Die Koppenhäuser
(Verfasser: Hella Tegeler)
Die Schneekoppe, auch Riesenkoppe genannt, ist mit 1.605 m die höchste Erhebung des Riesengebirges. Sie ist der höchste Berg der Sudeten. Über ihrem Gipfel verläuft die Staatsgrenze von Tschechien und Polen.
Im Laufe der Jahrhunderte entstanden auf dem Koppenkegel mehrere Bauten, über deren Geschichte nachfolgend berichtet wird.
(Diese Karte stellte Frau Roswitha Rueschkamp zur Verfügung)
Die Laurentiuskapelle
Sie ist das erste und somit auch das älteste Gebäude auf dem Koppenkegel. Auf Anregung des Klosters Grüssau fasste Graf Christoph Leopold von Schaffgotsch im Jahre 1653 den Plan, auf dem Gipfel der Schneekoppe eine Kapelle zu errichten. Der Bau wurde aber auf Grund eines Grenzstreits durch die Beamten des Grafen Czernin verhindert. Sie behaupteten, die Schneekoppe gehöre zu Schmiedeberg. Es kam zu einem 10-jährigen Prozess, in dem Graf Schaffgotsch siegte.
Der erste Spatenstich erfolgte 1665. Die Bauausführung wurde dem Maurer Bartholomäus Nantwigen aus Greiffenberg übertragen. Mit einem Entgelt von 180 Talern wurde er dafür entlohnt. Der Kapellenbau entwickelte sich zu einer sehr mühseligen Arbeit, denn jeder Balken und sämtliches Zubehör bis zum Wasser musste hochgeschleppt werden, so dass sich die Fertigstellung des Baues bis zum 1681 hinauszögerte.
Am 10. August 1681, dem Gedenktag des Heiligen Laurentius, wurde die Kapelle durch den Grüssauer Abt Bernhard Rosa in Anwesenheit von 10 Geistlichen und mehr als hundert Andächtigen feierlich eingeweiht. Alle für den Gottesdienst wichtigen Gegenstände waren vorhanden und blieben auch vor Ort, so z. B. Altartücher, ein silberner Reliquienkasten, Leuchter, zinnerne Schalen, Meßkännchen, Sprengkessel, Gefäße für Öl und Salz, Bänke, Beichtstuhl usw. Leichtere Sachen nahm der Kirchvater der Koppenkapelle zu sicherem Gewahrsam in die Hampelbaude und brachte sie zu jedem Gottesdienst hinauf. Dieses Amt versah zuerst der Wärter des kleinen Teichs, der in der Hampelbaude wohnte und unter dem Namen des Koppenbauden-mannes bekannt war, später der Besitzer der Hampelbaude selbst.
Fünfmal im Jahr fanden in der kleinen Kapelle Gottesdienste statt, am Trinitatis-Sonntag, am Fest Mariä Heimsuchung (2. Juli), zu Mariä Himmelfahrt (15. August), zu Mariä Geburt (8. September) und auch am Laurentius-Tag, dem 10. August. Diese Gottesdienste auf der Schneekoppe arteten bald zu regelrechten kleinen Volksfesten aus. Vor der Kapelle fand sogar ein kleiner Jahrmarkt statt, und diese "Koppenfeste" lockten viele Bergsteiger und wohl auch Neugierige herbei. Mitte des 18. Jahrhunderts wurden die Gottesdienste und damit auch die Koppenfeste auf drei im Jahr beschränkt.
Im Jahre 1810 hörten mit der Säkularisation der Klöster die Gottesdienste und damit auch die Koppenfeste auf, die von Mönchen der Probstei Warmbrunn gehalten wurden. Sie reisten auf dem sogenannten "Geistlichen Wege" auf die Koppe, über Giersdorf, Seidorf, den "Gutten Brunn", Brückenberg, die Schlingelbaude bis zu einem Haus, das 1738 eigens für ihre Unterkunft unterhalb des bisherigen Nachtquartiers, der Hampelbaude, errichtet worden war.
Von 1810 bis 1824 stand die Kapelle unbenutzt und verfiel mehr und mehr. Daher wurde sie vom Grafen Schaffgotsch als Gaststätte und Herberge vermietet und diente als solche bis 1850, bis zur Errichtung der ersten Koppenbaude. Als erster Pächter übernahm im Sommer 1824 der Gastwirt Carl Siebenhaar aus Warmbrunn die in einen Gaststättenbetrieb umgewandelte Koppenkapelle und richtete sie auch für Übernachtungen während des Sommerhalbjahres ein. Nebenbei untersuchte er im Auftrag des Staates auch die Wetterverhältnisse auf der Schneekoppe. Er war also der erste "Wetterwart" auf der Koppe, da das Observatorium erst viele Jahre später entstand.
Der Komfort dieser Herberge war mehr als dürftig. Der kreisrunde Innenraum diente zu ebener Erde gleichzeitig als Gast- und Speisezimmer und als Küche, während der Nacht bei starkem Andrang auch als Lagerstatt. Abgesehen vom Herd, auf dem über offenem Feuer nur Eierspeisen und warme Getränke bereitet wurden, nahmen eine Anzahl einfache Holztische und Schemel den Raum ein, um dessen Wand eine hölzerne Bank stand, die als Lagerstatt zweiten Ranges diente. "Lagerstatt ersten Ranges" war eine in halber Höhe des Kapellenraumes angebrachte gedielte, nach innen mit einem Staketengeländer versehene Galerie, zu der man auf einer steilen Treppe hinaufklettern konnte. Hier wurden abends nur Strohsäcke ohne Bettzeug und wollene Decken als Zudecke hingelegt, mehr als 15 Personen konnten hier nicht Platz finden. Als Waschbecken diente am Morgen ein Fass mit Wasser, das im unteren Raum auf die Bank gesetzt und von allen Gästen gemeinschaftlich benutzt werden musste.
Bis 1840 blieb die Pacht in der Familie Siebenhaar. Am 10. Juni 1839 war Carl Siebenhaar gestorben, sein Sohn Friedrich zog 1840 nach Warmbrunn, wo er als Steinschneider zu Weltruhm gelangte. König Friedrich Wilhelm IV. ernannte ihn 1857 zum Königl. Hof-Steinschneider. Er verstarb 1896. Nach ihm übernahm der Handschuhmacher Stöckel aus Hirschberg die Wirtschaft, trat sie aber aus Furcht vor der Konkurrenz der Grenzbauden und der 1848 von Mitlehner aus Groß-Aupa errichteten Riesenbaude an Friedrich Sommer ab. Dieser ließ später neben der Kapelle eine "Fliegende Bude" errichten, dort sollten die Schneekoppenbezwinger künftig übernachten. Aber auch das behagte Sommer nicht und so machte er dem Grafen den Vorschlag, die Kapelle wieder ihrer ursprünglichen Bestimmung zurückzugeben.
Nach einer gründlichen Erneuerung konnte der Breslauer Fürstbischof Heinrich Förster am 21. Juni 1854 die feierliche Neueinweihung der wiederhergestellten Kapelle vornehmen. Durch den Pfarrer zu Warmbrunn wurden wieder Gottesdienste in der Schneekoppenkapelle abgehalten, jedoch geschah dies nur noch einmal im Jahr, am Laurentius-Tag.
Quellen:
- Der Bote aus dem Riesengebirge
- Junker, Ullrich: St. Laurentiuskapelle auf der Schneekoppe
- Schlesische Bergwacht: Nr. 28/1963
- Schlesischer Gebirgsbote: Nr. 2/2011
Innenansicht der Kapelle - Blick auf den Altar
Die Laurentiuskapelle im Jahr 1840
Innenansicht der Kapelle.
Sie diente von 1824 - 1850 als Gaststätte.
Christoph Leopold Graf von Schaffgotsch (08.04.1623 - 30.06.1703)
Erbauer der Laurentiuskapelle.
Bericht aus der Zeitung "Der Bote aus dem Riesengebirge",
Heft Nr. 32/1848.
Eröffnung des Gaststättenbetriebes in der ehemaligen Laurentiuskapelle im Juni 1824.
Anzeige aus der Zeitung "Der Bote aus dem Riesengebirge", Heft Nr. 27/1824.
Anzeige aus der Zeitung "Der Bote aus dem Riesengebirge", Heft Nr. 20/1827.
Bericht aus der Zeitung "Der Bote aus dem Riesengebirge",
Heft Nr. 45/1828.
Bericht aus der Zeitung "Der Bote aus dem Riesengebirge",
Heft Nr. 35/1834.
Hofsteinschneider Friedrich Siebenhaar, Sohn des 1. Koppenwirtes
Karl Friedrich Wilhelm Heinrich Siebenhaar wurde am 12. Juli 1814 in Warmbrunn als Sohn der Eheleute Carl Siebenhaar und dessen Ehefrau Christiane, geb. Reichstein geboren. Vater Carl (geb. 1787) war Schuhmacher, scheint aber dieses Handwerk nicht allzu eifrig betrieben zu haben. Später war er der 1. Koppenwirt auf der Schneekoppe.
Friedrich Siebenhaar besuchte die evangelische Volksschule in Warmbrunn bis zu seinem 14. Lebensjahr. Er war ein begabter, tüchtiger Schüler, so dass er Lehrer werden sollte. Während seines letzten Schuljahres musste er zeitweise einen Präparanden beim Unterricht in einer Vorklasse vertreten. Da wollte es das Geschick, dass er einem ungezogenen Jungen in der Klasse eine Ohrfeige verabreichte; der aber lief sofort zum Kantor und seine Klage hatte den Erfolg, dass der Kantor Friedrich Siebenhaar ebenfalls mit einer Ohrfeige bedachte. Damit war sein Verlangen nach dem Lehrerberuf gestillt und er entschloss sich, Siegelsteinschneider zu werden. Bei seiner Konfirmation gab sein Vater hierzu die Erlaubnis. Nach damaligem Recht musste ein Stein-schneider, bevor er sich selbstständig machen durfte, erst 3 Jahre das Glasschneiden und danach 2 Jahre das Siegelsteinschneiden erlernen. Eine Innung oder Zunft gab es nicht. Friedrich Siebenhaar trat bei seinem Onkel, dem Glasschneider Reichstein, und, nach beendeter dreijähriger Lehrzeit als Glasschneider, bei einem anderen Onkel, dem Steinschneider Benjamin Müller in Warmbrunn als Steinschneider in die Lehre.
Nach beendeter Lehrzeit im Jahre 1832 betrieb Siebenhaar im Haus der Eltern selbstständig die erlernten Künste, den Glasschnitt nur etwa 2 Jahre, dann ausschließlich den Steinschnitt. Diese Tätigkeit musste er bis zum Jahre 1839 während des Hochsommers unterbrechen, da er dann dem Vater beim Betrieb der Gastwirtschaft auf der Schneekoppe helfen musste. Die Säkularisation der Klöster in Preußen im Jahre 1810 hatte zur Folge, dass die bis dahin von den Zisterziensern in Warmbrunn abgehaltenen Gottesdienste in der Laurentiuskapelle auf der Koppe aufhörten. Im Jahre 1824 genehmigte Graf Schaffgotsch, dass Siebenhaars Vater die Kapelle zu einem "Hospiz für Gebirgswanderer" herrichtete.
Am 10. Juni 1839 starb Carl Siebenhaar und damit endete mit dem Sommer 1839 diese Bewirt-schaftung. Friedrich Siebenhaar wusste immer sehr anschaulich zu berichten von dem damaligen Verkehr auf der Koppe, der höchst einfachen Aufnahme und Beherbergung der Gäste. Am liebsten aber berichtete er über einen Besuch König Friedrich Wilhelm III. auf der Koppe am 17. August 1839: Der König verlangte ein Glas mit Milch, Siebenhaar überreichte ihm dies und zwar in einem Glas, in dessen Fuß er in Erinnerung der früheren Anwesenheit des Königs auf der Koppe am 15. Juni 1830 folgende Worte eingraviert hatte "Aus diesem Glas trank König Friedrich Wilhelm III." Der König fragte, wo der Mann sei, der früher hier Wirt gewesen. Siebenhaar erwiderte, der sei kürzlich gestorben. Der König: "Wer sind Sie". Siebenhaar: "Sein Sohn, Majestät". Darauf trank der König die Milch, er bemerkte und las die eingravierten Worte; er fragte, wer das gemacht habe, -- und auf die Antwort, dass er -- Siebenhaar -- dies getan habe, fragte ihn der König, ob er Gastwirt sei. Sieben-haar erwiderte, er wäre Glas- und Steinschneider, worauf der König die Unterredung mit den Worten schloss, dann solle er bei seinem Metier bleiben. Diesen Rat hat auch Siebenhaar zum Glück befolgt. Er war bis ins hohe Alter ein überaus fleißiger, schaffensfreudiger Arbeiter. Seine Werke sind sehr zahlreich.
Er fertigte sehr viele Familienwappen, Monogramme und dergl.. Er beherrschte aber auch die Kunst des Kameenschnitts, d. h. den Schnitt, bei dem die Figur erhaben aus dem Stein herausgearbeitet wird. Etliche dieser Porträtkameen stellte er her, u. a. für den Grafen von Hoverden-Plencken oder auch für den Grafen Ludwig Schaffgotsch in Warmbrunn (+ 1891). Die schwerste, aber auch bedeutendste Aufgabe im Kameenschnitt hatte Siebenhaar im Jahre 1855 zu lösen. Durch Vermittlung des Grafen von Hoverden hatte König Friedrich Wilhelm IV. ihn mit der Anferti-gung einer Porträtbüste beauftragt. Siebenhaar war hocherfreut über diesen ehrenvollen Auftrag, äußerte aber seine Bedenken, dass es ihm unmöglich sei, eine Porträtähnlichkeit herzustellen, wenn ihm nicht gestattet werde, den König persönlich zu sehen. Dies vermittelte Graf Hoverden als sich Friedrich Wilhelm IV. im Sommer 1855 vom 14. Juli bis 18. August in Erdmannsdorf aufhielt. Siebenhaar wurde nach Erdmannsdorf zum König berufen, der ihn freundlich mit den Worten empfing "also Sie wollen mich sehen". Siebenhaar bat den König, eine bestimmte Haltung des Körpers, besonders des Kopfes einzunehmen. Der König entsprach dem Wunsch, Siebenhaar beobachtete ihn kurze Zeit, ohne eine Zeichnung anzufertigen, und sagte dem König seinen untertänigen Dank. Der König war sehr überrascht, dass die Sitzung schon beendet sei, und wünschte, bevor mit dem Steinschnitt begonnen werde, das Modell zu sehen. Der König sollte in großer Generaluniform dargestellt werden. Siebenhaar fertigte das Modell in Wachs, farbig, binnen weniger Wochen und durfte es persönlich dem König in Erdmannsdorf vorlegen. Der König erklärte seine Zufriedenheit, wünschte aber, dass die Fangschnüre, die als auf dem Uniformrock fest aufliegend modelliert waren, unterschnitten, also frei hängend geschnitten würden. Das war allerdings eine Aufgabe, die nur ein ganz erstklassiger Künstler zu lösen vermochte. Siebenhaar hat sie gelöst und ein Kunstwerk hergestellt, das die vollste Zufriedenheit des Königs gefunden hat. Graf Hoverden überreichte die in Onyx geschnittene Kamee dem König im Winter 1855/56 in Berlin. Dieser war sehr erfreut und ernannte Siebenhaar später zum Königlichen Hofsteinschneider.
Aber neben dem Kameenschnitt beherrschte Siebenhaar auch andere künstlerische Fähigkeiten. Er fertigte ganze Bildwerke im Steinschnitt, so für den Grafen Hoverden in Breslau eine Siegessäule mit Adler aus Rauchtopas, einen 14 cm hohen Jagdtrinkbecher aus Lapislazuli für Herrn von Decker in Dittersbach, Kreis Lüben und einen Cognacbecher aus Rauchtopas für den Freiherrn von Rosenberg in Wismar. Das größte Kunstwerk aber, das Siebenhaar geschaffen hat, war ein 28 1/2 hoher Becher aus Rauchtopas für den Geheimen Kommerzienrat Richard Brook in Berlin, Inhaber des Bankhauses Anhalt und Wagner.
Friedrich Siebenhaar hat bis zu seinem Tod am 22. Oktober 1895 in Warmbrunn gelebt. Verheiratet war er seit dem 18. September 1861 mit Ernestine, geb. Zeisberg, die am 30 Juni 1915 im Alter von 87 Jahren verstarb. Beide wurden auf dem evangelischen Friedhof in Warmbrunn beigesetzt. Die Eheleute hatten einen Sohn.
Quelle:
- Seydel, Geh. Justizrat: Der Hofsteinschneider Siebenhaar zu Warmbrunn in: Zeitschrift "Der Wanderer im Riesengebirge", Heft Nr. 2/1916
König Friedrich Wilhelm III. von Preußen
König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen
Ein 28 1/2 hoher Becher aus Rauchtopas.
König Friedrich Wilhelm IV. ernannte Friedrich Siebenhaar, Sohn des Carl Siebenhaar, zum Königl. Hofsteinschneider.
Anzeige aus der Zeitung "Der Bote aus dem Riesengebirge",
Heft Nr. 4/1857.
Steinschnitt-Portrait des Dichters Gustav Freytag,
Arbeit von Friedrich Siebenhaar.
(Quelle: Zeitung "Der Wanderer aus dem Riesengebirge,
Heft Nr. 10/1925)
Signatur des Friedrich Siebenhaar
(Quelle: Zeitung "Der Wanderer aus dem Riesengebirge",
Heft Nr. 10/1925)
Die Laurentiuskapelle
Blick auf den Altar in der Kapelle (Aufnahme: 1986)
Blick auf die verschneite Laurentiuskapelle
Die Böhmische und die Preußische Baude
Die Geschichte dieser beiden Bauden ist eng miteinander verknüpft und fast untrennbar mit der jeweils anderen verbunden. Das liegt vor allem daran, dass sie lange Zeit einen gemeinsamen Besitzer hatten.
Im Jahre 1850 errichtete der Gastwirt Friedrich Sommer das erste Koppenhaus mit dem für damalige Verhältnisse nicht unerheblichen Kostenaufwand von 2.000 Kronen. Es handelte sich um ein einstöckiges Gebäude aus Holz mit einem Satteldach. Dem Grundbesitzer Graf Schaffgotsch in Warmbrunn war eine Grundpacht zu entrichten. Die feierliche Einweihung erfolgte am 9. Juni 1850. Am 22. Oktober 1857, also nach nur siebenjährigem Bestehen, brannte das nur im Sommer bewohnte Haus durch Brandstiftung nieder. Bereits am 22. Juli 1858 konnte der Neubau, wiederum ganz aus Holz hergestellt, feierlich eingeweiht werden. Die neue Baude war wesentlich größer als ihre Vorgängerin, besaß einen großen Speisesaal, einen Schlafsaal und Zimmer mit 35 Betten. Aber auch dieses Haus wurde durch Blitzeinschlag am 16. April 1862 ein Raub der Flammen. Noch im selben Jahr ließ Sommer die Preußische Baude errichten. Sie war ein Fachwerkbau mit drei Stockwerken. Das hohe Dach bestand aus doppelt gedeckten Schindeln. Für das feste Steinfundament wurde der Granit des Koppenkegels verwendet. Das gesamte Baumaterial musste durch Träger heraufgebracht werden. Diese Baude war noch größer als ihre durch Feuer vernichteten Vorgängerinnen. Sie hatte einen großen Speisesaal im Erdgeschoss und verfügte über insgesamt 26 Zimmer mit mehr als 100 Schlafplätzen.
Im Jahre 1868, nachdem das Gasthaus seines Vaters, die Blaschkebaude acht Jahre zuvor am Grenzpass abgebrannt war, erbaute Hermann Blaschke eine neue Herberge, die er in Abgrenzung zur benachbarten Preußischen, "Böhmische Baude" nannte. Diese Baude war deutlich kleiner als die der Konkurrenz auf der anderen Seite der Grenze und bot Platz für etwa 50 Personen. Die feierliche Eröffnung erfolgte am 22. Juni 1868. Aber bereits 1870 verkaufte Blaschke seinen Besitz an Friedrich Sommer, den Wirt der Preußischen Baude, gegen den er im Wettbewerb nicht bestehen konnte. Darüber hinaus bestanden auch gesundheitliche Probleme. Für den erzielten Erlös baute er sein Elternhaus wieder auf. Friedrich Sommer war nunmehr "Alleinherrscher" auf der Schneekoppe.
1875 kam es wiederum zu einem Besitzerwechsel. Friedrich Sommer verkaufte die beiden Gebirgsbauden an Friedrich Pohl, der zuvor schon erfolgreicher Hotelier in Adersbach war. Friedrich Sommer verstarb am 24. Oktober 1881 in Petersdorf. Gleich nach der Übernahme der beiden Häuser bemühte sich Friedrich Pohl um eine Verbesserung der Dienstleistungen mit dem Ziel, die schlichten Gebirgsbauden in feine Hotels umzuwandeln. Die damaligen Besucher kamen in Begleitung von Bergführern zur Schneekoppe hinauf, vor allem von der Nord- also der deutschen Seite des Riesengebirges. Damen ließen sich von Pferden hinauftragen, die weniger Mutigen wurden von jeweils zwei Koppenträgern getragen. Dieser vornehmen Gesellschaft trug auch die Speise- und Getränkekarte Rechnung, die sich durchaus mit denen in Dresden, Berlin oder Prag messen konnte.
Nach dem Tod des Vaters im Jahre 1886 übernahm der Sohn Emil Pohl die beiden Häuser und er konnte das goldene Zeitalter des Riesengebirgstourismus miterleben. Ab dem Ende des 19. Jahr-hunderts kamen immer mehr Leute ins Gebirge, um dem Alltagstrott zu entrinnen. Der Riesen-gebirgsverein errichtete auf beiden Seiten des Gebirges bequeme Wanderwege, Bergführer und Damensitze verschwanden langsam und die Berge wurden zum Treffpunkt aller möglichen Gesellschaftsschichten. Die Beköstigung in beiden Bauden war vorzüglich. Die Speisekarte der Preußischen Baude aus dem Jahr 1905 spricht Bände: Taubensuppe, Zander in Teigkruste, Kalbskamm oder eine Spezialität des Hauses - Schneebälle in Weinsauce. Frische Konditoreiwaren und Kuchen waren eine Selbstverständlichkeit. Die um eine Veranda erweiterte Böhmische Baude war vor allem ihrer gediegenen böhmischen Küche, einschließlich Schweinebraten, Kraut und Knödeln berühmt.
Viele Jahre bediente der aus Neu-Weißbach gebürtige Karl "Heinrich" Rummler als Oberkellner die Gäste der Preußischen Baude. Später zog er nach Krummhübel und erwarb dort das Gasthaus "Zum goldenen Frieden". Nach dem Tod seines Schwagers Gustav Exner übernahm er das Hotel "Zur Schneekoppe". Neben der Führung des Gasthauses und des Hotels übte er auch die Tätigkeit des Gemeindevorstehers von Krummhübel aus. Für seine Verdienste wurde ihm am 13. September 1908 der Königliche Kronenorden verliehen.
Emil Pohl starb am 15. April 1921 im Alter von 54 Jahren. Der Besitz ging auf den Sohn Heinrich Pohl über. Durch Kauf erwarb er den Grund und Boden der Böhmischen Baude, so dass die bisher an den Grafen Czernin zu entrichtende Grundpacht entfiel. Erworben wurde auch die im Jahre 1911 vom Grafen erbaute Wasserleitung. Im selben Jahr wurde der Fahrweg über Brückenberg, Schlingelbaude, Hampelbaude zum Koppenplan ausgebaut. Somit konnte sämtlicher Bedarf der Bauden, der bis dahin von Trägern von Krummhübel aus hinaufgetragen wurde, von Pferde-gespannen in ein Depot auf dem Koppenplan gebracht werden. Dennoch blieb für die Koppenträger noch genügend Arbeit, mussten die Güter doch noch den steilen Koppenkegel hochgebracht werden.
Über drei Generationen, von 1875 bis 1945, lenkte die Familie Pohl die Geschicke der beiden Gipfelbauden. Von Mitte Mai bis Ende September waren beide Hotels geöffnet, der Winterbetrieb wurde jedoch nur von der Böhmischen Baude aufrechterhalten. Über den Koppenwirt war zu lesen: "Pohl ist zwar Untertan und Offizier zweier Kaiser, doch auf der Schneekoppe ist er der Herrscher".
Auch die Familie Pohl musste nach Ende des Krieges ihren Besitz verlassen und zog zunächst nach Krummhübel, bis sie am 1. Juli 1947 ausgewiesen wurde.
Im Jahre 1957 wurde die frühere Preußische Baude abgerissen. Heute befindet sich an dieser Stelle ein Aussichtsplateau. Die Böhmische Baude blieb fast ununterbrochen bis 1980 in Betrieb. Danach verfiel sie und musste im Oktober 2004 abgerissen werden.
Quellen:
- Der Bote aus dem Riesengebirge
- Drescher, Karl-Heinz: Das Ende einer Familien-Dynastie
- Köstler, Bärbel: Klein Aupa - Das höchstgelegene Dorf Böhmens unter der Schneekoppe; Verlag Frankenschwelle KG, Hildburghausen 2001
- Lessenthin, Berthold: Das Riesengebirge im Winter; Breslau 1901
- Morgner/Baumann: Kulturregion Riesengebirge - Die Wiesenbaude -, Stiftung der Vertriebenen im Freistaat Sachsen in Zusammenarbeit mit dem Verein Erinnerung und Begegnung e. V. (2013)
- Wikipedia
Rechts im Bild die von Friedrich Sommer errichtete erste Koppenbaude. Sie brannte am 22. Oktober 1857 nieder.
Von links: Böhmische Baude und Preußische Baude
Der Saal der Böhmischen Baude
Der Saal der Preußischen Baude
Für den am 24. Oktober 1881 verstorbenen Koppenwirt Friedrich Sommer verfasste Theodor Donat folgenden Nachruf. Dieser wurde in der Zeitschrift: "Der Wanderer im Riesengebirge", Heft Nr. 4/1881 veröffentlicht.
Nachruf - Teil I
Nachruf Teil II
Traueranzeige - Emil Pohl
Quelle: Zeitung "Der Wanderer im Riesengebirge",
Heft Nr. 3/1921.
Heinrich Rummler, früher Oberkellner in der Preußischen Baude.
(zur Verfügung gestellt von Frau Britta Berndt,
Urenkeltochter von Heinrich Rummler)
Im Jahr 1925 konnte die Familie Pohl das 50jährige Jubiläum
auf der Schneekoppe feiern.
Koppenträger
Transport eines Pianos zur Böhmischen Baude
Berichte und Anzeigen aus der Zeitung "Der Bote aus dem Riesengebirge".
Feierliche Einweihung der Koppenbaude am 9. Juni 1850
(Heft Nr. 45/1850)
(Heft Nr. 55/1853)
Feierliche Einweihung des neu errichteten Koppenhauses
am 22. Juli 1858 (Heft Nr. 58/1858)
Nachdem die beiden Vorgängerbauten durch Feuer vernichtet wurden, errichtete Friedrich Sommer im Sommer 1862 die Preußische Baude.
(Heft Nr. 46/1862)
Bericht über royalen Besuch im Juli 1869.
(Heft Nr. 84/1869)
Nach dem Erwerb der Böhmischen Baude war Friedrich Sommer
nun "Alleinherrscher" auf der Schneekoppe.
(Heft Nr. 62/1870)
Feierliche Einweihung der Böhmischen Baude am 22. Juni 1868.
(Heft Nr. 67/1868)
Eröffnung der vergrößerten Böhmischen Baude am 28. Juni 1869.
(Heft Nr. 74/1869)
Bericht über royalen Besuch im Juli 1869.
(Heft Nr. 94/1869)
Verkaufsanzeige im Heft Nr. 108/1869.
Das Pumpwerk
Im Westhang der Schneekoppe befindet sich ein tiefer Einschnitt, der sog. "Kiesgraben". Nur ein paar Schritte von der Schlucht des Kiesgrabens entfernt befindet sich noch heute ein Bauwerk, das für die Wasserversorgung der Koppenhäuser zuständig war.
Die größte Sorge von Emil Pohl, Betreiber der Preußischen und Böhmischen Baude auf der Schneekoppe, war zu jener Zeit der Wassermangel. Als Nutz- oder Betriebswasser verwendete man Regenwasser, das vom Dach in große Fässer abfloss, aber das Trinkwasser musste man in an Hucken befestigten Fässern zur Riesenbaude schleppen. Bis zu einem Dutzend Koppenträger waren tagtäglich für das heraufgeschleppte Wasser zu bezahlen.
Rudolf Czernin-Morzin, der Besitzer des Grund und Bodens auf der böhmischen Seite der Schneekoppe, bekam 1911 ein interessantes Angebot. Sein Oberförster aus der Marschendorfer Herrschaftsverwaltung, Ing. Robert Rakusan, schlug so etwas wie ein Perpetuum mobile zum Wasserschöpfen in ein Wasserbecken in der Böhmischen Baude vor. Im Jahre 1912 lieferte die Erste nordböhmische Wasserbaugesellschaft Aussig/Usti n. L. die technologische Anlage des Pumpwerks für die Schneekoppe und stellte das Werk binnen vier Monaten fertig. Am 15. September begann der Versuchsbetrieb. Im höchsten Teil des Kiesgrabens liegen bis heute die verborgenen Drainagerohre zur Fassung des Bach- und Sickerwassers im Geröll, die es in zwei verbundene Sammelbecken ableiteten. Von hier gelangt das Wasser in das in den Fels gehauene Hauptbecken und stürzt von hier aus 150 m tief in den Maschinenraum am Wanderweg. Der Steinbau mit betoniertem Inneren ist der Lawinengefahr wegen in den schroffen Hang eingelassen. Im Maschinenraum trieb das Druckwasser 45 Jahre lang störungsfrei eine Peltonturbine an, die wiederum eine Kolbenpumpe betätigte. In Druckbehältern trieb die auf 45 Atmosphären zusammengepresste Luft die Wassersäule in der im Geröll verlegten Wasserleitung 392 Meter hoch bis zum Gipfel der Schneekoppe. Damit sie nicht einfrieren konnte, war sie im oberen Bereich mit Korkdämmung versehen. Den größten Teil des aus dem Kiesgraben zugeführten Wassers verbrauchte das Pumpwerk zum Betrieb der Pumpe, maximal 30 % gelangten ins Reservoire der Böhmischen Baude. Tag für Tag mindestens 2.000 Liter, also die Leistung von mehr als 100 ursprünglichen Wassertransporten durch die Koppenträger.
Nach dem Vertrag vom 1. Juni 1913 zwischen Robert Rakusan für die Herrschaft Marschendorf und Emil Pohl betrug die Pacht für das Pumpwerk 5.000 österreichische Kronen pro Jahr, zuzüglich 200 Kronen für die Amortisierung. Die sonstigen Betriebskosten von Emil Pohl überstiegen kaum 15 Kronen pro Tag. Tagtäglich kam der Pumpenwärter zum Kiesgraben, um die Maschine und die Schmierung zu kontrollieren und im Fall von Wassermangel einen Benzinhilfsmotor zu starten.
Das Pumpwerk erhöhte zwar den Komfort in beiden Bauden, aber schon bald kam es zu amtlichen Streitigkeiten zwischen Pächter und Verpächter. Eines der ersten Gesetze der neuen Tschechoslowakischen Republik sprach den Adelsfamilien ihre Titel ab, im Rahmen der Bodenreform vor allem jedoch ihren Grund und Boden. Rudolf, Graf Czernin-Morzin schloss daher am 20. November 1920 einen Vertrag mit Emil Pohl über den Verkauf des gesamten Wasserwerks zur Schneekoppe für 130.000 tschechoslowakische Kronen ab. Bevor es jedoch zur Auszahlung dieses damals beträchtlichen Betrags kam, starb Emil Pohl im April 1921. Sein Sohn Heinrich Pohl bezahlte später zwar die gesamte Summe, aber nach der Verstaatlichung des Gebirgsteils der Herrschaft Marschendorf war die weitere Verwendung des Pumpwerks dennoch mehr als ungewiss. Erst der persönliche Besuch des Hoteliers beim Handelsminister Ladislav Novak im Oktober 1929 half die Streitigkeiten um den Besitz des Pumpwerks für die Schneekoppe beizulegen. Mit der Besitzbescheinigung in der Tasche führte Heinrich Pohl 1930 für 116.000 Kronen die letzte Generalreparatur des gesamten Werks durch. Ein Sachverständigengutachten schätzte den Wert des Wasserwerks für die Schneekoppe damals auf 454.000 Kronen.
Nach 1945 übernahm der Volksverwalter Frantisek Novak die verstaatlichte Böhmische Baude in eigener Regie. Das Pumpwerk lieferte bis zum Weggang des letzten deutschen Pumpenwärters im Jahre 1957 weiterhin zuverlässig Wasser. Die neuen Besitzer ließen das System einfrieren und der Frost zerstörte die Druckleitung. Von nun an war das einzigartige Werk dem Untergang geweiht. Erst im Jahre 1989 erfolgte eine Instandsetzung. Heute pumpen elektrische Pumpen das Wasser vom Schlesierhaus in ein Reservoire in der polnischen Baude. Nach der Füllung wird die Rohrleitung im Winter wegen der Einfrierungsgefahr im Selbstfluss entleert.
Quelle:
- Zeitschrift Vesely Vylet, Heft Nr. 44/2015
Das Wasserwerk am Kiesgraben
(Quelle: Zeitschrift Vesely Vylet, Heft Nr. 44/2015)
Die Koppenträger
(Quelle: Zeitschrift Vesely Vylet, Heft Nr. 44/2015)
Pumpenwärter Guttstein
(Quelle: Zeitschrift Vesely Vylet, Heft Nr. 44/2015)
Die Postagenturen
Die erste Postagentur entstand ursprünglich auf der deutschen Seite der Schneekoppe im Jahr 1872. Der Initiator war wahrscheinlich der damalige Koppenwirt Friedrich Sommer. Er erreichte, dass am 15. Juni 1872 in der Preußischen Baude eine Kaiserlich-Deutsche Postagentur eingerichtet wurde. Die Postagentur war von Mitte Mai bis Anfang September geöffnet. Neben Ansichtskarten und Briefen konnten Besucher und Gäste der Schneekoppe auch Pakete und sogar Geld abschicken. Im Jahr 1890 wurden sogar 130 Pakete abgesandt.
Erst am 11. September 1899 wurde in der Böhmischen Baude ein österreichisches Postamt "Schneekoppe (Böhmen)" eingerichtet. Das deutsche Postamt bekam daraufhin in seinen Stempel den Zusatz "PREUSS". Der böhmische Teil des Riesengebirges ging 1919 an die Tschechoslowakei. Seit 1922 wurde das Postamt nur noch als Postablage geführt, mit dem Stempel "SNEZKA (PECR) SCHNEEKOPPE". Diese Postablage endete im Jahr 1938.
Der zuständige Postagent für beide Postämter war jahrzehntelang Johann Kirchschläger aus Klein Aupa. Er verbrachte dort den wesentlichen Teil seines Lebens. Nach seinem Tod im Jahr 1919 wurde der Dienst der Deutschen Postagentur von sogenannten Postfräuleins versehen. Zuerst war Arnsdorf, später Krummhübel, zuletzt das Postamt Brückenberg für die Koppe zuständig.
Während des 2. Weltkrieges war nur das Postamt auf der deutschen Seite der Schneekoppe in Betrieb, die Sendungen wurden in Krummhübel gestempelt. Nach 1945 gab es zunächst keine Postagenturen mehr auf der Schneekoppe. Über viele Jahrzehnte wurde dieser Zustand für endgültig gehalten. Erst mit der Wende kam die Möglichkeit, ein Postamt auf der tschechischen Seite wieder zu eröffnen. Die Initiatorin war die ehemalige Postmeisterin aus Groß Aupa, Frau Jaroslava Skrbková. Das Postamt konnte aber nicht mehr an seiner alten Stelle - der früheren Böhmischen Baude - eröffnet werden, da diese baufällig und geschlossen war. Frau Skrbková ließ daher ein kleines hölzernes Haus zwischen der Kapelle und der Baude errichten. Am 24. August 1994 wurde das Tschechische Postamt eröffnet. Zuerst wurden die Poststücke nur mit einem historischen Gummistempel versehen, seit dem 1. September 1995 mit einem offiziellen Metallstempel der Postbehörde.
Heute befindet sich auf dem Gipfel der Schneekoppe ein neues, modernes Gebäude des Tschechischen Postamtes, das im August 2007 feierlich eröffnet wurde. Kurz danach wurde es aber wieder geschlossen, da noch einige Ausstattungsarbeiten erforderlich waren. In Betrieb genommen wurde es dann am 10. August 2008.
Telegraphenamt:
Am 16. Juni 1875 wurde in der Böhmischen Baude das österreichische Telegraphenamt eingerichtet. Die Einrichtung des deutschen Telegraphenamtes erfolgte im Jahr 1881.
Quellen:
- Der Bote aus dem Riesengebirge
- Lessenthin, Berthold: Das Riesengebirge im Winter; Breslau 1901
- Morgner/Baumann: Kulturregion Riesengebirge - Die Wiesenbaude -, Stiftung der Vertriebenen im Freistaat Sachsen in Zusammenarbeit mit dem Verein Erinnerung und Begegnung e. V. (2013)
- Riesengebirge CZ: Das Gebäude des Tschechischen Postamtes auf der Schneekoppe (2010)
- Wikipedia
Bericht über die beabsichtigte Errichtung einer Postagentur auf der Schneekoppe in der Zeitung "Der Bote aus dem Riesengebirge" vom 23.11.1871, Heft Nr. 137/1871.
Bericht über die Eröffnung der Postagentur am 15. Juni 1872 in der Zeitung "Der Bote aus dem Riesengebirge", Heft Nr. 52/1872.
Bericht über die bevorstehende Einrichtung einer Telegraphenstation in der Zeitung "Der Bote aus dem Riesengebirge", Heft Nr. 131/1875.
Bericht über die Einrichtung der Telegraphenstation am 16. Juni 1875 in der Zeitung "Der Bote aus dem Riesengebirge", Heft Nr. 165/1875.
In diesem Gebäude wurde am 1. Juni 1872
die erste Postagentur auf der Schneekoppe eingerichtet.
In diesem Haus wurde am 24. August 1994
das Tschechische Postamt eröffnet.
Das neue Gebäude des
Tschechischen Postamtes.
Robert Fleiß, der erste Koppenbriefträger
Geboren wurde Robert Fleiß am 22. März 1847 in den Baberhäusern. Auch er wurde 1870 zum Kriegsdienst eingezogen und als Unteroffizier entlassen. Ab 1873 war er als Briefträger tätig. Er holte morgens in Arnsdorf die Post ab und machte sich auf den beschwerlichen Fußweg zur Schneekoppe, wo ein Nachtlager für ihn bereitet wurde. Nach Aufgabe der Postzustellung von Arnsdorf zur Koppe, wurde er Gebirgsführer. Im Winter lenkte er die Hörnerschlitten ins Tal. Fünf Winter hindurch half er beim Eishauen auf dem Großen Teich. Das Eis wurde bis nach Berlin, ja sogar bis nach Schweden versandt.
Im Jahr 1889 zog Fleiß die Postuniform wieder an. 37 Jahre lang, bis 1925, brachte er die Post zu den Gebirgsbauden. In Brückenberg trug er die Post aus, dann führte sein Weg zur Schlingelbaude, Hampelbaude, Teichbaude, Schnurrbartbaude und wieder hinunter nach Krummhübel. Gelegent-lich kam er auch noch zur Schneekoppe. Lasten bis zu einem Zentner hatte er manchmal zu tragen. Seine Durchschnittslast betrug mindestens 50 Pfund. Von den Bauden brachte er die Post mit ins Tal. Seine Freunde rechneten einmal aus, dass er im Dienste der Post Wege gegangen ist, die etwa dreimal um die Erde reichen und dass seine Lasten mehr als 300 Eigenbahnwagen füllen würden.
Robert Fleiß verstarb im Mai 1937 in Krummhübel.
Quelle:
- Schlesische Bergwacht, Heft Nr. 3/1953
Robert Fleiß (22.03.1847 - Mai 1937)
Robert Fleiß (22.03.1847 - Mai 1937)
(Bild von Frau Ursula Paul)
Robert Fleiß auf der Ziegenbrücke am Großen Teich ca. 1915
(Bild von Frau Ursula Paul)
Die Wetterwarte
Bei dem vierten Koppengebäude handelt es sich um die Wetterwarte. Bereits seit 1786 wurden auf der Schneekoppe metereologische Beobachtungen und Messungen vorgenommen. Dies geschah meist sehr sporadisch und mit größeren Unterbrechungen in der Kapelle, die der Gastwirt Siebenhaar seit 1824 vom Grafen Schaffgotsch gepachtet hatte. In einem Raum dieses Gebäudes führte Siebenhaar mit Hilfe eines Thermometers und eines Barometers die regelmäßigen Beobachtungen über Wind und Wetter auf der Koppe durch. Nach den erfolgreichen Verhand-lungen mit dem Koppenwirt Emil Pohl wurde dann am 5. Juli 1880 eine provisorische Station zweiter Ordnung eingerichtet, die im Sommer in der Preußischen Baude und im Winter in der Böhmischen Baude untergebracht war. Es war die höchste, ganzjährig besetzte Wetterwarte nördlich der Donau. Neben seiner Tätigkeit als Verwalter der Postagentur war nun Johann Kirchschläger auch für die Wetterstation zuständig. Als Zeichen der Anerkennung erhielt er mehrere kaiserliche Auszeichnungen: von preußischer Seite am 5. Juni 1900 das "Allgemeine Ehrenzeichen" und von österreichischer Seite im Jahre 1901 das "Silberne Verdienstkreuz".
Die neue Wetterwarte wurde im Jahre 1899 auf preußischer Seite errichtet. Entworfen hatte diesen imposanten Turmbau der Baurat Grosser aus Schmiedeberg. Im Juni 1899 begannen die Arbeiten unter der Leitung des Baurates Jungfer und dem örtlichen Leiter, Bauführer Feldkamp. Das Baubüro befand sich in der Böhmischen Baude. Die Gesamtkosten betrugen 45.000 Mark. Als besonders schwierig gestaltete sich die Beförderung des Baumaterials auf die Koppe. Da kein fahrbarer Weg nach oben führte, musste jeder Ziegelstein, jeder Balken, jede Tür und selbst das Wasser aus dem 3 - 4 Stunden entfernten Krummhübel von Trägern auf den Schultern den Berg hinaufgetragen werden. Trotz dieser umständlichen Arbeit war der Bau nach fünf Monaten fertiggestellt.
Es handelte sich um einen Fachwerkbau mit 18 cm dicken Hölzern, die mit gleich starken Korksteinen ausgemauert worden waren, dazu 3 cm starke gespundete Schalung und darauf doppellagige Dachpappe mit kleinen Tiroler Schindeln. Im Erdgeschoss und 1. Stock befanden sich die Wohn-, Schlaf- und Wirtschaftsräume, im zweiten Stock des Turmbaues das Beobachtungs-zimmer und darüber einen der Himmelsschau dienender Aufbau. Zum Schutz vor der Kälte waren die Innenwände sowie die Decken mit Gipsdielen und diese mit Filzgewebe verkleidet und dann tapeziert worden. Verschiebbare Rolläden sicherten draußen die Doppelfenster, und Dauer-brandöfen spendeten in den Zimmern beständige Wärme. Der Turm war mit vier Stahldrahtkabeln verankert worden. Gegen Blitzschlag schützten drei Auffangspitzen nebst Firstleitung. Am 5. Juni 1900 konnte das fertige Bauwerk feierlich eingeweiht werden.
Nach kurzer Tätigkeit des früheren Landwirtes von Kulesza, war Ludwig Schwarz aus Karlsruhe O.S. von September 1901 bis 1933 als Observator tätig. Er wurde abgelöst von Dr. Heinrich Renier, der, wie alle weiteren Nachfolger, nur für ein Jahr Dienst tat. Letzter Meteorologe war Kurt Glaß, der am 14. Oktober 1943 seinen Dienst als Angehöriger der Wehrmacht antrat.
Dieses aus Holz gebaute Gebäude hielt allen Wettern und Stürmen bis zum Abriss im Jahre 1989 stand, was wohl nicht zuletzt der starken Verankerung durch Stahldrahtseile zu verdanken war.
Im Jahre 1964 wurde mit den Bauarbeiten des polnischen Observatoriums auf dem Platz der ehemaligen Preußischen Baude begonnen. Das 18 Meter hohe Gebäude besteht nach den Plänen der Architekten Witold Lipinkski und Waldemar Wawrzynik aus drei übereinander angeordneten flachen Zylindern, die jeweils mit einer sehr flachen Kuppel überdacht sind. Diese Scheiben sind gegeneinander versetzt und über ein gemeinsames turmartiges Treppenhaus miteinander verbunden. Die unterste Gebäudeebene hat einen Durchmesser von 30 Metern, die mittlere Ebene von 20 Metern. Der oberste Gebäudeteil, in dem das meteorologische Observatorium unter-gebracht ist, schließt das Treppenhaus ab und kommt mit einem rund umlaufenden Balkon auf 13 Meter Durchmesser.
Der Rohbau konnte erst in der zweiten Hälfte des Jahres 1969 abgeschlossen werden. 1974 wurde das Gebäude mit Herbergs- und Restaurantbetrieb feierlich eingeweiht. Bevor die Wetter-beobachtungen wieder aufgenommen wurden, dauerte es noch bis zum 1. Januar 1975. Im Volksmund erhielt das Gebäude bald den Namen "Fliegende Untertasse".
Im März 2009 wurde das Haus durch Witterungseinflüsse stark beschädigt. Im Verlauf von zwei Monaten hatte sich an allen Gebäuden am Gipfel ein meterdicker Eisansatz gebildet. Die "Untertassen" des Gebäudes waren wegen ihrer stark zergliederten Architektur besonders stark betroffen. In der Nacht zum 16. März 2009 konnte der extrem vereiste Balkon vor der meteorolo-gischen Station der Eislast nicht länger standhalten und brach ab. Dabei wurde auch der Boden der Station mitgerissen. Am folgenden Tag wurden die enormen Schäden deutlich und man musste befürchten, dass der oberste Gebäudeteil auf den darunter liegenden stürzen würde. Nachdem dies ausgeschlossen werden konnte, begannen Fassadenkletterer einer Firma aus Breslau mit dem gerüstlosen Abriss der meteorologischen Station. Bereits im Oktober 2009 konnte das Gebäude im ursprünglichen Zustand wiederhergestellt werden.
Quellen:
- Dr. Breithaupt, W.: Ein Winterbesuch auf dem Observatorium der Schneekoppe (1906)
- Drescher, Karl-Heinz: Meteorologische Station Schneekoppe 1900 - 1989
- Köstler, Bärbel: Klein-Aupa - Das höchstgelegene Dorf Böhmens unter der Schneekoppe; Verlag Frankenschwelle KG, Hildburghausen (2001)
- Morgner/Baumann: Kulturregion Riesengebirge - Die Wiesenbaude -, Stiftung der Vertriebenen im Freistaat Sachsen in Zusammenarbeit mit dem Verein Erinnerung und Begegnung e. V. (2013)
- Wikipedia
Die Wetterwarte (1900 - 1989)
Der Leiter der Wetterwarte im Wetteranzug
Der Eingang des Observatoriums
Joseph John vor der Wetterwarte im April 1940
Das Instrumentenzimmer im Observatorium
Das polnische Observatorium
Blick zum Observatorium
(Bild von Herrn Jürgen Paul - Aufnahme: 2017)