Petzelsdorf (Paczyn)
(Verfasser: Hella Tegeler)
Petzelsdorf liegt nördlich der beiden Goldbach-Dörfer Michelsdorf und Hermsdorf städt., eingebettet zwischen dem Beerberg und dem Stenzelberg. Über dem Dorf befindet sich die Friedenshöhe, von der man eine herrliche Aussicht genießt.
Gegründet wurde der Ort im Jahre 1395 als "Peczoldisdorf". Seinen Namen verdankt Petzelsdorf der großen Bauernfamilie Pätzold (Petzelt). Aus dieser Familie sind mehrere Generationen von evangelischen Pastoren hervorgegangen. In der Breslauer Stadtbibliothek befand sich die "Petzoldiana", eine Chronik, die über die Familie Auskunft gibt. Der erste Pastor war Georgius Petzoldus, 1648 im Nachbardorf Michelsdorf ordiniert. Sein Bild hing bis zur Vertreibung in der Michelsdorfer evangelischen Kirche. Sein Andenken war in der Gemeinde sehr lebendig, da er als Märtyrer evangelischen Bekenntnisses verehrt wurde. Er hatte in der Zeit der Gegenreformation als sog. Buschprediger das Evangelium im Verborgenen weiter gepredigt. Mit seinen Mitgliedern hielt er sich in den Wäldern versteckt. Erst 1656 wurde er gefangengenommen und mit seiner Familie in Jauer eingekerkert. Georgius Petzoldus hinterließ, als er 1676 bei einem Brand umkam, 11 Kinder. Seine Söhne und späteren Nachkommen wurden immer wieder evangelische Theologen.
Nach der Neugliederung Preußens 1815 gehörte Petzelsdorf zur Provinz Schlesien und war ab 1816 dem Landkreis Landeshut eingegliedert, mit dem es bis 1945 verbunden blieb. Es bildete eine eigene Landgemeinde und gehörte seit 1874 zusammen mit Hartau städt. und Michelsdorf zum Amtsbezirk Hermsdorf städt. 1925 hatte Petzelsdorf 214 Einwohner (davon 179 evangelisch) und 1939 = 211. Die zuständigen Kirchen für beide Konfessionen befanden sich im Nachbarort Michelsdorf. Im Ort gab es aber bereits seit 1755 eine evangelische Schule, welche 1835 und 1909 komplett umgebaut wurde. Heute gehört Petzelsdorf zur Landgemeinde Lubawka (Liebau).
Quellen:
- Anhang aus dem Adressbuch von 1911 des Kreises Landeshut
- Klapper und Huppertz: Chronik von Michelsdorf, 1922
- Knie, J. G.: Übersicht der Dörfer, Flecken und Städte der königl. preuß. Provinz Schlesien, 1845
- Pohlendt, Heinz: Die Landeshuter Passlandschaften, Priebatschs Buchhandlung Breslau 1938
- Zimmermann, Friedrich Albert: Beyträge zur Beschreibung von Schlesien, 5. Band, 1785
Der Königl. Kammerherr von Tschierschki verkauft im Oktober 1775 Petzelsdorf an den Königl. Geheimen Finanzrat von Gessler.
(Quelle: Schlesische Provinzialblätter, Bd. 22, 10. Stück, Okt. 1775, S. 391)
Der Kammerherr von Tschierschki erwirbt im Dezember 1798 Petzelsdorf wieder zurück.
(Quelle: Schlesische Provinzialblätter, Bd. 28, 12. Stück, Dez. 1798, S. 613)
Der Capitain von Gersdorf verkauft im September u. a. Petzelsdorf an den Oeconom Weiß für 97.000 Rt. und 600 Rt. Schlüsselgeld.
(Quelle: Schlesische Provinzialblätter, Bd. 52, 9. Stück, Sept. 1810, S. 267)
Herr Otto und die Geschwister: verehel. R.-Gutsbesitzer Jentsch u. verehel. Gutsbesitzer Jentsch erhalten von der verw. Hauptmann von Gersdorf u. a. Petzelsdorf per Testament.
(Quelle: Schlesische Provinzialblätter, Bd. 111, 3. Stück, März 1840, S. 314)
Alex von Nostiz erwirbt im Jahr 1840 von E. Goldschmidt
u. a. Petzelsdorf für 72,000 Rtl.
(Quelle: Schlesische Provinzialblätter, Bd. 112, 12. Stück,
Dez. 1840, S. 588)
Blick auf Petzelsdorf
Petzelsdorf mit Friedenshöhe und Roter Höhe
Die Schule:
Nach der Chronik wurde von 1742 - 1743 im Großgarten Nr. 35, dann im Bauerngut Nr. 68, von 1750 - 1755 in Nr. 46, im Haus des Webers Gottl. Arnold unterrichtet. Erst im Jahre 1755 wurde im Garten des Freigärtners Gottl. Weirauch, in der Mitte des Dorfes Nr. 72, die das neue Schulgebäude errichtet. Der Nachbar, Bauer Georg Helfer (Nr. 73), schenkte ein Stück der angrenzenden Wiese. Um den Bau machte sich der Gerichtsscholze und Kirchenvorsteher Joh. Benj. Lorenz (Nr. 1) sehr verdient. Er schenkte steinerne Türpfosten auch für Küche und Gewölbe. Baumeister waren Zimmermeister Joh. Gottl. Dittrich (Nr. 21) und Maurermeister Friedr. Weist. Der Grundherr Freiherr von Zedlitz, Erbherr der Güter Reußendorf, Blasdorf, Johnsdorf und Petzelsdorf, gab nach urbargemäßer Observanz ein Drittel, die Gemeinde zwei Drittel, unterstützt durch Kirchen- und Hauskollekte. Die Bauernschaft leistete Spanndienste, die Gärtner und Häusler Handdienste. Im Spätherbst 1755 weihte Pastor Ruffer die Schule in Gegenwart des Barons von Zedlitz. Folgende Lehrer waren tätig:
Ab 1742 Christoph Hanke aus Grunzendorf bei Steinau
Christoph Hertwig aus Tentschel bei Liegnitz, der 1743 nach Krummhübel ging.
Ab 1743 Nathanael Kühn aus Dittersbach am Paß, der nach einem Jahr verstarb.
Ab 1744 Joh. Friedr. Lorenz, Bauer in Petzelsdorf, der die Schule 10 Jahre verwaltete.
David Steiner aus Prausnitz bei Goldberg, der nach 9 Jahren nach Bunzlau
berufen wurde, aber wieder zurückkehrte.
Herr Hickmann für 1 1/2 Jahre
Carl Gottl. Rüffer aus Kammerswaldau, der 1811 verstarb.
1811 - 1836 Carl Leberecht Anders aus Thomasdorf bei Bolkenhain
Im Jahre 1835 wurde eine dringende Reparatur des Gebäudes durchgeführt.
1836 - 1881 Herr Trauschke
1881 - 1885 Herr Pinkwart
1885 - 1886 Herr Bartsch
1886 - 1891 Herr Kleiner
1891 - 1895 Herr Tuschke
1895 - 1896 Herr Böhm
1896 - 1899 Herr Müller
1899 - 1904 Herr Wachs
1904 - 1909 Herr Klemm
Da die Schule im Laufe der Jahre nicht mehr den Erfordernissen entsprach, wurde das Haus im Jahre 1909 komplett umgebaut.
1909 - 1912 Arthur Elsner
1912 - 1914 Herr Berndt
1914 - 1916 Paul Müller
ab 1916 Herbert Müller
1938 Wilhelm Kulisch
Quelle:
- Klapper/Huppertz: Chronik von Michelsdorf........, Ev. Pfarramt zu Michelsdorf 1922
Bericht über die Feier des 50jährigen Dienstjubiläums des ev. Lehrers Trauschke am 21. August 1875 in der Zeitung "Der Bote aus dem Riesengebirge", Heft Nr. 200/1875.
Die evangelische Schule
Schüler der Jahrgänge 1934 - 1936
Die Schüler der Volksschule Petzelsdorf im Jahre 1932 mit ihrem Lehrer Wilhelm Kulisch.
Die Gastronomie:
In Petzelsdorf gab es früher 2 Gasthöfe:
Haus Nr. 1 Der "Oberkretscham"
Haus Nr. 40 Der "Niederkretscham"
Haus Nr. 1 - Der "Oberkretscham"
(Besitzer: August Gottwald, danach Franz Bieligk)
Haus Nr. 1 - Der "Oberkretscham"
(Besitzer: August Gottwald, danach Franz Bieligk)
Haus Nr. 40 - Der "Niederkretscham"
(Besitzer: Benedikt Kühn, danach August Kühn)
Dieser Kretscham wurde vermutlich um 1820 "Straßenkretscham" genannt. Am 10. März 1827 wurde dieser Kretscham von der verwitweten Frau Hielscher zum Verkauf angeboten, da sie laut Anzeige in der Zeitung "Der Bote aus dem Riesengebirge", Heft Nr. 11/1827 "unvermutet ein anderweitiges Besitztum erlangt hatte".
Haus Nr. 8 - Gemeindevorsteher Ferdinand Kluge.
Nach dem Adressbuch des Jahres 1938 gehörte diese Landwirtschaft Gustav Kuhn.
Haus Nr. 12:
1911 = Lorenz, Gustav - Gärtner
1925 = Lorenz, Gustav -Gärtner
1938 = Sauer, Hermann - Bergmann
1. Generation:
Eigentümer dieses Hauses war 1911 Gustav Lorenz (31.03.1870 - 1935). Verheiratet war er mit Emma "Selma", geb. Wende. Wahrend der Ehe wurden 3 Kinder geboren:
1.1 Ida Lorenz * 15.03.1898
1.2 Minna Selma Lorenz * 01.12.1899
1.3 Martha Lorenz * 15.12.1903
2. Generation:
1.1 Ida Lorenz * 15.03.1898
Ehemann: Hermann Sauer * 18.09.1896 in Giersdorf - Saalberg (Schlesien)
+ 20.08.1937 in Schmiedeberg
Hermann Sauer übte in Petzelsdorf das wichtige Amt des Feuerwehrhauptmanns aus. Bei einem
Grubenunglück kam er am 20.08.1937 in Schmiedeberg um das Leben.
Die Eheleute hatten 4 Kinder:
1.1.1 Helmut Sauer 25.03.1920 - 29.04.1942 in Russland
1.1.2 Paul "Rudolf" Sauer 05.12.1926 - 25.11.1952
1.1.3 Werner Sauer
1.1.4 "Ilse" Charlotte Sauer 15.08.1936 - 18.11.2011
3. Generation:
2.1.1.2 Paul "Rudolf" Sauer 05.12.1926 - 25.11.1952
Kind: Dieter Manfred Peter Sauer 26.07.1949 - 20.06.2006
2.1.1.3 Werner Sauer
Kinder: 1. Klaus-Peter Sauer
2. Cornelia Brigitte Sauer 16.02.1963 - 08.05.2009
Quelle:
- Klaus-Peter Sauer
Helmut Sauer (25.03.1920 - 29.04.1942 in Russland)
(Bild von Herrn Klaus-Peter Sauer)
Todesanzeige Helmut Sauer
(zur Verfügung gestellt von Herrn Klaus-Peter Sauer)
Haus Nr. 77:
Es handelt sich um ein kleines ehemaliges Weberhaus, das am Hang liegt. Errichtet wurde es ca. 1800. Nach dem Adressbuch von 1911 gehörte es zu diesem Zeitpunkt der Witwe Scholz. Später erwarb es der Hirschberger Augenarzt Dr. Knauf, um in dem beschaulichen Ort gemeinsam mit seiner Familie die Ferien zu verbringen.
Dr. Knauf ließ das kleine Weberhaus innen komplett umbauen. Aus dem früheren Ziegenstall wurde die Küche. Die Zimmer wurden mit alten schlesischen Bauernmöbeln eingerichtet. Alle Malerei- und Schnitzarbeit war von Dr. Knauf entworfen und zum Teil auch selbst ausgeführt worden. Es war ein kleines Museum schlesischer Heimat- und Volkskunst.
Quelle:
- Schlesischer Gebirgsbote, Heft Nr. 8/1962
Blick auf Petzelsdorf, rechts das Haus Nr. 77
Die Giebelseite des Hauses Nr. 77
Der altschlesische Wohnzimmerschrank mit alten Kupfer- und Zinngeräten.
In der Küche des Hauses.
Die Esszimmerecke mit
handgeschnitzten Stühlen.
Alte Bauernmöbel, geschnitzte Stühle und handgestickte Tischtücher schufen neben alten, handgemalten Wandtellern
die "schlesische Gemütlichkeit".
Besinnliche Lesestunde in der Ecke an der Ofenbank.
Gewerbetreibende in Petzelsdorf
Auszug aus dem Amtlichen Adressbuch für Industrie, Handel und Gewerbe des Jahres 1927.
Gefallene des 1. Weltkrieges:
Aus den Verlustlisten (VL) der Gefallenen des 1. Weltkrieges ergeben sich für Petzelsdorf folgende Namen:
- Deuner Gustav * 15.05.1881 + 09.03.1916 VL vom 07.07.1917 - Seite 19501
- Deuner Paul VL vom 17.06.1915 - Seite 7040
- John Gustav Wilhelm VL vom 23.05.1916 - Seite 12634
- Krause Heinrich VL vom 29.03.1916 - Seite 11788
- Kuhn Emil * 03.11.1878 + 31.10.1918 VL vom 09.01.1919 - Seite 28630
- Kühnel Paul * 10.11. ? VL vom 19.06.1918 - Seite 24406
- Seidel Martin VL vom 17.06.1915 - Seite 7037
Diese Aufstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Anzeige aus der Zeitung "Der Bote aus dem Riesengebirge",
Heft Nr. 9/1813.