Der Heilige Berg

(Verfasser: Hella Tegeler)

Zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt Liebau gehörten früher die Kreuzwegstationen und Kapellen auf dem östlich der Stadt liegenden "Heiligen Berg". Heute befinden sich diese Kapellen leider in keinem guten Zustand.

In seinen Aufzeichnungen aus dem Jahre 1903 schilderte Heinrich Krenke, der frühere Besitzer, eindrucksvoll die Geschichte des "Heiligen Berges". Nach seinem Tod übernahm dessen Sohn Josef den Besitz des Vaters. Er wurde am 25. Mai 1873 in Liebau geboren und war von Beruf Kirchen-maler. Viele Kreuzwegbilder wurden von ihm gemalt. Nach der Vertreibung lebte er in Groß-Aitingen und starb dort im August 1952.

In mehreren Heften des Schlesischen Gebirgsboten wurde Heinrich Krenkes Geschichte des "Heiligen Berges" abgedruckt. Diese Aufzeichnungen sollen hier in gekürzter Fassung wiedergegeben werden.

Quelle:

  • Schlesischer Gebirgsbote, Hefte Nrn. 5 - 8/1999                 

Die Geschichte des "Heiligen Berges"

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Das Kreuz
Im Südosten Liebaus erhebt sich der üppig bewaldete "Heilige Berg" (680 m), auch Stiener genannt. Dieser Berg gehörte im Jahre 1740 einem Kaspar Vogt. An der Stelle, wo sich das heilige Kreuz befindet, stand einst ein uralter großer Kieferbaum, welchen der Besitzer fällen wollte. Als die Knechte sich an die Arbeit machten, wurden sie zu ihrem Erstaunen gewahr, dass sie dem Stamm nichts anhaben konnten; die Werkzeuge versagten ihren Dienst. Die Axt prallte ab und die Säge vermochte nicht in den Baum einzudringen. Dem Besitzer, welchem von dem vergeblichen Bemühen, den Baum zu fällen, Meldung erstattet wurde, erschien die Sache unglaubhaft.

Am anderen Morgen wurden die Versuche fortgesetzt, das Resultat blieb jedoch das Gleiche. Da kam der Besitzer und sagte: "Fällt der Baum glücklich, so werde ich von seinem Stamme an derselben Stelle ein Kreuz errichten lassen". Und wirklich: das vor Tagen noch als unmöglich Erschienene wurde vollbracht, der mächtige Baum sank unter der Arbeit der Knechte zur Erde. Der Besitzer hielt Wort und errichtete das Kreuz. Gleichzeitig ließ er am Fuße des Berges eine kleine Kapelle zu Ehren der heiligen Familie. bauen.

Wunderbare Gebetserhörungen
Im Jahre 1744, also vier Jahre später, gelangte das Besitztum an einen gewissen Kaspar Georg Vogt. 1747 wurde die St. Anna-Kapelle von dem dritten Besitzer Franz Beier vergrößert. Nach dessen Tod wurde der Kaufmann Franz Ruprecht Eigentümer und im Jahre 1780 kaufte Karl Jochmann die Wirtschaft samt dem "Heiligen Berg" und den Ländereien. Da das erste Kreuz bereits morsch geworden war, wurde am 12. Mai 1813 ein neues Kreuz errichtet. Doch dieses Kreuz wurde wegen des schlechten Weges und des finsteren Waldes nur von wenigen Besuchern aufgesucht.

Da geschah es, dass ein Jüngling von 18 Jahren, namens Johann Glaser, von einer schrecklichen Krankheit befallen wurde. Alle medizinische Hilfe schien vergebens. Vor lauter Kummer verzweifelt, gingen die Eltern des Jungen in einer Sonntagsnacht bei Mondenschein um 2 Uhr auf den Berg, suchten das Kreuz auf und seufzten unter Bitten, der gekreuzigte Heiland möge ihr Kind gesund werden lassen oder von seinen Qualen durch den Tod erlösen. Und siehe, in kurzer Zeit wurde der Sohn wieder gesund.

Die Tochter des Besitzers Karl Jochmann litt an einem schweren krebsartigen Brustleiden und sollte sich am nächsten Tag einer Operation unterziehen. In ihrer Verzweiflung ließ sie sich am Vorabend von zwei Knechten ihres Vaters zum Kreuz führen und flehte zu dem gekreuzigten Heiland, er möge sie lieber sterben lassen. Als am folgenden Tag die Ärzte zur Operation erschienen, sahen sie zu ihrem nicht geringen Erstaunen, dass die so schwer Erkrankte voll-kommen geheilt war. Unter Kopfschütteln erklärten die Ärzte, d habe eine höhere Macht, da habe Gottes Gnade gewaltet. Aus Dankbarkeit ließ der Besitzer nun einen bequemen Weg zum Kreuz anlegen.

Die Weihe des Kreuzes
Mit Zustimmung des Herrn Kommissarius Weber aus Landeshut wurde durch den Herrn Pfarrer Kasparius Anton aus Liebau die Weihe des Kreuzes vollzogen. Nach einem in der Oberkirche gehaltenen Hochamt bewegte sich die Prozession bis zum Ort, wo der Weiheakt stattfand. Hunderte von Andächtigen hatten an dieser schönen Feierlichkeit teilgenommen.

Die Entstehung des Kreuzweges
Von der Anna-Kapelle aufwärts wurde an einer passenden Stelle der Ölberg (Garten Bethsemane genannt) angelegt, dahinter der Kerker. Die Kreuzwegbilder in der Anna-Kapelle wurden in geteilten Zwischenräumen bis zum Kreuz hinauf an die Bäume befestigt, und es entstand somit, wenn auch primitiv, ein richtiger Kreuzweg. Da die Figuren auf dem Ölberg schlecht gearbeitet waren und die Kreuzwegbilder nicht gut aussahen, wurde Karl Jochmann bei dem Fürstbischof zu Breslau angeschwärzt.

Um sich vor Ort ein Bild der Lage zu verschaffen, erschien am 3. Juli 1820 eine Kommission, bestehend aus dem Herrn Kommissarius Weber aus Landeshut, dem Kirchenvorsteher Herrn Kaufmann Josef Wihard, sowie dem Kirchenvorsteher und Kämmerer Herrn Andreas Hübner, beide aus Liebau. Nach genauer Besichtigung wurde die Genehmigung zum Bau neuer Kreuzwegbilder und weiterer Kapellen erteilt.

Der Ölberg
Nachdem oben auf dem Berg die aus Holz erbaute Auferstehungs-Kapelle fertig und in der St. Anna-Kapelle ein neues Altarbild (Jesus, Maria und Anna) zu Ehren der hl. Familie aufgestellt worden war, wurde der Ölberg mit den aus Sandstein gearbeiteten Figuren (Christus, Johannes, Jakobus, Petrus und der Engel) angelegt. Als nun alles fertig und zur größten Zufriedenheit ausgefallen war, wurde durch zweimalige Vermeldung von der Kanzel der Gemeinde der Pfarrei Liebau die feierliche Einweihung mitgeteilt. Am 28. Juli 1822 begab sich nach dem Hochamt in der Pfarrkirche die feierliche Prozession unter dem Geläut aller Glocken und begleitet von Pauken-schlägern und Trompetern zur Weihestelle. In der Prozession befanden sich eine große Anzahl weißgekleideter Jungfrauen, die Zünfte mit ihren Fahnen, ferner die geistlichen Herren: Erzpriester und Kommissarius Weber aus Landeshut, Prior Josef Leistriz aus Grüssau, Pfarrer Achner und Kaplan Georg Scholz aus Liebau und Pfarrer Rother aus Goldenöls in Böhmen. Nach der feierlichen Einsegnung begab sich der Zug wieder zurück zur Pfarrkirche.

Im Jahre 1823 wurden die neuen Kreuzwegbilder eingeweiht. Am 30. Oktober 1826 verstarb der Grundbesitzer Karl Jochmann. Diesem folgte als Besitzer sein Schwiegersohn Johann Güttner. Er konnte sich allerdings nicht lange seines Besitztums erfreuen. Am 25. August 1828 verstarb er nach schwerer Krankheit und hinterließ seine Frau mit 5 Kindern.

Im Mai 1838 ließ der Gerichtsscholze Franz Güttner aus Dittersbach gegenüber dem Eingang zur Anna-Kapelle 16 Stufen anlegen.

Die neue h. Grabkapelle und das steinerne Kreuz
Der erblindete Müllermeister Johann Schreiber aus Klein Hennersdorf testierte im Mai des Jahres 1836 auf seinen Sterbebett 100 Taler Courant zur Erbauung einer neuen hl Grabkapelle, da die alte, von Holz erbaute, schon baufällig war. Die neue Kapelle wurde jetzt massiv gebaut. Die Mauern bis zur Bedachung kosteten 200 Taler, Handdienste wurden kostenlos geleistet.

Im Jahre 1839 verstarb auch die verwitwete Frau Schreiber. Vor ihrem Ableben gab sie ihren Kindern, einem Sohne und zwei Töchtern, ihren letzten Willen kund. Im August des genannten Jahres stiftete sie das Kreuz aus Stein. Mehrere Wohltäter schenkten die dazu nötigen Stufen und der Steinmetzmeister Tobias Schlawisch aus Böhmen stiftete die zwei steinernen Laternensäulen. Am Feste Christi Himmelfahrt fand die feierliche Weihe statt. Vollzogen wurde sie von dem Stadtpfarrer Josef Jung.

Der neue Kreuzweg
Im Jahre 1844 kam Gottfried Raabe aus Wernersdorf bei Schwadowitz in Böhmen nach Liebau und wollte 36 Steine für Kreuzwegstationen schenken. Die Grundbesitzerin Anna Güttner traute sich jedoch nicht, das Geschenk anzunehmen und vertröstete Gottfried Raabe auf bessere Zeiten, da sie selbst keine Geldmittel besaß. Einige Jahre später erkrankte sie schwer und verkaufte ihren gesamten Besitz an ihren Schwiegersohn David Krenke und dessen Frau Beata. Sie behielt sich aber die Verwaltung des Besitzes bis zu ihrem Tod vor. Zur Freude aller überstand sie die Krankheit und teilte Gottfried Raabe mit, dass sie das Geschenk nun gerne annehme. Die Pferdebesitzer aus Liebau und der Umgebung stellten ihre Gespanne unentgeltlich zur Verfügung. 11 Steine wurden aus Wildhut und 15 aus Wernersdorf in Böhmen geholt. Die Laternensäulen stammen aus Bischofsstein in Böhmen.

Am 1. September 1845 begannen die Arbeiten. Auf dem Hof des Besitzers arbeiteten vier Stein-metzer aus Böhmen. Nach Fertigstellung der Fundamente wurden sie an Ort und Stelle geschafft. Mit der Wiederaufnahme der Arbeiten wurde am 18. Mai 1846 begonnen. Die Stationsbilder und das Bild der schmerzhaften Mutter Gottes am Kreuz malte in Landeshut ein Maler Langer aus Warschau. Als alles vollendet war, wurden die Stationen mit Kränzen und Georginen geschmückt. Bei der Grabeskapelle wurde eine Kanzel errichtet.

Die feierliche Einweihung erfolgte am 14. September 1846. Dem Prozessionszug wurde eine der hl. Anna geweihte Fahne vorangetragen. Es folgte die Schuljugend, die Kirchenmusiker (mit Pauken und Trompeten), der Kirchenchor, die Herren Rektor Franz Bürgel, Lehrer Strauchmann, Lehrer Hilgemann und die Lehrer aus den angrenzenden Gemeinden. An diese gruppierte sich die Geistlichkeit: die Herren Erzpriester Ullrich aus Schömberg, Pfarrer Heisig aus Grüssau, Stadtpfarrer Josef Jung und Kaplan Riese aus Liebau und der Pfarrer aus Michelsdorf. Nach Beendigung der Zeremonie ging es wieder zurück zur Pfarrkirche, wo die Feier mit dem Segen ihren Abschluss fand.

Die neuere Geschichte des "Heiligen Berges"
Bis zum Ende des Jahres 1856 war die Witwe Anna Grüttner Mitbesitzerin des "Heiligen Berges", behielt sich jedoch bis zu ihrem Tod die Verwaltung vor. Sie verstarb am 29. Dezember 1856. Nun waren ihr Schwiegersohn David Krenke und dessen Ehefrau Beata für den Erhalt des gesamten Grundbesitzes zuständig. David Krenke verstarb im Jahr 1864. Seine Witwe ließ 1864 mit ihrem Sohn Heinrich die von Wohltätern mitgestiftete Marienstatue aus Stein errichten. Beata Krenke verstarb am 2. April 1866. Ihr letzter Wunsch war die Errichtung der Schmerzhaften Muttergottes-kapelle.

Der Kapellenbau im Kriegsjahr
Unmittelbar nach der Übernahme des Besitzes durch den neuen Besitzer Heinrich Krenke brach der Krieg zwischen Österreich und Preußen aus. Alles stockte und das Bauen musste zunächst unterbleiben. Trotzdem machte sich Heinrich Krenke unter dem Donner der Geschütze ans Werk, und mildtätige Hände, ja selbst Soldaten, fanden sich, um die Baumaterialien für den Bau der Muttergotteskapelle kostenlos herbeizuschaffen. Maurer erhielten pro Tag 10 Grg., Tagelöhner 6 Grg. Auf diese Weise wurde der Rohbau noch im selben Jahr fertig. Das herrliche Altarbild, die schmerzhafte Muttergottes darstellend, entstammte einer Kirche aus Breslau. Im Jahre 1867 wurde durch milde Beiträge auch die innere Ausstattung der Kapelle vollendet. Am Feste Himmelfahrt des Jahres 1868 wurde die Muttergotteskapelle durch Erzpriester Hauffe aus Landeshut feierlich geweiht. Im Jahre 1878 erfolgte der Bau der Kerkerkapelle, die von Pfarrer Josef Ullrich geweiht wurde.

Die St. Anna-Kapelle war im Laufe der Jahre zu klein geworden, so dass ein Neubau erforderlich wurde. Nach dessen Vollendung erfolgte im Jahre 1880 am Feste Mariä Himmelfahrt die feierliche Einweihung durch Erzpriester Josef Ullrich.

Bereits Heinrich Krenkes Eltern hatten zu Lebzeiten den Wunsch geäußert, vor dem Ölberg eine Abendmahlskapelle zu errichten. Daher entschloss er sich, diesen Wunsch seiner verstorbenen Eltern zu erfüllen. Technische Schwierigkeiten stellten sich aber diesem vorhaben in den Weg. Da ergab sich die passende Gelegenheit, dass zum Bau des neuen Bahnhofsgebäudes in Liebau viel Steinmaterial gebraucht und zu diesem Zweck auf dem "Heiligen Berg" ein Steinbruch eröffnet wurde. Auf diese Weise entstand ein schöner Platz und der Bau der neuen Kapelle konnte in der nächsten Zeit beginnen.

Die Abendmahlkapelle
Da der "Heilige Berg" als solcher aber kein Vermögen darstellte, übernahm die Schwester des Besitzers, die verehelichte Marie Heinzel, geb. Krenke, das schwere Amt, bei Wohltätern die Baukosten zu beschaffen. Es fanden sich viele Spender, sogar Nichtkatholiken trugen ihr Scherflein dazu bei. So entstand das schöne religiöse Werk: Christus mit seinen 12 Jüngern in Lebensgröße bei einer gedeckten Tafel.

Nun sollte der Tag der Einweihung angesetzt werden. Doch der damalige Pfarrer von Liebau verlangte von Heinrich Krenke ein gerichtliches Dokument zu unterschreiben, nach welchem der "Heilige Berg", so lange er mit seinen Kapellen bestehen werde, an Sonn- und Festtagen von früh halb 9 bis mittags halb 12 niemandem zugänglich, d. h. niemandem die Kapellen geöffnet werden dürfen. Auf eine solche Verpflichtung konnte der Besitzer für sich und seine Nachkommen selbstverständlich nicht eingehen, umso mehr, als ihm von hoher Stelle mitgeteilt wurde, dass in das Recht des Besitzers niemand etwas dreinzureden habe, so lange der jeweilige Eigentümer den "Heiligen Berg" gewissenhaft verwalte. Infolgedessen verweigerte der Pfarrer die Einweihung und es konnte nur einer feierliche Eröffnung der Andachtsstätte erfolgen, die am 19. Juli 1892 durch-geführt wurde.

Auf der Höhe des "Heiligen Berges" war die von Holz erbaute Auferstehungskapelle alters-schwach und baufällig geworden. Daher entschloss sich Heinrich Krenke diese alte Kapelle abzubrechen und an ihrer Stelle eine neue zu errichten. Am 2. Pfingstfeiertag des Jahres 1901 fanden sich noch zahlreiche Besucher ein, um das letzte Mal in der alten Kapelle vor dem Muttergottesbild zu beten. Am nächsten Tag wurde mit dem Abbruch begonnen.

Die Bauarbeiten gestalteten sich jedoch schwierig. Man musste 2 Meter tief und eben so breit graben, ehe das Fundament gelegt werden konnte. Im Jahre 1902 konnte der Ziegel-Rohbau gedeckt werden. Im Frühjahr 1903 deckte ein heftiger Sturm das halbe Dach wieder ab. Trotz all dieser Schwierigkeiten konnte am Himmelfahrtstag 1903 die Kapelle feierlich eingeweiht und eröffnet werden.

Die Abendmahlkapelle

In der Abendmahlkapelle - Das Abendmahl
(Bild von Herrn Frantisek Pesek aus Trutnov

In der Auferstehungskapelle
(Bild von Herrn Frantisek Pesek aus Trutnov)

Der Ölberg

Der Ölberg

Der Aussichtsturm
(Karte von Herrn Frantisek Pesek aus Trutnov - Trautenau)

Die Stienerbaude

Der Ullrich-Platz auf dem Heiligen Berg