Landeshuter Straßennamen:
Der bekannte Landeshuter Lehrer und Heimatkundler Ernst Kunick hat in dem Schlesischen Gebirgsboten, Heft Nr. 4/1956, folgenden sehr interessanten Aufsatz veröffentlicht, der hier wiedergegeben werden soll:
"Besonders in älterer Zeit richteten sich die Straßennamen nach örtlichen Gegebenheiten. So auch in Landeshut. Die Straße, die am Wallgraben entlang ging, hieß eben die Wallstraße, der Weg am Mühlgraben der Stadtmühle, unter Bäumen hin - es waren zuletzt riesige Pappeln - die Mühlengrabenpromenade. Die Gräben wurden zugeschüttet, die Namen blieben. Die am Fuße des Burgberges langsam ansteigende schmale Straße war die Oberstraße oder Obergasse. Am Zieder hin führte die Ziederstraße, zur Ziegelei der Ziegeleiweg. Ich nenne noch weiter in der inneren Stadt: Ev. Kirchplatz, Kirchstraße, Kirchgasse, Pfortengasse, Brauhausstr und Brauplatz. Im Stadtteil Leppersdorf: An der Boberbrücke, Schulweg, Schlossweg, Kreppelhofstraße und Feldweg.
Die Straßen, die aus der Stadt hinaus nach anderen Orten führten, wurden nach dem Orte genannt, in den sie führten: Vom Obertor kam man durch die Schmiedeberger- und Bahnhofstraße in die Hirschberger Straße. Von dieser zweigten ab die Schreibendorfer-, Reußendorfer- und Johnsdorfer Straße. Durch die Liebauer- gelangte man in die Trautenauer Straße. Die Schömberger Straße und die Ziederstraße wiesen den Weg nach Süden zu den Orten des Ziedertals. Vom Niedertor aus kam man in die Waldenburger- und von dieser in die Bolkenhainer- und die Alte Vogelsdorfer Straße.
In einer Anzahl Straßennamen ehrte Landeshut berühmte Deutsche oder bedeutende Landeshuter. An die drei großen Paladine, die 1870/71 das Reich schufen, erinnern: Bismarck-, Moltke- und Roonstraße. Friedrichstraße und Wilhelmstraße tragen die Namen preußischer Könige. Ein Teil der Wallstraße und die Verlängerte Wallstraße wurden in General-Fouqué-Straße umbenannt. Eine Straße in der Ziederneustadt nannte man Goethestraße und die Siedlung am Sportplatz Friedrich-Ludwig-Jahn-Siedlung. Warum man, als unsere Kolonien schon verloren waren, in der seefernen Stadt Landeshut die Schießhausstraße nach dem Kolonialpionier Lüderitz in Lüderitzstraße umbezeichnete, ist mir nicht bekannt. Nun noch Straßen, in deren Namen bedeutender Landeshuter gedacht wird: Der Landeshuter Leinenherr Elias von Beuchel war ein eifriger Förderer des Baues unserer Gnadenkirche. Seinen Namen finden wir im Ortsteil Niederzieder wieder in Beuchelstraße und Beuchelplatz. Dem "königlichen" Kaufmann Peter Hasenclever, der sich zur Zeit des großen Königs wesentliche Verdienste um die schlesische Weberei erwarb, wurde im Hasencleverwege eine wenig ansehnliche Straße zugewiesen. Sein Geschäftsnachfolger und Schwiegersohn kam mit Flügelstraße besser weg. Zur 200. Wiederkehr des Geburtstages von Carl Gotthard Langhans, des in Landeshut geborenen großen Baumeisters, taufte man die Böhmische Straße in Langhansstraße um, wie man auch der Oberschule den namen Langhansschule gab. Die Schulwiese erinnert in ihrem amtlichen Namen "Methnerplatz" an den Fabrikbesitzer und langjährigen Stadtverordnetenvorsteher Kommerzienrat Paul Methner. Nach dem Mitbesitzer der Fabrik bezeichnete man eine neue Straße in Niederzieder als Frahnestraße.
Bedeutenden Landeshuter Bürgermeistern wurden ähnliche Ehrungen zuteil: daher Perschkestraße, Pfuhlstraße und Burkhardtplatz. Letzterer ist ein Platz in den Kirchberganlagen, die während seiner Amtszeit angelegt wurden. Der Steg, der in der Nähe der Speditionsfirma Exner über den Bober führte, hieß der Exnerweg. Er wurde 1897 vom Hochwasser weggerissen und konnte erst nach 1918 als feste Betonbrücke wieder erneuert werden. Zu dieser Zeit hatte gerade die sozialdemokratische Partei mit einer Stimme die Mehrheit im Stadtparlament. Sie gab der Brücke nach dem Arbeitersekretär und 2. Bürgermeister Proll den Namen "Prollbrücke". Den Namen Prollbrücke konnte das Hitlerregime natürlich nicht vertragen. Er wurde herausgemeißelt und durch den namen Horst-Wessel-Brücke ersetzt. Zugleich bezeichnete man, da das Schützenhaus nach der Waldenburger Straße verlegt worden war, den bisherigen Schießhausplatz als Herbert-Norkus-Platz.
Die neuen Straßen im Ortsteil Niederzieder wurden fast sämtlich auf Grund und Boden des von der Stadt erworbenen Lademanngutes angelegt. Der Name der Vorbesitzer erhielt sich in Lademannstraße, Lademannbusch und Lademannbrücke. Ein Leppersdorfer Baumeister errichtete um die Jahrhundertwende an einer Privatstraße mehrere Wohnhäuser, die der Volksmund Richardsglück nannte. Auch als die Straße in Gemeindeeigentum überging, blieb der Name Richardsglück erhalten".
Quelle:
- Schlesischer Gebirgsbote Nr. 4/1956
Wie kam es zu der Straßenbezeichnung "Kornstraße"?
Zur Zeit als Bolko in den Fürstentümern Schweidnitz und Jauer regierte, drangen die Kriegsleute des Königs Johann von Böhmen bis Landeshut vor und besetzten die Stadt. Diese war mit hohen Mauern und einem Wallgraben umgeben. Die zwei Haupteingänge, das Ober- und das Niedertor, waren durch darüber erbaute Türme geschützt, und zwischen beiden befanden sich zwei kleine Ausfallpforten. Bolko II. wollte im Jahre 1345 die Stadt den Feinden wieder entreißen, aber mit Gewalt schien das Unternehmen unmöglich. Deshalb wandte man folgende List an. Bolko ließ auf Leiterwagen große Kästen setzen und diese so mit Heu überdecken, dass sie beladenen Heuwagen täuschend ähnlich sahen. In diesen Kästen verbargen sich bewaffnete, tapfere Krieger. Als die Wagen in die Nähe der Stadttore gekommen waren, entflohen die Begleiter, und die böhmische Torwache glaubte, einige Fuder Heu leicht erbeutet zu haben. Sie öffneten die Stadttore und holten die Wagen in die Stadt herein. Unter dem ersten Tor schon sprangen die bewaffneten Krieger Bolkos aus ihrem Versteck heraus, töten die Wachmannschaften und eroberten so die Stadt wieder.
Nach einer anderen Fassung dieser Heimatsage soll es sich um mit Getreide beladene Wagen gehandelt haben. Zur Erinnerung an diese Begebenheit soll die Kornstraße ihren Namen erhalten haben.
Quelle:
- Schlesischer Gebirgsbote Heft Nr. 8/1956
Alte Landeshuter Flurnamen:
Das Landratsamt Landeshut hatte sich Anfang der 1920er Jahre um die Erforschung von Flurnamen bemüht, bevor sie ganz in Vergessenheit geraten. Dies wurde von der historischen Kommission für Siedlungskunde in Breslau besonders gewürdigt.
Diese Flurnamen fasste Fritz Böcks in folgenden Aufsatz zusammen. In Form einer Wanderung beginnt er mit seiner Schilderung an der rechten Seite der Ziederpforte.
Auf dem "Hasenstrich" ist die Volksheilstätte erbaut, es folgen der "Bodenbusch", der "Finsterhügel", der "Lerchenstrich", der "Zeisighügel", der "Ilmenbusch" und der "Mommelbusch". Sie sind alle von dem herrlichen Grün des Stadtwaldes bekleidet. Nur der "Buchberg", auf welchem sich die Göbelbaude befindet, zieht sich vom Stadtwald bis hart an den Ziederbach hin, welcher einst den slawischen Namen "Zudry" hatte. Die vor dem Stadtwald sich ausbreitenden Äcker und Wiesen hatten die Namen "Hospitaläcker", einst zu dem auf der Waldenburger Straße befindlich gewesenen Hospital gehörend. Es folgen die "Ochsenwiese", die "Urban"- und "Eckenbergerteiche", jetzt Wiesen.
Über die blutgetränkten Felder der Schlacht bei Landeshut am 23. Juni 1760 hinweg führt nun der Weg am Schlachthof vorbei zu der Waldenburger Straße, wo ein Grundstück den Namen "Rothkretscham" hat, jetzt steht auf demselben der Gasthof "Zur Burg", nicht weit davon eine Wiesen, "Ochsenstall" genannt. An der alten Waldenburger Straße befindet sich der "Paßgraben" und ein Stück aufwärts die "Docterlehne" mit dem "Docterbrunnen", dessen köstliches Wasser weit und breit bekannt ist.
Nach dem Überschreiten des "Thiemenberges" schließen sich schon die Felder von Vogelsdorf an, und drängen sich hier die Flurnamen um den "Leuschnerberg". Sein Name und seine Nachbarn, die Ackerstücke "Vor" und "Hinter der Schanze", erinnern ebenso wie der Thiemenberg an die unglückliche Schlacht bei Landeshut, ebenso die Wiese "Tränkenberg", früher Teich, wo die Truppen ihre Pferde tränkten. Es folgen der "Zunftacker", früher den Landeshuter Zünften abwechselnd gehörend. Auf dem "großen" und "kleinen Hahnenstücke" wurden die bei unseren Vorfahren so beliebten Hahnenkämpfe und Topfschlagen abgehalten. Unweit davon ist die "Gründelwiese", die Ackerstücke "Klitscherfeld", "an der Birkenlehne", die "Forellenteichlehne", die "Ochsenwiese", das "Heustück", "an der Gallenwiese", der "Steinbruch", die "Brandstücke", an einen großen Waldbrand erinnernd, der "lange Streifen" die "Hechtwiese", war früher ein Teich, während die "Ziegeleiwiese" an eine früher bestandene Ziegelei gemahnt. Mit den Wiesen der "Buttergrund" und der "Schlund" sind die Flurnamen von Vogelsdorf zu Ende.
Die Kunststraße nach Krausendorf überschreitend, betritt man nun das Gebiet der Herrschaft Kreppelhof. Von Bäumen eingeschlossen findet man hier zuerst ein stilles Gewässer, "Muschelteich" genannt, dicht daran nimmt den Wanderer ein Prunkstück Landeshuts, die prächtige "Fürstenallee", auf. Die uralten knorrigen Linden sollen einst auf Schloss Kreppelhof zu Besuch weilende Fürsten gepflanzt haben. Innerhalb dieser Allee befindet sich die "Bäumchenwiese" mit dem "Bäumchenhaus", an dem östlichen Ende der Allee ist eine Wiese, "Entenwinkel" genannt. An den Westrand der Allee stößt die "Brauerwiese", an die früher im Dominium Kreppelhof bestandene Brauerei erinnernd, was noch eine Tafel bezeugt. Das Gebiet dieses Gutes erstreckt sich über die Bahnlinie Landeshut-Ruhbank hinaus, und hier fällt sofort eine mit einem Denkmal geschmückte kleine Anhöhe auf, es ist der "Feldherrnhügel". Auf diesem nahmen 1813 die drei Herrscher von Preußen, Rußland und Österreich die Parade über ihre Truppen ab. Dicht dabei ist der "Hofeberg" und die großen Ackerstücke von je 30 Morgen, "Dreifürstengewände" und "Trollstenstück" genannt.
Nun ist man im ansehnlichen "Antonienwald", nach einer einst auf Schloss Kreppelhof lebenden Gräfin Antonie von Stollberg-Wernigerode genannt, angelangt. Von diesem zurückwandernd, nimmt uns ein kleineres Waldstück "Steinerne Bank" und kurz darauf eine liebliche Felsengruppe "Fuchshütte" auf. Auf den Feldern weitergehend, bemerkt man unweit des Bahnhofes auf einer Wiese eine starke Birke, es ist die "Fouqué-Birke". Hier wurde der heldenmütige Verteidiger der preußischen Stellung de la Motte-Fouqué in der Schlacht bei Landeshut am 23. Juni 1760 schwer verwundet gefangen genommen.
Nach kurzer Wanderung sind die Flure von Oberleppersdorf erreicht und erblickt man von der Niederung aus einen langen Bergrücken, "Schaftrieb" genannt, an welchen sich der "Wolfsberg" anschließt. Von diesen Höhen gehen strahlenförmig auf das Dorf zu das "Scholzenfeld", die "Seiffen", die "Gründelwiese", die "Scheibe" und die "Wasserlehne".
Ohne im Ortsteil Oberleppersdorf etwas zu finden, durchläuft man diesen und kommt bei dem "grauen Sternbusch" wieder auf das Gebiet von Landeshut. Die "breite Au", im Volksmund Breitenau genannt, verfolgend, kommt man an den "Galgenberg", welchen die Ziedertalbahn durchschneidet. Von diesem abwärts gehend, betritt man bei den Schießständen eine Wiese, es war dies die "Scharfrichterei" und hat daran die "alte Abdeckerei". Die Wiesen gegenüber über den Bober hießen die "Mandecksen Bleichen", jetzt bebaut von den Schlesischen Textilwerken. Auf den früheren Wiesen "Ottosche Bleichen" heißend, ist nun die Schuhfabrik von Rosenstein und Prerauer sowie die Bismarckstraße erbaut. Den Ottoschen Bleichen gegenüber breiteten sich die Wiesen "Hasencleversche Bleichen" genannt, nun von Rinkels Spinnerei und Mühlgraben-promenade bebaut. An der Boberbrücke ist die Buchhandlung von Chr. Gäbler auf dem Ackerstück "Schönfarbe" und die Bäckerei von Chr. Bradler auf dem Ackerstück "Pandurenborn" errichtet worden. Die Wiesen auf dem linken Ufer des Bobers waren die "Pfaffenstücke", jetzt von den Rinkelschen Werken bebaut. Diesen Wiesen schlossen sich als Nachbarn die "Greuelschen Bleichen" an.
Von hier durch die Stadt gehend, erhebt sich der "Burgberg", an dessen Fuß eine von den Hussiten 1426 zerstörte Burg stand. Nicht als Flurname, sondern einer Sage nach so bezeichnet, kommt man auf der Moltkestraße auf die "Schwanenwiese", auf welcher sich nun die prächtigen Anlagen vor dem Volksschulgebäude erheben. Nach dieser Sage soll sich auf dem früheren Teich ein in hiesiger Gegend unbekannter Vogel eingefunden haben, welcher auf dem gegenüber liegenden Gehöft gefüttert und gepflegt wurde; aus demselben entstand dann der allbekannte Gasthof "Zum weißen Schwan", nach dem Vogel so benannt. Auf die Höhen des Kirchberges führt nun der Weg, die prächtigen Anlagen auf demselben haben den Flurnamen "heilige Dreifaltigkeitsäcker". Die "Termophylen" auf dem Kirchberg und die dahinter liegende "Conradschanze" sind als Flurnamen auf der Karte von Landeshut nicht eingezeichnet.
Hart an der Reihhennersdorfer Grenze erhebt sich der "Gerichtsberg". Von diesem bis zu dem "Langen Berg", welcher die linke Seite der Ziederpforte abschließt, ist ein Flurname nicht mehr vorhanden. Die Wanderung um Landeshut ist somit zu Ende.
Quelle:
- Böcks, Fritz in Heimatkalender des Kreises Landeshut/Schl. 1927, herausgegeben von Kreisausschuß-Sekretär Hornig, Landeshut, 1. Jahrgang, Druck: Schlesierverlag L. Heege, Schweidnitz
Das Stadtgut:
Um 1900 erwarb die Stadt Landeshut das Vorwerk Lademann im Ortsteil Nieder-Zieder. Nach dem Erwerb wurde es als Stadtgut bezeichnet (s. Auszug aus dem Stadtplan). Pächter dieses Gutes war Wilhelm Schreiber. Im Februar 1928 erfolgte der Abbruch der noch vorhandenen Gebäude. Die Stadt ließ im Laufe der folgenden Jahre zahlreiche neue Häuser auf diesem Gelände errichten.
Die folgenden Bilder stammen aus dem Privatarchiv des verstorbenen Herrn Walter Gläser.
Das Stadtgut kurz vor dem Abbruch.
(Aufnahme: 20. Januar 1928)
Die Scheune des Stadtgutes kurz vor dem Abbruch.
(Aufnahme: 20. Januar 1928)
Beuchelplatz - Nähe Stadtgut
Beuchelplatz - Nähe Stadtgut
Die drei folgenden Bilder zeigen den Neubau eines städtischen 12-Familienhauses in der Beuchelstraße (Nähe des Stadtgutes).
Vorderseite
Rückseite
Hausmarken in Landeshut
Der folgende Artikel von Ernst Kunick erschien in der Zeitschrift "Schlesischer Gebirgsbote", Heft Nr. 1/1956. Er wird hier in der Originalfassung wiedergegeben.
"Viele Hausmarken sind schon der Spitzhacke oder sonst dem Verderb zum Opfer gefallen, und sie sind es doch wert, dass sie als Erinnerungen an unsere Vorfahren auch in Landeshut, wo sie sich noch verhältnismäßig zahlreich vorfinden, erhalten bleiben.
Die neuere Forschung sieht in den Hausmarken (1), die sich fast ausschließlich in den germanischen Ländern Europas vorfinden, in erster Linie ein Band, das die Glieder einer Sippe unter sich und mit dem Urahn des Geschlechtes verband. Der Urahn hatte einst ein einfaches Strichzeichen, das einer Rune ähnlich war oder frei gewählt wurde, benützt, um seine Habe zu kennzeichnen. Er ließ seine Marke in sein Schwert, seine Axt, seine Ackergeräte eingraben. Er brannte sie wohl in vereinfachter Form seinem Vieh ein. Er kennzeichnete seinen ganzen Hof und dadurch seine Familie mit diesem Zeichen, indem er die Marke in den Tragbalken der Haustür oder in den Firstbalken einmeißeln ließ. Nur der freie Bauer, der dem Besitz und der Familie vorstand, war zur Führung der Hausmarke berechtigt, jüngere Brüder und auch die Witwen nicht. Übernahmen jüngere Söhne einen anderen Hof, so benützten sie die väterliche Marke, der sie einen neuen Strich zufügen mussten. Weitere Seitenzweige setzten weitere Striche hinzu. So blieb durch die Hausmarke die Verbindung aller Sippenzweige untereinander und mit der Stammsippe gewahrt.
(Fußnote 1: Diese Arbeit gründet sich auf "Ruppel: Die Hausmarken, Verlag Metzner, Berlin, 1939)
Stark trat dabei aber noch das Verbundenheitsgefühl mit dem Urahn, der das Zeichen wählte, der die Sippe gründete, hervor. Der Ahn schützte in diesem Zeichen den Besitz seiner Nachfahren. Es begleitete sie selbst im Tode auf den Grabbeigaben oder später als Zeichen am Grabmal. Die Sippenzusammengehörigkeit galt unseren Vorvätern überaus hoch. Die Hausmarke, sie glich darin dem Wappen adliger Familien, war das Zeichen dafür und zugleich das stolze Zeichen des freien Mannes, der Landbesitz sein eigen nannte. Wer seine Freiheit verlor, schied aus der Sippe aus und verlor auch das Sippenzeichen, die Hausmarke. Da der Bürger frei war, fand die Hausmarke auch ihren Weg in die Stadt, wo wir sie heute häufiger als auf dem Lande antreffen.
Die Annahme, dass die Hausmarke die Unterschrift ersetzte, muss für die ältere Zeit verworfen werden. Der germanische Bauer schrieb und unterschrieb nicht. Bei einem Vertrage galten sein Wort und sein Handschlag oder seine symbolische Handlung, z. B. die Übergabe des Kesselhakens an den neuen Besitzer des Hofes. Erst als im Mittelalter das römische Recht stärkeren Einfluss gewann, trat an Stelle von Treu und Glauben der geschriebene Vertrag. Es war dabei selbstverständlich, dass der schreibunkundige deutsche Bauer mit seiner Hausmarke zeichnete oder später neben seinen Namen noch seine Marke setzte.
So fügte der Landeshuter Leinenkaufmann und Kirchenälteste Carl Gottfried Semper seiner Unterschrift seine Hausmarke als Siegel bei, wie wir in der Generalbilanz der Gnadenkirche zu Landeshut von 1787 sehen können (Abbildung 1). In dem ehemals Semperschen Hause, Markt Nr. 7, fanden sich messingne Leinenstempel, welche die Hausmarke in verschiedener Form mit den Anfangsbuchstaben C. G. S. oder S & S (Semper und Sohn) zeigen. Diese aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stammenden Stempel, die sich jetzt im Heimatmuseum befinden, sind die jüngsten Hausmarken, die wir aus Landeshut kennen.
Zeitlich weiter rückwärts stehen solche in Verbindung mit der 1709 - 1721 erbauten Gnadenkirche. In den oberen Türbalken der Sakristei grub der Steinmetz eine Marke aus einfachen Strichen ohne jede Verzierung ein (Abbildung 2). (2)
(Fußnote 2: Die Zeichnungen der Hausmarken stammen von Elsa Maria Fischer, Breslau)
Eine ganz ähnliche Marke tritt uns am sogenannten Hartmannsdorfer Hause in der Äußeren Kirchstraße entgegen (Abbildung 3). "Der Neider Tyck ist mein Glück", lesen wir neben ihr. Kehren wir zur Gnadenkirche zurück. Dem Haupteingange gegenüber besitzt die Methnersche (früher Engemannsche) Gruft ein überaus wertvolles Türgitter in Kunstschmiedearbeit, von dem Kenner behaupten, wenn es sich in Florenz befände, würden Tausende hinwallfahrten. In den oberen Teil dieses Gitters ist eine Hausmarke (Abbildung 4) eingefügt. Eine solche aus Schmiedeeisen befindet sich auch an der großen Barockgruft oberhalb der Gnadenkirche (Abbildung 5). Ein lateinischer Spruch an dieser Gruft - ein sog. Chronogramm - gibt als Baujahr 1724 an. Unter dem Hauptgange der Gnadenkirche ruht ein Freiherr von Zedlitz auf Blasdorf, gestorben 1746. Der Mittelschild seines Wappens enthält eine Art Hausmarke in Dreiecksform (Abbildung 9). Links am Altar trägt die Frauengestalt am Grabmal des Kaufmanns Joh. David Fischer (gest. 1746) auf der Brust ein Medaillon aus Bronze mit Hausmarke (Abbildung 8).
Charakteristisch sind für Landeshut die Hausmarken aus Schmiedeeisen, die allein in Landeshut vorkommen sollen. Zwei lernten wir schon an den Grüften auf dem Gnadenkirchhof kennen. Wir begegnen ihnen auch Langhansstraße 17 (Stadtgemeinde Landeshut - Abbildung 15), Markt 28 (Preuß Selma, Handelsfrau - Abbildung 6), Lademannstraße 7 (Schubert Oscar, Kaufmann - Abbildung 7). Einer Kunstschmiedearbeit nachgeahmt ist eine 50 Zentimeter hohe Hausmarke aus Stuck am Markt 25 (Pautsch`sche Erben - Abbildung 10), die von einer prächtigen Arabeske in Stuck umrahmt ist. Dass diese letzteren Hausmarken unmittelbar mit Buchstaben verbunden sind, wodurch die Namen der Kaufherren angedeutet werden sollten, entspricht nicht dem ursprünglichen Sinne der Hausmarken. Sie wurden immer mehr, wie besonders auch die Leinenstempel in ihrer wechselnden Ausführung anzeigen, zum freigewählten Geschäftszeichen der Kaufherren.
Eine Hausmarke in der Form der Vier (Abbildung 13) ist auch in ein altes Waffenbrett aus dem Jahre 1550, das dem Heimatmuseum überlassen wurde, eingebrannt, doch deutet die Ausführung der Marke auf ihre spätere Entstehung hin. Die Hausmarken in der Form einer Vier treffen wir besonders häufig nach 1700 an. Ob es stimmt, dass die Landeshuter Kaufleute dieses Zeichen der anglo- - ostindischen Handelskompagnie wählten um damit ihren weltumspannenden Leinenhandel anzudeuten, vermag ich nicht zu entscheiden. Die Sempersche Marke mit dem Herzen unter der Vier ist das Zeichen der anglo - ostindischen Kompagnie. Jedenfalls ging der ursprüngliche Sinn der Hausmarke mehr und mehr verloren, sie sank zur Warenmarke herab.
Bemerkt mag noch werden, dass man in den Hausmarken zeitweise Teufels- und Hexenzeichen sah und sie daher vernichtete.
Am ältesten und echtesten, auch am gestaltungsreichsten sind die Hausmarken, die wir in Landeshut an und in der Stadtpfarrkirche finden, die aus dem letzten Jahrzehnt vor dem Dreißigjährigen Kriege stammen. Außen am Turm stellen zwei Grabsteine ein wohlhabendes Kaufmannsehepaar dar. Zur Marke des Mannes tritt hier die elterliche Marke der Frau hinzu. Beide sind erhaben aus dem Stein herausgemeißelt worden (Abbildungen 11 und 16). Im Gotteshause selbst treffen wir in einer Nische rechts vom Eingange auf Marke 14 und links vom Hochaltar an der Rückwand eines Pfeilers auf Marke 12.
Die älteren Denkmäler auf dem katholischen Friedhof in der Niederstadt sind so verwittert, dass man nur an zweien Hausmarken vermuten kann.
Abbildung 1
Hausmarke von Carl Gottfried Semper
Abbildung 2
Hausmarke des Steinmetztes am oberen Türbalken der Sakristei der Gnadenkirche.
Abbildung 3
Hausmarke am Haus, Kirchstraße 15.
Abbildung 4
Hausmarke im oberen Teil des Gitters der Methnerschen Gruft gegenüber der Gnadenkirche.
Abbildung 5
Hausmarke an der Barockgruft oberhalb der Gnadenkirche.
Abbildung 6
Hausmarke am Haus Markt Nr. 28.
Abbildung 7
Hausmarke am Haus Lademannstraße Nr. 7.
Abbildung 8
Hausmarke an einem Grabmal links am Altar der Gnadenkirche.
Abbildung 9
Hausmarke des Freiherrn von Zedlitz an dessen Grab unter dem Hauptgang des Gnadenkirche.
Abbildung 10
Hausmarke am Haus Markt Nr. 25.
Abbildung 11
Hausmarke eines wohlhabenden Kaufmannes an dessen Grabstein am Turm der kath. Pfarrkirche.
Abbildung 12
Hausmarke in der kath. Pfarrkirche links vom Hochaltar an der Rückwand eines Pfeilers.
Abbildung 13
Hausmarke an einem alten Waffenbrett.
Abbildung 14
Hausmarke in der kath. Pfarrkirche in einer Nische rechts vom Eingang.
Abbildung 15
Hausmarke am Haus Langhansstraße
Nr. 17 (hier befand sich das 2. Rathaus der Stadt Landeshut)
Abbildung 16
Hausmarke der Ehefrau des Kaufmannes (s. Abb. 11)
Hausmarke auf dem Epitaph für den Vater von Elias von Beuchel, welcher im überdachten Innenhof des Webereimuseums in Landeshut aufgestellt ist.
(Bild von Herrn Jürgen Schwanitz)
Diese Hausmarke findet sich am einst Beuchelschen Gebäudekomplex am Markt in der Seitenstraße gegenüber dem Webereimuseum.
(Bild von Herrn Jürgen Schwanitz)
Brandunglücke:
Brandunglück vom 14. März 1837 - Brand im Hintergebäude
der Stadtapotheke, Markt Nr. 30.
Anzeige aus der Zeitung "Der Bote aus dem Riesengebirge",
Heft Nr. 11/1837.
Brandunglück vom 11. Juli 1837 - Brand bei dem Destillateur Berliner
Anzeige aus der Zeitung "Der Bote aus dem Riesengebirge",
Heft Nr. 30/1837.
Brandunglück vom 25. September 1843
Anzeige aus der Zeitung "Der Bote aus dem Riesengebirge",
Heft Nr. 39/1843.
Brandunglück vom 30. Juni 1845
Anzeige aus der Zeitung "Der Bote aus dem Riesengebirge",
Heft Nr. 27/1845.
Brandunglück vom 20. Juli 1844:
Quelle:
- Chronik der Stadt Landeshut, Druck und Verlag von Armin Werner`s Buchdruckerei, Landeshut
Am 20. Juli entstand auf der Fischgasse Feuer. Es brannten in kurzer Zeit 50 Häuser nieder, dadurch, dass der grüne Adler abgedeckt wurde, konnte dem Feuer Einhalt getan werden. Die Namen der abgebrannten Besitzer sind: Klemper Fröhlich, Schuhmacher Conrad, Kaufmann Heinzel, Gastwirt Eckhold, Gastwirt Cannähaus, Fleischer Rerger, Böttcher Schiedrich, Bäcker Geisler, Böttcher Rasper, Tischler Jentsch, Schlosser Püschel, Klempner Pohl, Kaufmann Schädel,
Fleischer Caudusch,Drechsler Friebe, Handelsmann Schmidt, Buchbinder Jentsch, Kürschner Heinzel, Riemer Scholz, Kaufmann Hoffmann, Seifensieder Hoffmann, Strumpfwirker Tschirch, Schneider Hoffmann, Handschuhmacher Fritsch, Witwe Gerzabeck, Tischler Kühnel, Seifensieder Alde, Schneider Koch, Gastwirt Kallinich, Witwe Bleck, Fischhändler Seidel, Schuhmacher Weber, Handelsmann Elsner, Schuhmacher Schwarz, Gürtler Mattuscheck, Schuhmacher Uhlich, Züchner Burghardt, Witwe Ruckas und das Schlachthaus. Die Häuser standen auf der Fischgasse, Niedertor, Kornstraße, Poststraße und am Markt.
Brandunglück vom 20. Juli 1844
Anzeige aus der "Allg. Zeitung des deutschen Judentums"
vom 05.08.1844.
Brandunglück vom 25. August 1853
Anzeige aus der Zeitung "Der Bote aus dem Riesengebirge",
Heft Nr. 69/1853.
Hochwasserkatastrophe am 29./30. Juli 1897:
In der Nacht vom 29. zum 3. Juli 1897 kam es im Kreis Landeshut zu einer der schwersten Hochwasserkatastrophen seit fast 100 Jahren. Anhaltender, wolkenbruchartiger Regen füllte die Gebirgsflüsse, die im Laufe von Stunden über die Ufer traten. Mit rasender Geschwindigkeit stürzten sich die Fluten in den steilen Hochtälern vom Kolbenkamm und vom Rehorngebirge herab, rissen aus dem aufgeweichten Erdboden riesige Bäume und mächtige Felsblöcke und wälzten sie zu Tale. In den oberen Flusstälern stiegen die Fluten unerwartet schnell, drangen in Gehöfte und Häuser ein, so dass es den Bewohnern kaum möglich war, das nackte Leben zu retten.
In Landeshut, wo alle tiefer gelegenen Straßen unter Wasser standen, wälzte sich die trübe Flut die Schießhaus- und die Liebauer Straße entlang, um dann ihren Weg weiter über den Markt zu nehmen. In der katholischen Kirche stieg das Wasser bis zum Altar empor. Mehrere Häuser mussten eiligst geräumt werden. In der Methnerschen Fabrik in Oberleppersdorf verdarb die Flut die gesamten Garnbestände und beschädigte zahlreiche Webstühle und Maschinen. Der Schaden, den die Bewohner von Landeshut erlitten, betrug mehr als 300.000 Mark.
Diese Hochwasserkatastrophe führte zum Bau der Bobertalsperre in Buchwald, die in den Jahren 1903 bis 1905 errichtet wurde.
Quelle:
- Kunick, E.: Die Hochwasserkatastrophe am 29./30. Juli 1897 führte zum Bau der Bobertalsperre, Schlesischer Gebirgsbote Nr. 13/1977
Bau der Bobertalsperre in Buchwald
Auch in späteren Jahren lösten starke Regenfälle noch Hochwasser aus, sie führten aber seit dem Bau der Bobertalsperre nicht mehr zu solch katastrophalen Zuständen wie im Juli 1897.
Bahnhofstraße während des Hochwassers am 14. Juli 1907.
Bahnhofstraße während des Hochwassers am 14. Juli 1907.
Ziederstraße während des Hochwassers im August 1938.
Ziederstraße während des Hochwassers im August 1938.