Jentsch, Carl, Dr. h. c.

Theologe, Schriftsteller, Publizist
* 08.02.1833 in Landeshut                                         + 28.07.1917 in Bad Ziegenhals

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Ein sehr bedeutender Sohn der Stadt Landeshut war ohne jeden Zweifel auch Dr. Carl Jentsch. Hier wurde er am 08. Februar 1833 als Sohn eines evangelischen Buchbinders und einer katholischen Mutter geboren. Gemeinsam mit seinen jüngeren Geschwistern, zwei Brüdern und einer Schwester, wuchs er in sehr bescheidenen Verhältnissen auf. Sein Bruder Robert (1845 - 1921) wurde später Karmelitermönch in Graz und war zuletzt Hospitalgeistlicher in der Neisser Gegend.

Bis zu seinem 13. Lebensjahr besuchte Carl Jentsch die höhere Bürgerschule in Landeshut. Dann äußerte der junge Carl den Wunsch, zur Konfession der Mutter überzutreten und das katholische Gymnasium in Glatz zu besuchen. In seinen Lebenserinnerungen beschreibt er diesen für ihn so entscheidenen Entschluss wie folgt: "Nicht Schwärmerei führte den Entschluss herbei, im Kopf entsprang diese katholische Über-zeugung, im Gemüte hatte sie keine Wurzeln. Fromm im Sinne der Mystiker bin ich niemals gewesen". Sein Vater fügte sich diesem Wunsch des Sohnes und fuhr im Korbwägelchen mit ihm nach Glatz. Dort wohnte Jentsch in der Pension einer "kreuzbaren Witwe", die auf strenge Ordnung achtete.

Nach Beendigung der Schulausbildung studierte Carl Jentsch Theologie und wurde 1856 in Breslau zum Priester geweiht. Seine erste Kaplanstelle trat er in Rehberg an, danach folgte Schönau. Ab 1864 wirkte er in Liegnitz. In dieser Zeit wurde über das in Vorbereitung befindliche Unfehlbarkeitsdogma heftig diskutiert, woran sich Jentsch lebhaft beteiligte. Seine Meinung legte er auch in schriftlicher Form nieder. Dies war der Beginn einer Reihe von Konflikten mit seinen Vorgesetzten, die letztendlich mit der Suspendierung endeten. Da er sich aber nicht aus der katholischen Kirche drängen lassen wollte, machte er Zugeständ-nisse und erreichte die Aufhebung der Suspendierung. Er wurde nach Grüssau und wenig später nach Harpersdorf versetzt. Fortgesetzte Glaubensskrupel und weitere heftige Auflehnung gegen Maßnahmen der kirchlichen Verwaltung führten schließlich am 26.02.1875 zu seiner Exkommunikation.

Nunmehr schloss sich Carl Jentsch den Altkatholiken an, wurde altkatholischer Pfarrer in Offenburg und später in Konstanz. Neben seiner seelsorgerischen Tätigkeit verspürte er aber auch eine Neigung zur Schriftstellerei. Er schrieb für den "Altkatholischen Boten", das "Theologische Literaturblatt" und trat in die Redaktion des "Deutschen Merkur" ein. 1879 folgte er einem Ruf der altkatholischen Gemeinde in Neisse und trat dort die vakante Stelle des Pfarrers an.

Aufgrund seiner fortschreitenden Schwerhörigkeit und der wachsenden Distanz zum Altkatholizismus bei gleichzeitiger Rückbesinnung zum römischen Katholizismus gab Jentsch 1882 den Priesterberuf auf. Um seine Existenz zu sichern, suchte er nun ein neues Betätigungsfeld und fand es in der Publizistik. Er wurde Redakteur der "Liberalen Neisser Zeitung" und veröffentlichte auch Artikel in anderen Zeitschriften, u. a. im "Leipziger Grenzboten". Damit sicherte er sich ein bescheidenes Einkommen, das es ihm ermöglichte, ab 1875 jährlich eine Reise durchzuführen. So lernte er nicht nur Deutschland kennen, sondern auch die Nachbarländer. Seine Reisen führten ihn über den St. Gotthard nach Lombardovenezien, in die Toskana, die Schweiz, nach Österreich und in die wichtigsten deutschen Städte.

In seinen späteren Lebensjahren wurden auch große Verlage und Zeitungen auf ihn aufmerksam. So lieferte er u. a. Leitartikel und Aufsätze für das "Berliner Tageblatt", das "Schlesische Tageblatt", die "Breslauer Morgenzeitung", die "Frankfurter Zeitung", die "Neue Rundschau" usw. Auch mehrere Bücher stammen aus seiner Feder. Carl Jentsch war vielseitig begabt und auf unterschiedlichen Gebieten tätig, als Kulturgeschichtsschreiber, Philosoph, Psychologe, theologischer Schriftsteller, Publizist und Journalist.

An seinem 80. Geburtstag erschien eine Abordnung von Professoren in seiner Neisser Wohnung und überbrachte ihm die Ehrendoktorwürde der philosophischen Fakultät der Universität Breslau. Er gehörte schon längst zu den deutschen Schriftstellern mit Rang und Namen.

Im Sommer 1917 suchte er Erholung in Bad Ziegenhals. Dort verstarb er am 28. Juli 1917.

Quellen:

  • Mierau, Heike: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon - Band III (1992)
  • Schlesischer Gebirgsbote
  • Schlesischer Heimatkalender
  • Seeliger, Prof. Dr. Hermann: Bedeutende Männer aus dem Landeshuter Kreise (Heimatbuch des Krs. Landeshut - 1929)
  • Wikipedia

Keil, Friedrich

Maler
* 02.07.1813 in Liebau                                                    + 17.01.1875 in Breslau

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Über ihn ist in der Literatur sehr wenig zu finden. Da er aber ein Sohn der Stadt Liebau ist, sollte auch über ihn berichtet werden. Am 02. Juli 1813 erblickte er in Liebau das Licht der Welt. Seine Eltern müssen wohl später ihren Wohnsitz nach Schweidnitz verlegt haben, denn Friedrich Keil erlernte zunächst bei seinem Vater in Schweidnitz das Goldarbeiter-handwerk.

Dieser Beruf entsprach aber nicht Friedrichs Vorstellungen, sein Talent lag auf einem anderen Gebiet, der Malerei. Er ging nach Berlin und ließ sich dort ab 1831 an der Akademie ausbilden. Nach langen Jahren in der Fremde verspürte Friedrich Keil 1865 Sehnsucht nach seiner schlesischen Heimat. Er zog nach Breslau und lebte dort bis zu seinem Tod am 17. Januar 1875.

In den Jahren 1834 - 1865 nahmen seine Bilder oft an Ausstellungen teil, die von der Berliner Akademie durchgeführt wurden, u. a. mit einem Bild des in Liegnitz geborenen Professors Dove. Später stellte Keil auch in Breslau aus. Von ihm gemalte Bilder hingen in der Berliner Galerie und auch im Dresdner Kupferstichkabinett.

Quelle:

  • Schlesischer Heimatkalender

Kleineidam, Hartmut, Prof. Dr.

Deutscher Romanist, Sprachwissenschaftler, Grammatiker
* 01.03.1939 in Landeshut                                              + 29.04.1990

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Professor Dr. Hartmut Kleineidam war einer der herausragenden Romanisten seiner Zeit und trat insbesondere als Grammatiker hervor. Nach seiner Schulausbildung studierte er ab 1957 an der Universität Münster Romanistik (Französisch und Spanisch) und Anglistik. Dieses Studium schloss er im Alter von 23 Jahren mit Auszeichnung ab und machte nach kurzer Assistententätigkeit bei seinem Lehrer Hans-Wilhelm Klein und Studienaufenthalten an der École Normale des Chartes sowie an der École des hautes études (Paris) seinen pädagogischen Ausbildungsdienst und einige Jahre praktischen Schuldienst. Im Jahre 1965 folgte er seinem Lehrer an die Universität Gießen und promovierte dort 1966 mit der Edition zweier altfranzösischer Texte. 1968 wurde er am Romanischen Seminar der Ruhr-Universität Bochum Akademischer Rat, später Oberrat.

An der Universität Dortmund und der damaligen Universität-Gesamthochschule Duisburg lehrte er von 1976 bis zu seinem Tode im Jahre 1990 als ordentlicher Professor das Fach Romanistik und hier besonders die Linguistik des Französischen und Spanischen. Seine gemeinsam mit seinem Lehrer Hans-Wilhelm Klein herausgegebene "Grammatik des heutigen Französisch" war ein herausragendes Werk der Zeit und weit darüber hinaus. Dieses Werk hielt Einzug in die deutsche Schul- und Studiengrammatik des Französischen.

Neben diesem Werk veröffentlichte Prof. Dr. Kleineidam weitere Bücher und zahlreiche Fachartikel zu unterschiedlichen Problembereichen der Linguistik und nicht zuletzt zur didaktischen Grammatik.

Quelle:

  • Wikipedia


Kleinwächter, Urban

Pfarrer in Leutmannsdorf
* 04.04.1570 in Landeshut                                           + 04.08.1619 in Leutmannsdorf

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Urban Kleinwächter stammte aus einer im Landeshuter Raum weit verbreiteten Sippe. Geboren wurde er in Landeshut am 4. April 1570. Seine Eltern waren wohlhabend und ermöglichten ihm eine sorgenfreie Kindheit und eine gute schulische Ausbildung. Von 1591 bis 1594 studierte er Theologie und Philosophie in Frankfurt/Oder und schloss das Studium am 10.10.1594 mit dem Magister-examen ab.

1602 erhielt er eine Stelle als Prediger in Schatzlar. Vermutlich vor 1607 wurde er Pastor in Leutmannsdorf bei Landeshut. Diese Stelle hatte er bis zu seinem Tode am 4. August 1619 inne. Kleinwächter war allseits beliebt gewesen und der schlesische Historiker Johann Henrich Cunrad (1612 - 1685) setzte ihm in seinem Werk "Silesia Togata" ein liebevolles Denkmal.

Urban Kleinwächter war verheiratet. Seine Witwe Anna lebte noch 1625 in Schweidnitz. Seine Tochter Maria wurde dort 1622 als Patin erwähnt. Sein Sohn Valentin (1607 - 1661) war Rektor des Gymnasiums St. Maria Magdalena in Breslau.

(Verfasser: Wolfgang Kraus)

Quellen:

  • Adami, Ernst Daniel: Das gelehrte Landeshut...., Breslau u. a. 1753, S. 148f.
  • Neß, Dietmar: Schlesisches Pfarrerbuch, 3. Bd., Leipzig 2014, S. 465

Kleinwächter, Valentin

Rektor des Gymnasims St. Maria Magdalenen in Breslau
* 21.12.1607 in Leutmannsdorf                                     + 28.01.1661 in Breslau

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Valentin Kleinwächter wurde am 21. Dezember 1607 in Leutmannsdorf geboren, wo sein Vater Urban Kleinwächter als Pastor wirkte. Hier wuchs er auf und verbrachte seine Kindheit. Über seine schulische Ausbildung ist nichts bekannt, man kann aber davon ausgehen, dass der junge Kleinwächter umfassend gebildet war, denn er studierte "diejenigen Wissenschaften ....., die ein würdiger Schulmann nöthig hat", wie Adami es in seinem Werk über das gelehrte Landeshut ausdrückte.

Kleinwächter begann als Lehrer in Schwiednitz und wurde dort 1634 Prorektor und schon 1636 Rektor in Freiburg. Aufgrund seiner besonderen pädagogischen Fähigkeiten, seines Fleißes und seiner Gelehrsamkeit wurde man auch in Breslau auf ihn aufmerksam. So wurde er bereits 1637 an das St. Maria Magdalenen-Gymnasium zunächst als Lehrer und kurz darauf zum Prorektor berufen. Schließlich wurde er 1651 zum Rektor des Gymnasiums ernannt und übte das Amt bis zu seinem Tode am 28. Januar 1661 aus.

Eine Kuriosität aus Breslau ist u. a. durch Valentin Kleinwächter überliefert. Am 29. Juni 1650 fand in der Stadt ein Jahrmarkt statt, bei dem gegen ein Eintrittsgeld von zwei Silbergroschen ein Fabeltier besichtigt werden konnte. Dabei handelte es sich um eine Elefantenkuh namens Hansken, mit der ein Zirkus von 1634 bis zu ihrem Tod 1655 durch Europa zog. Kleinwächter nun war von dem Besuch der Elefantendame so beeindruckt, dass er darüber im Jahre 1650 zwei Schriften veröffentlichte.

Valentin Kleinwächter heiratete am 8. Oktober 1647 in Breslau die Bürgertochter Margarethe Mühlpfort (* 1622). Sie stammte aus einer Patrizierfamilie, die ursprünglich in Zwickau ansässig gewesen war. Über Kinder des Ehepaares ist bislang nichts bekannt. Aber im Jahresbericht der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur von 1897 wird in einem Nachruf ein Dr. med. Wilhelm Kleinwächter (1860 - 1897) gewürdigt und ausdrücklich darauf verwiesen, dass er der Familie des aus Leutmannsdorf stammenden und nach Breslau übergesiedelten Professors Valentin Kleinwächter entstammte.

(Verfasser: Wolfgang Kraus)

Quellen:

  • Adami, Ernst Daniel: Das gelehrte Landeshut...., Breslau u. a. 1753, S. 146f.
  • data.cerl.org/thesaurus/cnp01878030
  • Feger, Hans (Hrsg.): Gedenkschrift für Gerhard Spellerberg (1937 - 1996), Amsterdam - Atlanta, GA 1997, S. 424
  • Jahres-Bericht der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur, 75. Jahresbericht von 1897, Nekrologe, S. 22f., Breslau 1898
  • Neß, Dietmar: Schlesisches Pfarrerbuch, 3. Bd., Leipzig 2014, S. 465
  • Pusch, Oskar: Die Breslauer Ratsgeschlechter in der Zeit von 1241 bis 1741, Bd. 3, Dortmund 1988, S. 130
  • Wikipedia
  • www-elephanthansken-com.translate.goog/biografie-en-route/1650-29-juni-wroclaw breslau/
  • www.polen.travel/de-at/sehenswürdigkeiten/themenrouten/auf-elefantenspuren-an-der-ostsee-2

Koenig, Hermann

Landschaftsarchitekt
* 27.05.1883 in Landeshut                                              + 05.1961 in Hamburg

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Hermann Koenig stammte aus Landeshut und wurde am 27. Mai 1883 geboren. Er lebte mit seinen Eltern in der Leppersdorfer Str. 1. Sein Vater Hermann war Kaufmann. Über seine Jugend in seiner Heimatstadt ist nichts weiter bekannt. Er absolvierte eine Gärtnerausbildung an der Königlich-prinzlichen Hofgärtnerei in Kamenz, ging danach für zwei Semester an die Höhere Garten-bauschule in Köstritz und schließlich besuchte er noch die Kunstgewerbe- und Handwerkerschule in Magdeburg.

Danach arbeitete er als Gartentechniker in verschiedenen Architekturbüros in Hessen, im Rheinland und in Mannheim. Auf Veranlassung von Alfred Lichtwark (1852 - 1914), dem Direktor der Hamburger Kunsthalle, kam er nach Hamburg, wo er ab 1909 im Gartenbaubetrieb von Jakob Ochs (1871 - 1927) arbeitete. Ochs stand in enger Verbindung zu Lichtwark und dessen "Lebensreform-bewegung", einer Reform deren Streben es war, möglichst den Naturzustand herzustellen.

Von 1910 bis 1919 führte Koenig gemeinsam mit Jonathan Roggenbrod als Teilhaber und künstlerischer Leiter die Landschaftsgärtnerei Koenig & Roggenbrod. Nach dem Kriegsdienst im Ersten Weltkrieg kehrte Koenig nach Hamburg zurück. Hier gründete er als alleiniger Inhaber die "Geschäftsstelle für Gartenbau, Kulturtechnik und Siedlungswesen". Sein Büro lag zunächst am Jacobi-Kirchhof 24, später in der Ferdinandstr. 14 und schließlich in den 1950er Jahren am Jungfernstieg.

Koenig war Mitglied der Gruppe Hamburg/Schleswig-Holstein der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und zusammen mit seinem Partner Jonathan Roggenbrod trat er 1911 mit einer Planausstellung in Erscheinung und 1919 mit einem Vortrag über die Hamburger Baumesse und den Gartenbau. 1914 stellte Koenig beim Vorstand der DGfG den Antrag, sich beim Wiederaufbau zerstörter Ortschaften in Ostpreußen, Elsass-Lothringen und eroberten Landesteilen für die besondere Berücksichtigung von Gartenarchitekten einzusetzen.

1926 trat er vermutlich wegen persönlicher Differenzen aus dem DGfG wieder aus und wurde zu einem heftigen Kritiker der DGfG und ihrem Selbstverständnis, da seiner Meinung nach, die DGfG versuchte, sich als Standesvertretung aufzuspielen und Kontrolle auszuüben.

Von 1921 bis 1934 war Koenig Vorsitzender des "Bundes Deutscher Gartenarchitekten" (BDGA) und ab 1933 2. Vorsitzender der "Hamburgischen Künstlerschaft". Außerdem gehörte er der Hamburger Ortsgruppe des "Deutschen "Werkbunds" und der "Reichskammer der bildenden Künste" an. Schon vor 1933 schloss sich Koenig der NSDAP an und als Vorsitzender des BDGA trat er gewissermaßen die Flucht nach vorn an und erklärte bereits 1932, "rückhaltlos hinter der Bewegung Adolf Hitlers" zu stehen und bereit zu sein "auf Anforderung seinen gesamten Apparat sofort in den Dienst der NSDAP zu stellen."

Seine Strategie, sich dem "Reichsbund Deutscher Technik e. V." anzuschließen und seine Mitglieder anzuweisen, einzeln dem "Kampfbund Deutscher Architekten und Ingenieure" beizutreten, erwies sich jedoch als Fehler, denn beide Organisationen konnten sich in den internen nationalsozialistischen Machtkämpfen nicht behaupten und verschwanden bereits 1934 wieder von der Bildfläche. Damit verlor auch Koenig seinen Einfluss in den Berufsorganisationen.

Neben der Gartengestaltung und den verschiedenen Verbandstätigkeiten schrieb Hermann Koenig Beiträge für einschlägige Fachzeitschriften. 1925 gründete er die Zeitschrift "Der deutsche Gartenarchitekt", dessen Redaktion er übernahm.  Auch veröffentlichte er mehrere Fachbücher. Außerdem hielt er in den 1920er Jahren mehrfach Gastvorlesungen an der Universität in Hamburg zum Thema "Deutsche Gartenkunst".

Zu den von Koenig gestalteten Parks gehörten u. a. der Stadtpark von Elmshorn (1935) und die Roseninsel des Schlossparks in Emkendorf, Kr. Rendsburg-Eckernförde (1939). Erhalten geblieben sind bis heute der Eichtalpark in Wandsbek (1925/26) und das Strandbad des Bredenbeker Teichs in Hoisbüttel, Kreis Stormmarn, entstanden etwa 1924/25.

Koenig erhielt wegen seiner Verdienste 1913 die Preußische Silberne Staatsmedaille und 1914 die Goldene Porträtmedaille der Kaiserin. Dabei handelte es sich um die damals höchste Auszeichnung für Gartenkunst. Es ist wohl Hermann Koenig zu verdanken, dass sich das eigenständige Berufsbild des Gartenarchitekten durchgesetzt und im öffentlichen Leben Anerkennung gefunden hat.

(Verfasser: Wolfgang Kraus)

Quellen:

  • Adreßbuch der Stadt und des Kreises Landeshut 1911
  • Der deutsche Gartenarchitekt: Zeitschrift des Bundes deutscher Gartenarchitekten (BDGA), Jg. 1924 - 1935
  • Halbmonatszeitschrift für Gartenkunst und verwandte Gebiete, Frankfurt am Main, Heft 3, Jahrgang 1919, S. 3
  • Jahresheft 2011/2012 der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur (DGGL), Landesverband Hamburg/Schleswig-Holstein e. V., Einblicke und Ausblicke, 110 Jahre DGGL, Hamburg/Schleswig-Holstein, S. 33
  • Wikipedia

Anzeige aus der Zeitschrift für Gartenkunst 1919

Anzeige aus der Zeitschrift "Der Deutsche Gartenarchitekt",

Heft 3(1924)

Krause, Johann Heinrich

Theologe
* 14.02.1635 in Landeshut                                               + 12.01.1684 in Schweidnitz

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Johann Heinrich Krause wurde mitten in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges am 14. Februar 1635 in Landeshut geboren. Sein Vater war der bekannte Apotheker Jacob Krause, seine Mutter Catharina die Tochter des Stellmachers und früheren Ratsherrn Johann Sommer. Jacob Krauses Apotheke befand sich im Gebäude des ersten Rathauses direkt auf dem Markt. Der Landeshuter Magistrat hatte mit ihm einen Vertrag zur Führung einer Apotheke abgeschlossen. Wegen mehrfacher Plünderungen während des Krieges gab Krause aber die Apotheke auf (s. Geschichte der Stadtapotheke unter Landeshut - Medizinische Einrichtungen). Mit dem Sohn Johann Heinrich verließ das Ehepaar Krause Landeshut und zog nach Breslau.

Aufgrund seiner Begabung besuchte Johann Heinrich das Breslauer Gymnasium Elisabethanum, wo er schnell und zielstrebig lernte. Zusätzlich genoss er noch Privatunterricht bei einigen seiner Lehrer. Auf Anraten seiner Lehrer ging er nach dem Abitur 1653 an die Universität Leipzig und studierte Philosophie. Zwischenzeitlich promovierte er 1656 in Jena und kehrte nach Leipzig zurück, um Theologie zu studieren. Nach dem Willen seiner Eltern kehrte er schließlich zurück nach Breslau. Doch Johann Heinrich Krause wollte gern weitere Wissenschaften studieren. So willigten seine Eltern ein und finanzierten ihm einen Studienaufenthalt in Altdorf bei Nürnberg (1658) und Straßburg (1659), wo er Philologie und Theologie studierte.

Kurzfristig musste er dann Straßburg verlassen und nach Breslau zurückkehren. Im Jahre 1661 hatten nämlich zwei später in Wohlau hingerichtete Mordbrenner Teile der Altstadt Breslaus in Brand gesetzt, wobei auch der Besitz der Eltern von Krause in Flammen aufging. In Breslau nun bekam er durch Vermittlung eine Anstellung als Mittagsprediger an der Breslauer Elftausend-Jungfrauen-Kirche, die er zwei Jahre lang zur Zufriedenheit der Gemeinde ausübte.

Danach folgte er einem Ruf des Herzogs Ludwig IV. zu Liegnitz und Brieg als Pfarrer nach Groß Wandritz, wo er sechs Jahre blieb. 1670 erhielt er einen Ruf nach Schweidnitz und versah sein schwieriges Amt dort als Prediger mit großer Hingabe. Er pflegte mit seinen Kollegen einen brüderlichen Umgang. 1683 wurde ihm dann vom Kirchenkollegium das Amt des Archidiakons aufgetragen.

Johann Heinrich Krause heiratete am 9. September 1664 Anna Catharina Kretschmar, die älteste Tochter des Barbiers und Wundarztes Bartholomäus Kretschmar zu Breslau. Das Ehepaar hatte zwei Söhne.

Im Herbst erkrankte Krause schwer, doch trotz aller Bemühungen seiner Ärzte starb er im Dezember 1684 im Alter von 49 Jahren im Kreise seiner Familie und mit dem Beistand seiner Kollegen. Die Leichenpredigt hielt am 11. Dezember 1684 Pfarrer Gottfried Hahn.

(Verfasser: Wolfgang Kraus)

Quellen:

  • Adami, Ernst Daniel: Das gelehrte Landeshut....., Breslau u. a. 1753, s. 1ff.
  • Wikipedia


Kretschmar, Georg, Prof. Dr.

Erzbischof
* 31.08.1925 in Landeshut                                  + 19.11.2009 in München

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Der prominenteste evangelische Landeshuter Theologe des 20./21. Jahrhundert ist Erzbischof Professor Dr. Georg Kretschmar. Er stammte aus einer schlesischen Pastorenfamilie. Geboren wurde er am 31.08.1925 in Landeshut als Sohn des dortigen Pastors Friedrich Kretschmar und dessen Ehefrau Berta, geb. Wildbrett. Sein Großvater war der Superintendent Georg Kretschmar. Neben Vater, Großvater und Urgroßvater gab es noch einen weiteren Pastor in der Familie. Pastor Arthur Krebs, ebenfalls Seelsorger der Landeshuter Gnadenkirchengemeinde, war mit einer Schwester seines Vaters verheiratet.

In der Zeit von 1934 - 1939 lebte die große Familie Friedrich Kretschmar, zwischenzeitlich waren sieben Kinder geboren worden, in Braunau im Kreis Lüben. Hier war Friedrich Kretschmar als Seelsorger tätig. 1939 übernahm er die Gemeinde Boberröhrsdorf, Kreis Hirschberg. Sohn Georg besuchte das Hirschberger Gymnasium und schloss seine Schulausbildung 1943 mit dem Abitur erfolgreich ab.

Nach dem Krieg, in dem er schwer verwundet wurde, studierte er in Tübingen, Bonn und Heidelberg Theologie. Ein Semester verbrachte er in Oxford und gewann tiefe Einblicke in das Leben der anglikanischen Kirche. Er promovierte 1950 in Heidelberg und habilitierte sich 1953 in Tübingen. Am 03.01.1953 wurde er in Tübingen ordiniert und war zuerst als Privatdozent für Kirchengeschichte in Tübingen tätig. Im Jahr 1955 kam er zunächst als Lehrstuhlvertreter an die neu gegründete Evangelisch-Theologische Fakultät nach Hamburg. 1956 wurde er der jüngste Ordinarius in Deutschland. Seine Fächer waren Neues Testament und Kirchengeschichte.

Zwischenzeitlich hatte Professor Dr. Kretschmar geheiratet. Aus dieser Ehe gingen vier Kinder hervor. nach dem frühen Tod seiner Ehefrau ging er eine zweite Ehe ein. Während dieser Ehe wurden drei Töchter geboren.

1967 folgte er einem Ruf der Universität München. Er wurde Professor für Kirchengeschichte und Neues Testament und gehörte zu den Mitbegründern der neu errichteten Münchener Evangelisch-Theologischen Fakultät. Hier lehrte er bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1990.

 Professor Dr. Kretschmar hatte sich von Anfang an für einen Dialog der EKD mit der Russischen Orthodoxen Kirche eingesetzt. Nach seiner Emeritierung verstärkte er nun diese Bemühungen. Bereits von München aus hatte er einen kirchlichen Fernunterricht zur Ausbildung von Pastoren in Riga aufgebaut. Er unterstützte Harald Kalnins, Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Russland, der Ukraine, Kasachstan und Mittelasien (ELKRAS). 1992 wurde er zu dessen Stellvertreter gewählt und 1994 wurde ihm das Amt des Bischofs übertragen, ab 1999 mit der Bezeichnung "Erzbischof". Aus Altersgründen legte er dieses Amt im Jahr 2005 nieder.

Für seine Verdienste wurde er mehrfach ausgezeichnet. Er erhielt das Bundesverdienstkreuz in mehreren Klassen, 2003 das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Der Friedrich-Joseph-Haas-Preis des Deutsch-Russischen Forums wurde ihm 2004 verliehen und 2005 der Fürst-Daniel-Orden 2. Klasse der Russisch Orthodoxen Kirche. Mehrere Universitäten zeichneten ihn mit der Ehrendoktorwürde aus (Tübingen, Klausenburg, Katholisches Institut Paris, Trinity Seminary Clumbus/Ohio).

Professor Dr. Georg Kretschmar verstarb am 19.November 2009 in München. Am 26. November 2009 wurde er auf dem Ostfriedhof in München beigesetzt.

Quellen:

  • Knechten, Heinrich Michael: Erzbischof Prof. Dr. Georg Kretschmar
  • Martin-Luther-Bund: Artikel vom 20.11.2009
  • Schlesischer Gebirgsbote
  • Wikipedia

Kuchinke, Norbert Georg

Journalist und Schauspieler
* 05.05.1940 in Schwarzwaldau                          + 03.12.2013 in Berlin

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Der aus Schwarzwaldau stammende Norbert Georg Kuchinke war seit 1973 der erste Korrespondent von "Der Spiegel" und "Stern" in Moskau. In der Sowjetunion wurde Kuchinke als Darsteller eines dänischen Slawistikprofessors in dem Film "Marathon im Herbst" von Giorgi Danelia bekannt. Später spielte er in dem Film "Nastja" desselben Regisseurs mit.

Noch während seiner Zeit in Moskau fing Kuchinke an, sich für die Orthodoxe Lehre und Kultur zu interessieren. So schrieb er Reportagen für den spiegel über die Situation von Klöstern in der Sowjetunion. Mehrere Bücher folgten und auch CD`s mit orthodoxen Kirchengesängen.

Nach seiner Rückkehr nach Deutschland setzte er sich dafür ein, auch in Deutschland ein orthodoxes Kloster aufzubauen. Auf seine Initiative hin bekam er ein altes Schloss in Götschendorf in der Uckermark, dass einst Hermann Görings Gästehaus war und später der NVA als Erholungsheim diente. Kuchinke baute das Schloss in ein Männerkloster um und fand dafür die nötigen Kontakte und Sponsoren, auch in Moskau - deshalb ist es vielleicht kein Zufall, dass er das Kloster dem Heiligen Georg, der zugleich auch Schutzpatron von Moskau ist, weihte.

Der erste Gottesdienst konnte im Jahre 2011 gefeiert werden. Auch Mönche leben mittlerweile im Kloster. Kuchinke wollte das Kloster als ein Zentrum der Annäherung verschiedener Kulturen und Religionen sehen. Ein Friedhof war für die Klosteranlage auch vorgesehen. Norbert Kuchinke ist, dies meldet die Agentur ITAR TASS, der einzige Westeuropäer, der mit zwei Orden der Russisch-Orthodoxen Kirche ausgezeichnet wurde.

Nach schwerer Krankheit starb Kuchinke am 3. Dezember 2013 in Berlin und wurde unter großer Anteilnahme in Götschendorf beigesetzt. Selbst der russische Botschafter in Deutschland, Wladimir M Grinin, war ins 200-Seelendorf Götschendorf gekommen. "Wenn es die russische Seele tatsächlich gibt, dann muss Norbert ein Deutscher mit russischer Seele gewesen sein", sagte er beim Trauergottesdienst, Abschied nehmend von einem "besten Freund!"

(Verfasser: Wolfgang Kraus)

Das folgende Bild zeigt das Kloster St. Georg in Götschendorf.

Kuhn, Georg

General
* 08.12.1848 in Landeshut                                      + 1929 in Berlin-Charlottenburg

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Georg Kuhn, als Sohn des Rittergutsbesitzers Friedrich Kuhn am 08.12.1848 in Landeshut geboren, war ein preußischer General. Er besuchte zunächst die Oberrealschule seiner Heimatstadt Landeshut und anschließend das Gymnasium in Hirschberg. Im Jahre 1866 trat er in den Heeresdienst ein und nahm am 18.01.1871 als Leutnant in der 5. Artilleriebrigade an der Kaiserproklamation in Versailles teil. 1879 wurde er Adjutant der 9. Feldartilleriebrigade, 1881 Hauptmann, 1889 Adjutant im Generalkommando des 5. Armeekorps in Posen und 1897 Oberst und Kommandeur des Feldartillerie-Regiments 6. Seine militärische Karriere war aber noch nicht beendet. Im Jahr 1900 wurde Georg Kuhn Kommandeur der 7. Feldartillerie-Brigade und 1904 Generalleutnant und Inspekteur der 1. Fußartillerie-Inspektion. Während des 1. Weltkrieges war er stellvertretender Generalinspekteur der Fußartillerie.

Verheiratet war er seit dem 20. April 1876 mit Luise Johanne Auguste, geb. Scherl. Nach Beendigung seiner aktiven Dienstzeit lebte er mit seiner Familie in Berlin-Charlottenburg. Georg Kuhn starb im Jahr 1929.

Quelle:

  • Seeliger, Prof. Dr. Hermann: Bedeutende Männer aus dem Landeshuter Kreise (Heimatbuch des Krs. Landeshut - 1929)

Langhans, Carl Gotthard

Baumeister
* 15.12.1732 in Landeshut                                         + 01.10.1808 in Breslau

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Der berühmteste Sohn der Stadt Landeshut ist wohl ohne jeden Zweifel Carl Gotthard Langhans, der Erbauer des Brandenburger Tores in Berlin. Aus einer Lehrerfamilie stammend, war es ihm nicht an der Wiege gesungen worden, dass er einmal der bedeutendste schlesische Baumeister der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts werden würde.

Bereits sein Urgroßvater Caspar Langhans, geboren 1609 in Sagan, war Lehrer. Er starb als Rektor 1666 in Guben. Sein Vater Gottfried Langhans (1688 - 1763) übte in Landeshut an der Oberrealschule (später bekannt als Carl-Gotthard-Langhans-Schule) die Tätigkeit eines Konrektors aus. Er gilt als der Entdecker der Adersbacher Felsen, die jahrhundertelang in Europa und der übrigen Welt nahezu unbekannt waren. Er malte das Felsenpanorama, ließ davon einen Kupferstich herstellen und fügte ihn als Faltblatt einem Heftchen bei, welches als die erste gedruckte Beschreibung und bildhafte Darstellung der Adersbacher Felsen gilt.

Als Carl Gotthard am 17.12.1732 getauft wurde, standen dem Täufling elf Paten zur Seite, darunter einige sehr bekannte Persönlichkeiten, u. a. Freiherr Abraham von Czettritz-Neuhaus (Großvater des späteren preußischen Ministers Karl Abraham von Zedlitz, der königlich preußische Oberkonsistorialrat Melchior Gottlieb Minor usw. Im Frühjahr 1737 wurde Gottfried Langhans zum Prorektor des evangelischen Gymnasiums in Schweidnitz berufen. Mit den Eltern Gottfried und Christiana Eleonora verließen auch der vierjährige Carl Gotthard und sein zwei Jahre älterer Bruder Christoph Friedrich ihre Geburtsstadt Landeshut. Dieser Bruder starb bereits 1747 während einer Reise im Alter von siebzehn Jahren.

Ab 1741 besuchte der junge Carl Gotthard das Gymnasium seines Vaters. Als die maroden Schweidnitzer Festungsanlagen 1748 auf Veranlassung Friedrichs des Großen erneuert wurden, besichtigte Prorektor Gottfried Langhans mit seinen Schülern zweimal wöchentlich die Baustelle. Sein Sohn zeigte solches Interesse für diese Bauarbeiten, dass der leitende Offizier ihn zum Eintritt in das Ingenieur-Corps überreden wollte. Aber Carl Gotthard wollte nach erfolgreichem Gymnasialabschluss studieren.

In Halle an der Saale begann er am 14. Mai 1753 das Jurastudium und ergänzte es durch Vorlesungen in Mathematik, Geometrie und den Besuch von Zeichenkursen. In den Immatrikulationslisten wird er stets als Student aus Landeshut stammend geführt: "Carolus Gotthardus Langhans, Landeshutta, Siles". Über einen Studienabschluss ist nichts bekannt, ebenso wenig über die Gründe, warum er bereits 1757 nach Schlesien zurückkehrte. Später äußerte er selbst einmal, dass er während seiner Studienzeit fleißig Mathematik und Sprachen studiert habe, er sich aber - aus Liebhaberei - sehr viel mit dem Studium der Architektur beschäftigte und Zeichnungen anfertigte.

Nach seiner Rückkehr nahm er in Breslau eine Stelle als Privatlehrer im Hause des Grafen Matuschka an. Sein Schüler war der 15jährige Graf Franz Matuschka, mit dem er später eng befreundet war. Seine Lieblingsbeschäftigung aber galt nach wie vor der Baukunst. Auf diesem Gebiet erwarb er sich in den folgenden Jahren, die allerdings dokumen-tarisch nicht genau belegt sind, weitere Kenntnisse. im Hause Hatzfeld lernte Langhans den Fürst Franz Philipp Adrian von Hatzfeld kennen, der ihm 1763 den ersten Bauauftrag erteilte. Die Fürstenfamilie von Hatzfeld bewohnte das 50 Kilometer nördlich von Breslau liegende Schloss Trachenberg. Langhans sollte den barocken Südflügel um einen Festsaal mit Nebenräumen erweitern, zugänglich durch ein repräsentatives Hauptportal. Der Fürst muß von dem Bauplan so begeistert gewesen sein, dass er Langhans im Frühjahr 1764 zum "fürstlichen Bauinspektor" ernannte. Er beauftragte ihn auch mit dem Neubau des kriegszerstörten Hatzfeldschen Palais in der Breslauer Albrechtstraße. Dieses nach Langhans eigenen Entwürfen in den Jahren 1766 - 1774 errichtete Palais begründete seinen Ruhm. Die Tätigkeit als Berater, Planer und Organisator der fürstlichen Bauvorhaben bescherte ihm in den folgenden Jahren noch viele weitere Aufträge. In dieser für ihn so überaus erfolgreichen Lebensphase verstarb im Jahr 1763 sein Vater im Alter von 70 Jahren. Für den Sohn war der Tod des Vaters ein großer Verlust.

Mit Unterstützung des Fürsten begab sich Langhans im Jahre 1768/69 auf eine mehrmonatige Studienreise, die ihn nach Süddeutschland, Österreich und Italien führte. Durch die Vermittlung des Fürsten wurde er auch am Berliner Königshof bekannt. Als erstes Werk im Dienste der königlichen Familie entwarf er für den Prinzen Heinrich - Bruder Friedrichs des Großen - 1766 das Treppenhaus und den Muschelsaal im Schloss Rheinsberg.

Der Name Carl Gotthard Langhans war nunmehr ein Begriff geworden. Auf der Stufenleiter des Erfolges kletterte er jetzt steil nach oben. Im März 1775 wurde er mit Zustimmung Friedrichs II. zum Leiter des Oberbaudepartements berufen. Er erhielt damit die bedeutendste Position in der Bauverwaltung der Provinz Schlesiens. In seiner Verant-wortung lag nicht nur die Aufsicht über alle staatlichen Hochbauten, sondern auch über den Straßen-, Brücken- und Wasserbau. Diese Aufgabe erforderte umfangreiche Kenntnisse über den aktuellen Stand des Industriebaus. Zu diesem Zweck bereiste er im Auftrag und auf Kosten des Königs die Länder England, Holland, Belgien und Frankreich. 1788 ernannte ihn Friedrichs Neffe und Nachfolger Friedrich Wilhelm II. zum Direktor des neu gegründeten Oberhofbauamtes in Berlin.

Aber nicht nur beruflich, sondern auch privat stand Carl Gotthard Langhans nunmehr auf der Sonnenseite des Lebens. Er war bereits Mitte vierzig, als Beamter finanziell abgesichert und als Baumeister überaus erfolgreich, somit beste Voraussetzungen, um eine Familie zu gründen. Am 11.08.1777 heiratete er in der Breslauer evangelischen Stadtpfarrkirche St. Maria Magdalena seine Braut Anna Elisabeth Jaeckel. Sie stammte aus einer sehr angesehenen Breslauer Juristenfamilie. Aus dieser Ehe gingen fünf Kinder hervor, die Töchter Louise Amalie und Juliane Wilhelmine sowie der 1782 geborene Sohn Carl Friedrich, der in die Fußstapfen seines Vaters trat und als Theaterarchitekt bekannt wurde. Zwei weitere Kinder starben bereits im Kindesalter. Seit 1782 bewohnte Langhans mit seiner Familie das Haus der Schwiegereltern in der vornehmen Albrechtstraße, gegenüber dem Palais Hatzfeld. In Grüneiche, vor den Toren der Stadt Breslau, ließ er für sich und seine Familie ein Sommerhaus errichten. Mit der Übernahme des Oberhofbauamtes in Berlin war im Jahre 1788 für die Familie Langhans zwangsläufig auch ein Umzug in die deutsche Hauptstadt verbunden. Langhans erwarb ein Haus in der Charlotten-burger Straße, musste jedoch für die Finanzierung das Breslauer Haus in der Albrechtstraße verkaufen. Die Villa in Grüneiche ließ er als zweiten Wohnsitz ausbauen.

In dieser Villa verbrachte Langhans auch seine letzten Lebensjahre. Als Baumeister war er noch bei einigen Projekten beratend tätig. Kurz vor der Vollendung seines 76. Lebensjahres verstarb er am 1. Oktober 1808 in seinem Haus.

Die Werke, die dieser geniale Baumeister geschaffen hat, sind so umfangreich, dass hier nur einige genannt werden sollen, u. a. natürlich an erster Stelle das Brandenburger Tor in Berlin, das Theater für das Schloss Charlottenburg, Belvedere im Schlosspark Charlottenburg, Anatomisches Theater der Tierarzneischule in Berlin, Pfeilersaal im Berliner Schloss, Tanzsaal im Schloss Bellevue, Inneneinrichtung des Marmorpalais im Neuen Garten von Potsdam, Theater in Breslau, Speisesaal im Palais des Ministers von Zedlitz in Breslau, evangelische Kirche in Waldenburg, evangelische Kirche in Groß Wartenberg usw.

Das Tieranatomische Theater
Das Anatomische Theater ist das erste Gebäude der 1787 gegründeten Königlichen Tierarzneischule zu Berlin und heute das älteste erhaltene akademische Lehrgebäude der Hauptstadt. Für die Tierarzneischule kaufte König Friedrich Wilhelm II. eigens ein weitläufiges Grundstück, um Wissenschaftlern und Studenten eine würdige Arbeitsstätte zu schaffen. Dabei hatte er ganz praktische Zwecke für seine neue Hochschule im Sinn: Die Armee benötigte dringend gesunde Pferde. Deshalb sollten des Königs Militäreleven als "Curschmiede" und "Thierärzte" ausgebildet werden. Es war vorgesehen, Tierseuchen zu erforschen und in Zukunft zu verhüten. Der Anspruch an Ort und Architektur war hoch: Der Gräflich Reußsche Garten im Nordwesten Berlins, damals einer der schönsten der Stadt, war ausgewählt worden und als Baumeister Carl Gotthard Langhans, der zur gleichen Zeit das Brandenburger Tor errichtete.
Gebaut wurde das Gebäude in den Jahren 1789/1790. Langhans orientierte sich bei der Gestaltung des Hörsaals an den antiken Vorbildern von Rundtempeln und Amphitheatern. Das Gebäude verbindet Nutzen mit Ästhetik: Obduktionssaal, Sammlungen und Anatomietheater gehen architektonisch ineinander über.
Heute betreibt das Hermann von Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnig in dem architektonischen Baudenkmal wechselnde Sonderausstellungen.
(Quelle: Sezieren als Schauspiel in: Monumente, Magazin für Denkmal-
kultur in Deutschland, Heft Nr. 1/2 - 2004)

Die Pyramide im Neuen Garten von Potsdam ist ein weiteres außergewöhnliches Werk von Carl Gotthard Langhans. Sie wurde in den Jahren 1791/1792 errichtet und diente ursprünglich als Eiskeller zum Frischhalten von Lebensmitteln. Im Winter wurde dem Heiligen See Eis entnommen und in der untersten Etage des Kellers der Pyramide gelagert, welcher etwa 5 Meter in den Boden geht.
(Quelle: Ewiges Eis - Techniken des Kühlens in: Monumente, Magazin für Denkmalkultur in Deutschland, Heft Nr. 5/2014)

Anlässlich der 200. Wiederkehr seines Geburtstages ehrte die Stadt Landeshut ihren berühmten Sohn 1933 mit der Umbenennung der Böhmischen Straße in Langhansstraße. Auch die Oberrealschule erhielt den Namen Carl-Gotthard-Langhansschule.

Die Bundesrepublik Deutschland würdigte Langhans zu seinem 275. Geburtstag durch die Herausgabe einer Sonderbriefmarke. Auch in Polen wurde des großen Baumeisters gedacht. Auf Veranlassung des polnischen Magistrats der Stadt Kamienna Góra/Landeshut wurde im Rahmen der Feierlichkeiten zum 750jährigen Stadtjubiläum ein zentraler Platz mit Grünanlage - nahe der früheren Volksschule - zu Ehren Langhans in Carl-Gotthard-Langhans-Platz umbenannt. Die Enthüllung des Namensschildes fand am 05.06.1999 statt. Darüber hinaus fand am Freitag, dem 24. Oktober 2014, eine weitere Ehrung in Kamienna Góra statt. An diesem Tag enthüllte der Bürgermeister der Stadt Krzyszof Swiatek feierlich eine Gedenktafel am Geburtshaus von Carl Gotthard Langhans, dem bedeutendsten Sohn der Stadt, in Anwesenheit von Rainer Sachs, Kulturattaché des deutschen Generalkonsulats in Breslau und dem Initiator dieser Veranstaltung, dem Regionalhistoriker Jósef Chéc.

In Berlin wurde auf Initiative der Carl-Gotthard-Langhans-Gesellschaft Berlin e. V. am 1. Oktober 2018 eine Gedenktafel für Carl Gotthard Langhans eingeweiht und an der Fassade des Hotels Regent Berlin angebracht. Dieses Hotel befindet sich auf zwei historisch bedeutsamen Grundstücken. Auf dem südlichen Grundstück stand einst das von Carl von Gontard 1780 für die französische Gemeinde errichtete Gebäude Charlottenstraße 49 (Ecke Französische Straße, ab 1811 auch Sitz der berühmten Weinhandlung Lutter & Wegner). Auf dem nördlichen Grundstück Ecke Behrenstraße stand das von Carl Gotthard Langhans 1787/88 für seine Familie erbaute Wohnhaus Charlottenstraße 48. Im heutigen Stadtplan ist die Nr. 48 untergegangen, da das Hotel ausschließlich die Nr. 49 verwendet.

Darüber hinaus gibt es eine weitere Stätte der Erinnerung in Berlin. Bis zum Jahr 2017 gab es für Carl Gotthard Langhans in dieser Stadt keinen Erinnerungsort. Sein Grab in Breslau ist lange verloren. Doch die Grabstätte seines Sohnes, Carl Ferdinand Langhans, hat sich in Berlin auf dem Jerusalems- und Neue Kirche III der Friedhöfe vor dem Halleschen Tor in Berlin-Kreuzberg erhalten. Auf diesem Friedhof hat die Carl-Gotthard-Langhans-Gesellschaft Berlin im September 2017 die Gedenkstätte Langhans im Mausoleum Massute eröffnet, in der sie mit einer Ausstellung, Führungen, Vorträgen und Lesungen an Vater und Sohn Langhans erinnert.

Quellen:

  • Carl-Gotthard-Langhans-Gesellschaft Berlin e. v.

       https://www.langhans-gesellschaft.org

  • Grundmann, Friedhelm: Carl Gotthard Langhans - Lebensbild und Architekturführer
  • Grundmann Dr., Günther: Landeshut und Carl Gotthard Langhans (Heimatbuch des Krs. Landeshut - 1929)
  • Hayduk, Alfons: Große Schlesier     
  • Reuther, Hans: Neue Deutsche Biographie 13 (1982)
  • Schlesischer Gebirgsbote
  • Schlesischer Heimatkalender
  • Schulz, Wolfgang: Ostdeutsche Biographie - Persönlichkeiten des historischen Ostens
  • Schwanitz, Jürgen: Rohnau am Scharlachberg - 2. Auflage
  • Seeliger, Prof. Dr. Hermann: Bedeutende Männer aus dem Landeshuter Kreise (Heimatbuch des Krs. Landeshut - 1929)
  • Wikipedia
  • Zimmermann, Carola Aglaia u. Museum für schlesische Landeskunde: "Meister des Klassizismus in Deutschland"


Nachfolgend der Auszug aus dem Kirchenbuch der Gnadenkirche mit dem Taufeintrag des Carl Gotthard Langhans:

                                         
   17. (Dezember 1732)
Ist dem H.(errn) Gottfried Langhanß Conrector bey der Luthrischen Schulen von seiner Ehefraue Christina Eleonora ein Söhnl.
gebohren, und vor Landeshuth von H. (errn) Johann Jacob Lieberwald
mit nahmen Carl Gotthard getaufet worden (.) Pathen, der 
Gnädige Freyh.(err) Abraham von Zettritz auf Schwartzwaldau
Titl. H(err) Daniel Gotlib von Riemburg, H(err) Johann Jacob
Liebenwaldt, H(err) Melchior Minor, H(err) Johann Gottlib Kalinsky, 
H(err) Gottfried Raßper Handelsmann, Tit. Frau Cunigunda 
von Schweinitzin auf Rudelsdorf, Tit. Frau Anna Rosina 
von Klugin, Frau Anna Elisabeth Sommerin, Frau Johanna
Charlotta Crantzin, Jungfer Christiana Beata Ullberin

Am 25. September 1789 fand in der Königlichen Akademie der bildenden Künste eine Ausstellung statt, bei der u. a. auch ein Modell des Brandenburges Tores gezeigt wurde.
In den "Schlesischen Provinzblättern", Bd. 10, 10. Stück, Oktober 1789, S. 366 u. 367, wurde darüber ausführlich berichtet.


Das Brandenburger Tor, entworfen von Carl Gotthard Langhans

Gedenktafel am Geburtshaus von Carl Gotthard Langhans 

in Kamienna Góra/Landeshut

Gedenkstätte Langhans im Mausoleum Massute
(Bildrechte: Carl-Gotthard-Langhans-Gesellschaft Berlin 2020)

Eingang zur Gedenkstätte Langhans im Mausoleum Massute
(Bildrechte: Carl-Gotthard-Langhans-Gesellschaft Berlin 2020)

Innenansicht der Gedenkstätte Langhans im Mausoleum Massute
(Bildrechte: Carl-Gotthard-Langhans-Gesellschaft Berlin 2020)

Innenansicht der Gedenkstätte Langhans im Mausoleum Massute
(Bildrechte: Carl-Gotthard-Langhans-Gesellschaft Berlin 2020)

Tieranatomisches Theater in Berlin

Tieranatomisches Theater - Hörsaal

(Quelle: Zeitschrift Monumente - Heft Nr. 1/2 - 2004)

Tieranatomisches Theater - Bibliothek

(Quelle: Zeitschrift Monumente - Heft Nr. 1/2 - 2004)

Tieranatomisches Theater - Präparate in Glas

(Quelle: Zeitschrift Monumente - Heft Nr. 1/2 - 2004)

Die Pyramide in Potsdam - sie diente als Eiskeller.

(Quelle: Zeitschrift Monumente - Heft Nr. 5/2014)

Liebeneiner, Wolfgang, Prof.

Schauspieler, Regisseur
* 06.10.1905 in Liebau                                               + 28.11.1987 in Wien

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Einer der bedeutendsten deutschen Filmregisseure des 20. Jahrhunderts stammte aus Liebau. Hier wurde Prof. Wolfgang Liebeneiner am 06.10.1905 als Sohn eines Offiziers und Leinenfabrikanten geboren. Gemeinsam mit seiner Schwester Ilse verbrachte er seine Kindheit in der Wihardschen Villa, dem Wohnsitz seiner Großmutter Wihard mütter-licherseits. Dem Wunsch seines Vaters folgend, sollte er auch Offizier werden. Nach dem Besuch der Liebauer Volksschule kam er bereits im Alter von 10 Jahren auf die Kadettenanstalt in Wahlstatt bei Liegnitz und später auf die Hauptkadettenanstalt Berlin-Lichterfelde. Seine Eltern waren im Jahre 1920 nach Berlin gezogen. 1923 beendete er seine Schulausbildung mit dem Abitur am Realgymnasium in Berlin-Zehlendorf.

Die Neigung zum Schauspielberuf hatte Liebeneiner bereits während der Kadettenausbildung in Wahlstatt verspürt. Dort erfolgten auch seine ersten öffentlichen Auftritte. Zunächst begann er aber an den Universi-täten Berlin, Innsbruck und München Germanistik und Theaterwissen-schaft zu studieren. In München wurde er Mitglied und später Leiter der "Akademischen Spielschar", einer Gruppe von Studenten. Während einer Aufführung weckte er das Interesse von Heinrich Fischer, dem damaligen Chefdramaturg der Münchner Kammerspiele. Dieser vermittelte ihm ein Vorsprechen bei Otto Falckenberg, dem Direktor und künstlerischen Leiter der Münchner Kammerspiele. Falckenberg war von dem jungen Liebeneiner so begeistert, dass er ihn sofort für sein Ensemble enga-gierte. Vier Wochen später (1928) gab er bereits sein Debüt als Melchior Gabor in Wedekinds "Frühlings Erwachen" und hatte damit sehr großen Erfolg.

Liebeneiner brach nun sein Studium ab, um sich voll und ganz dem Schauspielberuf zu widmen. Nicht die Offizierslaufbahn, keine wissen-schaftliche Laufbahn, die Laufbahn eines erfolgreichen Schauspielers und Regisseurs sollte seine Zukunftsperspektive sein. Schöne und wichtige Schauspielrollen wurden ihm von Falckenberg übertragen, so dass auch andere namhafte Regisseure auf ihn aufmerksam wurden, so der berühmte Leiter des Deutschen Theaters in Berlin, Max Reinhardt. Im Jahr 1932 wechselte er von München nach Berlin und spielte unter Reinhardts Regie die jugendliche Hauptrolle in Edouard Bourdets Stück "Das schwache Geschlecht". Anlässlich des 70. Geburtstages Gerhart Hauptmanns stand er als "Michael Kramer" in dem gleichnamigen Drama auf der Bühne der Kammerspiele des Deutschen Theaters in Berlin.

Leibeneiner interessierte sich aber nicht nur für die Schauspieltätigkeit, sondern ebenso für die Regiearbeit. Darüber hinaus weckte sein schauspielerisches Können auch das Interesse der Filmregisseure an seiner Person. In dem 1933 gedrehten Film "Liebelei" war kein Geringerer als Gustaf Gründgens sein Rollenpartner. Dieser holte ihn 1936 an das Staatstheater in Berlin, dessen Intendant Gründgens damals war. Bis zum Jahre 1944 war Liebeneiner als Schauspieler und Regisseur an diesem Theater tätig. Daneben war er auch als Filmregisseur beschäftigt. Seinen ersten Film als Regisseur drehte er 1937, viele weitere Filme folgten, darunter "Der Mustergatte" mit Heinz Rühmann in der Hauptrolle.

Im Jahr 1942 wurde Liebeneiner zum Staatsschauspieler ernannt und erhielt 1943 den Professorentitel. Nach dem Kriegsende erteilten ihm die Alliierten kurzzeitig ein Arbeitsverbot, aber bereits 1947 konnte er seine erfolgreiche Karriere fortsetzen. Unter seiner Regie wurde an den Ham-burger Kammerspielen Wolfgang Borcherts Stück "Draußen vor der Tür" erfolgreich inszeniert. Unzählige Filme folgten, in denen viele bekannte Filmschauspieler mitwirkten, u. a. Ruth Leuwerik, Hilde Krahl usw. Auch bei Fernsehproduktionen führte er später Regie.

Mitte der fünfziger Jahre ging er nach Wien und war dort am Theater an der Josefstadt und ab 1965 am weltbekannten Burgtheater beschäftigt.

Verheiratet war Wolfgang Liebeneiner in erster Ehe mit der Schau-spielerin Ruth Hellberg und in zweiter Ehe seit 1944 mit der Film- und Theaterschauspielerin Hilde Krahl. Aus dieser Ehe stammt seine Tochter Johanna Liebeneiner, die ebenfalls eine berühmte Schauspielerin wurde.

Professor Wolfgang Liebeneiner verstarb am 28. November 1987 in Wien und wurde auf dem Sieveringer Friedhof beigesetzt.

Quellen:

  • Film-Zeit: Biografie - www.film-zeit.de
  • Otten, Matthias: Ostdeutsche Biographie - Persönlichkeiten des historischen Ostens
  • Richter, Gustav: Berühmte Zeitgenossen aus Landeshut (Heimatbuch des Krs. Landeshut - 1954)
  • Schlesischer Gebirgsbote
  • Schlesischer Heimatkalender
  • Wikipedia

Wolfgang Liebeneiners Elternhaus im Park der Wihard`schen Fabrik

Wolfgang Liebeneiners Elternhaus im Park der Wihard`schen Fabrik - heute
(Bild von Herrn Krzysztof Jawor)

Wolfgang Liebeneiner als 8jähriger Junge mit seiner Mutter
 und seiner Schwester Ilse.

Liebau, Sommer 1919, Wolfgang Liebeneiner als Kadett 
im Hause Websky, Liebau.

Wolfgang Liebeneiner als Chopin in dem Film

"Abschiedswalzer" im Jahre 1934.

Ludovici, Christian, Prof. Dr.

Philologe, Theologe
* 06.01.1663 in Landeshut                                     + 15.01.1732 in Leipzig

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Als Sohn des Landeshuter Oberbäckermeisters Georg Ludovici und dessen Ehefrau Rosina, geb. Pohl aus Schmiedeberg (verst. 1693) wurde der große deutsche Philologe, Theologe, Orientalist und Universitätsrektor Christian Ludovici am 6. Januar 1663 in Landeshut geboren. Nachdem er zunächst von Hauslehrern unterrichtet wurde. erfolgte die weitere Ausbildung an der römisch-katholischen Schule seiner Heimatstadt. Da die Eltern über die nötigen finanziellen Mittel verfügten, schickten sie ihren Sohn im Alter von 16 Jahren nach Breslau, wo er am Elisabeth-Gymnasium seine Schulausbildung beendete.

Das Studium an der Universität Leipzig begann Ludovici nach dem Tod des Vaters im Jahre 1682. Für den erforderlichen Unterhalt sorgten sowohl seine Mutter als auch sein ältester Bruder, der Kassenhalter in Landeshut war. Er belegte Vorlesungen in Astrologie, Naturlehre, Geschichte und Geographie. Mit besonderem Eifer widmete er sich aber der Philosophie, der Theologie und dem Studium der orientalischen Sprachen. 1687 erwarb er die Magisterwürde und nahm die Stelle eines Erziehers und Hauslehrers einer sehr angesehenen Leipziger Familie an. Aber auch während dieser Zeit widmete er sich dem Studium der orientalischen Sprachen.

Nachdem Ludovici selbst bereits mehrere Vorlesungen gehalten hatte, begann nun sein beruf-licher Aufstieg. 1693 wurde er Assessor der philosophischen Fakultät der Universität Leipzig, 1697 Konrektor der Thomasschule in Leipzig, eine der ältesteten und traditionsreichsten Schulen Deutschlands. 1699 erhielt er die außerordentliche Professur der orientalischen Sprachen und des Talmuds und ein Jahr später wurde er ordentlicher Professor des sogenannten Organum Aristotelicum (Logik nach Aristotelis). Neben diesen Ämtern vergaß er aber auch nicht die theolo-gischen Studien. 1701 wurde er Lizentiat der Theologie und 1724 promovierte er zum Doktor der Theologie, nachdem er kurz zuvor aus gesundheitlichen Gründen das Amt des Konrektors der Thomasschule in Leipzig niedergelegt hatte.

Dass er an der Universität Leipzig sehr geschätzt wurde, beweist allein schon die Tatsache, dass er insgesamt siebenmal das Amt des Dekans bekleidete und in den Jahren 1724 und 1730 Rektor dieser Hochschule war.

Seit dem 16.08.1700 war Ludovici mit Christiane Sophie, geb. Ittig verheiratet, der Tochter des Professors Gottfried Nikolaus Ittig. Sie war die Erbin mehrerer Rittergüter. Aus dieser Ehe gingen 10 Kinder hervor, davon erreichten allerdings nur vier Kinder das Erwachsenenalter:

  1. Gottfried Thomas, Dr. der Rechte und Dr. der Philosophie;
  2. Carl Günther, Prof., er war ein sehr bekannter Philosoph, Lexikograf und Wirtschaftswissenschaftler;
  3. Gertraude Sophie, verh. Reichel (verst. 1726 bei der Geburt ihres Kindes);
  4. Johanna Rosina, verh. Adolph.


Christian Ludovici verstarb am 15.01.1732 in Leipzig an den Folgen eines Schlaganfalles. Ein Jahr zuvor, am 10.01.1731, hatte er seine Ehefrau zu Grabe tragen müssen.

Auch Prof. Dr. Ludovici wird von Adami in dessen Aufstellung der Gelehrten aus dem Kreis Landeshut erwähnt.

Quellen:

  • Adami, Ernst Daniel: Das gelehrte Landeshut in Schlesien, Umständliche Lebensbeschreibungen gelehrter Landeshuter
  • Lechler, Gotthard: Allgemeine Deutsche Biographie 19 (1884)
  • Schlesischer Gebirgsbote
  • Schlesischer Heimatkalender
  • Schwanitz, Jürgen: Rohnau am Scharlachberg - 2. Auflage
  • Seeliger, Prof. Dr. Hermann: Bedeutende Männer aus dem Landeshuter Kreise (Heimatbuch des Krs. Landeshut - 1929)
  • Wikipedia

Matzker, Alfred Johann (Fred)

Kunstmaler und Grafiker
* 21.12.1884 in Landeshut                                        + 29.03.1965 in Assmannshausen

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Alfred Johann Matzker wurde am 21. Dezember 1884 in Landeshut geboren. Er war der dritte Sohn des Lehrers und Kantors Josef Matzker. Schon als Kind zeigte er großes Interesse an Musik und Malerei. Nach dem Besuch des Landeshuter Gymnasiums gab ihn der Vater in die Lehre eines bekannten Breslauer Kirchenmalers und Anfang 1902 bestand er die Gehilfenprüfung als Maler. Von 1903 bis 1908 studierte er an der königlichen Akademie für Kunst und Kunstgewerbe in Breslau bei den Professoren Roßmann und Poelzig, zuletzt als Meisterschüler von Prof. Hans Poelzig. Schon während seiner Studienzeit wurde er mit Restaurationsarbeiten am Löwenberger Rathaus beauftragt.

Im Juni 1907 bestand Matzker die Prüfung als Zeichenlehrer und vom Oktober 1907 bis Juli 1908 absolvierte er einen Handfertigkeitskursus für geprüfte Zeichenlehrer an der Königlichen Kunstschule in Breslau. Danach lebte er zunächst eine Zeitlang als freischaffender Künstler in Hamburg und erhielt dann einen Lehrauftrag an der dortigen Kunstgewerbeschule. Danach folgte eine Anstellung als Kunsterzieher an der Oberrealschule in Kattowitz.

Aus dem 1. Weltkrieg kehrte er mit schweren Verletzungen zurück. In Schweidnitz bekam er dann an der Oberrealschule wieder eine Stelle als Zeichenoberlehrer. 1923 gelangte er schließlich nach Hirschberg, wo er als Studienrat eine Anstellung an der Oberrealschule fand. Hier blieb er bis 1947. Die drei Jahrzehnte in Hirschberg waren für Matzker auch die entscheidendsten seines künstlerischen Wirkens. Bei unterschiedlichen Verlegern schmückten seine Federzeichnungen viele schlesische Bücher. Auch als Kunstmaler und Grafiker war er weit über Hirschberg hinaus bekannt geworden. Daneben widmete er sich vorzugsweise der Temperamalerei, aber er stellte auch Fresken, Holz- und Linolschnitte von besonderer Schönheit her.

Nach seiner Vertreibung 1947 siedelte er sich im Rheingau an. Am Gymnasium in Geisenheim fand er eine neue Wirkungsstätte. Nach seiner Pensionierung setzte er sich in Assmannshausen, einem bekannten Weinort im Rheingau, zur Ruhe. Er starb 1965 in Assmannshausen, wo er auch zusammen mit seiner Frau Elisabeth, geb. Hönig, begraben liegt.

(Verfasser: Wolfgang Kraus)

Quellen:

  • Landeshuter Tageblatt: Festnummer zum 50jährigen Bestehen des Landeshuter Tageblattes am 28. Juni 1924
  • Kawaletz, Andreas: Kurzbiographien von ausgewählten Persönlichkeiten aus der Geschichte der Stadt Hirschberg im Riesengebirge bis 1945, in: Auf historischer Spurensuche im Bobertal 2015/16, hrsg. v. Jürgen Schwanitz, Würzburg 2018, S. 1105
  • Kössler, Franz: Personenlexikon von Lehrern des 19. Jahrhunderts, Band: Maack - Mylius, Gießen 2008
  • Schlesischer Gebirgsbote, Nr. 1/1965, S. 15
  • Adressbuch der Stadt Hirschberg und Umgebung, 1926

Modler, Johann

Erfinder, Unternehmer
*02.01.1875 in Landeshut                                      + 04.03.1964 in Aschaffenburg

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Johann Modler wurde als Erfinder und Unternehmer bekannt. Am 02.01.1875 wurde er in Landeshut als Sohn des Drechslermeisters Wilhelm Karl Modler aus Hermsdorf grüss. und dessen Ehefrau Anna Katharina, geb. Scharf geboren. Nach seinem Studium am Polytech-nikum in Leipzig kam er im Jahre 1903 als Ingenieur zur Firma Fichtel & Sachs nach Schweinfurt. Dort entwickelte er die Torpedo-Freilaufnabe. Es handelt sich hierbei um eine Hinterradnabe für Fahrräder mit Freilauf und Rücktrittbremse. Diese Erfindung, die auch patentiert wurde, trug wesentlich zum Aufstieg der Firma bei.

1906 wechselte Johann Modler zur Firma FAG Kugelfischer in Schweinfurt und erfand dort 1912 das Tonnenrollenlager. Im Jahre 1921 machte er sich selbstständig und erwarb die Aschaffenburger Maschinenfabrik Friedrich Klug. Diese Firma besteht heute noch als Johann Modler GmbH in Aschaffenburg. Johann Modler verstarb am 04.03.1964 in Aschaffenburg.

Quelle:

  • Wikipedia

Mueller, Otto, Prof.

Maler, Lithograph
* 16.10.1874 in Liebau                                                + 24.09.1930 in Obernigk

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Liebau ist der Geburtsort des großen Malers und Lithographen Otto Mueller. Hier wurde er am 16.10.1874 als Sohn des Offiziers und späteren Steuerbeamten Julian Mueller und dessen Ehefrau Marie, geb. Maywald geboren. Seine Mutter war im Hause der Schwester Robert Hauptmanns, des Vaters von Carl und Gerhart Hauptmann, aufgewachsen. Otto Mueller pflegte später sehr engen Kontakt zu den beiden Dichtern. Es wird sogar vermutet, dass Carl Hauptmann in seinem Roman "Einhard der Lächler" in Otto Mueller ein Vorbild gefunden hatte.

Dem Wunsch seines Vaters folgend, sollte Otto Mueller Offizier werden. Aber alles wäre Otto geworden, das Soldatenleben behagte ihm jedoch nicht. Inder Liebauer Volksschule hielt sich sein Lerneifer in Grenzen. Am liebsten zeichnete er die Lehrer und seine fünf Schwestern, besonders Emmy, seine Lieblingsschwester.

Im Jahr 1882 zog die Familie Mueller nach Görlitz. Dort besuchte Otto das Gymnasium. Aber auch hier entwickelte er keinen großen Ehrgeiz. Nur mühsam bewältigte er das Schulpensum. Seine Lehrer erkannten aber die künstlerische Begabung des Jungen und empfahlen dem Vater, ihn von der Schule zu nehmen und ein Kunsthandwerk erlernen zu lassen. Seine Schwester Emmy berichtete später einmal über diese für ihren Bruder so entscheidende Begebenheit folgendes: "Diesem wohl-gemeinten Rat verschloss sich mein Vater nicht mehr. Keiner war glücklicher darüber als Otto. So kam er im 18. Lebensjahr in eine Litho-graphenschule in Görlitz. Der Meister behandelte ihn aber nicht, wie vorher abgemacht, als Volontär, sondern als Lehrling. Otto musste sich mit einer Schürze bekleidet im Haushalt nützlich machen. Das empörte ihn. Kurz entschlossen verließ er die Werkstatt und klärte den Vater über die dort herrschenden Zustände auf". Um dem Sohn eine gute Berufs-ausbildung zu ermöglichen, nahm der Vater Verbindung zu einem anderen lithographischen Institut in Breslau auf. Otto wurde angenom-men und der dortige Lehrer war von der besonderen zeichnerischen Fähigkeit des jungen Mueller begeistert. Er empfahl dem Vater, den Sohn an der Kunstakademie in Dresden ausbilden zu lassen. Dieser Empfehlung konnte und wollte der Vater sich nicht verschließen.

Mit einer Sondergenehmigung studierte Otto Mueller in der Zeit von 1894 bis 1897 an der Dresdener Kunstakademie. Ab 1898 setzte er seine Studien gemeinsam mit seinem Freund Paul Kother an der Akademie der Bildenden Künste in München fort. Trotz der Intervention Gerhart Haupt-manns konnte er sein Studium 1899 jedoch nicht fortsetzen, da ihm der Leiter der Akademie, Franz von Stuck die Genehmigung versagte. Daraufhin verließ er die bayerische Hauptstadt und begab sich im Herbst 1899 mit dem Fahrrad nach Dresden. Hier lebte und arbeitete er bis 1908.

In Dresden lernte Otto Mueller Maschka Meyerhofer kennen und heiratete sie im Jahr 1905. Sie stand ihm oft Modell und blieb seine Vertraute auch nach der Scheidung und zwei weiteren von Mueller geschlossenen Ehen mit Elsbeth Lübke und Elfriede Timm. 1908 zog das junge Ehepaar nach Berlin. Dort lernte er sehr bekannte Maler und Grafiker kennen, u. a. Erich Heckel und Wilhelm Lehmbruck. Muellers Vorbild wurden die Plastiken von Lehmbruck. Seit 1908 malte er die schlanken Mädchengestalten, die für ihn charakteristisch sind, wie auch die Leimfarben, die er mit Vorliebe für seine Werke nutzte.

Durch die Freundschaft mit Erich Heckel bekam er Verbindung zur expressionistischen Künstlergruppe "Die Brücke". Diese wurde am 07.06.1905 in Dresden gegründet. Ihr gehörten namhafte Maler und Grafiker an, u. a. Emil Nolde, Max Pechstein, Schmit-Rottluff und Ernst-Ludwig Kirchner. Fast drei Jahre, von 1910 - 1913, arbeitete Mueller in dieser Künstlergruppe mit. Zusammen mit Kirchner und Heckel verbrachte Otto Mueller Aufenthalte an der Ostsee, auf Fehmarn und an den Moritzburger Teichen, wo viele Bilder von badenden Mädchen entstanden.

Nach zweijährigem Kriegsdienst wurde er 1919 völlig unerwartet als Professor für den Aktunterricht an die Breslauer Kunstakademie berufen. Ein Fünfjahresvertrag mit einem Jahresgehalt von 4000 Mark sicherte seine Existenz. Hier lebte und lehrte er nun bis zu seinem Tod. 1927 entstand jene "Zigeuner-Mappe", eine Folge farbiger Lithographien, die den Höhepunkt seines Schaffens bildete.

In seinen letzten Lebensmonaten litt Otto Mueller an den Folgen eines Lungenleidens, das er sich während des Krieges zugezogen hatte. Auch eine Kur im Juli 1930 in Bad Salzbrunn besserte seinen Gesundheits-zustand nicht. Daraufhin begab er sich in ein Sanatorium im waldreichen Kurort Obernigk, 25 km nördlich von Breslau. Aber seine Hoffnung und die seiner Freunde war vergebens. Er starb am 24. September 1930 und wurde auf dem Gräbschener Friedhof beigesetzt.

Die Deutsche Bundespost würdigte das Werk Otto Muellers mit einer Sonderbriefmarke im Wert von 80 Pf. In der Serie "Moderne Gemälde aus Berliner Sammlungen" erschien auf einer Marke die Reproduktion des Gemäldes "Zwei badende Mädchen" von Otto Mueller.

Quellen:

  • Art Directory GmbH: Informationsmaterial für Kunst und Kultur - Otto Mueller
  • Christmann, Günter: Zum Gedenken an den schlesischen Maler und Grafiker Otto Mueller
  • Hayduk, Alfons: Große Schlesier
  • Hupka, Herbert: Ostdeutsche Biographie - Persönlichkeiten des historischen Ostens
  • Schlesischer Gebirgsbote
  • Schlesischer Heimatkalender
  • Wikipedia

Bild von Otto Mueller

"Badende junge Frau hinter einem gegabelten Baum auf Fehmarn"

Mueller-Kother, Mara

Kunststickerin
*               1878 in Liebau                                              +             1942 in Weimar

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Mara Mueller wurde im Jahr 1878 in Liebau als Tochter des Offiziers und späteren Steuerbeamten Julian Mueller und dessen Ehefrau Marie, geb. Maywald geboren. Ihre Mutter war im Hause der Schwester Robert Hauptmanns, des Vaters von Carl und Gerhart Hauptmann, aufgewachsen. Maras älterer Bruder war der berühmte Maler und Lithograph Prof. Otto Mueller.

Die Familie Mueller zog im Jahr 1882 mit den Kindern Otto, Emmy und Mara nach Görlitz. Dort absolvierten die Kinder ihre Schulausbildung. Über Maras weiteren Lebensweg ist sehr wenig bekannt, aber ebenso wie ihr Bruder war auch sie künstlerisch sehr begabt.

Ihr Bruder Otto bewohnte von 1898 bis 1899 eine gemeinsame Atelierwohnung mit dem Maler Paul Kother. In dieser Zeit lernte Mara Mueller wohl ihren späteren Ehemann kennen. Paul Kother und Mara Mueller heirateten im Jahre 1909 und zogen nach Dresden.

In der Elbestadt begegnete Paul Kother Max Pechstein und Käthe Kollwitz und war an größeren Ausstellungen beteiligt. Im Jahre 1914 zog das Ehepaar nach Berlin. Hier wurde Paul Kother durch Max Liebermann 1922 mit dem Ehrenpreis der Preußischen Akademie der Künste ausgezeichnet. 1928 stand ein erneuter Umzug bevor, die Eheleute zogen nach Weimar.

Mara Mueller-Kothur widmete sich seit 1922 der Bildstickerei und bildete sich ständig als Autodidaktin weiter. Sie stickte Bildnisse, z. B. ihr eigenes mit einer Kirche im Hintergrund. Sie schuf in kleineren und größeren Formaten Madonnen, Christi Geburt, das Abendmahl, Christus am Kreuz und viele andere religiöse Bildstickereien. Sie pflegte nur die Konturen schwarz vorzuzeichnen und die Arbeit frei auszuführen. Die Farben waren sowohl gedämpft, als auch kräftig gehalten und von hoher symbolischer Bedeutung. Auch die Stichart war entsprechend dem dargestellten Motiv bald feiner, bald gröber. Sie schuf auch Stickereien aus Goethes Dichtungen.

Im Jahre 1942 verstarb sie in Weimar, nachdem sie vorher bereits erblindet war. Ihr Ehemann überlebte sie um mehr als 20 Jahre. Er starb am 7. Juli 1963 ebenfalls in Weimar. Seine letzten Lebensjahre arbeitete er zurückgezogen und ohne Kontakt zu Künstlerkollegen im Weimarer Atelierhaus.

Quellen:

  • Schlesische Bergwacht: Heft Nr. 14/1954
  • Wikipedia

Müller, Leonhard, Prof. Dr.-Ing.

Energiemanager und Sachbuchautor
* 27.03.1929 in Landeshut                                         + 27.10.2021 in Waging a. See
                                                                                            Tettenhausen, Lkr. Traunstein/Bay.

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Leonhard Müller stammte aus Landeshut, wo er am 27. März 1929 geboren wurde. Er besuchte dann das Carl-Gotthard-Langhans-Gymnasium. Nach der Vertreibung aus Schlesien machte Müller 1946 sein Abitur in Wolfenbüttel. Danach studierte er Elektrotechnik an der TH Braunschweig, wo er 1957 am Institut für Hochspannungstechnik mit der Dissertation "Wanderungsvorgänge von kurzen Hochstromlichtbögen im eigenerregten Magnetfeld zwischen ruhenden Laufschienen und zwischen sich trennenden Kontaktstücken" zum Dr.-Ing. promoviert wurde.

Von der TH Braunschweig erhielt er einen Lehrauftrag, den er für zehn Jahre versah. 1962 wurde er Assistent, später Prokurist des Technischen Vorstands bei der Hannover-Braunschweigischen Stromversorgungs AG, kurz "Hastra". 1972 wurde er in den Vorstand der Bayerischen Elektrizitäts-Lieferung-Gesellschaft, später E.ON in Bayreuth berufen. 1983 wechselte er in den Vorstand der Überlandwerk Unterfranken in Würzburg. Von 1985 bis zu seinem Ruhestand 1994 war er erst Technischer Vorstand, dann Sprecher des Vorstands der Berliner Städtische Elektrizitätswerke AG (Bewag).

Die Insellage West-Berlins erforderte eine umfangreiche Erneuerung und Erweiterung der innerstädtischen Energieerzeugung, um den Energie-bedarf zuverlässig sicherzustellen. Diese Herausforderung machte sich Müller zur Aufgabe. 1987 gelang es, einen Vertrag mit der DDR zum Bau einer 380-kV-Leitung zwischen Helmstedt und Berlin-Spandau zu schließen, die am 3. Oktober 1989 in Betrieb ging. Daran war Müller maßgeblich beteiligt. Damit wurde ein drei Milliarden DM umfassendes Umweltschutzprogramm der Berliner Kraftwerke und der Anschluss Berlins an das westeuropäische Stromverbundnetz initiiert. Nach der Wiedervereinigung 1990 mussten die beiden Stadthälften Berlins auch elektrisch miteinander verbunden werden. In seine Amtszeit fällt der Beginn dieser erfolgreichen Integration des Ostberliner Energiekombinat Berlin (EBAG) in die Bewag.

Neben seiner beruflichen Tätigkeit hielt Müller Vorlesungen an der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen, wo er Honorarprofessor mit Lehrauftrag an der Technischen Fakultät war. Er verfasste das "Handbuch der Elektrizitätswirtschaft. Technische, wirtschaftliche und rechtliche Grundlagen", das das Standardwerk der Branche wurde. 1995 erhielt Prof. Dr.-Ing. Leonhard Müller für seine Verdienste speziell in der Berliner Energiewirtschaft das vom Bundespräsidenten verliehene Verdienstkreuz I. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland überreicht.

Nach seiner Pensionierung lebte Leonhard Müller noch lange Jahre in Berlin. Seine letzten Jahre verbrachte er in Tettenhausen, einem Ortsteil von Waging a. See im Landkries Traunstein, wo er am 27. Oktober 2021 starb. Er hinterlässt seine Frau Johanna, geb. Seiher, und drei Kinder mit ihren Familien.

(Verfasser: Wolfgang Kraus)

Quellen:

  • Schlesischer Gebirgsbote, Nr. 12/1991, S. 279
  • Wikipedia
  • https://trauer.pnp.de/traueranzeige/Leonhard-M%C3%BCIIer/167160
  • www.udo-leuschner.de/rezensionen/ra9903mueller.htm

Naumann, Erich, Dr.

Badischer Bergmeister, Ministerialrat
* 04.07.1875 in Landeshut                                       + 11.1966 in Karlsruhe

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Sein Leben galt dem badischen Bergbau. Auf diesem Gebiet erwarb er sich große Verdienste, die von höchster Stelle gewürdigt worden sind. Geboren wurde Dr. Erich Naumann am 04.07.1875 in Landeshut, Großherzog Friedrich II. von Baden berief ihn als badischen Bergmeister nach Karls-ruhe und ernannte ihn zum Ministerialrat. Unter seiner Leitung wurden die Staatssalinen in Bad Dürrheim und Bad Rappenau zu den modernsten Salinen Europas ausgebaut. Der gesamte badische Bergbau erwachte zu neuer Blüte.

Im Mittelpunkt seiner Arbeit stand aber der Kalibergbau. In Buggingen, südlich von Freiburg, wurde bei Bohrungen Kalisalz entdeckt. Dr. Naumann setzte sich mit großer Beharrlichkeit gegen viele Skeptiker im badischen Landtag durch und förderte den Abbau dieser Vorkommen. Aufgrund seiner Initiative wurden am 22.04.1922 drei Bergbau-Gesellschaften gegründet, die Gewerkschaften Baden, Markgräfler und Zähringen. Das Kalisalzbergwerk Buggingen war während seines Betriebes das größte Bergwerk Süddeutschlands. Mit bis zu 1200 Beschäftigten war es ein bedeutender Arbeitgeber in der Region und bis 1973 in Betrieb. Als Dank und Anerkennung für seine Verdienste um den Kalibergbau ließ das Bergwerk Buggingen einen Naumann-Taler in Gold und Silber prägen.

Ämter und Ehrungen wurden Dr. Naumann in reichem Maße zuteil. Die Technische Hochschule verlieh ihm die Würde eines Ehrendoktors. Der Bundespräsident würdigte sein Schaffen durch Verleihung des Großen Bundesverdienstkreuzes. Organisationen und Firmen des Bergbaus sicherten sich sein Können und seinen Rat in ihren Vorständen, Aufsichtsräten und Präsidien. Dr. Naumann war nicht nur national, sondern auch international hoch angesehen. Er verstarb im November 1966 in Karlsruhe im Alter von 91 Jahren.

Quellen:

  • Schlesischer Gebirgsbote
  • wikipedia

Nocht, Bernhard, Prof. Dr.

Mediziner
* 04.11.1857 in Landeshut                                        + 05.06.1945 in Wiesbaden

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Der Gründer und Leiter des in der ganzen Welt bekannten Hamburger Instituts für Schiffs- und Tropenkrankheiten war gebürtiger Landeshuter. Professor Dr. Bernhard Nocht erblickte am 04.11.1857 als Sohn des Realgymnasiallehrers Karl Eduard Nocht und dessen Ehefrau Clara Pauline Auguste, geb. Hoeppe das Licht der Welt. Das Geschlecht der Nochts war ursprünglich im schlesischen Gebiet des Zobten beheimatet gewesen. Es waren vorwiegend Bauern und Bierbrauer.

Nocht besuchte das Landeshuter Realgymnasium und erwarb 1875 das Abitur. Damals mussten zur Erlangung der Hochschulreife noch Ergänzungsprüfungen in Griechisch, Latein und Geschichte abgelegt werden, die er am Gymnasium in Waldenburg erfolgreich absolvierte. Anschließend studierte er von 1876 - 1880 in Berlin am Medizinisch-chirurgischen Friedrich-Wilhelm-Institut, der sog. Pepiniere. An diesem Institut wurden sämtliche preußischen Militärärzte ausgebildet. Danach arbeite er ein Jahr lang an der Berliner Charité. 1881 promovierte er zum Dr. med. und 1882 erfolgte die Approbation.

Im Jahr 1883 trat Dr. Bernhard Nocht als Assistenzarzt in die Kaiserliche Marine ein. Auslandskommandos führten ihn nach Ostasien und in den Mittelmeerraum. 1887 wurde er an das Hygienische Institut der Universi-tät Berlin versetzt. Er wurde neben Georg Gaffky, dem späteren Direktor des Robert-Koch-Institutes, einer der wichtigsten Schüler und Mitarbeiter von Robert Koch auf dem Gebiet der Bakteriologie.

Als 1892 in Hamburg die Choleraepidemie wütete, welcher 8.605 Menschen zum Opfer fielen, wurden Nocht und später auch Gaffky nach Hamburg als ständige Vertreter Kochs entsandt, um die dortigen Behörden bei ihren Maßnahmen zu beraten. Aufgrund dieser erfolg-reichen Tätigkeit wurde Nocht am 1. April 1893 zum Hafenarzt für Hamburg ernannt. Mit dieser Ernennung verbunden war sein Ausscheiden aus dem aktiven Marinedienst.

Sein eigentliches Lebenswerk war jedoch das Hamburger Institut für Schiffs- und Tropenkrankheiten, das im Jahr 1900 aus ganz bescheidenen Anfängen gegründet wurde und unter Nochts 30jähriger Leitung Welt-ruhm erlangte. Es diente der tropenmedizinischen Forschung und Lehre sowie der Heilung von Tropenkrankheiten. Nach den im Jahr zuvor eröffneten tropenmedizinischen Schulen in London und Liverpool war das Hamburger Tropeninstitut die dritte derartige Einrichtung.

Von 1906 - 1920 war Nocht als Leiter für das gesamte Hamburger Medizinalwesen verantwortlich. 1919 wurde er zum Professor für Tropenmedizin an die medizinische Fakultät der neu gegründeten Universität Hamburg berufen. 1920/21 war er Dekan und 1926/27 Rektor. Professor Dr. Bernhard Nocht arbeitete als einer der ersten Deutschen im Völkerbund mit und wurde bereits 1923 als einziges deutsches Mitglied in dessen Hygienekomitee berufen. 1924 - 1926 leitete er verschiedene Reisen der Malariakommission des Völkerbundes nach Ost-, Südost- und Südeuropa sowie nach Palästina. Von 1927 - 1934 war er Vizepräsident der Hygienekommission des Völkerbundes. Die Beschäftigung mit Leprafragen führte ihn 1931 nach Brasilien und 1934/35 erneut nach Ostasien. 1938 leitete er die deutsche Delegation auf dem III. Internationalen Kongress für Tropenmedizin und Malaria in Amsterdam.

Für seine Verdienste wurde er mehrfach ausgezeichnet: 1910 Mary Kingsley Memorial Medal der Liverpool School of Tropical Medicine, Verleihung der Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft anlässlich seines 75. Geburtstages am 04.11.1932 vom Reichspräsidenten, 1932 Mitglied der Kaiserlich-Leopoldinisch-Carolinischen Deutschen Akademie der Naturforscher in Halle an der Saale und Mitglied der Akademie der Medizin in Rio de Janeiro, 1935 Ehrendoktor der Medizinischen Fakultät der Tung Chi-Universität Shanghai, 1937 Ehrenmünze der Universität Hamburg in Anerkennung seiner Verdienste bei der Gründung der Universität. Anlässlich seines 85. Geburtstages ehrte ihn die Stadt Hamburg mit der Umbenennung des Tropeninstitutes in "Bernhard-Nocht-Institut für Schiffs- und Tropenkrankheiten" (heute Bernhard- Nocht-Insitut für Tropenmedizin).

Verheiratet war Professor Dr. Bernhard Nocht seit 1897 mit Wilhelmine Maria Luise, geb. Dencker (1871 - 1945). Aus dieser Ehe sind zwei Söhne und eine Tochter hervorgegangen. Kurz nach der Kapitulation nahmen sich die Eheleute Nocht am 05. Juni 1945 das Leben. In einem Abschieds-brief an ihre Kinder schrieben sie, dass sie sich dem Wiederaufbau nicht mehr gewachsen fühlen.

Seit 1925 wird die Bernhard-Nocht-Medaille verliehen. Ausgezeichnet werden von der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit Wissenschaftler oder eine Gruppe von Wissenschaftlern für hervorragende Leistungen auf dem Gebiet der Tropenmedizin. Die Auszeichnung besteht aus Tombak (Messing), zeigt auf der Vorderseite das Bild des Namensgebers Bernhard Nocht, hat einen Durchmesser von sechs Zentimetern und ist nicht mit einem Preisgeld verbunden. Der jeweilige Preisträger wird zu einer Feierstunde und einem öffentlichen Fachvortrag nach Hamburg eingeladen. Auch Albert Schweitzer zählte bereits zu den Preisträgern.

Quellen:

  • Brauser Dr., Reinhold: Mein Onkel Bernhard
  • Festschrift zum 200jährigen Jubiläum des Realgymnasiums zu Landeshut
  • Gerabek, Werner E.: Ostdeutsche Biographie - Persönlichkeiten des historischen Ostens
  • Richter, Gustav: Berühmte Zeitgenossen aus Landeshut (Heimatbuch des Krs. Landeshut - 1954)
  • Schlesischer Gebirgsbote
  • Schlesischer Heimatkalender
  • Seeliger, Prof. Dr. Hermann: Bedeutende Männer aus dem Landeshuter Kreise (Heimatbuch des Krs. Landeshut - 1929)
  • Wikipedia
  • Wulf, Stefan: Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Neue Deutsche Biographie - Band 19, Bernhard Nocht

Das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg

Oberländer, Heinrich

Schauspieler und Schauspiellehrer
* 22.04.1834 in Landeshut                                 + 30.01.1911 in Berlin

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Der Sohn des Apothekenbesitzers Oberländer (s. Geschichte der Stadtapotheke unter Landeshut - Medizinische Einrichtungen) und dessen Ehefrau Dorothea, geb. Fiebing, war von seinem Vater ursprünglich für den landwirtschaftlichen Beruf bestimmt. Doch Heinrich verfolgte andere Interessen, und nach dem Tod des Vaters hielt ihn nichts mehr davon ab, zum Theater zu gehen. Ohne jede Vorbildung stand er dann am 21. Februar 1856 am Stadttheater von Bremen als junger Förster Gustav in dem Stück "Der Weiberfeind" erstmals auf der Bühne. In der Folgezeit spielte er in kurzen Abständen an Bühnen in Oldenburg, Görlitz und Liegnitz sowie in Breslau (1857 - 59) und kam über Königsberg (1859 - 60) ans Landestheater nach Prag. Hier spielte er sich nach und nach meist mit humorvollen Charakteren in die Gunst des Prager Publikums. 1863 nahm er ein Engagement am Weimarer Hoftheater an, aber nach knapp einem Jahr kehrte er nach Prag zurück, nachdem er sich mit Mühe seiner Verbindlichkeiten gegenüber der Weimarer Hofbühne entledigt hatte.

1871 schied Oberländer endgültig aus Prag und folgte einem äußerst schmeichelhaften Ruf an das Königliche Hoftheater in Berlin. Er erschien in Berlin erstmals am 12. November 1870 auf der Bühne des Schauspiel-hauses, und zwar in derselben Rolle, in der er sich von den Pragern verabschiedet hatte. Dieser renommierten Bühne des deutschen Kaiserreiches blieb er in den kommenden 40 Jahren - seit 1876 auf Lebenszeit verpflichtet - bis zu seinem Tode treu.

In jungen Jahren machte sich Oberländer einen Namen als Komödiant und spielte später mit großem Erfolg humoristische Charakter-, aber auch ernsthafte Väterrollen. Einige seiner bekanntesten Bühnenparts waren der Just in "Minna von Barnhelm", der Polonius in "Hamlet", der "Falstaff", der Malvolio in "Was ihr wollt". Gastspiele führten ihn u. a. nach München (1880) und erneut nach Prag (1900).

Heinrich Oberländer war ein geschätzter Schauspiellehrer. Er verfasste mehrere Schriften für den Unterricht und zum Selbststudium und bildete seit seinem Wechsel nach Berlin 1871 viele renommierte Schauspiele-rinnen und Schauspieler aus dem ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhunderts aus. Zu den bekanntesten Oberländer-Schülern zählen u. a. Albert Bassermann, Adalbert Matkowsky, Friedrich Basil und Reginald Pasch.

Oberländer war von 1869 - 1884 mit der Opernsängerin Laura Laufer verheiratet, die wie er an den königlichen Schaupielen auftrat.

(Verfasser: Wolfgang Kraus)

Quellen:

  • Eisenberg, Ludwig: Großes biographisches Lexikon der Deutschen Bühne im XiX. Jahrhundert. Verlag von Paul List, Leipzig 1903, S. 734 f.
  • Wikipedia

Opitz, Paul Rudolf

Segelflieger und Testpilot
* 09.08.1910 in Landeshut                                   + 01.05.2010 in Stratford (Connecticut/USA)

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Paul Rudolf Opitz erblickte das Licht der Welt in Landeshut. Nach dem Besuch der Schule erlernte er zunächst das Tischlerhandwerk. Schon als junger Mann entdeckte er seine Liebe zur Segelfliegerei und trat einem nahe gelegenen Aeroclub bei. Er absolvierte dann sehr schnell seine theoretische Ausbildung und machte seinen Segelflugschein an der damals bekannten Segelflugschule in Rossitten auf der Kurischen Nehrung. Endlich konnte er sein selbstgebautes Segelflugzeug fliegen. In der Fliegerschule auf der Wasserkuppe (Röhn) bildete er sich als Segelflieger weiter fort und war dort auch aufgrund seiner Ausbildung als Tischler ein unermüdlicher Reparaturhelfer. Bis 1937 war er Segelflug-lehrer und nahm mehrfach erfolgreich an Flugwettbewerben auf der Rhön teil.

Dann erwarb er die Motorflugberechtigung und wechselte zur Deutschen Forschungsanstalt für Segelflug (DFS). Bei einem Testflug mit einem neu entwickelten Segelflugzeug stürzte Opitz 1939 in einem Wald ab, weil der Schwerpunkt der Maschine zu weit nach hinten verlegt worden war. Danach war er kurzzeitig Lehrer für Lastensegler. Als Pilot eines Lastenseglers nahm er auch am 10. Mai 1940 am Angriff der Wehrmacht im Westen teil. Dabei gelang es ihm, seine Maschine unter schwierigen Bedingungen präzise auf einer Brücke zu landen und wurde dafür mit dem Deutschen Kreuz in Gold ausgezeichnet.

Ab 1941 war Opitz dann Testpilot an der Luftwaffenerprobungsstelle Rechlin an der Müritz und in Peenemünde-West, wo er maßgeblich an der Erprobung des Raketenjagdflugzeuges Me 163 und seiner Entwicklung zur Serienreife beteiligt war. Der erste offizielle Start des Raketenjägers Me 163 B wäre fast zu einer Katastrophe geworden, als wegen einer Bodenwelle das Startfahrzeug auseinanderbrach. Es gelang Opitz jedoch, das bereits beschädigte und inzwischen sehr schnelle Flugzeug von der Kufe zu starten. Es folgten noch viele gefährliche Flüge mit dem Raketenflugzeug. Später bildete er Flugzeugführer für den Einsatz mit dem Raketenflieger aus. Noch am 7. Mai 1945 erlitt er bei einem Landeanflug mit einer Me 163 schwere Verletzungen.

Nach seiner Genesung 1946 holte die US Air Force Rudi Opitz in die Vereinigten Staaten, wo er zunächst an der Verbesserung der Schleppversuche von Segelflugzeugen arbeitete. Er baute eine erbeutete Horten IV, ein Nurflügel-Versuchssegelflugzeug der Brüder Horten, wieder auf und flog mit ihr sehr erfolgreich Segelflugwettbewerbe.

Opitz erhielt 1955 die amerikanische Staatsbürgerschaft und arbeitete ab 1956 als Testpilot für die Strahlturbinenentwicklung bei der Firma AVCO Lycoming in Stratford unter dem gebürtigen Österreicher Dr. Anselm Franz, der bei Junkers und Messerschmitt bereits an der Entwicklung eines serienreifen Strahltriebwerkes gearbeitet hatte. Hier arbeitete er bis zu seiner Pensionierung.

Er war ein begehrter Gastredner im "Nationalen Luft- und Raumfahrt-museum" der Vereinigten Staaten, bei Ortsgruppen der "Experimental Aircraft Association" (EAA) die sich international mit Experimental-flugzeugbau beschäftigt, und vielen anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen. Außerdem war Opitz Mitglied in verschiedenen angesehenen nationalen und internationalen Vereinen und Gesell-schaften, die sich mit Fliegerei und Raumfahrt beschäftigen. 1993 wurde er Mitglied der "US-Ruhmeshalle Segelflug" und er trug das Interna-tionale Segelflieger-Leistungsabzeichen in Gold der Fédération Aéronautique Internationale (FAI) Nr. 10. So blieb er bis ins hohe Alter speziell der Segelfliegerei verbunden.

Paul Rudolf Opitz war über 60 Jahre verheiratet mit Hanna Ilse Boljahn, gebürtig aus Rosenberg O.S., die ihn als Krankenschwester 1945 nach seinen schweren Unfallverletzungen gesund pflegte. Das Paar hatte zwei Söhne, Martin und Michael. Sein Sohn Michael errang später den Titel eines US-Segelflugmeisters und vertrat auch international die USA bei Segelflug-Weltmeisterschaften. Michael Opitz ist verheiratet mit Nancy., beide haben einen Sohn Michael Anthony. Paul Rudolf Opitz hatte außerdem drei Brüder und eine Schwester, de er alle überlebte. Deren Familien leben in Deutschland.

(Verfasser: Wolfgang Kraus)

Quellen:

  • Wikipedia
  • https://de.findagrave.com/memorial/181706626/paul-rudolf-opitz
  • http://thetartanterror.blogspot.com/2010/05/paul-rudolf-rudy-opitz-1910-2010
  • https://www.cswiki.cz/wiki/Rudolf_Opitz


Paul Rudolf Opitz

Grabstätte von Paul Rudolf und Hanna Opitz

 auf dem Friedhof von Stratford CT

Pätzold, Konrad

Bauingenieur
* 08.04.1928 in Landeshut                                    + 06.01.2017 in Witzenhausen

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Konrad Pätzold wurde am 8. April 1928 in Landeshut geboren. Seine Eltern Heinrich und Charlotte Pätzold lebten in der Bleichstr. 8, wo er auch aufwuchs. Sein Vater, ein einfacher Arbeiter starb früh, seine Mutter verdingte sich als Bleicharbeiterin.

Über seine Kindheit und Jugend ist nichts weiter bekannt. Wie viele junge Männer seiner Generation musste er in den letzten Monaten des Krieges noch zur Wehrmacht. Als kaum 18-Jähriger kehrte er aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft zurück und kam zu seiner Familie, die nach der Vertreibung inzwischen im Raum Münden lebte. Zunächst lernte er das Zimmermannshandwerk, bevor er die Staatsbauschule Kassel absolvierte.

Von 1956 bis 1991 arbeitete er beim Landkreis Göttingen (bis zur Gebietsreform 1972 beim Landkreis Münden). Ab 1972 war er dort als leitender technischer Angestellter für die Kreisstraßen verantwortlich. Außerdem war Pätzold fast 20 Jahre lang bis 2007 Verbandsingenieur des Unterhaltungsverbandes Münden. In dieser Zeit gestaltete und entwickelte er maßgeblich als Fachingenieur die Gewässer li. Ordnung im Altkreis Münden.

Seit 2003 lebte er in Witzenhausen-Hundelshausen. Konrad Pätzold übte neben seiner beruflichen Tätigkeit mehrere Ehrenämter aus. So engagierte er sich über viele Jahre lang als Katstrophenschutz-beauftragter des Deutschen roten Kreuzes im Landkreis Münden. Außerdem war er an führenden Stellen im Pfarrgemeinderat und im Kirchenvorstand der katholischen Pfarrgemeinde St. Elisabeth in Hann. Münden sowie im Ortsverband der CDU in Hann. Münden und er nahm das Ehrenamt des Schöffen am Amtsgericht Hann. Münden und beim Landgericht Göttingen wahr.

Mit zunehmender Durchlässigkeit der Grenzen seit 1980 organisierte Pätzold als ehrenamtlicher Landschafts- und Kreisbetreuer der Sudetendeutschen Landsmannschaft zusammen mit seiner 1997 verstorbenen ersten Ehefrau Eugenia für Luditz, ihren Heimatort, regelmäßig Reisen für ehemalige Egerländer nach Tschechien. Dies führte im Laufe der Zeit zu engen Kontakten mit Menschen und Kommunalbehörden. Als ein sichtbares Zeichen seiner aktiven Aussöhnungsbemühungen wurde 1996 in Zusammenarbeit zwischen Stadtverwaltung Zlutice/Ludwitz und den Heimatvertriebenen der Stadt und des Kreises Luditz eine zweisprachige Gedenk- und Mahntafel, die Allen Opfern von Krieg, Gewalt und Vertreibung gewidmet ist, angebracht.

Seit 1991 war Pätzold als Stadtbetreuer der Sudetendeutschen Landsmannschaft für Bad Sooden-Allendorf tätig, das eine Städtepartnerschaft zu Luditz unterhält. In dieser Zeit rief er auch die Luditzer-Kreis-Heimatstube ins Leben, die er bis 2010 betreute.

Pätzold wurde für sein langjähriges vielfältiges ehrenamtliches Engagement mit dem von Bundespräsident Horst Köhler verliehenen Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet.

Am 3. Dezember 2009 erfolgte im Rathaus von Witzenhausen die feierliche Ordensübergabe durch die hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst Eva Kühne-Hormann.

Konrad Pätzold starb am 6. Januar 2017 in Witzenhausen. Seine drei Kinder Heinz, Michael und Andrea mit ihren Familien nebst Angehörigen nahmen am 13. Januar 2017 bei einer Trauerfeier in der Friedhofskapelle in Witzenhausen-Hundelshausen von ihm Abschied.

(Verfasser: Wolfgang Kraus)

Quellen:

  • Adreßbücher der Stadt und des Kreises Landeshut von 1925 und 1938
  • Schlesischer Gebirgsbote
  • Traueranzeige von Konrad Pätzold
  • Wikipedia

Die Luditz-Gedenktafel

Peschek, Louis

Oderstrombaudirektor
* 09.01.1840 in Landeshut                                   + 01.1899 in Breslau

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Louis Peschek, verantwortlich für zahlreiche schlesische Schleusenanalgen und Staustufen, stammte ebenfalls aus Landeshut. Hier wurde er am 09.01.1849 geboren. Nach seiner Schulaus-bildung und dem Studium des Bauingenieurwesens an der Technischen Hochschule ging er als Regierungsbaumeister und Attaché an die deutsche Botschaft in Paris.

In der französischen Hauptstadt wurden die Weichen für seine spätere berufliche Karriere gelegt. Er lernte den bekannten französischen Diplomaten und Unternehmer Ferdinand Marie Vicomte de Lesseps kennen. Dieser gilt als der Erbauer des Suezkanals. Lesseps ermöglichte Louis Peschek die Teilnahme an den dreitägigen Eröffnungsfeierlichkeiten des Suezkanals im November 1869. Alle Teilnehmer erhielten eine silberne Erinnerungsmedaille mit eingravierten eigenen Namen. Peschek nahm später an den jährlich stattfindenden Tagungen der Suezkanal-Gesellschaft teil und lieferte auch die Berechnungen für die Erweiterung des Kanals.

Beim Bau des Panamakanals im Jahr 1881 gehörte Peschek als Vertreter Deutschlands der internationalen Kommission der von Lesseps gegründeten Panamakanal-AG an. 1891 wurde er als Regierungsbaurat nach Frankfurt/Oder versetzt und kurze Zeit später als Oderstrombaudirektor nach Breslau berufen. Seine berufliche Karriere war aber noch nicht beendet. Das Berliner Ministerium für öffentliche Arbeiten war auf ihn aufmerksam geworden. Als Vortragender Rat wurde ihm die gesamte bauliche Verwaltung der Oder und Weser übertragen. Während dieser Zeit war er verantwortlich für den Bau zahlreicher Schleusenanlagen und Staustufen in Schlesien. Er war auch maßgeblich an dem 1897 gebauten Umgehungskanal der Oder um Breslau beteiligt.

Anfang Januar 1899 nahm Louis Peschek an einem Kongress in Breslau teil. Dort zog er sich eine schwere Lungenentzündung zu, an deren Folgen er nach wenigen Tagen verstarb. In der Nähe der Gröschelbrücke, am Stadtausgang des von ihm maßgeblich mit erbauten Umgehungskanals, wurde später ein großer Granitfindling mit seinem Bildnisrelief aufgestellt.

Im Lauf seines Berufslebens war Louis Peschek mehrfach ausgezeichnet worden. Er besaß den Orden der Büste Bolivars von Venezuela, den Roten Adlerorden I. und II. Klasse, das Militär-Ehrenzeichen II. Klasse und alle Klassen des Eisernen Kreuzes.

Quelle:

  • Schlesischer Heimatkalender

Pohl, Ludwig Maria, Dr. rer. nat.

Chemiker, Pionier der Flüssigkeitskristalle
* 28.09.1932 in Liebau                                              + 24.10.2020 in Darmstadt

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Ludwig M. Pohl erblickte das Licht der Welt in Liebau am 28. September 1932. Er war der Sohn des in russischer Kriegsgefangenschaft verstorbenen Blasdorfer Lehrers Oswald Pohl. Nachdem er mit seiner Familie nach dem Krieg seine angestammte Heimat in Schlesien verlassen musste, verschlug es ihn in den Raum Melle. Von 1954 bis 1962 studierte er Chemie an der TH Hannover und der Universität Würzburg. Er fand während seines Studiums in Hannover zur katholischen Studentenverbindung Unitas Langobardia und später in Darmstadt war er bis zu seinem Tode in der dortigen Unitas Palatia aktiv.

Seine Promotion legte er in Hannover 1962 in Physikalischer Chemie mit dem Prädikat summa cum laude ab. Bis 1964 arbeitete er dann als Assistent im Institut für Physikalische Chemie an der TH Hannover und von 1964 bis 1966 im Institut für organische Chemie an der TH Braunschweig.

1966 wechselte er in die chemische Forschung bei der Firma Merck in Darmstadt. Seine Aufgaben waren zunächst die Strukturaufklärung von Pharmawirkstoffen und die Entwicklung von Lösungsmitteln für die Molekülspektroskopie.

Auf einer Tagung in Ohio 1968 sah Pohl erstmals ein Flüssigkristall-Display und war von den technischen Möglichkeiten einer solchen Technologie fasziniert. Er schlug der Firma Merck vor, in die Flüssig-kristallforschung einzusteigen. Dies wurde aber von Seiten des Unternehmens abgelehnt, da man sich davon keine finanziellen Erfolge versprach.

Pohl ließ sich von dieser Absage aber nicht beirren und forschte mit Unterstützung des damaligen Leiters für chemische Forschung zusammen mit einigen Kollegen weiter an dem Projekt "Flüssigkristalle". Die Forschungsarbeit der Gruppe wurde finanziell von Seiten des Bundesverteidigungsministeriums und später vom Bundesforschungs-ministerium unterstützt. Im Bundesverteidigungsministerium hatte man erkannt, dass man mit Hilfe der Flüssigkeitskristalle neue netzunab-hängige, platz- und gewichtsparende flache Anzeigensysteme bauen kann.

In den 1970er Jahren erfolgte ein Durchbruch in der Forschung der Flüssigkeitskristalle nahezu zeitgleich an den Universitäten in Hall (England) und Halle an der Saale. Ende 1976 wurden die neuen Erkenntnisse in der Forschungsgruppe um Ludwig Pohl miteinander kombiniert und man fand das erste Molekül heraus, mit welchem die Firma Merck Geld verdienen konnte. Zu Beginn der 1970er Jahre lag der Umsatz für Flüssigkeitskristalle bei umgerechnet rund 15.000 Euro, durch die Entdeckung des neuen Moleküls schnellte der Umsatz auf über 500.000 Euro. Dies überzeugte das Unternehmen endlich von der Sinnhaftigkeit dieses Projekts. 2013 lag der Flüssigkeitskristall-Umsatz der Firma Merck bei über 1,1 Milliarden Euro und sie wurde dadurch führend auf dem Weltmarkt.

Nach 30 Jahren ging Ludwig M. Pohl als Abteilungsleiter bei der Firma Merck 1996 in Rente. 2014 wurde er in die "Hall of Fame der deutschen Forschung" aufgenommen. Mit dieser Auszeichnung werden alljährlich Wissenschaftler geehrt, die durch ihre Lebensleistung Deutschland als Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort zukunftsfähig gemacht haben. Die Ehrung wurde 2009 vom "manager magazin" ins Leben gerufen und seit 2015 gemeinsam mit der Firma Merck vergeben.

Ludwig Maria Pohl starb am Nachmittag des 24. Oktobers 2020 im Alter von 88 Jahren in seinem Zuhause. Er hinterlässt neben seiner Frau Hannelore drei Kinder mit ihren Familien. Es sind Anna und Dr. Dominik Peris mit Emilia, Oskar und Julia, Prof. Dr. Kilian Pohl, Informatikprofessor an der kalifornischen Stanford University, und Monica Vantouch mit Maximilian, Priscia und schließlich Matthias Gravelmann mit Henri.

(Verfasser: Wolfgang Kraus)

Quellen:

  • www.manager-magazin.de/politik/artikel/hall-of-fame-der-deutschen-forschung-ludwig-pohl
  • www.merckgroup.com/de/hall-of-fame-der-deutschen-forschung.html
  • palatia.unitas.org/in-memoriam-ehrenaktiver-bbr-dr-ludwig-maria-pohl/
  • www.vrm-trauer.de/traueranzeige/ludwigmaria-pohl
  • Schlesischer Gebirgsbote
  • Wikipedia

Prerauer, Curt

Pianist, Dirigent, Musikkritiker
* 01.04.1901 in Landeshut                                       + 29.11.1967 in Sydney

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Der älteste Sohn des Landeshuter Schuhfabrikanten Felix Prerauer und dessen Ehefrau Gertrud, geb. Hammerschlag, Tochter des angesehenen Prager Rechtsanwaltes Dr. Moritz Hammerschlag, sollte ursprünglich Jurist werden. Aber seine musische Begabung zeichnete sich bereits in frühester Jugend ab. Dieses Talent hatte er von seiner Mutter geerbt. Frau Gertrud Prerauer war eine begeisterte Kunstfreundin und versierte Pianistin, die in Breslau bei Bronislaw von Pozniak studiert hatte. Bereits als Kind erhielt Curt Prerauer Geigen- und Klavierunterricht, später kam noch Orgelunterricht dazu.

Nach dem Besuch des Landeshuter Realgymnasiums absolvierte er ein Studium an der Musikhochschule in Breslau bei dem bekannten Professor Max Schneider. Auf Drängen seiner Eltern begab er sich jedoch 1921 nach München und studierte dort zunächst Rechtswissenschaften und später erneut Musik. Danach ging er nach Berlin und wurde Schüler des berühmten Professors Hugo Leichtentritt, der am Klindworth-Scharwenka-Konservatorium lehrte. An diesem interna-tional sehr renommierten Musikinstitut hatte in den Jahren von 1898 - 1903 bereits der Liebauer Komponist, Pianist und Musikpädagoge Professor Conrad Ansorge gelehrt.

Bei diesen hervorragenden Lehrern und seinem großen Talent stand Curt Prerauer eine glänzende berufliche Zukunft bevor. Nach Abschluss seiner Ausbildung war er zunächst als Korrepetitor bei den Opernhäusern in Oldenburg, Essen und bei der Staatsoper in Berlin tätig. Ab 1926 war er persönlicher Assistent des Chefdirigenten Leo Blech. Er arbeitete mit den Dirigenten Wilhelm Furtwängler, Bruno Walter und Erich Kleiber zusammen. Prerauer war auch an Sinfoniekonzerten der Staatsoper beteiligt. Im Jahr 1932 wirkte er als Solist in einer Uraufführung für Orgel und Orchester mit.

Es begann das Jahr 1933 und für Curt Prerauer wurde die Ausübung seines geliebten Berufes aufgrund seiner jüdischen Abstammung immer schwerer. Ein Engagement am Festspielhaus Bayreuth wurde 1933 auf Drängen von Winifred Wagner abgebrochen und auch die Staatsoper Berlin ließ ihm am 01.06.1933 das Entlassungsschreiben zukommen. Seine Kollegen ließen ihn aber nicht im Stich, sie erteilten ihm hervorragende Referenzen.

Curt Prerauer, seine Eltern und auch sein jüngerer Bruder verließen schweren Herzens Deutschland und emigrierten über Großbritannien nach Australien. Sie ließen sich in Sydney nieder. Vater Felix Prerauer fiel 1948 einem Verkehrsunfall zum Opfer und Mutter Gertrud starb 1956.

Um seinen Lebensunterhalt sicherzustellen, nahm Curt Prerauer das Angebot des Theater-Unternehmers Sir Benjamin John Fuller gerne an und arbeitete für die Australian Broadcasting Commission. Als einer von drei Leitern war er für die Organisation von Opernaufführungen verantwortlich. Später wechselte er als Lehrer an die Alfred Hill Academy of Music und wurde im Mai 1938 zum Leiter der Royal Philharmonic Society of Sydney ernannt. Curt Prerauer hatte nunmehr auch beruflich in Australien Fuß gefasst.

Am 07.12.1942 heiratete er die australische Sopranistin Maria Victusya Wolkowsky. Anfang 1950 flog das Ehepaar Prerauer nach Europa und Maria Prerauer feierte glänzende Erfolge als Sopranistin in Spanien, Deutschland und auch im Londoner Covent Garden. Curt Prerauer wurde Manager seiner Ehefrau.

Nach zehnjährigem Aufenthalt kehrten die Prerauers 1960 nach Sydney zurück. Curt Prerauer arbeitete nun als Musikkritiker für australische aber auch für zahlreiche ausländische Zeitschriften. Am 29. November 1967 starb er in einem Krankenhaus in Sydney. Seine Ehefrau überlebte ihn fast 40 Jahre. Sie starb im Alter von 84 Jahren im Mai 2006.

Curt und Maria Prerauer
(Bild von Herrn Robert Glowczyk)

Prerauer, Julian

Kaufmann und Unternehmer
* 23.11.1848 in Landeshut                                  + 15.12.1934 in Berlin

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Julian Prerauer wurde am 23. November 1848 als zweiter von drei Söhnen des Textilkaufmanns Bernhard Prerauer (1819 - 1885) und dessen erster Ehefrau Rosalie, geb. Bruck (1820 - 1850) in Landeshut geboren. Der Vater hatte sein Geschäft in der Wilhelmstr. 13. Nach dem Tod seiner ersten Frau heiratete Bernhard Prerauer Friederike Libas (1823 - 1907), mit der er fünf weitere Kinder hatte. Julius älterer Bruder Joseph war Mitinhaber der bekannten Schuhfabrik Rosenstein & Prerauer.

Die Jahre nach der Reichsgründung 1871 führten zu einem wirtschaftlichen Aufschwung und brachten besonders die Industrialisierung im Land voran. In dieser Zeit der wirtschaftlichen Hochkonjunktur kam es zu vielen Unternehmensgründungen und wissenschaftlichen Fortschritten. Viele Schlesier erhofften sich eine bessere Zukunft, indem sie in die großen Metropolen strebten, vor allem nach Berlin.

Auch die Familie Prerauer zog es in die Reichshauptstadt. So finden sich alle bekannten Geschwister und Halbgeschwister von Julian Prerauer und auch sein Vater und seine Stiefmutter ab 1871 und den folgenden Jahren in Berlin, wie das Berliner Adressbuch ausweist. So steht Julians Vater Bernhard Prerauer erstmals 1873 im Berliner Adressbuch mit einem Gogoliner & Goradzer Kalk- und Productengeschäft in der Berliner Fruchtstr. 5. Bei Gogolin und Goradze, unweit von Oppeln, gab es wichtige Kalksteinvorkommen. Der Transport von Kalk mit der Bahn oder über die Oder zu weiterverarbeitenden Fabriken ließ sich problemlos durchführen. Julian Prerauer, im Berliner Adressbuch 1878 erstmals erwähnt, wurde Mitinhaber. Das Firmenimperium wuchs zu dieser Zeit um eine Dampfmörtelfabrik und eine Kohlenhandlung.

Am 19. Januar 1875 heiratete Julian Prerauer in Berlin seine 20jährige Cousine Jenny (1855 - 1906). Das Paar hatte eine Tochter Ilse (1875 - 1952). Von seiner ersten Frau ließ sich Prerauer am 10. Januar 1906 scheiden. Sie starb kurz darauf am 29. August 1906 in der Dr. Frankel`schen Heilanstalt in Lankwitz. Die Urne mit ihrer Asche wurde im April 1920 auf dem jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee im Julian Prerauer`schen Erbbegräbnis beigesetzt. Julian Prerauer heiratete unmittelbar nach der Scheidung von seiner ersten Frau Fanny Wittner (1867 - 1919).

Tochter Ilse (1875 - 1952) war in erster Ehe seit 1899 verheiratet mit dem Kaufmann Hans Manasse Tauber (1871 - 1917). Ihre gemeinsame Tochter Eva Tauber kam in Berlin 1900 zur Welt (+ 1932). Sie wiederum war verheiratet mit Werner Julius Schlesinger. Ilse ließ sich 1907 von Hans M. Tauber scheiden und heiratete 1909 ihren Cousin, den Magistrats-Assessor Dr. jur. Walter Prerauer (1875 - 1939).

Laut Berliner Adressbuch von 1880 war Julian Prerauer zusammen mit seinem Onkel Markus Prerauer, der gleichzeitig sein Schwiegervater war, Inhaber der Firma Prerauer & Co.. Der Firmensitz lag in den Gebäuden Görlitzer Str. 21 - 28 und sie betrieben einen Großhandel mit Kalk, Gips, Zement und Kohlen. Außerdem wurde ein Mörtelwerk dazu gekauft. Nach dem Tod von Markus Prerauer 1881 war Julian Prerauer Alleininhaber der Firma.

Bei den Erkundungs- und Bauarbeiten zur Bahnstrecke von Löwenberg nach Templin hatte man nördlich von Zehdenick mächtige Tonlager entdeckt. Ab 1888 begann man mit der Erschließung dieser Lager für die Ziegelindustrie. Auch Julian Prerauer gehörte zu den Unternehmern, die entlang der Havel Ziegeleien errichten ließen. Das Prerauer`sche Stammwerk entstand 1891 auf der östlichen Havelseite in Zehdenick, südlich der Bahnlinie. 1893 kam auf der gegenüberliegenden Havelseite, nördlich der Mündung des Welsengrabens und östlich von Mildenberg, ein zweiter Standort, "Prerauer-Neubau" genannt, mit einem Ofen hinzu. Wenig später ließ der Berliner Unternehmer neue Tonvorkommen nördlich von Badingen in der Nähe der ehemaligen Badinger Amtsziegelei erschließen und eine Feldbahn über Mildenberg zu seinem Werk bauen.

Mit dem Ausbau des Stammwerkes Zehdenick auf insgesamt drei Ringöfen und dem Bau einer dritten Ziegelei mit zwei Ringöfen am Welsengraben nördlich von Mildenberg ab 1904 wurde Julian Prerauer einige Jahre vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges zum größten Ziegeleibetreiber und damit zu einem der größten Arbeitgeber im "Zehdenicker Revier". Es sollte noch ein viertes Werk entstehen, aber die 1914 bereits begonnenen Bauarbeiten wurden vermutlich kriegsbedingt eingestellt.

Im Januar 1889 wurde durch den Zusammenschluss der Firmen Robert Guthmann, Wilhelm Caspari und Prerauer & Co. die Vereinigten Berliner Mörtelwerke geschaffen. Die Aktiengesellschaft besaß Kalkwerke, Kies- und Sandgruben sowie weitere Grundstücke, u. a. in Berlin, Charlottenburg, Spandau, Staaken, Niederlehme und Umgebung sowie in Phöben und Umgebung und verfügte über ein Bergwerk mit Kalksteinbrüchen in Groß Strehlitz in Schlesien. Wesentliche Teile der Firma Prerauer, mit Ausnahme der Ziegeleien bei Zehdenick, wurden Bestandteil dieser Gesellschaft.

Der Unternehmer Julian Prerauer trat auch auf anderen Gebieten in Erscheinung. Bis etwa 1904 war er Stadtverordneter in Zehdenick, 1907 spendete er anlässlich der Renovierung der Badinger Kirche zwei Kronleuchter sowie sechs Wandleuchter. In Zehdenick wird ihm die erste befestigte Straße, die zu seiner dortigen Ziegelei führte, zugeschrieben. Außerdem spendete er für die Bedürftigen der Stadt sowie im Ersten Weltkrieg für die Kriegshilfskasse.

Ab 1914 war die Firma Prerauer & Co., Ziegelei, mit dem Inhaber Julian Prerauer unter der Adresse Kaiserdamm 113 in Charlottenburg im Berliner Adressbuch verzeichnet, auch die Privatwohnung befand sich dort.

Der Erste Weltkrieg traf die Prerauer`schen Ziegeleien schwer. Sie wurden stillgelegt und nach dem Ende des Krieges wohl nicht mehr hochgefahren. In den Krisenzeiten der 1920er und 1930er Jahre erholte sich die Ziegelindustrie erst recht nicht wieder. Die im Januar 1933 folgende "Macht-übernahme" der Nationalsozialisten und die beginnenden antijüdischen Gewalttaten erlebte Julian Prerauer noch hochbetagt in Berlin.

Er starb im Alter von 86 Jahren am 15. Dezember 1934 in Berlin-Charlottenburg. Am 14. Januar 1935 wurde er im Prerauer`schen Erbbegräbnis auf dem jüdischen Friedhof Berlin-Weißensee an der Seite seiner beiden Ehefrauen beigesetzt. Heute ist das Erbbegräbnis leider in einem schlechten Zustand.

(Verfasser: Wolfgang Kraus)

Quellen:

  • albert-gieseler.de/dampf_de/firmen4/firmade49108.shtml
  • Berliner Adreßbuch von 1873ff
  • geni.com/people/Julian_Prerauer/6000000156295785882
  • horsthartwig.de/ziegeleien_zehdenick_oestlich:havel.htm
  • Wikipedia



Puschmann, Alois

Politiker (Zentrum)
* 17.05.1882 in Liebau                                                + 28.06.1939 in Sagan

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Alois Puschmann wurde am 17. Mai 1882 in Liebau geboren. Sein Vater Adolf war der Zeitungsausträger Adolf Puschmann und lebte mit seiner Familie in Liebau, Trautenauer Str. 3. Nach dem Besuch der katholischen Volksschule in Liebau arbeitete Puschmann 13 Jahre lang in einer Flachsgarnspinnerei. Danach war er für acht Jahre Arbeitersekretär und für ein halbes Jahr betätigte er sich als Schriftleiter einer Tageszeitung.

Am 1. Januar 1916 wurde Puschmann Stadtverordneter in Glatz. Dort wurde ihm auch zum 1. August 1918 die Leitung des Amtes für öffent-lichen Arbeitsnachweis übertragen, die er bis zum 27. März 1928 ausübte. Hier wurde er zuletzt zum Oberregierungsrat befördert. Außerdem war er während des Ersten Weltkrieges Vorsitzender des Kriegsausschusses für Verbraucherinteressen und Mitglied einer Reihe von Kommissionen und Ausschüssen für Verwaltungs- und Wohlfahrtsangelegenheiten.

Nach seiner Tätigkeit in Glatz übernahm er die Leitung des Landesar-beitsamtes für die Provinz Oberschlesien in Gleiwitz. In Personalunion wurde ihm später auch die Stellung eines Regierungsvizepräsidenten für Oberschlesien übertragen. Seine Dienststellung als Landesarbeits-amtsleiter hatte Puschmann bis zum 31. März 1934 inne. Er verlor diese Aufgabe, da die Nationalsozialisten nach ihrer "Machtergreifung" ab Frühjahr 1933 sukzessive eine "Säuberung" der staatlichen Verwaltung von aus ihrer Sicht unzuverlässigen Beamten durchführten. Als überzeugter Anhänger der Zentrumspartei wurde Puschmann wahrscheinlich nach der Denunziation eines Untergebenen seines Postens enthoben. Stattdessen erhielt er eine untergeordnete Dienststellung im Arbeitsamt in Sagan.

Puschmann aktive politische Tätigkeit begann vermutlich spätestens nach dem Ersten Weltkrieg in der katholischen Zentrumspartei. Im Januar 1919 wurde er in die Weimarer Nationalversammlung gewählt, der er bis zum Juni 1920 als Vertreter des Wahlkreises 9 (Breslau) angehörte. Danach saß Puschmann noch acht Monate lang bis zum 23. Februar 1921 im ersten regulären Reichstag der Weimarer Republik und vertrat den Wahlkreis 8 (Breslau).

Alois Puschmann war zweimal verheiratet und hatte zwei Kinder. Seine erste Frau starb an Tuberkulose. Sein Sohn kam 1943 als zwangs-rekrutierter Soldat im Zweiten Weltkrieg ums Leben.

(Verfasser: Wolfgang Kraus)

Quellen:

  • Wikipedia
  • Adreßbuch der Stadt und des Kreises Landeshut von 1911
  • Datenbank der deutschen Parlamentsabgeordneten, 

       hier: Parlamentsalmanache/Reichstagshandbücher 1867 - 1938

  • www.bundesarchiv.de


Rabe, Johann Hermann

Fabrikant und Kaufmann
* 13.09.1770 in Dittersbach städt.                          + 06.09.1834 in Haselbach

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Johann Hermann Rabe stammte aus Dittersbach städt. Seine Eltern sorgten dafür, dass ihr Sohn eine gute Schulausbildung erhielt. So besuchte er zunächst die evangelische Dorfschule am Ort, ging danach in Waldenburg zur Schule, um schließlich sein Abitur am Gymnasium in Hirschberg zu absolvieren. Dort fand er Zugang zur Musik und entwickelte am Gymnasium besonders sein gesangliches Talent.

Rabe kehrte nach der Schulausbildung ins elterliche Haus nach Dittersbach städt. zurück, wo sein Vater ein Geschäft und eine Fabrikation für Buntlinnen betrieb. Rabe übernahm schließlich das Geschäft des Vaters und baute sowohl dieses als auch die Fabrikation von Leinen erfolgreich aus. Sehr erfolgreich war Rabe mit der Herstellung und dem Vertrieb von Creas-Leinen. Dabei handelt es sich meist um besonders strapazierfähige gebleichte Leinenware für Betttücher.

So gelangte er durch geschicktes Handeln zu Wohlstand und konnte ein sorgenfreies Leben führen. Rabe verlegte schließlich den Firmensitz nach Haselbach, nicht zuletzt aus privaten Gründen. Im Oktober 1807 heiratete er die Witwe des im Jahr 1806 zu Haselbach verstorbenen Pastors Johann Adam Valentin Weigel. Damit übernahm er gleichzeitig die Vaterpflichten für ihre vier Kinder und sorgte für ihre Erziehung und Ausbildung. Schmerzlich traf es das Paar, als ein Sohn und eine Tochter plötzlich an Scharlach starben. Umso mehr erstreckte sich nun seine Fürsorge auf die noch lebenden zwei Söhne. Bereits nach 5 1/2 Jahren starb seine Gattin, was ihn in tiefe Trauer versetzte. Trotzdem unterstützte er seine Söhne bei ihrer Ausbildung und mit großer Freude erlebte er, dass beide sich dem ärztlichen Beruf widmeten. Der ältere von beiden ließ sich als Arzt in Schmiedeberg nieder und wurde in den letzten Lebensjahren seines Vaters dessen Arzt. Der jüngere Sohn wurde Militärarzt.

Nach einer langen Trauerzeit heiratete Rabe im Februar 1817 die deutlich jüngere Henriette Künzel, mit der er 17 Jahre zusammenlebte und vier Kinder hatte, von denen zum Zeitpunkt seines Todes noch zwei lebten; seine Tochter Mathilde und sein Sohn Gustav.

In seinen letzten Lebensjahren war Rabe oft sehr krank. Seine Familie pflegte ihn liebevoll, aber sein körperlicher Verfall war unaufhaltsam. Nach einem achtwöchigen Krankenlager erholte er sich nicht mehr und starb schließlich am 6. September 1834 in seinem Hause in Haselbach.

(Verfasser: Wolfgang Kraus)

Quelle:

  • Schlesische Provinzialblätter, Bd. 100, 1834

Rachfahl, Felix, Prof. Dr.

Historiker
* 09.04.1867 in Schömberg                                      + 15.03.1925 in Freiburg im Breisgau

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Die Vorfahren des bedeutenden Historikers Professor Dr. Felx Rachfahl waren überwiegend Bauern, Lehrer und Priester. Geboren wurde er am 09.04.1867 in der schlesischen Weberstadt Schömberg als Sohn des Volksschullehrers Joseph Rachfahl und dessen Ehefrau Agnes, geb. Deutschmann.

Nach dem Besuch der Gymnasien in Glatz und Breslau studierte er seit 1886 Geschichte, Nationalökonomie und Rechtswissenschaften an den Universitäten Breslau und Berlin. In Breslau wurde er Mitglied der Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks. Bekannte Mitglieder dieser Burschenschaft waren u. a. der Journalist Max Friedländer, der Schrift-steller Karl von Holtei oder auch der Balladendichter Moritz Graf von Strachwitz. Im Jahr 1890 promovierte Rachfahl an der Universität Breslau zum Dr. phil. mit der Dissertation "Der Stettiner Erbfolgestreit 1464 - 1472". 1893 habilitierte er sich mit der Schrift "Der Ursprung des Brandenburgisch-Pommerschen Lebensverhältnisses" an der Universität Kiel, wo er zunächst als Privatdozent für Mittlere und Neuere Geschichte tätig war.

Im Jahr 1898 wurde ihm ein besoldetes Extraordinariat für mittlere und neuere Geschichte an der Universität Halle an der Saale angeboten. 1903 ging er als ordentlicher Professor an die Universität Königsberg, 1907 nach Gießen und 1914 nach Freiburg im Breisgau. Diese Universität wählte ihn 1922/23 auch zum Rektor.

Der bekannte deutsche Verfassungs- und Wirtschaftshistoriker Geh. Hofrat Prof. Dr. Georg von Below bescheinigte Rachfahl umfassende Kenntnisse von bewundernswerter Zuverlässigkeit, Scharfsinn und die Gabe, in kurzer Zeit einen großen Stoff gründlich zu bewältigen. Rachfahl war in seiner Vielseitigkeit mit allen Geschichtsgebieten vertraut. 1894 veröffentlichte er sein verfassungsgeschichtliches Werk "Die Gesamt-staatsverwaltung Schlesiens vor dem dreißigjährigen Krieg", weitere kürzere Arbeiten über die schlesische Landesgeschichte folgten. Sein während der Kieler Zeit gefasstes Vorhaben, die Geschichte der niederländischen Unabhängigkeitskriege niederzuschreiben, konnte er nicht verwirklichen. Nach dem bis 1596 reichenden Fragment "Wilhelm von Oranien und der niederländische Aufstand" (3 Bände) erschienen 1921 noch kritische Untersuchungen über "Don Carlos". Nach 1918 wandte er sich der Geschichte der jüngsten Vergangenheit zu.

Verheiratet war Professor Dr. Rachfahl seit 1898 mit Julie Petrine Conrad (1879 - 1910), Tochter des Flensburger Kaufmannes Heinrich Peter Nicolaus Conrad und dessen Ehefrau Juliane Dorothea Amalie, geb. Deneken. Die Ehe blieb kinderlos. Infolge einer Zuckerkrankheit, die die Amputation eines Beines erforderlich machte, verstarb Professor Dr. Rachfahl am 15. März 1925 in Freiburg im Breisgau.

Seine Heimatstadt Schömberg gedachte des berühmten Sohnes, indem am alten Schulhaus am Markt, seinem Geburtshaus, eine Gedenktafel angebracht wurde.

Quellen:

  • Jordan, Stefan: Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Neue Deutsche Biographie - Band 21, Felix Rachfahl
  • Jordan, Stefan: Neue Deutsche Biographie 21 (2003)
  • Richter, Gustav: Berühmte Zeitgenossen aus Landeshut (Heimatbuch des Krs. Landeshut - 1954)
  • Schlesischer Gebirgsbote
  • Schlesischer Heimatkalender
  • Seeliger, Prof. Dr. Hermann: Bedeutende Männer aus dem Landeshuter Kreise (Heimatbuch des Krs. Landeshut - 1929)
  • Wikipedia

Blick auf das Geburtshaus von Prof. Dr. Felix Rachfahl am Schömberger Markt (2. Haus von links).
 

Räuschel, Jürgen

Wirtschaftsjournalist und Verleger
* 02.03.1936 in Landeshut                                               + 03.05.2005 in Berlin

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Jürgen Räuschel kam am 2. März 1936 in Landeshut zur Welt. Er stammte aus einer wohlhabenden Familie. Doch er war sich zeitlebens darüber bewusst, dass dieser Reichtum des Vaters nicht rechtmäßig war, denn die Leinweberei befand sich ursprünglich im Besitz einer jüdischen Familie. Der Vater starb im Krieg und in den 1950er Jahren ging die Weberei in Konkurs. So kam Räuschel nicht in die Verantwortung, ein Erbe anzutreten zu müssen, das er keineswegs wollte.

Er erprobte sich in ganz unterschiedlichen Berufen, ehe er zum politischen Journalismus fand. Seine journalistischen "Lehrjahre" verbrachte er von 1963 bis 1965 als Redakteur der Zeitschrift "DM", einer der ersten Zeitschriften für Verbraucherschutz. Ende der 1960er Jahre war Räuschel kurzfristig Wirtschaftsredakteur der linken Hamburger Monatszeitschrift "konkret", wurde in den neu gegründeten Betriebsrat gewählt und in der Folge vom Zeitschriftengründer Klaus Rainer Röhl entlassen.

In den 1970er Jahren lebte er in Mannheim und engagierte sich im Zusammenhang mit der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) in Ludwigshafen als verantwortlicher Redakteur der "Linksrheinischen" sowie weiterer DKP-Kleinzeitungen. Aus diesem praktischen Arbeitszusammen-hang entstand 1975 sein erstveröffentlichtes Buch "Chemie-Gigant BASF - Anatomie eines multinationalen Konzerns". In dieser Zeit führte Räuschel im Rhein-Main-Gebiet auch Schulungen für Gewerkschaftsfunktionäre und Betriebsräte durch, u. a. zur kritischen Bilanzanalyse und fundierten Bilanzkritik von als Aktiengesellschaften organisierten Großunternehmen wie z. B. BASF oder Daimler-Benz.

Bereits 1983 gab es einen Vorläufer der Zeitschrift "ÖKO-TEST" in Berlin, die "Neugier-Illustrierte Zeitschrift mit Öko-Test", herausgegeben vom Wirtschaftsjournalisten Jürgen Räuschel. Sie fand allerdings nur wenig Resonanz in der Öffentlichkeit. Ein Test zum Schadstoff Cadmium in Legosteinen stellte schließlich das grundlegende Konzept für das "ÖKO-TEST-Magazin" dar.

In der Tradition der investigativen amerikanischen Journalisten sowie der aufklärerischen Medien entwarf Räuschel in den folgenden Jahren die erste Zeitschrift mit Warentest. Dabei setzte er auf die Beteiligung verschiedener Interessenten. Das Verbrauchermagazin "ÖKO-TEST" sollte den Gebrauchsnutzen von Waren untersuchen, aber auch die Lebensbereiche und Lebensumstände. Die politische Situation der 1980er Jahre führte dazu, dass die "Öko-Bewegung" großen Einfluss auf das neue Verbrauchermagazin ausübte. Es sollte laut Räuschel die Publikumszeitschrift der "Öko-Bewegung" sein.

Ab 1984 arbeitete er mit dem Designer Christof Gassner zusammen, um ein gestalterisches und inhaltliches Konzept für die Zeitschrift zu finden. Diese sollte auf Recyclingpapier gedruckt werden und eine besondere Typografie besitzen. Im April 1985 erschien schließlich die erste Ausgabe dieser neuen von Jürgen Räuschel gegründeten Zeitschrift in Frankfurt.

1989 gründete er den Verlag der Ökologischen Briefe mit drei Informationsdiensten. Später war er Chefredakteur des BUND-Magazins. Zuletzt entwarf er die "Berliner Korrespondenz", die ein Newsletter für Globalisierungskritiker werden sollte. In einem Nachruf, der im Berliner "Tagespiegel" erschien, heißt es: "Jürgen Räuschel starb am Schreibtisch. Vor sich die Losung des Konfuzius: "Wähle einen Beruf, den du liebst, und du brauchst niemals in deinem Leben zu arbeiten."

(Verfasser: Wolfgang Kraus)

Quellen:

  • Eisenhauer, Georg, Nachruf auf Jürgen Räuschel, in: www.tagesspiegel.de
  • www.merkur.de/verbraucher/oekotest-oekotestag-frankfurt-auflage-verbrauchermagazin
  • Wikipedia