Dittersbach grüss. (Jurkowice)
(Verfasser: Hella Tegeler)
Quellen:
- Die Chronik der Feldmühle 1885 - 1935
- Patschovsky, Wilhelm: Führer durch das Riesen- und Isergebirge
- Schlesischer Gebirgsbote
- Zeitschrift "Der Wanderer im Riesengebirge" (Feburar 1926)
Im Rahmen einer Verwaltungsreform wurde am 1. Januar 1936 Dittersbach grüss. in die Stadt Liebau eingemeindet.
Der Ort liegt an beiden Seiten der Schwarzbach im anmutigen Liebauer Tal, nordwestlich vom Raben- und Überschargebirge. Erstmalig erwähnt wird der Ort 1292 unter dem Namen "Diterichisdorf". Bis 1810 war Dittersbach grüss. im Besitz des Klosters Grüssau. Die Kirchen beider Konfessionen und auch das Standesamt befanden sich in Liebau. An der örtlichen Schule unterrichtete über 32 Jahre lang Wilhelm Patschovsky, der nicht nur ein hervorragender Pädagoge, sondern auch ein ausgezeichneter Kenner der regionalen Geschichte war. In Dittersbach grüss. befand sich u. a. die bekannte Papierfabrik "Feldmühle", die am 27.08.1885 von Dr. Leo Gottstein gegründet worden war. 1925 zählte der Ort 1.098 Einwohner, davon waren nur 154 evangelisch.
Blick auf Dittersbach grüss. bei Liebau
Dittersbach grüss. bei Liebau
Die Etrich-Taube beim Überlandflug Liebau - Oberaltstadt i. B. am
24. August 1913 mit Pilot Friedrich und Herrn Igo Etrich als Beobachter.
Blick auf Dittersbach grüss. bei Liebau
Blick auf Dittersbach grüss. mit Drahtbundkistenwerke,
Hessische Möbelfabrik und Glasfabrik.
Die Scholtisei:
Vorbemerkung:
Quelle:
- Von Lutterotti, Nikolaus: Die Scholtiseien der Grüssauer Stiftsdörfer im Kreis Landeshut um 1400 in: Heimatkalender des Kreises Landeshut/Schl. 1927, herausgegeben von Kreisausschuß-Sekretär Hornig Landeshut 1. Jahrgang - Druck: Schlesierverlag L. Heege, Schweidnitz
Zu den kostbarsten Stücken des Grüssauer Klosterarchivs gehört ein auf Pergament geschriebenes Zinsregister des Klosters, das um das Jahr 1400 entstanden ist. Dieses Zinsregister enthält u. a. auch wertvolle Angaben über die Geschichte der Scholtiseien des Kreises Landeshut. In der Kolonisationszeit warben Unternehmer, auch Lokatoren genannt, im Auftrag des Grundherren Kolonisten aus dem deutschen Westen an und siedelten dieselben in bereits bestehenden slawischen Dörfern oder auf Neurodungen an. Als Entgelt für ihre Bemühungen erhielten diese Lokatoren in der neuen Siedlung ein Stück Land, das frei war von jeder Abgabe an den Grundherren. Nur im Kriegsfalle waren manche von ihnen zur Heeresfolge mit einem Roß verpflichtet. Dieser herzogliche Roßdienst wurde später vom Landesfürsten öfters dem Kloster geschenkt, so dass er in Kriegszeiten dem Abt geleistet wurde. Das Ansehen, dass der Lokator durch seine Steuerfreiheit und seinen größeren Besitz besaß, sicherte ihm und seinen Nachkommen eine hervorgehobene Rolle im Dorfe zu. Als "Scholze" wurde er das Dorfoberhaupt und die berufene Mittlerperson im Verkehr mit dem Grundherren. Oft erweiterte er seinen Grundbesitz durch Erbschaft und Käufe. Für diesen Zuwachs musste er aber Zins und Dienste leisten wie die anderen Dorfbewohner. Nur das Stammgut blieb steuerfrei. Es wurde als eine Art Lehen angesehen. Ohne Genehmigung des Abtes konnte es nicht veräußert werden. Bei Besitzwechsel zog der Abt für die Weitergewährung der Privilegien eine Abgabe von 10 Proz., das Laudemium, ein. Um die Oberhoheit des Abtes anzuerkennen, mussten die Scholzen auch von ihrem steuerfreien Stammgut einen kleinen, sinnbildlichen Anerkennungszins entrichten. Meist waren sie verpflichtet, sich zweimal im Jahr dem Abt mit einem kleinen Geschenk vorzustellen, das bald näher bestimmt, bald ihrem Belieben überlassen war. Man nannte das "den Herrn Abt ehren = honorare Dominum Abbatem".
Die Scholzen hatten auch die Niedergerichtsbarkeit (judicium) und die Niedervogtei (advocatia) in ihrem Dorfe. Zur niederen Gerichtsbarkeit gehörten die Fälle, die heute der Schiedsmann schlichtet. Vor der niederen Vogtei wurden Käufe und Verträge abgeschlossen. Manche Scholzen besaßen das Jagdrecht auf Hasen und Federwild. Sie waren dann zu Wildbrettlieferungen an das Stift verpflichtet.
Nach dem Zinsregister aus dem Jahr 1400 wurden von der Dittersbacher Scholtisei folgende Leistungen an den Abt geleistet:
Die Scholtisei hatte noch ihren alten Umfang. Sie gab dem Abte zu Michaelis ein beliebiges Anerkennungsgeschenk. Niedervogtei und Niedergerichte üben Rat und Vogt zu Liebau aus.
Namentliche Aufstellung der Scholzen:
Quelle:
- Taube, Tilmann: Die bäuerliche Führungsschicht im Grüssauer Klosterland von ca. 1550 bis 1750) Selbstverlag 2003
Die Besitzerfolge stellt sich ab ca. 1550 wie folgt dar:
I. Generation: Valentin Höptner Erb- und Gerichtsscholz (EuGS) 1555
II. Generation: Matthes Krebs EuGS (2 Hufen) 1595
III. Generation: Jacob Laussmann EuGS ca. 1620
IV. Generation: Thomas Niepel EuGS nach 1620
V. Generation: Hans Schmied EuGS 1676 (+ 1696)
VI. Generation: Hans Schmied (d. J.) kauft am 03.01.1696 die Scholtisei des verstorbenen
Vaters.
Das Vorwerk - "Kaltvorwerk":
Quelle:
- Taube, Tilmann: Die bäuerliche Führungsschicht im Grüssauer Klosterland von ca. 1550 bis 1750, Selbstverlag 2003
Die Besitzerfolge stellt sich wie folgt dar:
I. Generation: Georg Strecker Vorwerksbesitzer ab 1554
II. Generation: Thomas Friedrich Vorwerksbesitzer vor 1595 (+ 1595)
III. Generation: Heinrich Friedrich Vorwerksbesitzer (3 Hufen) um 1620
IV. Generation: Georg Engler Vorwerksbesitzer (3 Hufen plus 1 Hufe) um 1650
V. Generation: Melchior Engler d. Ä. Vorwerksbesitzer 1676, Übergabe 1718
VI. Generation: Melchior Engler d. J. erwirbt das Vorwerk vom Vater am 12.01.1718
Die Gastronomie:
In Dittersbach grüss. gab es früher 2 Gasthäuser:
- Der "Gerichtskretscham"
- Gasthof "Zum Rabental"
Haus Nr. 32 - Der Dittersbacher Gerichtskretscham wechselte mehrfach den Besitzer. Um 1907 hieß der Wirt Stanislaus Cichorzewski. Später folgten Josef Gersch und ein Herr Schmidt. Dieser wurde von den Dittersbachern "Kohle-Guste-Wilhelm" genannt. Zwischen den Jahren 1911 und 1925 wurde der Kretscham an die Glashütte Liebau verkauft, die ihn umbauen und aus den Räumen Wohnungen für die Glasarbeiter gestalten ließ.
Haus Nr. 93 - Gasthaus "Zum Rabental"
Besitzer dieses Gasthauses war Paul Buchaly
Haus Nr. 93 - Gasthaus "Zum Rabental
Haus Nr. 93 - Das frühere Gasthaus "Zum Rabental"
(Bild von Herrn Krzysztof Jawor - Aufnahme: 2023)
Die katholische Volksschule:
An dieser Schule war Wilhelm Patschovsky 32 Jahre lang als Hauptlehrer tätig. Darüber hinaus war er Kantor und Schriftsteller.
Das Schulgebäude - heute
(Bild von Herrn Krzysztof Jawor)
Nach Wilhelm Patschovsky`s Eintritt in den Ruhestand wurde der Hauptlehrer Theodor Schmieschek sein Nachfolger. Das Bild zeigt ihn an seinem 90. Geburtstag im Jahre 1970.
Katholische Volksschule - Einschulungsjahrgang 1926 mit Hauptlehrer Theodor Schmieschek (Aufnahme: 1933)
Schülerinnen und Schüler der katholischen Volksschule mit Lehrer Pohl im Jahre 1935
Schulausflug in das Tal der Liebe mit Lehrer Lampe im Jahr 1929
Gefallene des 1. Weltkrieges:
Aus den Verlustlisten (VL) der Gefallenen des 1. Weltkrieges ergeben sich für Dittersbach grüss. folgende Namen:
- Blau Ambrosius * 13.01. ? VL vom 13.09.1917 - Seite 20564
- Fichtner Paul * 05.11. ? VL vom 02.07.1918 - Seite 24734
- Fiebig Bruno * 14.01. ? + 22.09.1918 VL vom 16.11.1918 - Seite 27728
infolge Krankheit
- Klein Max * 30.06. ? VL vom 01.06.1918 - Seite 23968
- Klein Paul * 14.08.1894 VL vom 19.09.1918 - Seite 26384
- Kleinwächter Heinrich VL vom 09.08.1915 - Seite 8060
- Kleinwechter Alois * 20.07.1891 VL vom 24.02.1917 - Seite 17671
- Pflüger Erich + 15.10.1914 VL vom 11.11.1914 - Seite 2477
- Reichstein Wilhelm * 17.01.1878 + 01.07.1916 VL vom 05.07.1917 - Seite 19470
- Rösner Heinrich + 16.03.1915 VL vom 24.03.1915 - Seite 5456
- Rummler Paul * 08.12. ? VL vom 07.01.1918 - Seite 22346
- Schmidt Paul * 11.10 ? + infolge VL vom 12.04.1918 - Seite 23119
Krankheit
- Schmidt Robert VL vom 16.11.1915 - Seite 10181
- Schmidt Wilhelm * 02.03. ? VL vom 18.09.1917 - Seite 20677
- Schröter August VL vom 13.11.1915 - Seite 10119
Diese Aufstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
In der Zeitschrift "Na Szlaku", Heft Nr. 12/2022, veröffentlichte Herr Marian Gabrowski einen sehr interessanten Artikel über das Kriegerdenkmal in Dittersbach grüss. Nachfolgend einige Auszüge: "Der Standort des Denkmals ist auf Messtischblattkarten aus der Vorkriegszeit zu erkennen, wo das entsprechende Symbol westlich der zur Staatsgrenze führenden Straße (heute Sadecka-Straße) angebracht ist. Einen Eindruck vom Aussehen dieses Denkmals vermittelt ein Archivfoto. Hier sehen wir eine steinerne Stele mit der Darstellung eines Eisernen Kreuzes und drei Zeilen, die oben die Art des Gedenksteins beschreiben, darunter zwei Spalten, in denen die Gefallenen aufgelistet sind und ganz unten wahrscheinlich Informationen über das Jahr der Errichtung des Denkmals.
Als ich mir die Bilder auf der Google-Maps-Website ansah, bemerkte ich, dass es genau an dieser Stelle ein Objekt gibt, das wie ein umgestürztes Denkmal aussieht. Bei dem im Hintergrund sichtbaren Gebäude handelt es sich um den ehemaligen Dittersbacher Gerichtskretscham, so dass das Denkmal nicht nur an der Hauptstraße, sondern auch in der Nähe des Ortes, der das Zentrum des dörflichen Lebens darstellt, aufgestellt wurde.
Könnte es sein, dass dieses Denkmal erst nach dem Krieg umgestürzt wurde und bis heute unversehrt geblieben ist? Dies wäre genau die gleiche Situation wie im Falle der Denkmäler in Lindenau oder Tschöpsdorf. Bei nächster Gelegenheit beschloss ich, meinen Verdacht zu überprüfen. Als ich an der Stelle ankam und die hier gefundenen Elemente genauer betrachtete, stellte ich fest, dass es sich um Elemente eines umgestürzten Denkmals handelt. An der Westseite befindet sich ein Betonblock mit rechteckigem Querschnitt und einer Seitenlänge von 120x60 cm, der etwa 50 cm aus dem Boden ragt. Dies ist zweifellos der obere Teil des Fundaments, auf dem das steinerne Denkmal errichtet wurde. Vor dem Sockel liegt eine 115 cm breite Granitplatte, die mindestens 40 cm dick und 160 cm breit ist. Die tatsächlichen Abmessungen müssen etwas größer sein, da der Block teilweise im Boden versenkt ist. Es ist jedoch festzustellen, dass die oben genannten Werte nahe an den Abmessungen der zuvor beschriebenen Denkmäler aus Lindenau oder Tschöpsdorf liegen. Daher sollte man davon ausgehen, dass es sich um eine Steinstele handelt, die an die im Ersten Weltkrieg gefallenen Einwohner von Dittersbach grüss. erinnert. Heute liegt es umgestürzt mit den Inschriften nach unten, so dass sie nicht sichtbar sind.
Eigentümerin des Grundstücks ist die Gemeinde Liebau. Ich habe daher bei der Stadtverwaltung nachgefragt, ob sie Kenntnis von der Existenz dieses Objekt hat und ob es im städtischen Denkmalregister eingetragen ist. Aus der Antwort, die ich erhalten habe, geht hervor, dass die Stadt keine Informationen über dieses Denkmal hat und es auch nicht in diesem Register aufgeführt ist. Meiner Meinung nach lohnt es sich, Maßnahmen zu ergreifen, um die derzeitige Situation zu ändern."
Messtischblatt mit dem Standort des Kriegedenkmals.
(Bild von Herrn Marian Gabrowski)
Das Kriegerdenkmal
Rechts im Bild sind Steinelemente zu sehen, die am ehemaligen Standort des Denkmals stehen. Das Gebäude im Hintergrund
ist der frühere Gerichtskretscham.
(Bild von Herrn Marian Gabrowksi)
Blick von Norden auf das umgestürzte Denkmal, links die umgestürzte Stele, rechts das Fundament des Denkmals.
(Bild von Herrn Marian Gabrowski)
Grenzzollhaus
Öffentliche Ausschreibung zur Errichtung eines Zollhauses
Anzeige aus der Zeitung "Der Bote aus dem Riesengebirge", Heft Nr. 26/1822
Das Grenzzollhaus
Waldkapelle unter dem Rabenstein am Feldweg nach Dittersbach.
Haus Nr. 67 - Kolonialwarenhandlung Robert Strecker
Gewerbetreibende in Dittersbach grüss.
Auszug aus dem Amtlichen Adressbuch für Industrie, Handel und Gewerbe des Jahres 1927.
Bilder aus dem Alltag:
Kirmesfeier 1919
Kirmesfeier 1921
Vereine:
Turnverein Gut-Heil, Jugendgruppe mit Turnwart Alfred John
Turnverein Gut-Heil, Jugendgruppe mit Turnwart Alfred John
Turnverein Gut-Heil bei einem Kreisturnfest in Landeshut:
Geisler, Bischof, Liebich, Scholz S., Bischof, Karpf, Scholz G., Karpf, Scholz P., Teichert, Lorenz.
Bei der Verteilung der Sportabzeichen: Karpf, Rzehak , Liebich, Scholz, Rädisch, John und Lorenz.
Turnverein Gut-Heil, fröhliches Beisammensein nach einer Vorstandssitzung
Der Radfahrverein "Edelweiß"
Die Freiwillige Feuerwehr vor dem Spritzenhaus. Gegründet wurde sie im Jahre 1899.
Weißnäherei der Frau Ahlich
Von links nach rechts, hinten: Mieze Stöckel, Frau Ahlich, Frau Weber.
An den Maschinen: Frl. Taube, ..?.., ..?.., Hilde Alt, Dorchen Engler,
Frl. Ruffer
Cellulosefabrik "Feldmühle"
Gründer der Liebauer "Feldmühle" war Dr. Leo Gottstein. Am 26.05.1850 erblickte er in Breslau als Sohn des Kaufmannes Emanuel Gottstein und dessen Ehefrau Rose, geb. Behrend, das Licht der Welt. Nachdem er zuerst vergleichende Anatomie studiert hatte, wechselte er anschließend zum Chemiestudium und promovierte in diesem Fach in Straßburg. Als naher Verwandter des Papier-fabrikanten M. Behrend-Varzin, der den Patentstreit gegen einen der Miterfinder des Sulfitzell-stoffs, Alexander Mitscherlich, gewonnen hatte, beabsichtigte Gottstein die Gründung eines Zellstoffwerkes. Die Sulfitzellstoffherstellung faszinierte ihn, denn es gab damals überhaupt kaum etwas Zeitgemäßeres und Aussichtsreicheres als diesen Halbstoff für die Papierherstellung.
Er begab sich im Sommer 1885 in Schlesien auf die Suche nach Grund und Gründern für ein von ihm geplantes Zellstoffwerk. Den Grund fand er in Liebau. Es war eine uralte Mühle, "Feldmühle" genannt und sie stammte aus dem 13. Jahrhundert. Ursprünglich war sie die Stiftsmühle des Klosters Grüssau, anschließend diente sie lange Zeit als Mangelanlage für das Hauswebergewerbe der Gegend. In dem Gründungsbericht heißt es über die Feldmühle: "Nach vielseitigen, vorsichtig und sachverständig angestellten Erhebungen wurde das Grundstück genannt "Feldmühle", in Dittersbach (Grüssau) bei Liebau als geeignet zur Anlage der Fabrik befunden". Sehr schnell fanden sich auch Gründer in genügender Zahl und am 27. August 1885 wurde die "Schlesische Sulfit-Cellulose-Fabrik Feldmühle" Liebau mit einem Aktienkapital von 360.000 Mark gegründet. Die Gründungsverhandlung fand in Schmidts Hotel in Liebau statt. Dr. Leo Gottstein wurde zum alleinigen Direktor des Unternehmens bestellt und beteiligte sich mit 30.000 Mark an diesem Unternehmen.
Bereits 1891 wurde ein Zweigwerk in Cosel an der Oder erbaut. 1895 entstanden Papiermühlen in Liebau und in Cosel. Die Hauptverwaltung wurde damals nach Breslau verlegt. 1906 war das Unternehmen Mitbegründer der "Pommerschen Zellstoff-Aktiengesellschaft" bei Stettin und übernahm deren gesamtes Aktienkapital im Jahre 1910. Nunmehr nannte sich die Firma "Feldmühle, Papier- und Zellstoffwerke AG". Weitere Papiermühlen wurden errichtet (Odermünde, Dierfeldgarn GmbH Oberlangenbielau) oder aufgekauft (Pommersche Papierfabrik Hohenkrug).
Aus bescheidenen Anfängen hatte Dr. Leo Gottstein eines der bedeutendsten deutschen Unternehmen der Zellstoff- und Papierfabrikation geschaffen. Die Feldmühle zählte zeitweise zu den zehn größten Unternehmen Deutschlands. Nach dem Krieg befand sich der Firmensitz zunächst in Hillegossen bei Bielefeld, später in Düsseldorf. Im Laufe der Jahre änderten sich sowohl die Namen der Besitzer als auch die Firmennamen. Zum Schluss wurden aus der "Feldmühle Nobel AG", später die "Stora Feldmühle AG" und heute die '"Stora Enso Deutschland GmbH" mit Sitz in Düsseldorf, Feldmühleplatz. Der Straßenname erinnert noch an die Anfänge.
Verheiratet war Dr. Gottstein mit Hedwig Behrend, Tochter des Moritz Behrend, Gründer und Besitzer der Varziner Papierfabrik. Während der Ehe wurden vier Kinder geboren, zwei verstarben bereits sehr früh. Sohn Hans, geboren 1887, wurde 1913 Nachfolger seines Vaters und General-direktor der Feldmühle. Sohn Kurd, geboren 1894, war Vorstandsmitglied der Feldmühle. Dr. Leo Gottstein starb am 31.01.1922 in Weimar.
Zum Andenken an den Firmengründer stiftete die Feldmühle der Stadt Liebau ein Parkgelände, das nach Dr. Gottstein benannt wurde. Der Gottstein-Park lag an der Straße, die nach Buchwald führte.
Die alte Feldmühle in Dittersbach grüss. 1885
Dr. Leo Gottstein (26.05.1850 -31.01.1922)
Das Stammwerk der Cellulosefabrik "Feldmühle" in Dittersbach grüss.
Eine Papiermaschine im Stammwerk
Der Gottsteinpark
Der Gottsteinpark
Ausschnitt aus der Zeitung "Der Papier-Fabrikant"
vom 05.02.1922, Heft Nr. 5
Mechanische Weberei Franz Schubert "Säckla-Schubert"
Dittersbach grüss. Nr. 94
Gegründet wurde das Unternehmen im Jahre 1872 durch August Schubert, Firmensitz war zuerst das "Klose-Haus" in Dittersbach grüss. Die Anfänge waren damals sehr schwer. August Schubert musste das zur Versorgung seiner Handweber benötigte Garn noch mit dem Handkarren aus Schweidnitz herbeiholen. Der Firmengründer starb sehr früh an einem unheilbaren Leiden. Seine Witwe führte den Betrieb mit großer Tatkraft weiter bis zum Eintritt ihres Sohnes Franz nach dessen Absolvierung der Webschule in Sorau.
Franz Schubert plante den Fortschritt, wie man es von einem vorausschauenden Unternehmer erwartet. Er führte den Übergang von der Hand- zur mechanischen Weberei durch, indem er einen seiner Webstühle mit einem Motarrad-Motor antrieb. Später wurde dann das Werk an der Liebau-Dittersbacher Grenze gebaut. Während seines Kriegsdienstes führte seine Ehefrau Martha bis zu seiner Rückkehr das Unternehmen weiter. Der Sohn Kurt sollte einmal die Nachfolge antreten. Für dieses Ziel absolvierte er das Textil-Technikum in Reutlingen. Leider führte eine schwere Erkran-kung im Jahre 1942 zu seinem plötzlichen Tode. Zwei Jahre darauf starb auch sein Vater Franz Schubert. Seine Witwe musste nun wiederum den Betrieb allein weiterführen, wurde aber unterstützt durch ein Team von langjährigen Mitarbeitern.
Was wurde nun in diesem Betrieb produziert? Die Firma Schubert durfte sich ja wirklich krisenfester Kunden rühmen. Es waren dies einmal die Deutsche Reichspost, für die sie die Postsäcke herstellte, gebrauchsfertig mit aufgedrucktem Stempel "Deutsche Reichspost", dann die Reichsbank und Münze Berlin, für deren Geldbeutel eine besondere Qualität erforderlich war. Sie wurden nahtlos auf Spezialmaschinen gewebt und in Heimarbeit gesäumt. Wegen dieser Säcke-herstellung wurde die Firma im Volksmund nur "Säckla Schubert" genannt. Mit diesem Produk-tionszweig erschöpfte sich jedoch keineswegs die Tätigkeit des Unternehmens. Große Aufträge wurden unter anderem nach Breslau durchgeführt. Dabei handelte es sich vor allem um Hand- und Geschirrtücher und Wattierstoffe für die Konfektion. Das Geschäft florierte. Noch vor dem Krieg musste angebaut werden. Mit dem Aufbau der Wehrmacht kamen große Staatsaufträge zur Herstellung von Drell und Köper herein. Es wurde zeitweise zwei- und dreischichtig gearbeitet. Die Zahl der Beschäftigten hielt sich bei 40 bis 45 Personen. Dazu kamen noch etwa 10 bis 15 Heimnäher.
Der Krieg brachte Veränderung. Ein Teil des Werkes musste für einen Rüstungsbetrieb frei-gemacht werden, der sich seine eigenen Leute und metallverarbeitenden Maschinen aus Berlin mitbrachte.
Im Jahr 1946 musste auch die Familie Schubert Abschied nehmen von ihrem mit großen Mühen aufgebautem Unternehmen.
Belegschaft der Firma Franz Schubert
Betriebsausflug der Belegschaft der Firma Franz Schubert im Jahre 1936
Brandunglück am 19. April 1832
Anzeige aus der Zeitung "Der Bote aus dem Riesengebirge",
Heft Nr. 17/1832.
Erdbeben vom 31. Januar 1883
Am 31. Januar 1883 ereignete sich ein Erdbeben, welches Trautenau mit seiner Umgebung und Braunau erschütterte. Insgesamt waren 117 Orte betroffen, davon lagen 81 Orte im böhmischen Teil Schlesiens und 25 Orte im preußischen Teil. Die Erdstöße waren auch in Dittersbach spürbar
(s. folgender Zeitungsbericht).
Diesen Zeitungsbericht stellte Frau Roswitha Rueschkamp
zur Verfügung.