat mit großem Engagement an seine neue Aufgabe heran.

In Liegnitz fühlte sich Martin Frantz sehr wohl. Nicht nur die Arbeit bereitete ihm große Freude, auch privat fand er sehr schnell Freunde, die ihm das Einleben erleichterten. Neben bekannten Liegnitzer Familien gehörte u. a. auch die Familie des Hirschberger Stadtmaurermeisters Caspar Jentsch zu seinem Freundeskreis. In Liegnitz lernte er die Tochter des Tischlers Christian Schönwälder kennen, Barbara Elisabeth Schönwälder. Die jungen Leute verliebten sich und wurden im Januar 1705 in der Peter-Paul-Kirche in Liegnitz getraut. Acht Tage vor der Trauung hatte Martin Frantz das Liegnitzer Bürgerrecht erworben und mit dem Tag der Trauung erhielt er das Meisterrecht in Liegnitz. Die Ehe blieb viele Jahre kinderlos. Erst am 31.12.1709 wurde Tochter Johanna Wilhelmina geboren, die aber bereits am 21.06.1711 verstarb. Am 1. Oktober 1712 erblickte der Sohn Carl Martin das Licht der Welt und ein Jahr später noch eine Tochter. Ebenso wie Vater und Großvater wurde auch Carl Martin Frantz Baumeister.

Nach dem plötzlichen Tod seines Arbeitgebers Knoll im Jahre 1704 führte Martin Frantz die Arbeiten am Jesuiten-Kolleg in Liegnitz weiter und beendete das Werk 1707. Maßgeblich beteiligt war er am ersten Bauabschnitt der bekannten Liegnitzer Ritterakademie. Es handelte sich hierbei um eine Schule für Angehörige des schlesischen Adels, die später auch dem Bürgertum offen stand. An diesem Institut war von 1788 bis 1789 der preußische Minister und große Schulreformer Karl Abraham von Zedlitz als Direktor tätig.

Viele bekannte Bauwerke in Schlesien wurden von Martin Frantz nachweisbar entworfen und ausgeführt, andere Bauten werden ihm aus stilistischen Gründen zugeschrieben. Neben den Gnadenkirchen in Hirschberg und Landeshut baute er u. a. laut Grundmann die Probsteikirche in Warmbrunn, die Pfarrhäuser in Hirschberg und Landeshut, die Corpus-Christi-Kirche in Sprottau, das Schloss in Schönwaldau, die katholische Kirche in Rengersdorf, die Barockisierung der katholischen Pfarrkirche in Sagan. Stilistisch zugeschrieben werden ihm u. a. die Schlösser in Brauchitschdorf, Gröditzberg und Lomnitz sowie der Rathausturm in Sprottau, die Türme der katholischen Kirchen in Schmellwitz und Harpersdorf sowie die Türme der evangelischen Kirchen in Harpersdorf und Pilgramsdorf. Ebenfalls zuzuschreiben ist ihm laut Grundmann das Landeshuter Bürgerhaus am Markt Nr. 29 (später Kaufhaus Schlums).

Der große Baumeister Martin Frantz starb am 6. November 1742 in Liegnitz. Nur fünf Monate später, am 4. April 1743, verstarb auch seine Ehefrau.

Quellen:

  • Dames, Theo: Zur Baugeschichte der Liegnitzer Ritterakademie
  • Grundmann Dr., Günther: Die Baumeisterfamilie Frantz
  • Langer, Andrea: Die Gnadenkirche "Zum Kreuz Christi" in Hirschberg
  • Stein, Erwin: Monographien deutscher Landschaften, Bd. III - Die Riesengebirgskreise

Die Gnadenkirche in Hirschberg

Die Gnadenkirche in Landeshut

Fritsch, Innozenz

Abt des Klosters Grüssau
* 06.03.1665 in Ottmachau                                                +  29.09.1737 in Grüssau
Wirkungsstätte: Grüssau

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Obwohl nicht im Kreis Landeshut geboren, ist Abt Innozenz Fritsch in die Geschichte von Grüssau als der Erbauer der neuen Abteikirche eingegangen, des monumentalen Marienmünsters. In der zum Breslauer Bistum gehörenden Stadt Ottmachau erblickte er als Gottfried Fritsch am 06.03.1665 das Licht der Welt, Sohn der Eheleute Johann Fritsch und Barbara, geb. Nöters. Der junge Gottfried wuchs mit zwei Schwestern auf, Regina Katharina und Anna Magdalena. Regina Katharina heiratete den Liebauer Bürger Kühn, deren Sohn später als Pater Andreas Zisterzienser-mönch in Grüssau wurde. Anna Magdalena ehelichte den Stiftsforstmeister Blaschke. Beide Schwestern wurden nach ihrem Tod (1735 bzw. 1734) in der Gruft der St.-Josephs-Kirche in Grüssau beigesetzt. Vater Johann Fritsch verdiente den Lebensunterhalt für seine Familie als Bierbrauer, verstarb aber bereits in sehr jungen Jahren.

Nach dem Besuch des Jesuitengymnasiums in Neisse und dem erfolgreichen Abschluss wurde Gottfried Fritsch am 15.11.1682 als Frater Innocentius in das Grüssauer Noviziat aufgenommen. Die Profess erfolgte am 21.11.1683. Das philosophisch-theologische Studium absolvierte er im Kloster Grüssau. Die Weihen zum Subdiakon und Diakon empfing er 1687 und 1688 in der Jakobuskirche in Neisse, wo er auch am 24.09.1689 zum Priester geweiht wurde. Danach übernahm der neue Priester Aufgaben verschiedenster Art. Im Herbst 1690 ernannte ihn Abt Bernhard zum zweiten Bibliothekar des Klosters. Ende 1694 wurde er "P. Kuchelmeister" und übte die Oberaufsicht über die Doppel-küche der Prälatur (mit häufigen Gästen) und des Konvents aus. Im Frühjahr 1697 wurde P. Innozenz auf Bitten einiger Offiziere des Regiments Sapieha vom neuen Abt Dominicus Geyer als Feldkaplan für den Türkenkrieg unter Prinz Eugen freigestellt.

Nach seiner Rückkehr in das heimatliche Kloster, im Jahre 1700, begann seine seelsorgerische Laufbahn in Schlesien. Stationen seines Wirkens waren Wittgendorf, Altreichenau und Warmbrunn. Im Alter von 62 Jahren (1727) wurde er Abt und übernahm die Leitung des Stiftes Grüssau und des ausgedehnten Stiftslandes. Mit seinem Namen untrennbar ver-bunden, ist der Bau der Abteikirche. Als Bauherr besaß er bereits Erfahrung. Als Pfarrer von Wittgendorf ließ er die dortige Pfarrkirche errichten und als Prior von Warmbrunn war er für den Bau der stattlichen Probsteikirche verantwortlich. Für den Bau des monumentalen Marienmünsters wurden viele Handwerker, Bildhauer und Künstler benötigt. Neben schlesischen Kräften kamen auch Personen aus Böhmen, Mähren, Österreich, Bayern und sogar aus Italien.

Am 21.11.1733 war es Abt Innozenz Fritsch vergönnt, die goldene Ordensprofess feierlich zu begehen. Zu diesem Anlass gab der Konvent dem Breslauer Goldschmied Benjamin Hentschel den Auftrag, den "Emanuelkelch" herzustellen, der ganz aus Dukatengold bestand. Nach diesen Feierlichkeiten begann der Abt zu kränkeln und hatte bereits Todesahnungen. Die große 50 Zentner schwere Emanuel-Glocke konnte er noch am 30.05.1734 weihen. Sein größter Wunsch jedoch, die feierliche Einweihung des Grüssauer Münsters zu erleben, ging nicht in Erfüllung. Er starb am 29.09.1734 und wurde in der Gruft der neuen Stiftskirche beigesetzt.

Quellen:

  • Lutterotti von, Nikolaus OSB: Kloster Grüssau in den Zeitaltern des Barock, Rokoko und Klassizismus
  • Lutterotti von, Nikolaus OSB: Die drei großen Äbte und die große Zeit des Klosters (Heimatbuch des Krs. Landeshut - 1954)
  • Rose Dr., Ambrosius OSB: Kloster Grüssau

Fuchs, Erich

Kunstmaler, Radierer
* 14.02.1890 in Magdeburg                                                 + 03.07.1983 in Marburg
Wirkungsstätten: Albendorf, Dittersbach städt.

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Erich Fuchs, der große Riesengebirgsmaler und Radierer, wurde am 14.02.1890 in Magdeburg als siebtes von neun Kindern des Tischler-meisters Carl Fuchs und dessen Ehefrau Auguste, geb. Melchert, geboren. Nach Erich Fuchs eigenen Worten "in Magdeburg zur Welt gekommen, aber geboren in Schlesien". Aus diesen Worten spricht bereits seine große Bewunderung und Liebe für seine spätere Heimat, mit der er sich bis an sein Lebensende verbunden fühlte.

Im Alter von zwei Jahren erkrankte Erich Fuchs an spinaler Kinder-lähmung. Als Folge dieser schweren Erkrankung behielt er eine Gehbehinderung zurück, die er aber mit bewundernswerter Energie meisterte. nach dem Besuch der Bürgerschule in Magdeburg absolvierte er von 1904 - 1908 eine Lithographenlehre und war gleichzeitig Abend- und Sonntagsschüler der Magdeburger Kunstschule. Da sich zu diesem Zeitpunkt bereits sein großes Talent abzeichnete, wurde ihm die Möglichkeit geboten, als Freischüler zwei Semester diese Kunstschule nun voll zu besuchen. Zur weiteren Ausbildung begab er sich 1909 für fünf Jahre an die Kunst-Akademie Leipzig und wurde in die Meisterklasse bei Professor Alois Kolb aufgenommen. Dieser aus Wien stammende Professor galt damals als ein Meister der Radierkunst und unter seiner Leitung wurde die Leipziger Radierklasse zu einer "Meisterschule" dieser Art.

Im Januar 1912 traf Erich Fuchs ein sehr schwerer Schicksalsschlag. Innerhalb von 14 Tagen starben beide Eltern. Nun war er ganz allein auf sich gestellt und noch ohne abgeschlossene Berufsausbildung. Aber der junge Mann hatte große Gönner. Zur Fortsetzung seines Studiums erhielt er ein Stipendium von 3.000 Mark von einem Mäzen, der nicht genannt sein wollte. Es war sein Professor Kolb, der von seinem Schüler so begeistert war, dass er diesem die weitere Ausbildung ermöglichte. Aber erst nach Kolbs Tod hat Fuchs erfahren, wem er die Fortsetzung des Studiums zu verdanken hatte. Ein weiterer Gönner war der Groß-industrielle Richard Toepfer, Mitinhaber der englischen Firma John Fowler. Dieser ermöglichte ihm längere Studienaufenthalte auf seinen Gütern Westerhorn und Lopau in der Lüneburger Heide.

Bereits während seiner Leipziger Studienjahre besuchte er mehrmals das Riesengebirge in Schlesien. Sein erster Besuch fand 1909 statt. Hier weilte er bei seinem Bruder Walter, der in Liebau eine Möbelfabrik leitete. Die reizvolle Landschaft des Riesengebirges hatte es ihm angetan. Er war so begeistert, dass er ausgedehnte Reisen unternahm, um Volk und Landschaft kennenzulernen und eingehend zu studieren. Während dieser Zeit reifte in ihm der Entschluss, sich nach Beendigung seiner Ausbildung im Riesengebirge niederzulassen. Als der 1. Weltkrieg ausbrach, setzte er diesen Entschluss in die Tat um und zog kurz entschlossen nach Bärndorf im Kreis Hirschberg.

1916 begab sich Erich Fuchs für einige Zeit in die sächsische Metropole Dresden, um hier das Studium der Tieranatomie zu betreiben. Darüber hinaus sollte sich sein Privatleben in der Stadt an der Elbe ganz entscheidend verändern. Am 14.10.1916 schloss er mit seiner Braut Klara Rautenstrauch den Bund fürs Leben. Sie stammte aus Schurgast, Kreis Falkenberg OS. Dort erblickte sie am 25.02.1889 das Licht der Welt. Ihre Kindheit und Jugend verbrachte sie aber in Gottesberg. Bereits ein Jahr später zog Fuchs mit seiner jungen Frau wieder nach Schlesien. Das Ehepaar wählte als Wohnsitz den kleinen Ort Albendorf, Endstation der Ziedertalbahn und unmittelbar an der böhmischen Grenze und unweit von der Weberstadt Schömberg. In diesem stillen, abgeschiedenen Ort begann er mit seiner Radierfolge "Schlesisches Bergvolk". Zur großen Freude der jungen Eheleute wurde am 17.02.1918 Tochter Eva geboren. Da Erich Fuchs nun eine Familie ernähren musste und der Lebensunterhalt allein durch seine künstlerische Tätigkeit nicht gesichert war, verdiente er durch Reklamearbeiten hinzu.

im Laufe des Jahres 1918 zog die Familie Fuchs nach Dittersbach städt. um, ein kleines Riesengebirgsdorf unterhalb des Schmiedeberger Passes. Fünf Jahre lebten sie hier glücklich und zufrieden. Ebenso wie in Albendorf und Schömberg war er auch hier ständig auf der Suche nach Motiven für seine große Radierfolge "Schlesisches Bergvolk". Etliche Werke entstanden während dieser Zeit, u. a. "Beim Garnandrehen" (hier wird eine Webstube in Hohenwaldau dargestellt) oder auch "Die Spitzennäherinnen" (hier zeigt Fuchs eine Stube in den Hartehäusern im Dittersbacher Nachbarort Haselbach). Zwischenzeitlich war auch der Name des Künstlers Erich Fuchs bekannt geworden. Er wurde an der Schaffung des "Eisernen Buches" für die Gefallenen des Kreises Hirschberg beteiligt. Diese glückliche Zeit fand aber ein jähes Ende, als am 1. März 1923 das Haus der Familie durch Brandstiftung so stark beschädigt wurde, dass es unbewohnbar war. Infolge der mit dieser Katastrophe verbundenen Aufregung erkrankte Frau Fuchs an einem schweren Herzleiden, das sie fast zwei Jahre lang an das Bett fesselte.

Helfer in der Not wurde nun der Hirschberger Landrat Dr. von Bitter. Er sorgte für eine vorübergehende Notunterkunft in Hain im Riesengebirge, bis die Familie ein kleines Häuschen in Ober-Giersdorf beziehen konnte. Hier ergab sich auch die Möglichkeit eines Nebenverdienstes durch Zimmervermietung an Sommergäste. In Ober-Giersdorf erblickte am 04.04.1927 die zweite Tochter Elisabeth das Licht der Welt. Für die Familie Fuchs begann wieder eine schöne Zeit und für den Künstler eine Zeit des Schaffens. Es entstanden Aquarelle schlesischer Bauernstuben und Kirchen, Buchillustrationen zu Paul Kellers "Waldwinter", viele freie Radierungen, Zeichnungen und Aquarelle von volkskundlichen Motiven. Die Radierfolge "Schlesisches Bergvolk" umfasste 1928 bereits 157 Radierungen. Im Jahre 1924 stattete Erich Fuchs dem großen schlesischen Dichter Gerhart Hauptmann einen Besuch auf Wiesenstein in Agnetendorf ab, um ihm die ersten Mappen seines Werkes "Schlesisches Bergvolk" zu zeigen. Dieser war von seinen Werken so begeistert, dass er ihn 20 Jahre später mit überaus großem Lob bedachte. Am 28.04.1946 brachte Hauptmann auf Wiesenstein folgende Worte zu Papier: "Das Werk von Erich Fuchs ist von einmaliger kulturhistorischer Bedeutung. Ich unterschreibe mit gutem Gewissen eins der seltsamsten Denkmäler des Arbeiter- und Bauerntums. Wer Zeit hat und die Zeit sich nimmt und die Pflicht fühlt, kann nicht anders, als seinen erstaunlichen Wert zu erkennen". Erich Fuchs Name wurde bei Kunstexperten immer bekannter. Es folgten Ausstellungen seiner Werke im Museum zu Breslau und auch in Moskau. Das Breslauer Museum der bildenden Künste erwarb 1930 den Aquarell-Zyklus "Bunte schlesische Bauernstuben und Dorfkirchen". Auch die bis dahin erschienenen Teile des Werkes "Schlesisches Bergvolk" waren bereits von diesem Museum erworben worden. Der zuständige Museumsdirektor war damals der aus Liebau stammende Prof. Dr. Erich Wiese. Ebenso erwarben kunst-interessierte Industrielle und andere Sammler Werke von Erich Fuchs.

Die finanzielle Situation der Familie Fuchs verbesserte sich so erfreulich, dass der große Traum eines eigenen Hauses 1938 Wirklichkeit wurde. Im idyllisch gelegenen Hain wurde es im Stil eines Gebirgshauses gebaut und erhielt den malerischen Namen "Fuchswinkel". Nur sieben Jahre waren der Familie Fuchs im eigenen Haus vergönnt. Am 25.10.1945 wurde die Familie aus dem Haus ausgewiesen und fand notdürftige Unterkunft bei einem Nachbarn. Sein gesamtes Lebenswerk musste Erich Fuchs zurücklassen. Durch eine Intervention Gerhart Hauptmanns bei Marschall Schukow genoss er wenigstens Schutz und wurde von den Polen als "Spezialarbeiter" eingestuft. Am 17.10.1948 erfolgte aber der endgültige Abschied von der geliebten Heimat. Die erste Unterkunft im Westen fanden die Eheleute bei der bereits 1946 vertriebenen ältesten Tochter Eva in Lindlar.

Mit unglaublicher Energie begann Erich Fuchs sich nun in Westdeutschland gemeinsam mit seiner Ehefrau ein neues Leben aufzubauen. Ein neues Heim hatten die Eheleute in einer Marburger Künstlersiedlung gefunden. Mit Hilfe eines Stipendiums unternahm er bald schon wieder Studienreisen durch Niedersachsen, Westfalen und das Rheinland, stets auf der Suche nach besonderen Motiven. So entstand ein Zyklus von ca. 50 Aquarellen "Bäuerliches Leben und Handwerk in Westfalen und Niedersachsen". Darüber hinaus bemühte er sich aber intensiv um die Rückgabe seiner in Polen verbliebenen Werke. Im Jahre 1959 hatte er endlich Erfolg. Die polnische Regierung gab ihm fast 3000 Radierungen, Zeichnungen, Aquarelle und Skizzen zurück.

Für seine Verdienste ehrte ihn der Bundespräsident 1962 mit der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes am Bande. Diese Würdigung ihres Ehemannes konnte seine Ehefrau, die ihm in allen schweren Lebenslagen stets treu zur Seite stand und ihm immer eine große Stütze war, noch miterleben. Am 22. Juli 1963 verstarb sie in Marburg. Erich Fuchs überlebte seine Ehefrau um zwanzig Jahre und starb am 3. Juli 1983 ebenfalls in Marburg.

Quellen:

  • Festschrift zum 80. Geburtstag von Erich Fuchs
  • Peuckert, Erich/Fuchs, Erich: Die schlesischen Weber
  • Rauch, Eva: Persönliche Angaben über ihren Vater
  • Richter, Gustav: Berühmte Zeitgenossen aus Landeshut (Heimatbuch des Krs. Landeshut - 1954)
  • Schlesischer Gebirgsbote
  • Trierenberg, Heinrich: Erich Fuchs - Leben und Brauchtum im Riesengebirge

Silberhochzeit der Eheleute Carl Fuchs (18.12.1852 - 30.01.1912) und Auguste Fuchs, geb. Melchert (22.09.1853 - 02.01.1912) am 14.07.1902 (Eltern von Erich Fuchs)
Obere Reihe von links: Bruder Artur Fuchs (11.10.1885 - 31.05.1976); Minna Fritze, geb. Melchert (älteste Schwester der Mutter); Cousine Ida Melchert (Tochter des ältesten Bruders der Mutter); Bruder Walter Fuchs (15.05.1878 - 21.12.1969) als Soldat in Minden; Schwester Alma Fuchs (10.11.1882 - 06.07.1923); Bruder Otto Fuchs (30.06.1888 - 23.10.1918); Erich Fuchs (14.02.1890 -03.07.1983);
Vorne links: Schwester Klara Fuchs (02.09.1893 - 01.03.1990); rechts: Mike Geißler (Tochter des Möbeldirektors Geißler. Walter Fuchs war während seiner Zeit in Minden die rechte Hand des Direktors Geißler.
Vorne liegend: der jüngste Bruder Max Fuchs (10.12.1891 - 03.05.1975).
Die Aufnahme entstand im Garten des Hauses in Magdeburg-Gudenburg

Dieses Bild und die Daten stellte Frau Renate Baumgärtner zur Verfügung, Enkeltochter von Erich Fuchs

Einzug in das neue Heim "Fuchswinkel" in Hain im Jahre 1938.

(Bild von Frau Renate Baumgärtner)

Wohnhaus von Erich Fuchs "Fuchswinkel" in Hain, Kreis Hirschberg

(Bild von Frau Renate Baumgärtner)


Wohnhaus von Erich Fuchs "Fuchswinkel" im Winter
(Bild von Frau Renate Baumgärtner)

Die Eheleute Klara und Erich Fuchs im Wohnzimmer
 ihres Hauses in Hain
(Bild von Frau Renate Baumgärtner)


Das Wohnzimmer im "Fuchswinkel"
(Bild von Frau Renate Baumgärtner)

Das ehemalige Wohnhaus der Familie Fuchs im Oktober 2015.

Fuchs, Walter

Möbelfabrikant, Lektor
* 15.05.1878 in Magdeburg                                             + 21.12.1969 in Winsen an der Luhe
Wirkungsstätte: Landeshut

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Mit dem Namen Walter Fuchs ist untrennbar die Erinnerung an den letzten Lektor der Gnadenkirchengemeinde Landeshut in der Zeit von 1948 - 1957 verbunden. Dass er dieses Amt in schwerster Zeit einmal ausüben würde, war ihm jedoch nicht an der Wiege gesungen worden. Am 15. Mai 1878 erblickte er ebenfalls in Magdeburg als der ältere Bruder des großen Kunstmalers und Radierers Erich Fuchs das Licht der Welt. Im Gegensatz zu seinem Bruder Erich trat Walter in die Fußstapfen seines Vaters. Er wird wohl bereits als Kind dem Vater in der Tischlerei über die Schulter geschaut haben. Nach der Schulausbildung absolvierte er eine Tischlerlehre und begann nun mit viel Begeisterung und Elan seine Berufstätigkeit. Als ihm in Liebau die Leitung der Hesseschen Möbelfabrik angeboten wurde, nahm er diese Herausforderung freudig an. Verheiratet war er seit dem 18.09.1906 mit Ehefrau Gertrud, geb. Adler. Diese Ehe blieb kinderlos.

Die Eheleute Fuchs verbrachten viele Jahre in diesem lieblichen schlesischen Grenzstädtchen. Aber Walter Fuchs wollte ebenso wie sein Vater einen Betrieb nicht nur leiten, sondern auch eine eigene Fabrik führen. Diesen Wunsch erfüllte er sich in Landeshut. Hier baute er eine Möbelfabrik auf, deren Erzeugnisse weit über den Bereich des Kreises Landeshut ihren Absatz fanden. Wie so viele Personen aus Kreisen der Wirtschaft war auch Walter Fuchs seit 1929 Mitglied der Freimaurerloge "Zum innigen Verein am Riesengebirge" in Landeshut, die nach der Stiftungsurkunde am 19. April 1820 gegründet worden war.

Obwohl ihm diese arbeitsreichen Jahre und der Aufbau einer selbständigen Existenz viel Kraft gekostet hatten, sollte ihm eine weitere sehr schwere Zeit bevorstehen. Nachdem der größte Teil der deutschen Bevölkerung 1946/47 aus der Stadt und dem Kreis Landeshut in mehreren Transporten die Heimat verlassen musste, und auch die beiden letzten Pastoren Heino Muther und Fritz Bürgel 1946 und 1947 ausgewiesen worden waren, übernahm Walter Fuchs die Versorgung der zurückgebliebenen etwa 150 evangelischen Gemeindeglieder aus Landeshut und den zur Gnadenkirche gehörenden angrenzenden Landgemeinden. Bis zu seiner Ausreise 1957 übte er fast 10 Jahre unter größten Opfern diesen Dienst aus. in einem Bericht schreibt er im August 1962: "Vom Jahre 1948 bis 1957, meiner Vertreibung, stand ich als alleiniger Lektor in Stadt und Kreis Landeshut im Dienst. Mit Genehmi-gung des Konsistoriums in Görlitz habe ich alle kirchlichen Amtshand-lungen wie Gottesdienst, Taufen, Konfirmationen, Trauungen, Beerdi-gungen, Heiliges Abendmahl und Seelsorge durchführen dürfen. Jeden Werktag stand ich um 4.30 Uhr auf, hatte 2,5 km zur Arbeitsstätte und war durchgehend von 6.00 bis 15.00 Uhr beschäftigt. Sonntags ging ich regelmäßig um 7.45 Uhr von zu Hause weg, denn ich hatte einen Weg von 2 km zur Kirche und wollte doch rechtzeitig den von auswärts Kommenden Einlass gewähren. Der Gottesdienst war von 9.00 bis 10.00 Uhr, von 10.15 Uhr ab Christenlehre für Kinder, die noch keinen Religionsunterricht hatten. Anschließend Kindergottesdienst, von 11.45 bis 13.30 Uhr Konfirmandenunterricht für auswärtige Konfirmanden, die zu anderer Zeit zum Unterricht zu kommen verhindert waren. Die Gottesdienste fanden immer abwechselnd in der Gnadenkirche und im Gemeindesaal statt."

Im Jahre 1957 kam er gemeinsam mit seiner Ehefrau nach Winsen an der Luhe. Für seine besonderen Verdienste um die Betreuung der deutschen Restgemeinde der evangelischen Gnadenkirche in der Zeit von 1948 - 1957 wurde Walter Fuchs mehrfach ausgezeichnet. Der Heimatkreis Landeshut ehrte ihn mit der Verleihung der Ehrenbürgerschaft. Er erhielt das Bundesverdienstkreuz und das Präsidialamt der Evangelischen Landeskirche verlieh ihm die Uhlhorn-Plakette, eine hohe kirchliche Auszeichnung. Am 21. Dezember 1969 starb Walter Fuchs in Winsen an der Luhe. Seine Ehefrau Gertrud Fuchs verstarb am 07. Juni 1975.

Quellen:

  • Arbeitskreis Landeshut: Geschichte der ev. Gnadenkirche Landeshut/Schlesien
  • Brügmann, Martin: Die Gnadenkirche Landeshut
  • Rauch, Eva: Persönliche Angaben über ihren Onkel
  • Schlesischer Gebirgsbote

Geyer, Dominicus

Abt des Klosters Grüssau
* 01.03.1662 in Neisse                                                    + 05.12.1726 in Warmbrunn
Wirkungsstätte: Grüssau                               


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Abt Dominicus Geyer ging als großes Wirtschaftstalent in die Grüssauer Klostergeschichte ein. Als Mathias Xaverius Geyer wurde er am 01.03.1662 in Neisse geboren, Sohn des Schuhmacher-meisters Mathias Geyer (+ 28.03.1691) und dessen Ehefrau Maria (+ 07.12.1692). Mit mehreren Geschwistern wuchs der kleine Mathias Xaverius auf. Alle Kinder wurden streng im christlichen Glauben erzogen. Bruder Heinrich wurde ebenfalls Priester und wirkte 47 Jahre als Pfarrer in Giessmannsdorf, Kreis Bolkenhain (+ 25.07.1742); Schwester Margareta war mit dem Grüssauer Stiftskanzler Hübner verheiratet; Bruder Anton starb bereits im Jahr 1708 in Liebau; ein anderer Bruder, dessen Name unbekannt ist, starb als P. Germanus O.F.M, Guardian in Schweidnitz, am 10.08.1726.

Mathias Xaverius Geyer trat nach dem Studium der Logik in Breslau 1680 in das Kloster Grüssau ein und legte am 30.11.1681 seine Ordensprofess ab. Die Weihen zum Subdiakon und Diakon empfing Pater Dominicus zwischen 1684 und 1686 in der Jakobuskirche seiner Heimatstadt Neisse, wo er auch am 08.06.1686 zum Priester geweiht wurde. Anfangs nahm er sein Ordensleben nach eigenem Bekunden recht leicht, bis ein Vorfall für ihn richtungsweisend wurde. Am 06.01.1683 blieb ein Knochensplitter in seinem Hals stecken. Er gelobte in seiner Todesangst den täglichen Besuch des Sakraments-, Muttergottes- sowie Trinitatisaltars und blieb diesem Gelöbnis aus Dankbarkeit bis zum Tod treu. Sein berühmter Vorgänger, Abt Bernhard Rosa, erkannte bereits sehr früh die besonderen Fähigkeiten des jungen Priesters und beauftragte ihn im Jahr 1689, die jungen Ordenskleriker in das Studium der Theologie einzuführen. 1692 wurde er zum Subprior und Archivar des Stiftes ernannt.

Als Abt Bernhard Rosa am 01.06.1696 starb, wurde der erst 34jährige Pater Dominicus am 22. November 1696 bereits im 1. Wahlgang zum neuen Abt des Klosters Grüssau gewählt. Unmittelbar nach seiner Wahl stiftete er der Abteikirche einen Altar zu Ehren der Geburt Christi. Schon während seiner ersten Regierungsjahre sorgte Abt Geyer durch den Erwerb des Bolkenhainer Burglehens für die Vergrößerung des Stiftslandes. Es bestand aus der bekannten Bolkoburg sowie den Dörfern Einsiedel, Giessmannsdorf, Hohenhelmsdorf, Ruhbank, Klein-Waltersdorf und Wiesau. Insgesamt umfasste das Stiftsland nunmehr 297 qkm.

Da er selbst der Sohn eines Handwerkers war, förderte er in seinem Stiftsland insbesondere das Handwerk und das Gewerbe. Neue Zünfte wurden in den Städten errichtet, die bereits bestehenden erweitert und privilegiert. Während Abt Bernhard Rosa der Begründer der Liebauer Leinenindustrie war, förderte Abt Dominicus Geyer die von Schömberg.

Abt Geyer ließ viele Kirchen errichten, u. a. in Liebau, Wittgendorf, Albendorf und auch die Nothelferkirche in Ullersdorf. Die von seinem Vorgänger in Holz errichteten Kapellen des großen Grüssauer Kreuzweges wurden 1703 in Stein neu erbaut. Von den Profanbauten sind wohl die Apostelhäuser in Schömberg am bekanntesten. Er ließ sie im Jahre 1707 als Weberkolonie anlegen. Aber auch das Liebauer Rathaus und das Schömberger Gerichtshaus konnten nur mit der Unterstützung des Abtes gebaut werden. Der künstlerisch wohl bedeutendste Profanbau, den Abt Geyer errichten ließ, ist wohl ohne Zweifel das palastähnliche Stiftshaus in Schweidnitz. Dieses Haus sollte den Äbten während der Landtagssitzungen als Quartier dienen. 1741 nahm es Friedrich II. dem Kloster ohne jeden Anlass weg und schenkte es seinem Günstling Fouque, dem erbitterten Feind aller Priester und Mönche.

Der krönende Abschluss seines Lebens sollte der Bau einer neuen Klosterkirche sein. Die Geldmittel waren durch sparsames Wirtschaften in den vergangenen Jahren bereits vorhanden. Eine schwere Erkrankung machte aber alle Pläne zunichte. Während einer Sitzung in Schweidnitz erlitt Abt Geyer am 17.03.1723 einen Schlaganfall. Seine rechte Körperseite blieb gelähmt und auch sprachlich war er seit dieser Zeit behindert. Sein Geist blieb aber weiterhin rege und lebendig. In den Folgejahren trat zwar insofern eine leichte gesundheitliche Besserung ein, als er kürzere Briefe wieder selbst schreiben konnte und auch der Besuch der Kapelle in Reichhennersdorf im Juni 1725 möglich war. Trotzdem blieb er körperlich sehr behindert. Auf dringenden Rat seiner Ärzte reiste Abt Geyer am 23.11.1726 nach Warmbrunn, um dort eine Badekur durchzuführen. In der ersten Morgenstunde des 5. Dezember 1726 verstarb der Abt nach dem Empfang der heiligen Sakramente. Die Beisetzung fand am 10.12.1726 in der alten Stiftskirche in Grüssau statt. In seinem Testament hatte Abt Geyer festgelegt, man solle ihn vor dem Altar des Jesuskindes begraben: "Meine Leiche soll in der Klosterkirche vor dem von mir gestifteten Altar, an dem ich täglich das heilige Messopfer darzubringen pflege, an jener Stelle beigesetzt werden, wo der Priester beim Sündenbekenntnis vor der heiligen Messe steht". Beim Neubau der Kirche wurde der Leichnam des Abtes in die neue Konventsgruft unter dem Hochaltar überführt.

Quellen:

  • Lutterotti von, Nikolaus OSB: Kloster Grüssau in den Zeitaltern des Barock, Rokoko und Klassizismus (Heimatbuch des Krs. Landeshut - 1929)
  • Lutterotti von, Nikolaus OSB: Die drei großen Äbte und die große Zeit des Klosters (Heimatbuch des Krs. Landeshut - 1954)
  • Rose Dr., Ambrosius OSB: Kloster Grüssau

Görlich, Bernhard

Pfarrer, Geistlicher Rat
* 25.05.1909 in Striegau                                                 + 11.10.1984 in Heilbronn-Biberach
Wirkungsstätte: Landeshut

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Bernhard Görlich wurde am 25. Mai 1909 in Striegau/Schlesien geboren, wuchs aber in Liebenthal auf, wo sein Vater als Schulrat des Kreises Löwenberg tätig war. Nach dem Abitur Ostern 1928 am Gymnasium Fridericianum in Glogau begann er an der Universität Breslau das Studium der Theologie, um Priester zu werden. Im Sommersemester 1929 studierte er in Freiburg/Breisgau und lernte so den deutschen Südwesten schon damals kennen. Mit 55 Diakonen seines Kurses empfing Görlich durch Kardinal Bertram am Sonntag, 29. Januar 1933, die hl. Priesterweihe. Bei seiner Primiz in Liebenthal am 1. Februar hielt
P. Prior Justinus Albrecht von Grüssau die Festpredigt.

Danach kam der Neupriester Görlich in die Pfarrei Landeshut, wo der Geistliche Rat Scholz mit 2 Kaplänen in der großen Diasporagemeinde tätig war. Es ahnte damals niemand, dass der junge Priester schon im Januar 1937 als Pfarrer von Landeshut Nachfolger seines ersten Chefs werden sollte. Hier in Landeshut lernte Bernhard Görlich in den großen Heilstätten auch die Krankenseelsorge näher kennen, die fast 40 Jahre später in Heilbronn seine Hauptseelsorge werden sollte. Von Landeshut führte ihn der Weg oft in die Abtei Grüssau, deren Patres regelmäßig in seiner Pfarrei priesterliche Dienste leisteten.

Der "jüngste Pfarrer Preußens" hat in den harten Jahren des Kirchenkampfes im III. Reich unter erschwerten Bedingungen die Seelsorge ausgeübt. Mit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges kamen neue Nöte und oft schwierige Situationen.

Beim "Pontifikal-Abschied" von Grüssau, wenige Tage vor der Vertreibung, hielt er am 8. Mai 1946 zum 250jährigen Jubiläum der St. Josephskirche beim Pontifikalamt von Weihbischof Joseph Ferche die Festpredigt über das Thema: "Freude war mit Leid vermischt".

Am 20. Mai 1946 schlug auch für ihn die Abschiedsstunde von Landeshut. Nur kurze Zeit war Bernhard Görlich in der Diözese Hildesheim tätig. Ende 1947 konnte er mit Zustimmung seines Kapitelvikars Dr. Ferdinand Piontek in Görlitz, in die Diözese Rottenburg übersiedeln. Er begann als Pfarrkurat in Biberach bei Heilbronn, nur 4 km von Bad Wimpfen entfernt, wo seit August 1947 die Grüssauer Benediktiner sich ein Kloster einrichteten. Bald erhielt er einen größeren Wirkungskreis in der Pfarrei Stockheim mit vielen Diasporaorten. Von dort aus erbaute er eine Kirche in Brackenheim und wurde dort erster Pfarrer der neuen Gemeinde.

Dort in der Christkönigskirche feierte Görlich sein Silbernes Priester-jubiläum. Der Bischof von Rottenburg, Carl Joseph Leiprecht, der sein Wirken sehr schätzte, übertrug ihm die Pfarrei Kornwestheim mit über zehntausend Seelen im Großraum Stuttgart. Nach fünfjähriger Tätigkeit wurde er von den Ärzten bedrängt, in eine kleine Gemeinde zu wechseln. So kam er in die Pfarrei Eybach bei Geislingen/Steige. Hier musste bald die Kirche renoviert und vergrößert werden, was dem bauerfahrenen Pfarrer auch gut gelang.

Anfang 1971 wurde sein langjähriger Wunsch erfüllt, und Pfarrer Görlich konnte in Heilbronn als Krankenhauspfarrer beginnen. Sein Wirken in den verschiedenen Kliniken von Heilbronn wurde von vielen seiner Amtskollegen gewürdigt. Die letzten Lebensjahre verlebte der zum Geistlichen Rat der Erzdiözese Breslau ernannte Pensionär in Biberach. Hier verstarb er am 11. Oktober 1984 und wurde am 15. Oktober 1984 beigesetzt.

Quelle:

  • Schlesischer Gebirgsbote

Gottstein, Leo, Dr.

Papierfabrikant
* 26.05.1850 in Breslau                         
+ 31.01.1922 in Weimar
Wirkungsstätte: Liebau

Graen, Karl Wilhelm

Bildhauer, Maler
* 24.06.1879 in Weißstein                                               + 06.01.1943 in Landeshut
Wirkungsstätte: Landeshut

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Geboren wurde Karl Wilhelm Graen am 24.06.1879 in Weißstein, Kreis Waldenburg als Sohn eines Berghauers. Mit seinen fünf Schwestern verlebte er in seiner schönen schlesischen Heimat, dem Waldenburger Bergland, eine wohlbehütete Kindheit und Jugendzeit. Obwohl er ein echter Junge war, bereitete es dem kleinen Karl Wilhelm auch sehr viel Freude, mit seinen Schwestern schöne Handarbeiten zu fertigen. Gemeinsam wurde gestickt, gestrickt und gehäkelt. Diese Kunst sollte ihm im späteren Leben einmal zugute kommen.

Über seine Schul- und Ausbildungszeit sowie seine ersten Berufsjahre ist leider nichts bekannt. Diese Jahre liegen bisher im Dunkeln. Vielleicht sollte er ja auch, wie sein Vater, den Beruf des Bergmannes erlernen. Seine Neigung zur Musik und zur bildenden Kunst war aber bereits in früher Jugend deutlich geworden. So entschloss er sich, den Beruf des Bildhauers und Malers auszuüben. Mit ziemlicher Sicherheit wurde diese Berufswahl im Elternhaus nicht gerade mit Begeisterung aufgenommen, da es sich doch um eine "ziemlich brotlose Kunst" handelte, wie damals abschätzig behauptet wurde. Aber Karl Wilhelm Graen ließ sich nicht von seinem Entschluss abbringen. Er ging nach Breslau und anschließend nach Berlin, um seinen großen Traum zu erfüllen.

Aber nicht nur beruflich, auch privat fand er in Berlin sein Glück. Am Heiligen Abend des Jahres 1907 trat er mit seiner Frau Paula Ottilie Marie Emma, geb. Weber vor den Traualtar. Sie erblickte am 07.06.1882 in der alten Hansestadt Stralsund das Licht der Welt. Mit der Geburt der Kinder Gerhard (04.10.1908) und Irene Gertrud Erna (22.07.1910) war das Familienglück vollkommen. Die junge Familie lebte in Berlin-Karlshorst. Karl Wilhelm Graen schuf während dieser Zeit Bildhauerarbeiten, u. a. an Hausfassaden und Hauseingängen in der Schlossstraße in Berlin-Steglitz. Darüber hinaus entstanden auch etliche Bilder, Blumen-Motive oder auch Havel-Landschaften in Öl. Am 04.06.1911 schlug das Schicksal jedoch grausam zu. Die geliebte Ehefrau und Mutter starb und Karl Wilhelm Graen war mit seinen zwei kleinen Kindern allein. Zum Glück lebte seine Schwester mit ihrem Ehemann in Berlin-Tempelhof, so dass sie sich um die beiden kleinen Halbwaisen kümmern konnte.

Karl Wilhelm Graen hatte sich 1914 entschlossen, ein Studium an der Königlichen Akademischen Hochschule für die Bildenden Künste in Berlin zu absolvieren. Die Eintragung für das Wintersemester 1914/15 war bereits erfolgt, aber der 1. Weltkrieg machte alle Pläne zunichte. Während seines Einsatzes in den Jahren 1914 - 1918 kam er u. a. in die Türkei, nach Belgien und nach Litauen. Auch aus dieser Zeit stammen etliche Aquarelle, u. a. von der Fleischgasse in Wilna oder von der Kathedrale in Brügge.

Nach vielen Jahren in der Fremde, kehrte Graen 1921 in seine schlesische Heimat zurück. Auch im Privatleben kam das Glück zurück. Am 16.07.1921 heiratete er in 2. Ehe Anna Martha, geb. Liebig. Sie war ebenfalls eine echte Schlesierin. Geboren wurde sie am 28.09.1887 in Hermsdorf unterm Kynast, Kreis Hirschberg. Während die Tochter in der liebevollen Obhut seiner Schwester in Berlin-Tempelhof blieb, zog das Ehepaar Graen mit Sohn Gerhard nach Landeshut. Die erste Wohnung in dieser wunder-schönen Stadt befand sich in der Waldenburger Straße, Nr. 27.

Da der Lebensunterhalt der Familie allein von der Malerei und den Bildhaueraufträgen nicht finanziert werden konnte, war Graen gezwungen, eine weitere Arbeit zu suchen. Er fand sie bei dem Nähmaschinen-Händler Franz Lorenz, Waldenburger Str. Nr. 27. Er war wohl ein Verwandter des Ehepaares Graen, da er im Familienkreis mit Onkel Franz angeredet wurde. Graen wurde Vertreter für Singer-Nähmaschinen. Seine Kunden waren vorwiegend Familien mit Töchtern im heiratsfähigen Alter. jetzt kamen ihm die im Elternhaus gemeinsam mit seinen Schwestern erworbenen Handarbeitskenntnisse zugute.

Nach 1925 erwarb Karl Wilhelm Graen in der Pfuhlstraße, Nr. 20 ein eigenes Haus. Im Erdgeschoss des Hauses befanden sich zwei kleine Läden. Rechts befand sich eine Filiale der Fleischerei Rummler, die später vom Hätzel-Fleischer übernommen wurde. Links war eine Filiale des Kolonialwarenhändlers Krieg von der Ziederstraße untergebracht. Der Garten hinter dem Haus wurde von dem Ehepaar Graen mit viel Liebe zur Natur angelegt. Wunderschöne Sträucher, leuchtende Blumen, ein Steingarten mit Springbrunnen und natürlich die Lieblingsblumen des Hausherrn, die Sonnenblumen. Ein Beet im Garten stellte sogar eine Sonnenblume dar.

Neben seiner Arbeit vergaß er selbstverständlich nicht seine großen Leidenschaften, die Bildhauerei und die Malerei. Das Riesengebirge mit all seiner landschaftlichen Schönheit und Pracht, die Städte und Dörfer inspirierten ihn stets aufs Neue. Wunderschöne Aquarelle mit Riesengebirgsmotiven entstanden. Er malte u. a. das Kloster Grüssau vom Berg aus gesehen. Etliche Blumenmotive wurden ebenfalls von ihm geschaffen. Mit seiner Staffelei war er oft unterwegs, immer auf der Suche nach neuen Motiven. Sogar während eines längeren Kranken-hausaufenthaltes in Breslau vergaß er das Malen nicht. Viele Landes-huter werden sich mit Sicherheit an die schönen holzgeschnitzten Wegweiser erinnern, die der Riesengebirgsverein, Ortsgruppe Landeshut, in Landeshut am Bahnhof, Ecke Löwenapotheke und am Georg-Hornig-Weg errichten ließ. Sie stammen ebenfalls aus der Werkstatt Karl Wilhelm Graens. Im Auftrag der Stadt Landeshut malte er das neue Landeshuter Rathaus.

Die Malerei und Bildhauerei waren aber nicht die einzigen hervorragenden Eigenschaften. Wie so viele Künstler, war er auch musisch begabt und spielte neben Klavier auch Gitarre. Er war ein sehr geselliger und aufgeschlossener Mann. In seinem Haus herrschte stets eine angenehme Atmosphäre, in der sich jeder Gast sofort wohl fühlte. So werden ihn alle Landeshuter stets in Erinnerung behalten.

Ein gütiges Schicksal ersparte ihm das Los der Vertreibung. Er verstarb am 06.01.1943 und wurde an einem kalten Januartag in Landeshut zur letzten Ruhe geleitet. Seine 2. Ehefrau musste Landeshut 1946 verlassen und verstarb am 23.10.1987 in Berlin, wenige Tage nach ihrem 100. Geburtstag.

Quellen:

  • Fontius, Hannelore: Persönliche Angaben über ihren Großvater. 
  • Schlesischer Gebirgsbote

Karl Wilhelm Graen mit seiner 1. Ehefrau Paula Ottilie Marie Emma, 

geb. Weber
(Bild von Frau Hannelore Fontius)

Karl Wilhelm Graens 2. Ehefrau Anna Martha, geb. Liebig
(Bild von Frau Hannelore Fontius)

Pfuhlstraße Nr. 20 - Wohnhaus der Familie Graen
(Bild von Frau Hannelore Fontius)

Pfuhlstraße Nr. 20 - Das Graen-Haus (Aufnahme: 2016)

Marktplatz in Landeshut, Aquarell von Karl Wilhelm Graen
(Bild von Frau Hannelore Fontius)

Hölzerne Wegweiser in Landeshut von Karl Wilhelm Graen

Das von Karl Wilhelm Graen im Jahre 1937 gemalte Landeshuter Rathaus

(Bild von Frau Hannelore Fontius)

Obertor mit Blick auf die katholische Kirche St. Peter und Paul und das kath. Kaplanhaus im Vordergrund, rechts das Rathaus, dahinter das kath. Pfarrhaus, links: Café Bettermann.

Dieses von Karl Wilhelm Graen gemalte Bild stellte ebenfalls 
Frau Hannelore Fontius zur Verfügung, seine Enkeltochter.

Die Gartenstraße in Landeshut mit Blick auf das Haus Nr. 9 des Tischlerobermeisters Hermann Beier und die

 katholische Pfarrkirche St. Peter und Paul.

Werk von Karl Wilhelm Graen.

(Dieses Bild stellte Frau Hannelore Fontius zur Verfügung)

Innenansicht der Klosterkirche in Grüssau.

Werk von Karl Wilhelm Graen.

(Dieses Bild stellte Frau Hannelore Fontius zur Verfügung)

Auszug aus dem Beerdigungsbuch der Gnadenkirche vom 
10. Januar 1943, handschriftlich geführt von Walter Fuchs
(Ziffer 3 - Kunstmaler Wilhelm Graen)

Graf Stolberg-Wernigerode, Anton

Landrat
* 23.10.1785 auf Schloss Wernigerode                            + 11.02.1854 in Berlin
Wirkungsstätte: Landeshut

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Graf Anton zu Stolberg-Wernigerode war der zweite Landrat des neu geschaffenen Kreises Landeshut. Geboren wurde er am 23.10.1785 auf Schloss Wernigerode als 10. Kind des Grafen Christian Friedrich zu Stolberg-Wernigerode und dessen Ehefrau Gräfin Auguste Eleonore zu Stolberg-Stolberg. Durch die Stiftung seines Vaters und dessen Testament vom 18.12.1815 erhielt Graf Anton für sich und seine Nachkommen die Herrschaft Kreppelhof als Spezialfideikomiss und Majorat. Gemeinsam mit seinem älteren Bruder Constantin wurde er ab Januar 1792 von dem Theologen Gotthold B. Thilo unterrichtet. Anfang des Jahres 1801 ging Graf Anton zur weiteren Ausbildung nach Dresden. Hier lernte er auch den damals sehr bekannten Ober-Appellations-gerichtrat Christian Gottfried Körner (1756 - 1831) kennen, der ab 1815 Staatsrat und Geheimer Oberregierungsrat in preußischen Diensten in Berlin war.

1802 trat Graf Anton in den preußischen Militärdienst ein, nahm an den Befreiungskriegen teil und wurde Generalleutnant und Chef des 27. Landwehrregimentes. Als junger Gardeoffizier bekam er den Auftrag, die preußische Königsfamilie, Friedrich Wilhelm III. und Königin Luise, auf der Flucht nach Tilsit und Memel zu begleiten. Dies war der Beginn einer tiefen Freundschaft zwischen ihm und dem Kronprinzen, dem späteren König Friedrich Wilhelm IV. Dieser berief ihn 1840 nach Berlin und ernannte ihn zu seinem engsten Vertrauten. Zwei Jahre später erfolgte die Ernennung zum Staatsminister. Als Gegner der Revolution musste er jedoch 1848 von seinen Ämtern zurücktreten. Er wurde anschließend Generaladjutant des Königs und 1851 königlich-preußischer Oberst-kämmerer und Minister des königlichen Hauses. Soweit die Aus-führungen zu den Berliner Ämtern des Grafen Anton zu Stolberg-Wernigerode.

Seit dem 12.06.1809 war er mit Luise, Freiin von der Recke verheiratet, der Tochter des preußischen Staats- und Justizministers Freiherrn von der Recke. Aus dieser Ehe gingen 12 Kinder hervor, fünf Söhne und sieben Töchter. Zum Gedenken an die früh verstorbene Tochter Marianne (1815 - 1844) gründete die Familie in Landeshut am 06.08.1851 eine Pflegestation, das sog. Mariannenstift. Neben seiner großen Familie musste sich der Graf nicht nur um seine Besitztümer, sondern auch um seine Ämter in Berlin und um die weiteren Aufgaben in Schlesien kümmern. Wie bereits oben erwähnt, war Graf Anton zu Stolberg-Wernigerode 1824 zum Landrat des Landkreises Landeshut gewählt worden. Diese vielseitigen Tätigkeiten nahmen seine ganze Kraft in Anspruch. Graf Anton zu Stolberg-Wernigerode verstarb am 11. Februar 1854 in Berlin. Da die Stolbergs über kein eigenes Mausoleum auf ihrem Besitz Kreppelhof verfügten, wurde der Graf in einem schlichten Grab auf dem evangelischen Friedhof in Landeshut beigesetzt.

Quellen:

  • Jacobs, Eduard: Allgemeine Deutsche Biographie 36 (1893)
  • Schlesischer Gebirgsbote
  • Schwanitz, Jürgen: Rohnau am Scharlachberg - 2. Auflage
  • Wikipedia

Graf Stolberg-Wernigerode, Eberhard

Landrat
* 11.03.1810 in Peterswaldau                                               + 08.08.1872 in Johannisbad
Wirkungsstätte: Landeshut

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Graf Eberhard zu Stolberg-Wernigerode wurde am 11.03.1810 in Peterswaldau als ältester Sohn des Grafen Anton zu Stolberg-Wernigeorde und dessen Ehefrau Luise, geb. Freiin von der Recke geboren. Aufgewachsen auf dem Schloss Kreppelhof fühlte er sich mit diesem Haus und dem Riesengebirge sein ganzes Leben lang verbunden.

Seine erste Erziehung erhielt er durch einen Hauslehrer, den Theologen Johannes Zahn. Dann kam er 1824 auf die mit dem Gymnasium zu Bunzlau verbundene Lehranstalt und später auf das Gymnasium in Glogau. Im Jahr 1830 trat er in die preußische Armee ein. Er diente im 2. Garde-Ulanen-Regiment und wurde Ende 1836 zweiter persönlicher Adjutant des Prinzen Wilhelm von Preußen.

Am 26.05.1842 vermählte er sich mit Prinzessin Marie Wilhelmine Johanna (1822 - 1903), Tochter des Prinzen Heinrich IX., Reuß jüngere Linie. Die Ehe blieb kinderlos. Der Besitz fiel nach seinem Tod an seinen Neffen, Graf Udo zu Stolberg-Wernigerode, den ältesten Sohn seines Bruders Conrad.

Im Range eines Rittmeisters trat Graf Eberhard nach seiner Hochzeit 1842 aus dem aktiven Militärdienst aus. Nunmehr widmete er sich den wichtigen und vielfältigen Aufgaben in der Zivilverwaltung. 1847 war er Mitglied des vereinigten Landtages. Im Jahr 1849 wurde er gleich von vier schlesischen Kreisen in die zweite Kammer des preußischen Landtages gewählt. Darüber hinaus bekleidete er zehn Jahre lang das Amt des Landrates des Kreises Landeshut und wurde am 18.07.1869 zum Oberpräsidenten der Provinz Schlesien bestellt.

Nach dem Tod seines Vaters Graf Anton im Jahr 1854 übernahm er die Verwaltung der Fideikomissherrschaft als Majoratsherr der Herrschaft Kreppelhof. Seit 1853 war Graf Eberhard Mitglied des preußischen Herrenhauses, kurze Zeit später Vizepräsident und ab 1862 Präsident des Hauses. Diese Position übte er bis zu seinem Tod aus.

Große Verdienste erwarb er sich auch bei der Verbesserung des primitiven und rückständigen Pflege- und Versorgungsdienstes der Soldaten und der Zivilbevölkerung in Kriegs- und Notzeiten. 1852 unterstützte er bereits tatkräftig die Mitarbeiter des Johanniterordens und wurde von dem Herrenmeister des Ordens, dem Prinzen Karl von Preußen, zu dessen Kanzler ernannt. 1866 ernannte ihn der König zum Kommissar und Militärinspektor der freiwilligen Krankenpflege im Feld. Ferner gehörte er gemeinsam mit dem Schweizer Henri Dunant zu den Mitbegründern des internationalen Roten Kreuzes und wurde dessen erster Vizepräsident.

Im August 1872 begab sich Graf Eberhard zu Stolberg-Wernigerode zu einer Erholungskur nach Johannisbad in Böhmen. Längere Zeit bereits litt er unter den Folgen eines qualvollen Gichtleidens. Kurz nach seiner Ankunft erlag er dort einem Schlaganfall. Am 10.08.1872 wurde sein Leichnam nach Kreppelhof überführt und unter großer Anteilnahme der Bevölkerung beigesetzt.

Zu seinen Ehren ließ die Stadt Landeshut später auf dem Marktplatz das Graf Stolberg-Denkmal errichten, welches am 02.09.1879 feierlich enthüllt wurde. Kaiser Wilhelm I. hatte am 20.06.1879 für dieses Denkmal die stolze Summe von 1000 Mark bewilligt.

Quellen:

  • Chronik der Stadt Landeshut
  • Jacobs, Eduard: Allgemeine Biographie 36 (1893)
  • Schlesischer Gebirgsbote
  • Schwanitz, Jürgen: Rohnau am Scharlachberg - 2. Auflage
  • Wikipedia

Bericht über die Silberhochzeit des Grafen Eberhard zu Stolberg-Wernigerode und seiner Ehefrau Marie, geb. Prinzessin zu Reuß, in der Zeitung "Der Bote aus dem Riesengebirge", Heft Nr. 47/1867.

Bericht über die Beisetzung des Grafen Eberhard Eberhard zu Stolberg - Wernigerode in der Zeitung "Der Bote aus dem Riesengebirge",

Heft Nr. 96/1872.

Bericht über den Trauergottesdienst für den verstorbenen
 Grafen Eberhard zu Stolberg-Wernigerode in der Zeitung
 "Der Bote aus dem Riesengebirge", Heft Nr. 113/1872.

Schloss Kreppelhof

Das Stolberg-Denkmal auf dem Landeshuter Marktplatz

Graf Stolberg-Wernigerode, Udo, Dr.

Landrat
* 04.03.1840 in Berlin                                                       + 19.02.1910 in Berlin
Wirkungsstätte: Landeshut

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Nachfolger des in der Bevölkerung so überaus beliebten Grafen Eberhard zu Stolberg-Wernigerode wurde sein Neffe Graf Udo zu Stolberg-Wernigerode. Dieser erblickte am 04.03.1840 in Berlin als ältester Sohn des Grafen Conrad zu Stolberg-Wernigerode und dessen Ehefrau Marianne, geb. Freiin von Romberg das Licht der Welt.

Er war nicht nur Majoratsherr der Herrschaft Kreppelhof, sondern übte gleichzeitig auch die Verwaltung der Fideikomissherrschaft als Majoratsherr der Herrschaft Dönhoffstädt, Kreis Rastenburg aus. Diese hatte er seinerzeit von seiner Großmutter, der Gräfin Amalie von Dönhoffstädt geerbt. Da er aber, genauso wie sein Onkel Eberhard, das Riesengebirge so liebte, hielt er sich mit seiner großen Familie fast überwiegend auf Schloss Kreppelhof auf.

Verheiratet war er seit dem 26.07.1871 mit Elisabeth, geb. Gräfin von Arnim-Boitzenburg, Tochter des königlich-preußischen Staatsministers Adolf Graf von Arnim-Boitzenburg und dessen Ehefrau Gräfin Caroline von der Schulenburg-Wolfsburg. Während der Ehe wurden 10 Kinder geboren, 5 Söhne und 5 Töchter.

Ebenso wie seine Vorfahren, die Grafen Anton und Eberhard, übte auch Graf Udo die Tätigkeiten eines Landrates des Kreises Landeshut aus. Erst 39 Jahre alt, übernahm er am 10.09.1879 diese Aufgabe von seinem verstorbenen Vorgänger von Klützow und bekleidete dieses Amt bis zum 15.04.1885.

Graf Udo wurde während seiner aktiven Militärzeit bei Königgrätz schwer verwundet und erhielt 1870/71 das Eiserne Kreuz. 1871 war er deutsch-konservativer Reichstagsabgeordneter und im folgenden Jahr wurde er Mitglied des preußischen Herrenhauses. Von 1892 - 1895 war er Ober-präsident der preußischen Provinz Ostpreußen. Am 20.02.1907 wurde er sogar zum Präsidenten des Deutschen Reichstages gewählt. Diese Funktion übte er bis zu seinem Tod aus. An den Folgen einer Lungen-entzündung verstarb er am 19.02.1910 in Berlin. Die Beisetzung erfolgte in Dönhoffstädt.

Der Bevölkerung der Stadt Landeshut und den Nachbargemeinden wird ein Familienfest im Hause des Grafen Udo wohl stets in Erinnerung bleiben. Am 11.01.1904 wurde die Hochzeit der Tochter Armgard (geb. am 01.06.1877), einer früheren kaiserlichen Hofdame, mit dem Grafen Oskar von Platen-Hallermund zu einem glanzvollen Ereignis der Stadt Landeshut. Der Kaiser persönlich erschien an diesem Tag. Pünktlich um 13.45 Uhr traf der kaiserliche Hofzug am Landeshuter Bahnhof ein. Nach der Begrüßung durch die Honorationen der Stadt bestieg der Kaiser die mit zwei Schimmeln bespannte Kutsche und fuhr durch die festlich geschmückte Stadt zur Gnadenkirche, wo die feierliche Trauung stattfinden sollte. Nach der Trauung führte der feierliche Brautzug durch die von der Bevölkerung gesäumten Straßen zum Schloss Krepphof.

Dem Brautpaar war nur ein kurzes Eheglück vergönnt. Gräfin Armgard verstarb bereits am 18.02.1912 in Berlin bei der Geburt ihres fünften Kindes. Der Witwer heiratete einige Jahre später in zweiter Ehe eine Gräfin zu Solms-Wildenfels. Während der Zeit von 1911 - 1935 war er Hofmarschall des Kaisers und begleitete diesen auch ins Exil nach Doorn.

Quellen:

  • Chronik der Stadt Landeshut
  • Schlesischer Gebirgsbote
  • Schwanitz, Jürgen: Rohnau am Scharlachberg - 2. Auflage
  • Wikipedia

Schloss Dönhoffstädt in Ostpreußen

Todesanzeige des Reichstagspräsidenten Udo Graf zu Stolberg-Wernigerode

(Quelle: "Neue Preußische Zeitung" vom 22. Februar 1910)

Grünfeld, Falk Valentin

Leinenfabrikant
* 09.02.1837 in Leschnitz OS.
+ 19.01.1897 in San Remo
Wirkungsstätte: Landeshut

Günther, Johann Christian

Dichter, Lyriker
* 08.04.1695 in Striegau                                                          + 15.03.1723 in Jena
Wirkungsstätte: Landeshut

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Johann Christian Günther wurde am 8. April 1695 in Striegau geboren. Sein Vater war der Arzt Johann Günther (1659 - 1745) und stammte aus Aschersleben. Er ließ sich 1687 als praktischer Arzt in Striegau nieder. Er war zweimal verheiratet. Seine erste Frau starb 1690 im Kindbett. Seine zweite Frau Anna Eichbander, wurde 1659 geboren und stammte aus Breslau. Sie starb um 1721. Das Paar hatte vier Kinder. Der einzige Sohn war Johann Christian.

Zunächst wuchs der junge Günther wohlbehütet in seinem Elternhause auf. Sein Vater legte großen Wert auf eine umfassende Bildung bei seinem Sohn, der spielend lernte. Er konnte kaum sprechen, da hatte er bereits eine erstaunliche Fertigkeit im Lesen und Schreiben. Die lateinische und griechische Sprache beherrschte er bereits mit zwölf Jahren nahezu perfekt.

Von 1710 bis 1715 besuchte er das Gymnasium in Schweidnitz, wo er sich durch große Wissbegierde auszeichnete und sich besonders an Philosophie und Poesie interessiert zeigte. Schon früh begann Günther Gedichte zu schreiben. Hier konnte er seine Gefühle am besten zum Ausdruck bringen. Er hatte das Glück, dass der Poesie liebende Rektor Leubscher sein dichterisches Talent erkannte und ihn förderte. So fand Günther schnell Zugang zur Schweidnitzer Gesellschaft, insbesondere zu den poetischen Damenzirkeln. Der junge Günter hatte ständig Schwierig-keiten, sein Gefühlsleben zu kontrollieren. Er befand sich fast ständig in einem Gefühlschaos und in diesen Zeiten schrieb er ständig Freund-schafts- und Gelegenheitsgedichte, aber auch Briefe und kurze Prosa-texte. Schließlich verlobte er sich mit der fünf Jahre älteren Magdalena Eleonore Jachmann, der Tochter eines Schweidnitzer Arztes, aber die Heirat fand nie statt. Günther litt stark an seinem eigenen Scheitern. Sie war die "Leonore" seiner späteren Gedichte.

Schwer machte ihm auch zu schaffen, dass er gegen Ende seiner Schulzeit mit ansehen musste, wie ein guter Freund im Streit von einem anderen Schüler erstochen wurde. Vor allem aber litt er an dem Zerwürfnis mit seinem Vater, das sich wie ein roter Faden durch sein Leben zog. Der alte Günther war zutiefst enttäuscht von seinem Sohn, der aus seiner Sicht ein unstetes Lotterleben führte. In der letzten Zeit seines Schweidnitzer Aufenthaltes entstand eine erste Folge seiner "Crispin-Satiren". Damit wehrte er sich gegen Vorwürfe, ein verkommener Student zu sein, dessen Gedichte nur der Ausdruck seiner Unmoral darstellten. Von diesen Anfeindungen blieb sein Vater nicht unbeein-druckt und brach den Kontakt zu seinem Sohn endgültig bis zu dessen Lebensende ab. Zum Ende seiner Schulzeit fertigte der junge Günther ein Schuldrama mit historischem Hintergrund an, das dann im September 1715 unter dem Titel "Die von Theodosio bereute Eifersucht" zur Aufführung gelangte.

Im November 1715 ging Günther nach Frankfurt/Oder, um dort nach dem Willen des Vaters Medizin zu studieren. Doch bereits wenige Wochen später wechselte er nach Wittenberg, aber statt Vorlesungen zu besuchen, schrieb er eine Unmenge an Gelegenheitsgedichten. Pro Gedicht erhielt er etwa zehn Groschen. Er wurde 1716 zum Poeta laureatus Caesareus ernannt. Infolge der damit verbundenen finanziellen Aufwendungen, die er nicht zahlen konnte musste er 1717 ins Schuld-gefängnis.

Von 1717 bis 1719 studierte Günther in Leipzig. Er hatte die feste Absicht, sich zu bessern, doch war er letztlich nicht in der Lage, ein geregeltes Leben zu führen. Hinzu kam der ständige Geldmangel. Der Schriftsteller und Historiker Johann Burckhardt Mencke, der von der besonderen Begabung Günthers überzeugt war, nahm sich seiner an. Er versuchte, den jungen Dichter bei einem Mäzen in Lohn und Brot zu bringen, doch das misslang. Günther war ständig in Not. Sein Versuch, sich mit dem Vater auszusöhnen scheiterte wiederum. Er konnte auch mit keinerlei finanzieller Unterstützung rechnen, da bei einem Stadtbrand in Striegau am 13. März 1718 sein Vater Dr. Johann Günther sein Haus verlor und damit entfiel auch ein möglicher Erbteil für den Dichter.

In Leipzig studierte Günther zusammen mit Johann Christoph von Beuchel, dem Sohn des Landeshuter Kaufherrn Elias von Beuchel, und mit Theodor Speer, dem späteren Landeshuter Bürgermeister und war mit beiden freundschaftlich verbunden. Während seine Freunde jederzeit in den Schoß ihrer Familien zurückkehren konnten, vagabundierte Günther durch Schlesien. In Kreuzburg wollte er sich als Arzt nieder-lassen. Dies misslang ebenso wie seine Versuche, eine geeignete Anstellung zu finden, die sein materielles Auskommen sichern konnte. In der Folge lebte er als Gast bei den wohlhabenden Familien verschiedener Studienfreunde.

In Hirschberg traf er schließlich Theodor Speer, seinen alten Freund aus Studientagen, der ihn überredete, mit ihm in dessen Heimatstadt Landeshut zu ziehen. Im Herbst 1721^wanderten die Freunde über Schmiedeberg nach Landeshut. Speer führte Günther in seinen Landeshuter Freundeskreis ein. Besonders zugetan war ihm die Familie von Beuchel und der Handelsherr Elias von Beuchel gewährte dem Dichter Gastfreundschaft unter seinem Dach.

Günther gelang es schnell, Kontakte zu knüpfen zu den gebildeten Kreisen der Stadt. Man hielt sich viel zugute, einen so renommierten Poeten in seinen Mauern zu wissen. So wurde er nicht zuletzt durch die Vermittlung der Familie von Beuchel eingeladen zu abendlichen Gesellschaften. Zu seinen Gönnern zählten u. a. der erste evangelische Pfarrer und Hauptpastor an der Gnadenkirche Dr. Christian Ernst Kopisch und die Landeshuter Handelsherren Chrisitan Gottlieb Rasper und Melchior Michael.

Besondere Unterstützung aber erhielt Günther von Johanna Eleonora Dauling, der Schwester seines Studienfreundes Theodor Speer. Sie war verheiratet mit dem Kaufherrn Christoph Dauling, der 17 Jahre älter war als sie. Günther nahm sich die Freiheit, Gedichte an Frau Johanna Eleonore zu schreiben und verbrachte manche Stunde mit der lebensfrohen Frau. Der alte Kaufmann wurde schließlich misstrauisch auch nachdem der Tratsch über seine Frau in der Kleinstadt überhand-nahm. Die Situation spitzte sich derart zu, dass es zu hässlichen entwürdigenden Auseinandersetzungen kam und es drohte sogar ein Gerichtsprozess. In der Folge zerbrach Günthers Freundschaft zu Theodor Speer. Günther fühlte sich völlig missverstanden. Er war zu ungestüm und leidenschaftlich gewesen, was in erster Linie in seinen Freundschaftsgedichten zum Ausdruck kommt.

Nur die Familie von Beuchel hielt fast unbeirrt an Günther fest und er durfte weiterhin in ihrem Hause leben und ihre Gastfreundschaft genießen. Seine Maßlosigkeit und seine Haltlosigkeit brachten ihn immer wieder an den Rand der Verzweiflung. Viele Gespräche mit den beiden Brüdern Johann Christoph und Hans Gotffried von Beuchel richteten den Dichter immer wieder auf. Sie versuchten immer wieder umsichtig und behutsam, ihn dazu zu bewegen, seine Dichtungen zu ordnen und neues Selbstvertrauen in seine Dichtkunst zu finden. Auch wenn sich Günther vornahm, dem Rate der Freunde zu folgen, es gelang ihm nur unvollkommen. Schließlich verlässt er Landeshut erstmals Ende 1721 überstürzt und bleibt auf das Zureden seiner Freunde in Schmiedeberg bis Mitte März 1722.

Sein unstetes Wesen und zunehmend seine schwindende Gesundheit beeinträchtigten ihn. Trotzdem führte sein Aufenthalt im von Beuchel`schen Hause den jungen Dichter ab März 1722 in eine Schaffensphase, die geprägt war von vielen Ideen, die er oft mitten in der Nacht zu Papier brachte. So hatte er seine Taschenbücher, die gefüllt waren mit Gedanken und Skizzen, die noch ausgearbeitet werden sollten. Das älteste war das "Schweidnitzer Taschenbuch". Dann gab es das "Dresdner Taschenbuch", das "Laubaner Taschenbuch", das "Schmiedeberger Taschenbuch" und schließlich das "Landeshuter Taschenbuch".

Eigentlich hatte der Dichter sich vorgenommen, die Stadt so schnell wie möglich wieder zu verlassen, weil er sein Studium wieder aufnehmen wollte, doch die Arbeit an seinen Texten war für ihn anstrengender und zeitaufwändiger als erwartet. So dauerte sein Aufenthalt in der Stadt bis Mitte Juli 1722 und in dieser Zeit besuchte er Abraham von Czettritz auf Schwarzwaldau. Mehrfach war er schon im Herrenhaus in Schwarz-waldau gewesen. Die Bewohner des Schlosses schätzten besonders die Kreativität des Dichters und Günther schrieb Gedichte für seine Gastgeber, insbesondere für die junge Herrin des Schlosses, aber auch ihrem kleinen Sohn Adam Gotthard von Czettritz widmete er ein Gedicht.

Mitte Juli 1722 schließlich verließ er Landeshut und seine Umgebung endgültig. Zum Abschluss verabredete er sich mit seinen Landeshuter und Schmiedeberger Freunden zu einer Fahrt zur Schneekoppe, genächtigt wurde in der Hampelbaude. Mit einigen wenigen Getreuen zog er nach Hirschberg und er nahm sich tatsächlich vor, in Jena das Studium wieder aufzunehmen und den Titel eines Doktors zu erwerben. Gleichzeitig arbeitete er weiter an seinen Tagebüchern und bemühte sich um die Herausgabe seiner Gedichte. Ein letzter Versuch, sich mit seinem Vater auszusöhnen, scheiterte am Starrsinn des Vaters, der seinem Sohn nicht verzeihen konnte.

Günther fand in Jena in Carl Siegmund von Eben und Brunnen wiederum einen Förderer, der ihn bei sich aufnahm. Der junge Herr aus schle-sischem Adel unterstützte Günther auch materiell. Doch der Dichter verfiel körperlich zunehmend, obwohl die Reime ihm weiterhin regelrecht zuflogen. Zuletzt konnte Günther das Bett nicht mehr verlassen und starb schließlich friedlich in seinem Bett am 15. März 1723 mit erst 27 Jahren an Tuberkulose.

Johann "Christian Günther läßt sich in die schlesische Literatur dieser Zeit geschichtlich nicht einordnen", soweit Arno Lubos, der das Werk Günthers als "individuelles Barock" bezeichnet, das geprägt ist durch die "Dissonanz des Ich".

(Verfasser: Wolfgang Kraus)

Quellen:

  • Eitner, G.: Günther, Johann Christian. In: Allgemeinde Deutsche Biographie, Bd. 10, 1879, S. 170 ff.
  • Fuhrmann, Eike: Günther, Johann Christian. In: Neue Deutsche Biographie, Bd. 7, 1966, S. 269 ff.
  • Günther, Johann Christian, Textkritische Werkausgabe in vier Bänden und einer Quellendokumentation, Bd. IV, Dichtungen der letzten Wanderjahre 1721 - 1723, Teil I., Texte, Berlin/Boston 2014
  • Hoffmann, Adalbert: Johann Christian Günther. Ein Beitrag zur Geschichte der schönen Literatur Schlesiens. In: Schlesische Provinzialblätter, Bd. 95 u. 96, 1832, S. 97 ff., 6 Abschnitte
  • Hoffmann, Adalbert: Johann Christian Günther und sein Freundeskreis in Landeshut, Schmiedeberg und Hirschberg. In: Der Wanderer im Riesengebirge, Sept. 1906, S. 130 f., Okt. 1906, S. 148 ff., Nov. 1906, S. 161 ff., Dez. 1906, S. 180 ff., Jan. 1907, S. 4 ff., Feb. 1907, 

       S. 20 ff., März 1907, S. 34 ff., Apr. 1907, S. 53 ff.

  • Hoffmann, Adalbert: Johann Christian Günthers`s Schuljahre (1710 - 1715). In: Der Wanderer im Riesengebirge, Jan. 1908, S. 8 ff., Feb. 1908, S. 19 f., März 1908, S. 35 ff.
  • Hoffmann, Adalbert: Johann Christian Günther`s Liebesleben (1710 - 1715). In: Der Wanderer im Riesengebirge, Nov. 1908, S. 164 ff., Dez. 1908, S. 178 ff.
  • Kersten Sandra: Die Freundschaftsgedichte und Briefe Johann Christian Günthers, Berlin 2006
  • Kulke, Heinz: Rast in Landeshut. Eine Erzählung um den schlesischen Barockdichter Johann Christian Günther. In: Schlesischer Gebirgsbote, Nr. 8 - 10, 1968
  • Lubos, Arno: Geschichte der Literatur Schlesiens, 1. Band, S. 190 ff. München 1960
  • Schubert, Heinrich: Johann Christian Günther in Striegau und Schweidnitz. In: Der Wanderer im Riesengebirge, Sept. 1904, S. 131 ff., Nov. 1904, S. 165 ff., Dez. 1904, S. 180 ff.
  • Wikipedia

Zur Erinnerung an den Dichter wurde am 13.04.1929 eine Gedenktafel am 
Haus Markt Nr. 20 angebracht, die sich auch heute noch dort befindet.

Eine Seite aus Johann Christian Günthers Schweidnitzer Taschenbuch.

Johann Christian Günther

(Abbildung aus: "Gedichte, 6. Aufl. Breßlau und 
Leipzig, 1764")

Hamburger, Max

Leinenfabrikant, Stadtrat
* 15.02.1868
+ 14.05.1952 in Saint-Aubin-Sauges (Schweiz)
Wirkungsstätte: Landeshut

Hasenclever, Peter

Kaufmann
* 24.11.1716 in Remscheid                                                 + 15.06.1793 in Landeshut
Wirkungsstätte: Landeshut

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Peter Hasenclever gilt als der Gründer der Landeshuter Leinenindustrie. Geboren wurde er am 24.11.1716 in Remscheid als ältester Sohn von elf Kindern des Kaufmanns Luther Hasenclever (1691 - 1752) und dessen Ehefrau Klara, geb. Moll (1691 - 1773). Sein Vater besaß in Remscheid mehrere Eisen- und Stahlhütten und auch seine Mutter stammte aus einer Kaufmannsfamilie, der in Lennep eine Tuchfabrik gehörte. Die Liebe zum kaufmännischen Beruf wurde Peter Hasenclever somit praktisch in die Wiege gelegt.

Mit 7 Jahren schickte ihn der Vater Luther Hasenclever nach Lennep, der Hauptstadt des Herzogtums Berg, zu Peter Moll, seinem Großvater mütterlicherseits. Dieser war Bürgermeister der Stadt und besaß eigene Fabriken für feine Tücher von spanischer Wolle. H. hatte so täglich Gelegenheit seine Kenntnisse über die Herstellung der Tuche zu erweitern, da ein Teil der Weber neben seinem Hause wohnte und die Appretur der Tücher sich sogar im Hause befand. Nach seinen Schul-stunden hielt er sich größtenteils unter den Arbeitern auf und seine Wissbegierde bezüglich allem, was mit der Beschaffenheit und der Herstellung von Tuchen zu tun hatte, kannte fast keine Grenzen.

Vom 10. bis zum 13. Jahre besuchte er die öffentliche Schule in Lennep. Sein Lieblingsfach war Geographie. Nach dem Besuch der Grundschule  absolvierte er in Solingen bei einem Geschäftsfreund seines Vaters eine Ausbildung in einer Messerschmiede. Zur weiteren Berufsausbildung ging er alsdann für sechs Monate nach Lüttich, wo er gleichzeitig auch die französische Sprache erlernen konnte, was für seine spätere berufliche Laufbahn von sehr großem Vorteil sein sollte. Bevor er sich auf längere Auslandsreisen begab, kehrte er aber für kurze Zeit in seine Heimatstadt Remscheid zurück, um den Vater in geschäftlichen Dingen zu unterstützen.

Im Jahre 1734 trat er seine erste größere Reise nach Frankreich an, die Länder Spanien und Portugal folgten. Gemeinsam mit seinem Onkel Anton Hasenclever und dessen zwei Neffen wurde er Teilhaber eines Unternehmens, das von Lissabon aus Handel mit Südamerika betrieb. Hier in Lissabon lernte er auch seine spätere Ehefrau kennen. 1745 trat er mit Katherine Wilds, Tochter des Schiffskapitäns Elias Wild und dessen Ehefrau Marie, geb. Swinton, vor den Traualtar. Das Glück der Eheleute war vollkommen, als am 07.11.1746 Tochter Anna Maria Elisabeth das Licht der Welt erblickte. Die junge Familie verbrachte in Portugals Hauptstadt an der Tejo-Bucht glückliche Zeiten.

Nach einigen Jahren trennte sich Peter Hasenclever in Freundschaft von seinen Teilhabern - sein Onkel war zwischenzeitlich verstorben - und gründete 1755 in Cadiz ein eigenes Handelshaus, das er innerhalb kürzester Zeit zu einem erfolgreichen Unternehmen ausbaute. So war es ihm auch möglich, seinen Vater bei der Erziehung der drei jüngeren Brüder zu unterstützen. Den Ältesten ließ er zu sich nach Cadiz kommen, den Zweiten schickte er nach Hamburg und den Jüngsten nach Sedan in Frankreich. Einem dieser drei Brüder, Franz Hasenclever (1727 - 1802), verhalf er zu einem Leinengeschäft in Schmiedeberg im Riesengebirge. Den schlesischen Leinenhandel hatte er während einer Geschäftsreise im Jahre 1743 nach Hirschberg kennengelernt und sich mit diesem vertraut gemacht. Als er für seinen Bruder das Geschäft in Schmiedeberg einrichtete, machte er sich mit dem Gedanken vertraut, sich ebenfalls in Schlesien niederzulassen und eine Leinenfabrik zu begründen. Erst Jahre später konnte er diesen Plan verwirklichen.

Eine schwere Erkrankung seiner Ehefrau und eine eigene Erkrankung zwangen die Eheleute, 1758 nach London zu ziehen, wo ihre einzige Tochter damals in Pension war. Nach seiner vollständigen Genesung unternahm er weitere Reisen, die ihn nach Dänemark, Schweden, Polen, Russland, Frankreich, aber auch wieder nach Portugal und Spanien führten. Gemeinsam mit Partnern gründete er 1763 in London die Firma Hasenclever, Seton & Crofts, die unter Hasenclevers Leitung in Nord-amerika die Herstellung von Eisen, Gewinnung von Pottasche und den Anbau von Hanf und Flachs fördern sollte. Während des fünfjährigen Aufenthaltes in Nordamerika war Hasenclever überaus erfolgreich tätig. Weite Landstriche, Wälder, Eisenminen und ein Eisenwerk konnten erworben werden, so dass 1769 der gesamte Besitz 600 qkm mit 217 Gebäuden betrug (der Kreis Landeshut hatte damals eine Größe von 400 qkm). Betrügerische Machenschaften seiner englischen Teilhaber sowie ungünstige wirtschaftliche Entwicklungen des Nordamerikageschäftes brachten Peter Hasenclever in große finanzielle Schwierigkeiten. Er büßte fast sein gesamtes Vermögen ein und wurde darüber hinaus auch noch angeklagt. 14 Jahre lang kämpfte er um seine Ehre, bis 1787 der Prozess zu seinen Gunsten entschieden wurde.

Gemeinsam mit seinem Schwiegersohn Johann George Ruck gründete er 1774 in Landeshut ein Leinenhandelshaus und erwarb für seine Familie ein Wohnhaus. Verbliebene Guthaben aus seinen spanischen Geschäften ermöglichten ihm den Aufbau einer ansehnlichen Existenz. Er gelangte wieder zu Wohlstand und Ansehen. Laut Zimmermann gehörte die Hasenclever- und Rucksche Kompagniehandlung zu den ansehnlichsten und wichtigsten Handlungshäusern in Landeshut. Darüber hinaus setzte er sich aber bis zu seinem Lebensende unermüdlich für die Förderung des schlesischen Leinenhandels ein und wandte sich erfolgreich sowohl schriftlich als auch persönlich an Friedrich den Großen mit der Bitte um Bereitstellung finanzieller Mittel. Dieser stellte nicht nur Geldmittel zur Verfügung, sondern errichtete in Landeshut auch eine Niederlassung der "Preußischen Seehandlung", seiner Staatsbank. Dieses Haus war später im Besitz der Firma Brodkorb & Drescher. Hasenclever fungierte aber auch als Ratgeber Friedrichs des Großen, als dieser 1785 den Freundschafts- und Schifffahrtsvertrag mit den Vereinigten Staaten von Nordamerika abschloss.

Am 17. Juni 1793 verstarb Peter Hasenclever in Landeshut. Seine Ehefrau starb vier Jahre später im Jahre 1797.

Quellen:

  • Glauber, Christian Gottlieb: Peter Hasenclever, Landeshut 1794
  • Hamburger, Max: Peter Hasenclever (Heimatbuch des Kreises Landeshut - 1929)
  • Nekrolog 1793: Peter Hasenclever
  • Schlesischer Gebirgsbote
  • Wikipedia
  • Wolff, Klaus: Neue Deutsche Biographie 8 (1969)
  • Zimmermann, Friedrich Albert: Beyträge zur Beschreibung von Schlesien, 5. Band

Anna Maria Elisabeth Ruck, geb. Hasenclever (07.11.1746 - 10.06.1817)

 (Tochter des Peter Hasenclever)

(Das Bild stellte Herr Johannes van den Hurk zur Verfügung)

Kaufmann Johann George Ruck (14.05.1726 - 05.08.1805)

(Schwiegersohn des Peter Hasenclever)

(Das Bild stellte Herr Johannes van den Hurk zur Verfügung)

Mitteilung über den Tod der Frau Marie Elisabeth Ruck, geb. Hasenclever, am 10. Juni 1817

(Quelle: Schlesische Provinzialblätter, Bd. 65, 6. Stück, Juni 1817, S. 564)

Nachruf für die verstorbene Frau Marie Elisabeth Ruck, geb. Hasenclever - Teil I

(Quelle: Schlesische Provinzialblätter, Bd. 65, 6. Stück, Juni 1817, S. 150)

Nachruf für die verstorbene Frau Marie Elisabeth Ruck, geb. Hasenclever - Teil II

(Quelle: Schlesische Provinzialblätter, Bd. 65, 6. Stück, Juni 1817, S. 151)

Nachruf für die verstorbene Frau Marie Elisabeth Ruck, geb. Hasenclever -

Teil III

(Quelle: Schlesische Provinzialblätter, Bd. 65, 6. Stück, Juni 1817, S. 152)

Mitteilung über den Tod der Frau Sophie Flügel - Hasenclever in der Zeitung "Der Bote aus dem Riesengebirge", Heft Nr. 43/1838.

Sie war die Adoptivtochter der Eheleute Johann George Ruck und Anna Maria Elisabeth Ruck, geb. Hasenclever.

Kaufmann Franz Arnold Hasenclever, der jüngere Bruder des Kaufmanns Peter Hasenclever, wurde am 10.10.1727 in Remscheid geboren und verstarb am 27.10.1802 in Schmiedeberg. In seinem Testament vermachte er 1.500 Rt. für arme evangelische Schulkinder.

(Quelle: Schlesische Provinzialblätter, Bd. 41, 2. Stück, Febr. 1805, S. 165)

Hein, Christian

Lehrer, Rektor
* 15.05.1652 in Greiffenberg                                            + 25.01.1725 in Landeshut
Wirkungsstätte: Landeshut

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Er war der erste Rektor der Lateinschule in Landeshut. Seine Wiege stand in Greiffenberg, hier wurde er am 15.05.1652 als Sohn des Rektors der dortigen evangelischen Stadtschule geboren. In einem Lehrerhaushalt aufgewachsen, lag es nahe, dass auch der junge Christian diesen Beruf ergreifen wollte. Nach dem Besuch des Elisabeth-Gymnasiums in Breslau und dem erfolgreichen Studium an der Universität in Leipzig übernahm er am 22.07.1680 sein erstes Lehramt in Nieder-Wiesa bei Greiffenberg. Gleichzeitig war er dort auch als Organist tätig. 1692 wurde er zum Rektor der Schule ernannt. Als ihm im Jahre 1711 die Rektoratsstelle an der neu gegründeten Schule in Landeshut angeboten wurde, zögerte er nicht und trat das Amt am 31.08.1711 an.

Mit der Neugründung der evangelischen Kirchengemeinde Landeshut im Jahre 1709 war den Protestanten sowohl der Bau einer Kirche als auch die Errichtung einer Schule gestattet worden. Diese bestand aus einer höheren Schule (Lateinschule) und einer Volksschule. Am 27.01.1710 begann der Unterricht und der erste Rektor der Anstalt war Christian Hein. Bis zu seinem Tod am 25.01.1725 übte er dieses Amt aus.

Verheiratet war er seit dem 21.11.1684 mit Catharina Elisabeth, geb. Tornau, der ältesten Tochter des in Greiffenberg geborenen Pastors Caspar Tornau, der als Seelsorger an der evangelischen Kirche in Nieder-Wiesa tätig war. Dieser stammte aus einer Arbeiterfamilie. Sein Vater verdiente den Lebensunterhalt als Strumpfstricker in Greiffenberg. Während der Ehe wurden 6 Söhne und 
1 Tochter geboren. Zwei Söhne sind namentlich bekannt:

  1.  Christian Hein (21.01.1686 - 08.11.1747), er studierte in Lauban und Leipzig und wurde Lehrer in Nieder-Wiesa bei Greiffenberg. Nach dem Tod seines jüngeren Bruders Gottlob übernahm er zusätzlich dessen Amt als Organist. Beigesetzt wurde er in der Pfarrkirche von Nieder-Wiesa vor dem Altar.
  2. Gottlob  Hein (24.12.1690 - 04.03.1720) studierte in Leipzig Theologie und wurde Organist in Nieder-Wiesa.


Bei Renovierungsarbeiten in der Gnadenkirche wurde eines Tages auch der Fußboden des Gotteshauses erneuert. Zur allgemeinen Verwunderung entdeckte man ursprüngliche Grabdenkmäler, die mit der Schriftseite nach unten als Fußbodenplatten Verwendung gefunden hatten. Eine dieser großen Sandsteinplatten war dem Gedächtnis des ersten Rektors der Schule gewidmet. Die Kirchenverwaltung stellte dem Realgymnasium diesen Grabstein zur Verfügung und seit dieser Zeit stand er nun eingemauert auf dem oberen Flur des Schulgebäudes.

Quellen:

  • Festschrift zum 200jährigen Jubiläum des Realgymnasiums zu Landeshut
  • Geschichte der ev. Gemeinde zu Landeshut vor und seit der Erbauung der jetzigen Kirche und Schule, ein Denkmal am ersten hundertjährigen Jubelfeste, Landeshut, 1809, neu herausgegeben, Kamienna Góra, 2007
  • Hoffmann, Carl Julius Adolph: Die Tonkünstler Schlesiens - Ein Beitrag zur Kunstgeschichte Schlesiens vom Jahre 960 - 1830
  • Luge, Johannes Gotthelf: Chronik der Stadt Greiffenberg in Schlesien

Hellpach, Willy, Prof. Dr. Dr.

Mediziner, Psychologe, Politiker
* 26.02.1877 in Oels                                                             + 06.07.1955 in Heidelberg
Kindheit, Jugend: Landeshut

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Professor Dr. Dr. Willy Hellpach war einer der bekanntesten deutschen Wissenschaftler aus Schlesien. Das Licht der Welt erblickte er am 26.02.1877 im schlesischen Oels als einziges Kind des königlichen Kreisgerichtskalkulators Hugo Hellpach und dessen Ehefrau Agnes, geb. Otto. Bereits ein halbes Jahr nach seiner Geburt verstarb sein Vater und seine Mutter zog mit dem kleinen Willy zu ihrer verwitweten Mutter nach Landeshut zurück. Hier wuchs er auf und verbrachte eine glückliche Kinder- und Jugendzeit. Später bekannte er mehrfach, dass Landeshut seine wirkliche Heimat war.

Nach dem Besuch der evangelischen Volksschule und des Realgym-nasiums schloss er die Schulausbildung Ostern 1895 mit dem Abitur erfolgreich ab. Die für das Medizinstudium erforderliche Ergänzungs-prüfung in Latein und Griechisch legte er im Spätsommer des Jahres 1895 am Hirschberger Gymnasium ab. Anschließend studierte er an der Universität Greifswald Medizin und Psychologie. Vom Wintersemester 1897/98 an setzte er das Studium an der Leipziger Universität fort. Hier lehrte der bekannte Professor Dr. Wilhelm Wundt. Dieser genoss auf dem Gebiet der Psychologie Weltruf und war 1879 in Leipzig der Gründer des weltweit ersten Institutes für experimentelle Psychologie. 1899 schloss Hellpach sein Psychologiestudium mit der Promotion ab. Nach Ableistung des Militärdienstes bestand er 1901 das medizinische Staatsexamen und ging als Assistenzarzt an die Psychiatrische Klinik in Heidelberg. Im Jahre 1903 promovierte Hellpach zum Dr. med. und setzte seine Fachausbildung zum Nervenarzt bei Professor Dr. Oppenheim in Berlin fort, der zur damaligen Zeit Präsident der Gesellschaft Deutscher Nervenärzte war.

Neujahr 1904 ließ er sich in Karlsruhe als selbständiger Nervenarzt nieder. Aber nicht nur beruflich begann dieses Jahr sehr erfolgreich, auch privat fand er sein Glück. Nach sechsjähriger Verlobungszeit trat er mit der Deutschböhmin Olga Klim vor den Traualtar, Tochter des Kauf-mannes Klim aus Prag. Die Ehe blieb leider kinderlos.

Da er stets bestrebt war, sein umfangreiches Wissen auch an Jüngere weiterzugeben, wollte er nicht nur praktisch tätig sein, sondern sich auch der wissenschaftlichen Lehre widmen. So habilitierte er sich 1906 an der Karlsruher Technischen Hochschule als Privatdozent, die ihm 1911 bereits eine außerplanmäßige Professur übertrug. Welches Ansehen er an der Universität genoss, beweist die Tatsache, dass er zu diesem Zeitpunkt erst 34 Jahre alt war.

Während des ersten Weltkrieges leistete Prof. Dr. Dr. Hellpach Kriegsdienst an der Westfront und übernahm 1915 - 1918 als Chefarzt die Leitung von Nervenlazaretten zunächst in Frankreich und später in Deutschland. Die während dieses grausamen Krieges gesammelten Erfahrungen ließen in ihm den Entschluss reifen, sich auch politisch zu betätigen. Er trat der Deutschen Demokratischen Partei bei.

Die durch den Krieg unterbrochene berufliche Karriere fand im April 1920 ihre Fortsetzung durch die Berufung zum ordentlichen Professor für allgemeine und angewandte Psychologie an der Technischen Hochschule in Karlsruhe. Gleichzeitig wurde er mit der Leitung des neu eingerichteten Institutes für Sozialpsychologie beauftragt. Während dieser Zeit publizierte er zahlreiche medizinische und psychologische Schriften, die weltweit Beachtung fanden. Neben seiner wissen-schaftlichen Karriere begann nun auch seine politische. Im November 1922 übernahm er das Amt des badischen Ministers für Kultur und Unterricht und erstellte in dieser Funktion das Modell einer Berufs-schulordnung. Am 07.11.1924 erfolgte seine Wahl zum badischen Staatspräsidenten. Nach dem Tod von Reichspräsident Friedrich Ebert am 28.02.1925 nominierte ihn seine Partei als Kandidat für die Reichspräsidentenwahl am 28.02.1925. Ihm gelang jedoch nur ein Achtungserfolg. Als seine Partei im November 1925 wegen einer Koalitionskrise aus der Regierung ausschied, nahm Hellpach dies zum Anlass, sich 1926 aus dem politischen Leben zurückzuziehen.

Seine Zeit erlaubte es ihm nun, sich jetzt wieder verstärkt der Wissen-schaft zuzuwenden. Er folgte einem Ruf der Universität Heidelberg und übernahm den Lehrstuhl für allgemeine und angewandte Psychologie. Im März 1928 kehrte er als Reichstagsmitglied noch einmal in die Politik zurück, gab aber im März 1930 sein Mandat zurück, da es zu erheblichen Spannungen zwischen ihm und dem Parteivorsitzenden gekommen war. Noch im gleichen Jahr verließ er die Partei, deren stellvertretender Vor-sitzender er in den Jahren von 1925- 1930 gewesen war. Sein zukünftiges Leben widmete er jetzt der Wissenschaft und der Ausarbeitung von sozial- und völkerpsychologischen  Lehrbuchdarstellungen. Neben dem Heidelberger  Lehrstuhl übernahm er im Jahr 1949 auch an der Tech-nischen Hochschule in Karlsruhe den Lehrstuhl für allgemeine und angewandte Psychologie.

Mit zahlreichen Ehrungen wurde Professor Dr. Dr. Hellpach bedacht. 1952 erhielt er das "Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik mit Stern" und die Wilhelm-Wundt-Medaille der Deutschen Gesellschaft für Psychologie. Im Jahre 1953 erfolgte die Verleihung der Paracelsus-Medaille. Darüber hinaus wurde er Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina sowie Ehrenmitglied des Berufsverbandes deutscher Psychologen. Zum Gedenken an den großen Arzt, Wissenschaftler und Politiker wurde 1973 in Heidelberg die frühere städtische Handelslehr-anstalt nach ihm benannt.

Professor Dr. Dr. Hellpach verstarb am 6. Juli 1955 in Heidelberg und wurde neben seiner bereits 1948 verstorbenen Ehefrau auf dem Bergfriedhof in Heidelberg beigesetzt.

Quellen:

  • Festschrift zum 200jährigen Jubiläum des Realgymnasiums zu Landeshut
  • Fuchs, Konrad: Ostdeutsche Biographie - Persönlichkeiten des historischen Ostens
  • Hellpach Prof. Dr., Willy: Selbstbiographie (Heimatbuch des Krs. Landeshut - 1929)
  • Richter, Gustav: Berühmte Zeitgenommen aus Landeshut (Heimatbuch des Krs. Landeshut - 1954)
  • Schlesischer Gebirgsbote
  • Wikipedia
  • Witte, Wilhelm: Neue Deutsche Biographie 8 (1969)