Klein Hennersdorf (Jawiszów)

(Verfasser: Hella Tegeler)

Klein Hennersdorf gehört heute zur Landgemeinde Kamienna Góra (Landeshut). Das Dorf liegt an der ehemaligen Kreischaussee zwischen Landeshut und Schömberg und war früher Haltestation der Ziedertalbahn.

Erstmalig erwähnt wird der Ort 1292 unter dem Namen "Heinrichisdorf". Bis 1810 (Säkularisation) war Klein Hennersdorf im Besitz des Klosters Grüssau. Die überwiegend katholische Bevölkerung gehörte zum Kirchspiel Neuen und die evangelischen Bewohner zum Kirchspiel Schömberg. Im Jahre 1862  wurde die katholische Schule errichtet.

Seit 1874 war die Landgemeinde Klein-Hennersdorf Sitz des gleichnamigen Amtsbezirkes, zu dem auch die Landgemeinden Görtelsdorf und Neuen gehörten. Einwohnerzahl: 1925 = 459 (davon 60 evangelisch), 1939 = 430.

Quellen:
- Anhang aus dem Adressbuch von 1911 des Kreises Landeshut
- Knie, J. G.: Übersicht der Dörfer, Flecken und Städte der königl. preuß. Provinz Schlesien, 1845
- Schlesischer Gebirgsbote
- Zimmermann, Friedrich Albert: Beyträge zur Beschreibung von Schlesien, 5. Band, 1785

Der Bahnhof:

Das folgende Foto zeigt den Bahnhof der früheren Ziedertaleisenbahn.

Die Scholtisei:

Quellen:

  • Taube, Tilmann: Die bäuerliche Führungsschicht im Grüssauer Klosterland, von ca. 1550 bis 1750, Selbstverlag 2003
  • Herda, Alfred: Schlesischer Gebirgsbote Nr. 31/1961  (ab IX. Generation) 


Die Scholtisei in Klein-Hennersdorf war laut Taube neben denen in Albendorf, Görtelsdorf und Oppau eine der reichsten und prestigeträchtigsten im ganzen Grüssauer Klostergebiet.
Das Vorhandensein eines Scholzen wird erstmals im Jahre 1551 erwähnt.
I.   Generation:     Hans Scholz               Erb- und Gerichtsscholze (EuGS) ab 1551  (+ vor 1588)
                              Matthäus Manich      EuGS  1588 (laut der Inschrift auf dem Portal der Pfarrkirche
                                                                  in Neuen
II.  Generation:     Georg Scholze           EuGS bis zum Jahr 1612, dann für 9 Jahre abgesetzt.
                                                                   Georg Scholze hatte schlecht gewirtschaftet und war beim 
                                                                   Stift Grüssau und den hinterlassenen Erben der 
                                                                   verstorbenen Hans Scholze und Christoph Scholze hoch
                                                                   verschuldet. Das Stift Grüssau übernahm die Scholtisei auf
                                                                   9 Jahre in Eigenwirtschaft, um Schulden abzutragen und sie
                                                                   vor dem  Ruin zu retten. Georg Scholze durfte aber 
                                                                   weiterhin dort wohnen und bekam währenddessen ein
                                                                   Ausgedinge.
III.  Generation:     Simon Scholze          nach 1621 EuGS       (er stirbt 1633 an der Pest)
IV.  Generation:     Caspar Grundmann  ab ca. 1633 EuGS    (+ 10.06.1667)
V.   Generation:     Michael Dömel          EuGS ca.  1669 bis ca. 1675
                                                                    Er war der Schwiegersohn des Caspar Grundmann.
VI.  Generation:     Sigmund Reich          ab ca. 1676 EuGS
VII. Generation:     Johann Joseph Reich   EuGS ab 16.06.1713     (+ 10.04.1744)
VIII. Generation:    Johann Joseph Reich   Erbscholze in Klein Hennersdorf  
IX.   Generation:    Josef Teichmann          Frei-, Erb- und Gerichtsscholze
X.    Generation:    Kaspar Teichmann       EuGS  ab 1811
XI.   Generation:    Josef Teichmann          EuGS  ab  1872
XII.  Generation:    Josef Teichmann          Da er bereits im Jahr 1892 verstarb, führte seine Witwe
                                                                       Laura die Erbscholtisei weiter, bis im Jahre 1907 der 
                                                                       jüngste Sohn Otto den elterlichen Besitz übernahm.                                                                                   Dieser führte ihn bis zur Vertreibung. 

Der mächtige, im Quadrat umbaute Bauernhof der Erbscholtisei lag direkt gegenüber dem Dorfteich, welcher auch zur Scholtisei gehörte. Mächtig wirkt die große Hofeinfahrt zum Haus. Hoch oben auf dem Dachfirst ziert das Herrenhaus die Dorfglocke. Hier wurde der Morgen, der Mittag und der Abend eingeläutet. Die Felder der Scholtisei dehnten sich bis zum 3 km entfernten Nachbarort Lindenau aus. Direkt gegenüber der Scholtisei befand sich der Gerichtskretscham.
Sowohl die Scholtisei als auch der Gerichtskretscham befanden sich im Besitz der Familie Teichmann.
 

Anzeige aus der Zeitung "Der Bote aus dem Riesengebirge",

Heft Nr. 125/1873.

Gerichtskretscham und Scholtisei

Die Scholtisei im Jahre 1972

Die Gastronomie:

In Klein Hennersdorf gab es vor dem Krieg 3 Gasthöfe:
1.  Haus Nr. 1                                         Der "Gerichtskretscham"
2.  Haus Nr. 56                                      Gasthof "Zum Deutschen Kaiser"
3.  Haus Nr. 85                                      Gasthaus "Deutsches Haus"

Haus Nr. 1 - Der Gerichtskretscham  (Inhaber: Otto Teichmann)

Haus Nr. 56 - Gasthaus "Zum Deutschen Kaiser" 
(Gasthaus und Bäckerei August Stocker)

(Aufnahme: 1915)
(Bild von Herrn Dr. Bernhard Stocker)

Haus Nr. 56 - Gasthaus "Zum Deutschen Kaiser"

(Gasthaus und Bäckerei August Stocker)

(Aufnahme: 1916)
(Bild von Herrn Dr. Bernhard Stocker)

Haus Nr. 56 - Gasthaus "Zum Deutschen Kaiser"

(Gasthaus und Bäckerei Otto Stocker)

(Aufnahme: 1943)
(Bild von Herrn Dr. Bernhard Stocker)

Haus Nr. 56 - Gasthaus "Zum Deutschen Kaiser"
(Besitzer: August Stocker)
(Bild von Herrn Dr. Bernhard Stocker)

Haus Nr. 85 - Gasthaus "Deutsches Haus"
(Besitzer: Paul Weirich, später Heinrich Scholz)

Haus Nr. 85 - Gasthaus "Deutsches Haus" (Besitzer: Heinrich Scholz)


Die katholische Volksschule:

Eine katholische Schule bestand bereits im Jahr 1849. Die Planung für einen Neubau wurde 1859 begonnen. Fertiggestellt wurde sie im Jahr 1862.

Lehrer Fest aus Neuen wurde im Mai 1849 Lehrer an der katholischen Schule in Klein Hennersdorf.

(Quelle: Schlesische Provinzialblätter, Bd. 129, 5. Stück, 
Mai 1849, S. 437)

Anzeige aus der Zeitung "Der Bote aus dem Riesengebirge",

Heft Nr. 40/1859.

Die katholische Volksschule in Klein Hennersdorf.
Erbaut wurde sie im Jahre 1862.

Volksschulausflug der Klein Hennersdorfer Schülerinnen und Schüler vermutlich zur Burg Kynast mit Lehrer Schumann (Aufnahme: um 1932)

(Bild von Herrn Dr. Bernhard Stocker)

Schülerinnen und Schüler der Volksschule mit ihren Lehrern 

Schülerinnen und Schüler der Volksschule mit ihren Lehrern Rinke und Schumann im Jahre 1939

Klein-Hennersdorfer und Grüssauer Schülerinnen besuchen gemeinsam die Koch- und Haushaltsschule.

Geschichte des Bauerngutes Nr. 3  (Herda):

Quelle:

  • Schlesischer Gebirgsbote Nr. 31/1961


Die Familie gelangte über Thüringen nach Schweidnitz. In Klein Wierau, Kreis Schweidnitz, wurde im Jahre 1790 Josef Herda als Bauernsohn geboren. Ca. 1815 erwarb er in Trautliebersdorf den Kretscham mit Landwirtschaft. Später lebte er mit seiner Ehefrau bei seiner verheirateten Tochter Raschke in Oppau. Sein Sohn kam durch Einheirat nach Klein Hennersdorf auf den Hof Nr. 3. Dieser Hof blieb bis zur Vertreibung im Familienbesitz.
Im Jahr 1890 erwarb die Familie eine Familiengruft auf dem Friedhof in Neuen.

Familiengruft der Familie Herda auf dem Friedhof in Neuen.

Geschichte des Bauerngutes Nr. 12  (Stöckel):

Quelle:

  • Schlesischer Gebirgsbote Nr. 32/1961


Dieses Bauerngut war seit 1725 im Besitz der Familie Stöckel. Diese Familie kam ursprünglich aus Bayern und zog um 1560 nach Görtelsdorf. Georg Stöckel, geb. 1570, verstarb 1635 in Görtelsdorf. Die beiden nächsten Generationen (Friedrich Stöckel * 1612, + 1658 und dessen Sohn Friedrich Stöckel * 1645, + 1707) lebten in Neuen. Hans Georg Stöckel (geb. 1694) erwarb 1725 in Klein Hennersdorf das Bauerngut Nr. 12. Seit dieser Zeit war die Familie Stöckel hier ansässig. Der letzte Besitzer des Hofes vor der Vertreibung war Paul Stöckel.

Paul Stöckel

Haus Nr. 12 - Familie Paul Stöckel (Aufnahme: 1957)

Die Familie Stöckel in der neuen Heimat in Mühlheim/Ruhr

Bauerngut Nr. 15

Dieses Bauerngut gehörte im Jahr 1869 A. Stocker, der es im September 1869 zum Verkauf anbot. Wer Nachfolger wurde, ließ sich bisher nicht ermitteln. Eigentümer des Bauerngutes war nach den Adressbüchern der Jahre 1911, 1925 und 1938 der Landwirt Alois Martin.


Anzeige aus der Zeitung "Der Bote aus dem Riesengebirge",

Heft Nr. 105/1869.

Geschichte der Bauernhöfe Nrn. 17 und 51  (Zenker):

Quelle:

  • Schlesischer Gebirgsbote Nr. 32/1961


Ebenso wie die Familie Stöckel war auch die Familie Zenker zuerst in Görtelsdorf ansässig. Im Jahre 1738 kam die Familie nach Klein Hennersdorf. Zuerst bewohnte sie den Hof Nr. 68 (zuletzt Albert Emmler). Nach zwei weiteren Generationen erwarb im Jahre 1842 Johann Zenker den Hof Nr. 17 und bewirtschaftete diesen 40 Jahre lang. Gleichzeitig errichtete er auch das Haus Nr. 51 (zuletzt Alois Zenker). Im Jahre 1882 verkaufte Johann Zenker den Hof Nr. 17 an seinen Sohn Bruno und zog selbst in das Haus Nr. 51. Bruno Zenker übergab 1914 den Hof Nr. 17 an seinen Sohn Richard. Nach 1946 lebte Richard Zenker an der Niederelbe.

Geschichte der Bauernhöfe Nrn. 24 und 25  (Hoffmann):

Quelle:

  • Schlesischer Gebirgsbote Nr. 31/1961


Die Familie Hoffmann besaß in Lindenau eine Landwirtschaft. Franz Hoffmann wurde im Jahre 1792 dort geboren und kam durch Einheirat nach Klein Hennersdorf auf den Bauernhof Nr. 24. Den Hof Nr. 25 erwarb er dazu und baute diesen neu auf. 1872 übernahm sein Sohn Franz beide Höfe. Nach dessen Tod im Jahre 1915 waren vier Kinder erbberechtigt. Der Hof Nr. 25 wurde von seinem letzten Besitzer Josef Hoffmann (gestorben 1940) an die Benediktiner-Abtei Grüssau verpachtet und erhielt den namen Benediktushof.
Die Grabstätte der Familie Hoffmann befand sich auf dem Friedhof in Neuen.

Die Grabstätten der Familien Hoffmann und Teichmann 

auf dem Friedhof in Neuen.

Haus Nr. 33:

Nach der folgenden Zeitungsanzeige gehörte im Jahr 1835 die Kleingärtnerstelle einer Familie Hirthe. Wer Eigentümer dieser Stelle nach 1835 war, ließ sich bisher nicht ermitteln.
In den Adressbüchern der Jahre 1911, 1925 und 1938 werden folgende Namen genannt:
1911            =       August Weniger - Gemeindebote
1925          =        Bruno Zenker - Kleingärtner
1938          =        Josef Geisler - Schmied

Anzeige aus der Zeitung "Schlesischer Gebirgsfreund", Heft Nr. 14/1835

Haus Nr. 38 - Mühle mit Bäckerei und Landwirtschaft

(Besitzer: August und Martha Raabe, später Johann Domagalla)

Neuanfang der Familie Domagalla im Jahre 1956 in 

Buggensegel/Kreis Überlingen

Mühle mit Sägewerk und Landwirtschaft

St. Johannes von Nepomuk an der Raabemühle.

Die ehemalige Mühle mit Bäckerei im Jahre 2012


(Bild von Herrn Arnold Wittwer aus Bensheim)

Haus Nr. 65 - Landwirt und Kohlenhändler Josef Bock
(Aufnahme: 1973)

Werbezettel der Leinenhandlung Friedrich Maywalds Ww.

Gewerbetreibende in Klein Hennersdorf

Auszug aus dem Amtlichen Adressbuch für Industrie, Handel und Gewerbe des Jahres 1927.

Steinkreuze:

(Bild von Herrn Arnold Wittwer, Bensheim - Aufnahme: 2012)

(Bild von Herrn Arnold Wittwer, Bensheim - Aufnahme: 2012)

An der Nepomuk-Brücke

(Aufnahme: 1979)

Gefallene des 1. Weltkrieges:

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Aus den Verlustlisten (VL) der Gefallenen des 1. Weltkrieges ergeben sich für Klein Hennersdorf folgende Namen:

  • Baumert           Paul           * 01.11.    ?                                  VL vom 17.08.1918   -  Seite 25675
  • Dienst               Joseph       * 09.10.1881       + 27.10.1918    VL vom 25.02.1919  -  Seite 29343
  • Ehmüller          Heinrich                                                       VL vom 17.10.1917    -  Seite 21181
  • Herda                Hugo         * 29.11.1896        + infolge        VL vom 25.04.1917  -  Seite 18269

                                                                                Krankheit

  • Höptner            Josef          * 07.01.  ?           + 28.05.1917    VL vom 18.11.1918     - Seite 27760
  • Kleinwächter   Richard      * 16.01.   ?                                   VL vom 01.08.1918   - Seite 25386  
  • Kluge                Karl            * 07.09.1875       + 24.08.1918   VL vom 22.02.1919   - Seite 29309
  • Rauer                Richard                                                         VL vom 04.03.1915  - Seite 5101
  • Schaal               August       * 02.12.1894      + 05.10.1918    VL vom 06.01.1919   - Seite 28563
  • Schaal               Paul                                                               VL vom 27.05.1915  - Seite 6564
  • Stief                   Joseph                                                           VL vom 20.03.1916 - Seite 11686


Diese Aufstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Am Spritzenhaus der Freiwilligen Feuerwehr war eine Gedenktafel für die während des 1. Weltkrieges Gefallenen angebracht worden.

Die Freiwillige Feuerwehr:

Im Jahre 1895 gründeten die Gemeinden Klein Hennersdorf und Neuen einen Spritzenverband und kauften von einer Firma aus Patschkau in Schlesien eine neue Spritze. Da diese auch Pflege benötigte, hielt der damalige Gemeindevorsteher am 25.03.1897 eine Gemeindeversammlung ab, um eine Feuerwehr zu gründen. In der Versammlung waren viele Gemeindemitglieder für die Gründung und viele auch dagegen. Um ein Scheitern zu verhindern, ließ der Versammlungsleiter ein Faß Bier anrollen und es kam sofort eine andere Stimmung auf. Es meldeten sich sofort 30 Männer freiwillig, um der Wehr beizutreten. Damit konnte auch ein Vorstand gewählt werden.

Das folgende Bild zeigt die 40jährige Gründungsfeier der Freiwilligen Feuerwehr im Jahre 1937.

Anzeige aus der Zeitung "Der Bote aus dem Riesengebirge",

Heft Nr. 70/1864.

Alte Flurnamen in Klein Hennersdorf:

Quelle:

  • Böcks, Fritz: Die Flurnamen im Ziedertal in: Zeitung "Der Wanderer im Riesengebirge", Heft Nr. 10/1925


Von Lindenau aus führte der Weg über den "Großen Hau", das "Hasenbad", die "Kleinen Bissel" und den "Schnepfengrund" nach Klein Hennersdorf. Hier gab es folgende Flurnamen:

  • das "Geld"
  • die "Judenwiese"
  • das "Zipfelwieschen",
  • den "Judentempel" (Ackerstück).


Auf diesen Wegen gelangte man nach Leuthmannsdorf.

Diesen Kartenausschnitt stellte Herr Hubert Jahn zur Verfügung.
Hier sind noch die alten Ortsnamen aufgeführt. Am 28.11.1929 erfolgte der Zusammenschluss der Orte Kratzbach und Leuthmannsdorf zur Gemeinde Erlendorf.
Die Umbenennung des Ortes Blasdorf bei Schömberg in Tannengrund wurde am 15.06.1936 vollzogen.