Das Graf-Stolberg-Denkmal
(Verfasser: Hella Tegeler)
Quelle:
- Denkschrift zur Enthüllungsfeier des Graf-Stolberg-Denkmales in Landeshut am
2. September 1879 (SGB Nrn. 30 und 31/1965
In der Mitte des Marktes stand das Graf-Stolberg-Denkmal, das die Stadt Landeshut zu Ehren des am 8. August 1872 verstorbenen Grafen Eberhard zu Stolberg-Wernigerode errichten ließ.
Graf Eberhard zu Stolberg-Wernigerode wurde am 11.03.1810 in Peterswaldau als ältester Sohn des Grafen Anton zu Stolberg-Wernigerode und dessen Ehefrau Luise, geb. Freiin von der Recke geboren. Aufgewachsen auf dem Schloss Kreppelhof fühlte er sich mit diesem Haus und dem Riesengebirge sein ganzes Leben lang verbunden.
Graf Eberhard hatte sich zu Lebzeiten große Verdienste erworben. Neben seinem Amt als Landrat des Kreises Landeshut war er Vizepräsident des preußischen Herrenhauses und Oberpräsident der Provinz Schlesien. Darüber hinaus gehörte er gemeinsam mit dem Schweizer Henri Dunant zu den Mitbegründern des internationalen Roten Kreuzes und wurde dessen erster Vizepräsident.
Entsprechend groß war die Trauer als er am 8. August 1872 im böhmischen Johannisbad verstarb. Am Tag nach seinem Tod wurde der Sarg mit dem Leichnam des Grafen Stolberg mit einem Wagen von Johannisbad nach Kreppelhof gebracht. Vor der Stadt Landeshut empfing eine Abordnung des Militär-Begräbnis-Vereins den Wagen, um den Sarg durch die Stadt zum Schloss Kreppelhof zu geleiten. Am 12. August fand die feierliche Beisetzung statt. Eine Trauerfeier dieser Größenordnung hat es in Landeshut weder vorher noch nachher gegeben. Mehrere bedeutende Persönlichkeiten nahmen teil. Der Chronist berichtet darüber wie folgt: "Anwesend waren:
- der kommandierende General des VI. Armee-Corps von Tümpling, beauftragt mit der Vertretung des Kaisers und Königs,
- der Minister Graf Eulenburg,
- Fürst zu Puttbus,
- Herzog Paul von Mecklenburg,
- der Vize-Präsident des Herrenhauses Graf Brühl,
- Graf von Arnim-Boitzenburg,
- Graf von Burghaus,
- Herr von Frankenberg-Ludwigsdorf,
- Herr von Kleist-Retzow,
- Oberpräsident a. d. von Senft-Pilsach
- sowie noch andere Mitglieder des Herren- und Abgeordnetenhauses und des Reichstages, Abordnungen der Regierungen von Breslau, Liegnitz und Oppeln, der Universität, des Magistrates und der Stadtverordneten zu Breslau, des fürstbischöflichen Amtes usw.. Viele Johanniter-Ritter, Landräte und Vertreter von Städten. Ferner waren gegenwärtig:
- der regierende Graf zu Stolberg-Wernigerode und Oberpräsident von Hannover,
- der kommandierende Generat des VII. Armee-Corps Graf zu Stolberg-Jannowitz,
- Fürst Reuß,
- Graf zu Stolberg-Roßla,
- Landeshauptmann Graf Pückler und viele andere adelige Herrschaften.
Um das Andenken an den Grafen Stolberg nicht bloß still und unbemerkt im Herzen seiner Verwandten und Freunde fortleben zu lassen, wollte man den Verstorbenen auch durch ein äußeres Zeichen der Hochachtung und Dankbarkeit ehren. So reifte im Laufe der nächsten Jahre der Gedanke, ein Denkmal zu errichten. Eine Anzahl angesehener Männer von nah und fern trat am 29. Januar 1876 in Landeshut zu einer Beratung zusammen. Der richtige Standort für das Denkmal war schnell gefunden, es sollte auf der Mitte des Marktes errichtet werden. Für die Organisation dieses Vorhabens wurde ein Komitee gegründet, dass aus folgenden Personen bestand:
- Graf von Arnim-Boitzenburg, Oberpräsident der Provinz Schlesien,
- Graf von Bismarck-Bohlen, General der Kavallerie z. D. und General-Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs,
- Fürst von Pleß in Pleß,
- Theodor Freiherr von Zedlitz-Neukirch, Commendator des Johanniter-Ordens auf Pischkowitz bei Möhlten in Schlesien,
- Herrlich, Hofrat zu Berlin,
- Bartsch, Kreistagsmitglied, Kaufmann zu Alt-Weißbach bei Landeshut,
- Fiebig, Bürgermeister zu Schömberg,
- Grünfeld, Königlicher Hoflieferant zu Landeshut,
- Hauffe, Erzpriester zu Landeshut,
- von Heinen, Kammerherr auf Pfaffendorf bei Landeshut,
- von Klützow, Landrat auf Krausendorf bei Landeshut,
- Dr. med. Köhler, praktischer Arzt zu Landeshut,
- Pfuhl, Bürgermeister zu Landeshut,
- von Portatius, Rittergutsbesitzer auf Schwarzwaldau, Kreis Landeshut,
- Richter, Superintendent zu Landeshut,
- Schuchardt, Kaufmann zu Landeshut,
- Seydel, Kreistagsmitglied, Kaufmann zu Schwarzwaldau bei Landeshut,
- Speier, Kreistagsmitglied, Forstinspektor zu Dittersbach städt., bei Landeshut,
- Trogisch, Pastor zu Michelsdorf bei Landeshut,
- Wihard, Kommerzienrat zu Liebau bei Landeshut.
Graf von Arnim-Boitzenburg wurde zum Vorsitzenden des Komitees gewählt.
Im Laufe der Monate wurden für das zu erwartende Denkmal sehr viele Beiträge gespendet. Drei Monate nach Erlass des Aufrufes waren bereits 24.000 Mark eingegangen. Mit der Ausführung des Denkmals wurde der Bildhauer Johannes Pfuhl in Berlin beauftragt. Die Breslauer Zeitung veröffentlichte im Frühjahr 1878 einen Bericht über den Besuch in der Werkstatt des Künstlers: ""Eingetreten in die Werkstatt des Künstlers, welche seine letzten Arbeiten birgt, fesselt unser Auge vor allem die zum Guss fertige Kollossalstatue des Grafen Eberhard zu Stolberg-Wernigerode, des ehemaligen Präsidenten des Herrenhauses und Oberpräsidenten von Schlesien. Das Standbild ist für Landeshut in Schlesien bestimmt. Die 9 Fuß hohe, in Bronze gegossene Statue wird sich auf einem achteckig abgestumpften Sockel aus poliertem schlesischen Granit erheben, zu welchem drei weit auslaufende, ebenfalls achteckig abgestumpfte Stufen aus mattem Granit emporführen. Das ganze Monument wird damit die respektable Höhe von 22 Fuß erreichen. Nur die Vorderseite des Sockels trägt in vergoldeten Lettern die Inschrift: "Eberhard Graf zu Stolberg-Wernigerode", sonst ist keinerlei Verzierung oder Emblem daran. Der Graf ist in General-Felduniform dargestellt, den Interimsrock breit über die starke Brust geknöpft, die schweren Reiterstiefel bis nahe ans Knie reichend und darüber wallt von den Schultern der über den rechten Arm zurückgeschlagene seidene Zeremonienmantel der Johanniter bis zu der Plinthe herab. Der Graf ist stehend dargestellt, den Kopf etwas nach rechts gewendet, mit dem rechten Fuß etwas hervortretend und die linke Hand am Säbelgriff ruhend. Die rechte Hand stützt sich auf zwei starke Bänder, welche die Inschriften: "Sitzungen des Herrenhauses 1862 - 72" und "Oberpräsidium der Provinz Schlesien" tragen und auf einem Nebensockel liegen, dessen linke Seitenwand das Wappen des Grafen in einem Medaillon zeigt. Der Vorderseite des Sockels wird auf besonderen Wunsch des Kaisers, welcher die Statue vor kurzem besichtigte, noch das Kreuz der Genfer Konvention in einem ähnlichen Medaillon hinzugefügt werden, um auf die verdienstvolle Tätigkeit des Grafen auf diesem Felde aufmerksam zu machen".
Die Aufstellung des Denkmals war ursprünglich für August 1877 vorgesehen, doch es traten einige Verzögerungen auf. Gegossen wurde die Statue in der Eisengießerei in Lauchhammer in Sachsen und der Sockel wurde aus Strehlener Granit von der von Kulmitzschen Granitbruch-Verwaltung bei Striegau ausgeführt. Die Fertigstellung des Denkmals erfolgte im Frühjahr 1879 und am 2. September 1879 fand die feierliche Enthüllung statt. Die Gesamtkosten des Denkmals betrugen 48.000 Mark. Sie wurden durch freiwillige Spenden aufgebracht, darunter 1.000 Mark des Kaisers.
Um 1914 wurde das Denkmal abgetragen und für Kriegszwecke eingeschmolzen. Danach befand sich an dieser Stelle ein Springbrunnen.
Graf Eberhard zu Stolberg-Wernigerode (11.03.1810 - 08.08.1872)
Am 25. Januar 1863 war Graf Eberhard zu Stolberg-Wernigerode vom preußischen König Wilhelm I., dem späteren Kaiser Wilhelm I., der Rote Adlerorden zweiter Klasse mit Eichenlaub
verliehen worden.
(Anzeige aus der Zeitung "Der Bote aus dem Riesengebirge", Heft Nr. 9/1863)
Der Rote Adlerorden zweiter Klasse mit Eichenlaub - Vorderseite
Der Rote Adlerorden zweiter Klasse mit Eichenlaub - Rückseite
Feierliche Enthüllung des Denkmals am 2. September 1879
Das Graf Stolberg-Denkmal
Das Graf Stolberg-Denkmal
Der Markt mit dem Stolberg-Denkmal
Der Markt mit dem Stolberg-Denkmal
(Karte von Herrn Bartosz Bebenek)
Der Markt nach 1914, an der Stelle des Stolberg-Denkmals befindet sich nun ein Springbrunnen.
Anzeige aus der Zeitung "Der Bote aus dem Riesengebirge", Heft Nr. 10/1867.