Roon, Karin  (Hamburger, Katharina, geb. Rosenstock)

Sängerin
* 11.05.1890 in Berlin                                             + 17.04.1967 in Ulm
Wirkungsstätte: Landeshut

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Mit dem Namen Karin Roon (Katharina Hamburger) verbindet sich die Erinnerung an die Ehefrau des Mitinhabers der Leinenfabrik Albert Hamburger AG, Dr. Max Hamburger. Als begnadete Sängerin war sie im In- und Ausland bekannt geworden. Geboren wurde sie am 11.05.1890 in Berlin als Katharina Rosenstock, Tochter des Bankiers und Handels-richters Theodor Rosenstock und dessen Ehefrau Paula.

Schon früh zeigte sich ihr musisches Talent, so dass sie nach Abschluss ihrer Schulausbildung Gesangsunterricht in Berlin und Brüssel erhielt. Sie gab Konzerte im In- und Ausland und gehörte zu den wenigen Sängerinnen, die von Albert Schweitzer einmal auf der Orgel begleitet wurden. Mit ihrer ungewöhnlich schönen Mezzosopranstimme begeisterte sie ihr Publikum.

Seit ihrer Eheschließung mit Dr. Max Hamburger, dem Sohn des Gründers der bekannten Leinenweberei Albert Hamburger AG, war Landeshut, die Stadt am Bober, ihre neue Heimat geworden. Hier bewohnte sie mit ihrer Familie ein großes Haus auf der Bahnhofstraße und den nach ihr benannten Katharinenhof in Neuen.

In Landeshut und Umgebung wurde sie nicht nur durch ihre Konzerte bekannt. Ähnlich wie Else Hamburger, die Ehefrau des Stadtrates Max Hamburger, engagierte auch sie sich auf sozialem Gebiet. Besonders die Betreuung der Arbeiterinnen der Fa. Hamburger war ihr eine Herzens-angelegenheit. Hier kam ihr die Gesangsausbildung zugute. Mit Hilfe eines besonderen Übungssystems verschaffte sie den Arbeiterinnen neue Lebenskraft im Sinne einer Muskel- und Kräfteregeneration. Dieses System entwickelte sie später konsequent weiter, so dass sie im Jahr 1949 das Lehrbuch "Neue Wege der Lebenserhaltung" herausgab, welches in sieben Sprachen übersetzt wurde. Auch körperlich behinderte Kinder und Schauspieler profitierten davon. Seit Anfang 1950 reiste sie Jahr für Jahr durch Europa, um durch Vorträge im Rundfunk mit Hilfe ihrer Methoden alternden Menschen, überbeschäftigten Managern und körperbehinderten Kranken neuen Lebensmut und damit verbunden auch neue Kräfte zu vermitteln. Im April 1967 sollte in Ulm ein Film gestaltet werden, der den Zweck hatte, den Bewohnern von Alters-heimen durch das Vorführen von Übungen zu zeigen, wie man seinen Körperzustand erhalten und die Beschwerden des Alterns ausgleichen könne. Aus diesem Grund hielt sie sich in Ulm auf und verstarb während dieser Arbeiten völlig unerwartet.

Die politischen Umstände hatten die Familie Hamburger im Jahre 1938 zur Emigration in die Vereinigten Staaten von Amerika gezwungen. Katharina Hamburger nannte sich seit dieser Zeit Karin Roon und lebte in New York. Aus ihrer Ehe mit Dr. Max Hamburger stammen drei Töchter, Eleonore, Gabriele und Alberta.

Nach ihrer Scheidung von Dr. Max Hamburger hatte sie am 04.05.1939 Robert Pariser geheiratet (* am 09.12.1887 in Berlin). Die Ehe währte aber nur kurze Zeit, da Robert Pariser ca. 1941 in Islip, Suffolk County, New York (USA) verstarb.

Zusätzliche Informationen:
Ihr Bruder Prof. Dr. Eugen Rosenstock - Huessy (06.07.1888 - 24.02.1973) war ein sehr bekannter deutscher und amerikanischer Rechtshistoriker und Soziologe. Nach seinem Studium der Rechtswissenschaft an den Universitäten Zürich, Heidelberg und Berlin verlieh ihm die Universität Heidelberg die Promotion zum Dr. jur. Im Jahre 1912 wurde er Privatdozent an der Universität Leipzig, wo er bis 1914 Verfassungsrecht und Rechtsgeschichte lehrte.
1914 besuchte er Florenz, um historische Forschungen durchzuführen. Dort lernte er Margrit Hüssy kennen, eine Schweizer Kunsthistorikerin. Kurz darauf heirateten sie. Im Jahr 1925 kombinierte das Paar legal ihre Namen. Seit dieser Zeit nannte er sich Rosenstock - Huessy.
1923 promovierte er zum zweiten Mal in Philosophie. Anschließend lehrte er an der Technischen Hochschule Darmstadt an der Fakultät für Sozialwissenschaften und Sozialgeschichte, bis er von 1923 bis zum 30. Januar 1933 ordentlicher Professor für deutsche Rechtsgeschichte an der Universität Breslau war.
Nach dem 30. Januar 1933 emigrierte das Ehepaar mit Sohn Hans in die Vereinigten Staaten, wo er eine neue akademische Karriere begann, zunächst an der Harvard University und dann am Dartmouth College, wo er von 1935 bis 1957 lehrte.
Rosenstock-Huessys Frau Margrit starb 1959. 1960 wurde Freya von Moltke seine Lebensgefährtin. Sie war die Witwe von Helmuth James Graf von Moltke, der sich gegen den Nationalsozialismus gestellt hatte und im Januar 1945 von den Nazis hingerichtet wurde. Freya von Moltke zog zu Rosenstock-Huessy nach Norwich in Vermont. Dort lebten sie gemeinsam bis zu seinem Tod am 24.02.1973.

Quellen:

  • Kraus, Hans Christof: Neue Deutsche Biographie 22 (2005)
  • Schlesischer Gebirgsbote
  • Wikipedia

Robert Pariser, 2. Ehemann von Karin Roon


Prof. Dr. Eugen Rosenstock-Huessy
 (Bruder von Karin Roon)

Rosa, Bernardus

Abt des Klosters Grüssau
* 24.06.1624 in Glogau                                                + 01.11.1696 in Grüssau
Wirkungsstätte: Grüssau

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Abt Bernardus Rosa ging als der große Reformer in die Geschichte des  Klosters Grüssau ein. Geboren wurde er am 24.06.1624 in Glogau als ältestes Kind des dortigen Notars Johann Peter Rosa und dessen Ehefrau Sabina, geb. Groß. Sein Taufname war Johannes Christoph. Zur Familie, die tief religiös war, gehörten Bürgermeister, Ratsherren, Kaufleute und Juristen. Viele Verwandte übten einen geistlichen Beruf aus. Die Tante Ursula Groß war Äbtissin von Liebenthal, seine beiden Schwestern wurden Benediktinerinnen in Liebenthal bzw. Liegnitz. Sein Bruder gründete eine große Familie, aus der sich drei Kinder ebenfalls dem geistlichen Stand zuwandten.

Im Alter von 13 Jahren musste der junge Johannes den Tod des Vaters verkraften. Zu dieser Zeit besuchte er die Glogauer Lateinschule. Während des Dreißigjährigen Krieges sah sich die Familie Rosa gezwungen, 1639 vor den Schweden nach Polen zu flüchten, so dass die Ausbildung einige Zeit unterbrochen wurde. Auch das anschließende Rhetorikstudium in Breslau musste kriegsbedingt unterbrochen werden. Da seine Mutter in Mähren Verwandte hatte, sollte er sich dort dem weiteren Studium widmen. Er entschied sich aber für ein Philosophie-studium an der Universität Köln, wo er 1646 zum Magister der Philo-sophie promovierte. In der Domstadt am Rhein reifte in ihm der Wunsch, zur Vertiefung des theologischen Studiums nach Rom zu reisen. Sein Weg nach Rom führte über München, wo er lebensgefährlich erkrankte. Nach der Genesung gab er sein Vorhaben auf und setzte sein Studium in München fort. 1647 kehrte Johannes Rosa aus München nach Schlesien zurück und beendete seine theologischen Studien in Neisse.

Im Jahre 1649 trat er 25jährig in das Zisterzienserkloster Heinrichau ein, dessen Abt Georg Welzel er in Neisse kennengelernt hatte. Unter dem Namen Frater Bernardus legte er am 28.10.1650 die Mönchsprofess ab und wurde am 03.06.1651 zur Priester geweiht. Wie sehr der Abt den jungen Priester schätzte, beweist die Tatsache, dass er ihn während einer lebensbedrohlichen Erkrankung zu seinem Beichtvater wählte. Bereits 1653 wurde ihm das wichtige Amt des Priors und Novizenmeisters übertragen. In wenigen Jahren bildete er zwölf junge Mönche aus. Große Verdienste erwarb er sich auch um das während des Krieges völlig verwüstete Kloster und um die Neuorganisation der Seelsorge in den zum Kloster gehörenden Ortschaften.

Am 22.07.1660 starb in Grüssau der sehr geachtete Abt Andreas Michaelis, an dessen Beisetzung auch die Äbte von Leubus und Heinrichau teilnahmen. Unter ihrem Vorsitz wurde am 25.07.der neue Abt gewählt. Die Wahl fiel auf P. Bernardus Rosa. Leider konnte seine geliebte Mutter diesen Glückstag des Sohnes nicht mehr miterleben. Sie war im Mai 1658 in Glogau verstorben.

Nun warteten große Aufgaben auf den neuen Abt, die seine ganze Kraft forderten. Auch dieses Kloster hatte während des unseligen Krieges schwere Schäden erlitten. Er reformierte den Konvent und die Verwal-tung der Güter. Eisern griff er durch, ungetreue Beamte wurden entfernt. Obwohl jeder Versuch einer Auflehnung von ihm unterdrückt wurde, war er nicht verhasst. Neben all seiner Härte, besonders in religiöser Hinsicht, war er auch mildtätig. In den Pfarreien richtete er eine Armenpflege ein. Er erbaute drei Hospitäler und stattete den Kranken selber Besuche ab. 1669 gründete er eine Lateinschule in Grüssau, die später zum Voll-gymnasium ausgebaut wurde. 50 Freiplätze wurden für die Söhne armer Untertanen vergeben. Begabte Klosterschüler wurden auf Stiftskosten zum Studium nach Prag geschickt, von denen viele nach ihrer Rückkehr als Ärzte und Juristen Klosterland tätig waren.

Darüber hinaus war Abt Rosa ein Förderer von Kunst und Wissenschaft. Die von ihm in Grüssau errichtete Stiftsbauhütte gab einer großen Zahl von Stiftsbewohnern Arbeit und Brot. Neben Künstlern von Rang und Namen gab es viele Kunsthandwerker, Gehilfen und Arbeitsleute, die bei den Bauten tätig waren. Abt Rosa gehörte zu den Wegbereitern der schlesischen Barockkunst. Ihm gelang es, den bedeutendsten deutschen Barockmaler der damaligen Zeit, Michael Willmann, für Arbeiten nach Grüssau zu holen. Neben vielen anderen bedeutenden Werken Will-manns ist der Freskenzyklus für die St. Josephskirche in Grüssau wohl sein monumentalstes Werk. Während Abt Rosas Amtszeit wurden im Stiftsland mehr als zwanzig kirchliche und auch profane Bauwerke geschaffen u. a. die Pfarrkirchen in Oppau, Schömberg und Reichenau, die St. Josephskirche in Grüssau, die Kreuzwegkapellen in Grüssau, die Bethlehemkapelle und die Liebauer Kreuzkirche, die Kirchen in Albendorf, Reichhennersdorf und Ullersdorf, das Probsteibad und der Probsteihof in Warmbrunn, der Neubau des Konventsgebäudes in Grüssau usw.

Im Jahre 1669 gründete der Abt die Grüssauer Josephsbruderschaft, von deren Mitgliedern u. a. auch Werke der praktischen Nächstenliebe erwartet wurden. 1673 wurde er zum Vicarius generalis und Visitator für Schlesien ernannt und 1674 übernahm er das Amt des außerordentlichen Visitators und Schiedsrichters der Konvente im Königreich Polen. Seine letzte Reise führte ihn im Juli 1696 nach Leubus, um dort an der Wahl des neuen Abtes teilzunehmen.

Abt Bernardus Rosa starb am 1. November 1699, dem Fest der Allerheiligen. Die feierliche Beisetzung fand am 7. November 1699 statt.

Quellen:

  • Lutterotti von, Nikolaus OSB: Kloster Grüssau in den Zeitaltern des Barock, Rokoko und Klassizismus (Heimatbuch des Krs. Landeshut - 1929)
  • Lutterotti von, Nikolaus OSB: Die drei großen Äbte und die große zeit des Klosters (Heimatbuch des Krs. Landeshut - 1954)
  • Lutterotti von, Nikolaus OSB: Vom unbekannten Grüssau
  • Rose Dr., Ambrosius OSB: Abt Bernardus Rosa von Grüssau
  • Schlesischer Gebirgsbote
  • Wikipedia

Schlöffel, Friedrich Wilhelm

Fabrikant und demokratischer Politiker im Vormärz und Abgeordneter
der Paulskirche 1848/49
* 24.07.1800 in Brieg                                                   + 23.01.1870 in Goldberg
Wirkungsstätte: Landeshut

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Friedrich Wilhelm Schlöffel stammte aus Brieg, wo sein Vater Johann Heinrich Schlöffel Hutmachermeister war. In seiner Heimatstadt besuchte er zunächst das Gymnasium und absolvierte im Anschluss eine Apothekerlehre in Falkenberg. Nachdem er den einjährigen Militärdienst abgeleistet hatte, studierte er als Gasthörer an der Universität Berlin Naturwissenschaften und schloss sich in dieser Zeit einer Burschen-schaft an. Deswegen wurde gegen ihn ein Untersuchungsverfahren eingeleitet, das aber im Sande verlief. Schließlich absolvierte er das Staatsexamen und erwarb die Approbation als Apotheker.

Zwischen 1823 und 1831 betrieb er eine Apotheke in Landeshut. In dieser Zeit gründete er eine Familie, 1824 heiratete er Franziska Peschke (1801 - 1890), die Tochter eines Tuchhändlers in Frankenstein. Das Ehepaar hatte einen Sohn und zwei Töchter. Der Sohn Gustav Adolph (1828 - 1849) kämpfte als Revolutionär während der Märzrevolution 1848/49 und starb bei einem Gefecht mit preußischen Soldaten durch eine Kanonenkugel. Eine der Töchter, Auguste Frederike Marie (1824 - 1883) heiratete Eduard Jacob von Diezielsky, einen Offizier im 10. Preußischen Infanterieregiment. Während seiner Zeit in Landeshut betätigte sich Schlöffel weiterhin politisch und stieg zum Stadt-verordnetenvorsteher auf.

Nach dem Verkauf der Apotheke in Landeshut wurde er 1831 zusammen mit einem Teilhaber Besitzer einer Patent-Maschinen-Papierfabrik in Eichberg bei Hirschberg. Von 1837 - 1846 war er alleiniger Leiter der Fabrik. Später nach deren Verkauf war er Hüttenwerks- und Gutsbesitzer in Halbendorf. In diesen Jahren arbeitete Schlöffel aktiv politisch mit im Hirschberger Bürgerverein. So richtete er im Jahre 1845 eine Petition an den schlesischen Provinzial-Landtag, die sich u. a. gegen die Zensur wandte. In einer ausführlichen Denkschrift untermauerte er seine Kritik an der preußischen Justiz. Die Petition wurde vom Landtag abgewiesen, die Verbreitung der Denkschrift wurde von der Obrigkeit verboten.

Wenige Wochen nachdem der Landtag mit großer Mehrheit seine Petition abgelehnt hatte, wurde Schlöffel als Opfer einer Denunziation selbst inhaftiert und erfuhr am eigenen Leibe die ganze Bandbreite preußischer Polizeiwillkür, die er in seiner Denkschrift kurz zuvor angeprangert hatte. Während einer Geschäftsreise wurde er in Breslau verhaftet und verbrachte vier Monate in Untersuchungshaft. Am Berliner Kammergericht wurde eine Untersuchung wegen Hochverrats eingeleitet. Von vermeintlich radikalen Briefen seines jugendlichen Sohnes Gustav Adolph Schlöffel hatte er sich längst distanziert. Da sich keine konkreten Beweise gegen ihn fanden, musste er schließlich wieder aus der Haft entlassen werden ("Affäre Schlöffel").

Ebenso engagierte er sich für die verarmten schlesischen Weber. In dieser Angelegenheit korrespondierte er mit der Schriftstellerin Bettina von Arnim und suchte den Kontakt zu anderen bedeutenden Oppositionellen wie August Heinrich Hoffmann von Fallersleben. Er nahm Anteil am Elend der Landarbeiter und er versuchte, die materielle Lage der von ihm beschäftigten Arbeiter zu verbessern. Durch sein stark sozial geprägtes Denken unterschied er sich deutlich von der Mehrheit der Liberalen im Vormärz.

In den 1840er Jahren war Schlöffel Stadtverordneter in Hirschberg. Am Vorabend der Revolution war er einer der führenden Köpfe des demokratischen Flügels der bürgerlichen Oppositionsbewegung in Schlesien und er wurde im 6. schlesischen Wahlkreis für Hirschberg ins Frankfurter Paulskirchenparlament gewählt, dem er vom 19. Mai 1848 bis zum 30. Mai 1849 angehörte. Er war Mitglied verschiedener demokra-tischer Fraktionen, die sich erst nach und nach herausbildeten und die meist nach dem jeweiligen Versammlungsort in und um Frankfurt benannt wurden wie z. B. "Deutscher Hof", "Casino" oder "Württemberger Hof".

Im September 1848 war Schlöffel beteiligt am Frankfurter Aufstand, in dessen Folge zwei angesehene nationalliberale Abgeordnete zu Tode kamen. Das Frankfurter Appellationsgericht verlangte u. a. die Auf-hebung der Immunität des Abgeordneten Schlöffel, um ein Unter-suchungsverfahren gegen ihn einzuleiten. Dieses Ansinnen wurde aber von der Nationalversammlung abgelehnt.

Als im Mai 1849 das Scheitern des Frankfurter Paulskirchenparlaments immer deutlicher wurde und die gemäßigten Abgeordneten sich zurückzogen oder von ihren jeweiligen Einzelstaaten zurückberufen wurden, versuchten radikalere Gruppierungen im Großherzogtum Baden in einem Militäraufstand die demokratischen Ziele gegen die Obrigkeiten zu verteidigen. Schlöffel beteiligte sich an diesem Vorhaben und nahm an der Volksversammlung in Neustadt a. d. Haardt und an einigen weiteren Großversammlungen teil. In der badischen Revolutionsarmee wurde er Oberkriegskommissar im Unterrheinkreis und war u. a. für die Verproviantierung der Festung Rastatt zuständig.

Die Revolution scheiterte bekanntlich und besonders die preußische Gerichtsbarkeit zeigte sich erbarmungslos gegenüber gefangen-genommenen Revolutionären. Sie wurden meist von Standgerichten zu langen Haftstrafen oder zum Tode verurteilt. Viele von ihren konnten aber fliehen. Auch Schlöffel gelang die Flucht in die Schweiz, wo er bis 1850 in Aarau lebte. Dann wurde er wegen angeblich "politischer Gefährlichkeit" ausgewiesen, doch gelang ihm die Emigration in die USA. Dort arbeitete er in Philadelphia als Gastwirt. 1851 verurteilte ihn ein Schwurgericht in Zweibrücken in Abwesenheit zum Tode und erst 1866 wurde er amnestiert. Daraufhin kehrte er nach Deutschland zurück, wo er bis zu seinem Tode in Goldberg lebte. Zeitlebens blieb er seinen politischen Idealen treu.

(Verfasser: Wolfgang Kraus)

Quellen:

  • Die Abgeordneten der Frankfurter Nationalversammlung 1848/49, Datenbank BIORAB_FRANKFURT
  • Gehrke, Roland: Landtag und Öffentlichkeit. Provinzialständischer Parlamentarismus in Schlesien 1825-1845, Köln u. a. 2009, S. 375ff.
  • Neue Deutsche Biographie
  • Wikipedia

Schmitt, Albert

Abt des Klosters Grüssau
* 05.01.1894 in Mannheim                                           + 16.09.1970 in Neckarsulm
Wirkungsstätte: Grüssau

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Das Schicksal des Abtes Albert Schmitt ist mit dem des Abtes Ildephons Reuschel vergleichbar. Abt Reuschel war der letzte Abt vor der Säkula-risation im Jahre 1810 und Abt Schmitt der letzte in Grüssau amtierende Abt vor der Vertreibung.

In Mannheim erblickte er am 05.01.1894 das Licht der Welt und erhielt den Taufnamen Friedrich Albert. Hier besuchte er das Karl-Friedrich-Gymnasium und trat nach dem Abitur als Beneditinernovize in die Erzabtei Beuron ein. In seinen Erinnerungen schildert er, dass besondere Umstände ihn 1913 in das zum Beuroner Benediktinerverband gehörige Kloster Erdington bei Birmingham in England führten. Hier legte er am 21.05.1914 die Profess ab. Ende November 1918 wurden die deutschen Angehörigen des Klosters ausgewiesen und Albert Schmitt fand mit dem Konvent vorübergehende Zuflucht in der westfälischen Abtei Gerleve bei Coesfeld. In dieser Benediktinerabtei wurde er am 12.06.1920 von dem Bischof von Münster, Johannes Poggenburg, zum Priester geweiht.

Im Herbst des Jahres 1920 betrat der spätere Abt das erste Mal schlesischen Boden. Sein Orden entsandte ihn zur weiteren Ausbildung und auch Mithilfe nach Grüssau. In den früheren Klostergebäuden hatten sich 1919 Benediktiner aus der Prager Abtei Emmaus niedergelassen, die von den Tschechen ausgewiesen worden waren. In Grüssau wurde er in der Jugendseelsorge eingesetzt und erteilte darüber hinaus auch Unterricht. Nach eigenem Bekunden fühlte er sich hier sehr schnell heimisch. Besonders angetan war er aber von der landschaftlichen Schönheit des Riesengebirges und des Waldenburger Berglandes.

Albert Schmitts erster Aufenthalt in Grüssau endete aber bereits mit Ablauf des Jahres 1921. Den aus dem englischen Erdington ausge-wiesenen Benediktinern, die sich vorübergehend in der westfälischen Abtei Gerleve aufgehalten hatten, war Anfang 1922 die Abtei Weingarten in Oberschwaben zur Verfügung gestellt worden. Da Schmitt zu diesem Klosterverband gehörte, rief ihn sein Orden Ende 1921 nach Weingarten zurück. Wie in Grüssau, wurde ihm auch hier die Jugendseelsorge anver-traut. Albert Schmitt lebte sich in Weingarten schnell ein und sein Leben verlief in geregelten Bahnen. Wie sollte er auch ahnen, welche großen Aufgaben auf ihn warten.

Nach langwierigen Verhandlungen wurde am 19.07.1924 das Kloster Grüssau wieder zur Abtei erhoben. Erster Abt des neuen Klosters und gleichzeitig der 50. in der langen Geschichte des Klosters Grüssau wurde der erst 30jährige Albert Schmitt. Die Weihe erfolgte am 10.08.1924 durch Kardinal Bertram aus Breslau. Viele Gäste wohnten diesem feierlichen Akt bei. Die Eltern und Geschwister des neuen Abtes waren aus Mannheim angereist. Neben kirchlichen Würdenträgern und Politikern war auch der schlesische Adel vertreten. Abt Schmitt wurde mit dieser Zeremonie der jüngste Abt Deutschlands.

Nach Abschluss der Feierlichkeiten kehrte der Alltag ein und schwere Aufgaben warteten auf den jungen Abt. Die alten Klostergebäude und auch die Abteikirche bedurften dringender Reparaturen, jedoch fehlten die notwendigen finanziellen Mittel. Hier half der katholische schlesische 'Adel, der sich mit den Benediktinern eng verbunden fühlte. Für die während des Brandes der Klosterkirche am 22.10.1913 zerstörte Emanuelglocke stifteten 15 katholische Mitglieder des Vereins der schlesischen Malteserritter eine neue, die fast 108 Zentner wog. Eine rege Bautätigkeit setzte ein, Bildhauer, Steinmetze, Maler und übrige Handwerker gaben ihr Bestes, damit Grüssau wieder in neuem Glanz erstrahlen konnte.

Mit dem Jahr 1940 begann für die Benediktiner in Grüssau eine schwere Zeit und das Ende nahte. Das Kloster wurde Internierungslager, den Mönchen blieben außer den Kirchen nur drei Räume. Gegen Ende des Krieges konnten sie zwar noch einmal für kurze Zeit in die Kloster-gebäude zurück, aber am 12.05.1946 mussten auch sie Grüssau für immer verlassen. Nicht von der Ausweisung betroffen waren lediglich zwei ausländische Patres. Zu ihnen gehörte Pater Nikolaus von Lutterotti. Wieder waren die Benediktiner heimatlos geworden und auf der Suche nach einem neuen Ort für ihr Kloster. Sie fanden ihn in dem ehemaligen Ritterstift St. Peter zu Wimpfen im Tal am Neckar.

Neben seinen seelsorgerischen Aufgaben und der Leitung der Abtei war Abt Schmitt auch publizistisch tätig. Der Schwerpunkt lag auf dem kirchenhistorischen Gebiet. Zahlreiche Schriften wurden von ihm verfasst. Von 1957 - 1970 war Abt Schmitt Präses der Salzburger Benediktinerkonförderation. Aus gesundheitlichen Gründen verzichtete er am 21.03.1969 auf diei weitere Leitung der Abteil Er verstarb am 16. September 1970 und wurde auf dem Friedhof bei der Wimpfener Cornelienkirche beigesetzt.

Quellen:

  • Lätzel, Martin: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon Band XXII (2003)
  • Rose Dr., Ambrosius OSB: Kloster Grüssau
  • Rose Dr., Ambrosius OSB: Zum zweitenmal Benediktinerkloster Grüssau
  • Schmitt, Albert OSB: Die Söhne St. Benedikts im Ziedertal - Erinnerungen des 50. Abtes der Abtei Grüssau (Schlesischer Gebirgsbote)
  • Schwanitz, Jürgen: Rohnau am Scharlachberg - 2. Auflage
  • Wikipedia

Abt Albert Schmitt

Kardinal Bertram am 10. August 1924 auf dem Weg zur Abtweihe
(Bild von Frau Ursula Fröbrich)

Pater Albert Schmitt mit dem Erzabt Raphael Walzer
 auf dem Weg zur Abtweihe
(Bild von Frau Ursula Fröbrich)

Feierliche Weihe des Abtes am 10. August 1924

Abt Albert Schmitt im Kreise seiner Familie

(Bild von Herrn Marian Gabrowski

www.marian.gabrowski.eu)

Scholz, Paul

Erzpriester, Geistlicher Rat
* 22.08.1863 in Breslau                                             + 07.02.1936 in Landeshut
Wirkungsstätte: Landeshut

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Als Sohn einer Beamtenfamilie in Breslau am 22.08.1863 geboren und aufgewachsen, hatte  er zunächst Mathematik und Naturwissenschaften studiert. Doch bereits nach wenigen Semestern wandte er sich der Theologie zu. Er wollte unbedingt Priester werden. Nach Abschluss seiner Universitätsausbildung wurde er am 23. Juni 1890 zum Priester geweiht.

Er wirkte zunächst als Kaplan in Hirschberg und wurde am 22. August 1893 Pfarrer in Dittmannsdorf, Kreis Waldenburg. Im Alter von 36 Jahren wurde er als Pfarrer nach Landeshut berufen, wo er 36 Jahre seines Lebens bis zu seinem Tod tätig war.

Zur Pfarrei Landeshut gehörten die Dörfer Ober-Zieder und Reichhennersdorf. Darüber hinaus bestanden vier Filialkirchen in Reußendorf, Rohnau, Schreibendorf und Wernersdorf.

Neben seiner seelsorgerischen Tätigkeit führte er ab 1909 die staatliche Kreisschulaufsicht über die 30 katholischen Schulen mit ihren 70 Lehr-kräften bis zur allgemeinen Aufhebung der geistlichen Schulaufsicht.
Im Alter von 68 Jahren übernahm er darüber hinaus auch noch das Amt des Erzpriesters im Dekanat Landeshut.

Im Pfarrhaus in Landeshut verstarb er am 07. Februar 1936 und wurde am 11. Februar 1936 beigesetzt.

Quelle:

  • Schlesischer Gebirgsbote

Schubert, Walter

Lehrer, Kantor, Schriftsteller
* 06.05.1889 in Görlitz                                                 + 31.05.1956 in Altenkirchen
Wirkungsstätte: Wernersdorf

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Dass man neben den Berufen als Lehrer und Kantor auch schrift-stellerisch tätig sein kann, bewies in beeindruckender Weise der letzte Wernersdorfer Lehrer Walter Schubert. Als Sohn eines Volksschullehrers wurde er am 06.05.1889 in Görlitz geboren. Nach Schulzeit, Studium und ersten Anstellungen übernahm er im Juni 1919 in dem damaligen Wernersdorf, später Merzdorf, die vakante Kantor- und Lehrerstelle. Mit großer Freude übte er hier seine Tätigkeit aus. Darüber hinaus war er auch Chorleiter und Liedermeister des örtlichen Männergesangvereins "Eintracht" und viele Jahre Vorsitzender des Landeshuter Lehrervereins.  Neben seiner verantwortungsvollen Aufgabe fand er aber noch Zeit und Muße, sich der Schriftstellerei zu widmen. Mehrere Romane, Dramen und Gedichte stammen aus seiner Feder, u. a. "Die Schwertträger" 1925, "Sonnverlöschen" 1926, "Spielmann, spiel weiter" 1927. Auch größere Verlage druckten seine Werke. Darüber hinaus war er noch politisch tätig, so gehörte er zeitweise dem Bolkenhainer Kreistag an.

Im Jahre 1944 wurde Walter Schubert nach Breslau abgeordnet und leitete dort als Rektor eine Umsiedlerheimschule bis zum Zusammen-bruch. Die letzten Monate vor der Vertreibung verbrachte er mit seiner Familie in Merzdorf.

Seine Ehefrau Elfriede, geb. Hauß (geb. 29.06.1887), war ebenfalls von Beruf Lehrerin. Vom 1.10.1908 bis 31.03.1934 war sie an der evangelischen Kantorschule in Merzdorf tätig und vom 1.04.1934 bis zum 30.09.1939 in Greulich, Kreis Bunzlau.

Nach dem Krieg lebte Walter Schubert mit seiner Ehefrau und der jüngsten Tochter zunächst in Helmstedt. Im Jahre 1951 verzog er mit seiner Ehefrau nach Volkerzen, Kreis Altenkirchen. Hier war er ebenso unermüdlich tätig, wie in seiner schlesischen Heimat. Er gründete eine Volkshochschule und gehörte als Mitglied einer politischen Partei mehreren Ausschüssen an. 1954 zog die Familie in die Kreisstadt Altenkirchen. Aber auch in der neuen Heimat entstanden mehrere schriftstellerische Werke.

Trotz aller beruflichen und schriftstellerischen Erfolge blieben ihm persönliche Schicksalsschläge nicht erspart. Nach dem Tod seiner ersten Ehefrau, die ihm zwei Töchter schenkte, heiratete er eine frühere Wernersdorfer Kollegin. Walter Schubert verstarb am 31. Mai 1956 in Altenkirchen und wurde am 03. Juni 1956 beigesetzt.

Quelle:

  • Schlesischer Gebirgsbote

Schuppert, Martin

Stiftsbaumeister, Stadtbaumeister
*              1633 in Reuth (Böhmen)                             + 28.07.1710 in Landeshut
Wirkungsstätten: Grüssau, Landeshut

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Der Stiftsbaumeister Martin Schuppert hat sich sowohl in Grüssau als auch in Landeshut große Verdienste erworben. Seine Wiege stand in Reuth bei Asch in Nordwestböhmen. Hier wurde er im Jahre 1633 als Sohn des Peter Schuppert geboren.

Als Abt Bernardus Rosa 1662 in Grüssau eine Stiftsbauhütte gründete, ernannte er den böhmischen Baumeister Martin Schuppert zu deren Leiter. Mit großem Verantwortungsbewusstsein übte er dieses Amt bis zum Jahre 1684 aus. Unter seiner Leitung wurden viele großartige kirchliche und profane Bauten im Klosterland errichtet, u. a. die Pfarrkirche in Schömberg, der Neubau des Konventsgebäudes in Grüssau usw. Martin Schuppert entwarf auch die Pläne für die Kapelle in Bethlehem und leitete die Bauausführung.

Am 08.02.1667 heiratete er in der Grüssauer Kirche Maria Rösner, die Tochter des Großgärtners Adam Rösner aus Hermsdorf. Gemeinsam mit seinem Schwager Matthias Mayer aus Landshut in Bayern, der sich 1679 mit Rosina Rösner vermählt hatte, arbeitete er am Bau der wundervollen Schömberger Pfarrkirche und der Bethlehemskapelle. Martin Schuppert leitete die Bauarbeiten und Matthias Mayer war für die Stuckarbeiten zuständig. 1684 verließ die Familie Schuppert Grüssau und zog nach Landeshut. Hier erwarb Martin Schuppert das Bürgerrecht und wurde Stadtbaumeister. Er verstarb am 28.07.1710.

Quellen:

  • Dehio-Handbuch der Kunstdenkmäler in Polen - Schlesien
  • Lutterotti von, Nikolaus OSB: Kloster Grüssau in den Zeitaltern des Barock, Rokoko und Klassizismus (Heimatbuch des Krs. Landeshut - 1929)
  • Lutterotti von, Nikolaus OSB: Vom unbekannten Grüssau

Schwandt, Ewald

Redakteur
* 04.05.1879 in Hirschberg                                        + 07.12.1952 in Diepholz
Wirkungsstätte: Landeshut

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Der bekannte Redakteur und Ehrenbürger der Stadt und des Kreises Landeshut Ewald Schwandt wurde am 4. Mai 1879 in Hirschberg geboren. Wie seine beiden Brüder wandte auch er sich nach dem Besuch der Mittelschule seiner Heimatstadt Hirschberg dem Buchdruck- und Zeitungsfach zu. Er absolvierte eine dreijährige redaktionelle Ausbildung bei dem "Hirschberger Tageblatt" und war anschließend als Journalist in mehreren deutschen Städten tätig: Glogau, Hordhausen (Harz), Freien-walde, Gardelegen (Altmark), Lobenstein, Schmalkalden (Thüringen), Annaberg (Erzgebirge), Ohlau (Schlesien), Striegau, Friedland (Bez. Breslau), Haynau, Marienburg (Westpreußen), Schweidnitz und Sagan. Während dieser Zeit sammelte er reichlich Erfahrung.

Etliche Jahre war er als Hauptschriftsteller der "Thorner Presse" tätig, bevor er am 1. April 1919 als Redakteur der "Landeshuter Zeitung" nach Landeshut kam. Dieser Druckereibetrieb wurde im Jahre 1840 von den Leipziger Brüdern Louis und Karl Lips auf der Liebauer Straße gegründet und gelangte nach dem Tod der Gründer in stetig wechselnde Hände. Auch der Name der Zeitung wechselte im laufe der Zeit, vom "Wochen-blatt für den Landeshuter und Bolkenhainer Kreis" über das "Landes-huter Kreisblatt" bis zur "Landeshuter Zeitung".

Bis zum Eintritt in den Ruhestand am 1. Oktober 1938 war Ewald Schwandt in leitender Stellung bei dem Verlag tätig. Besonderen Wert legte er auf den heimatkundlichen Teil der Zeitung. Besonders bemühte er sich auch um die jungen journalistischen Nachwuchskräfte. Im Ruhestand widmete er sich der Heimatforschung. Er veröffentlichte sehr viele Aufsätze und beabsichtigte, sein reichhaltiges Material als dritten Band des Heimatbuches des Kreises Landeshut herauszugeben. Der Krieg machte dieses Vorhaben leider zunichte. Für seine Verdienste um die Stadt und den Kreis Landeshut wurde er mit dem Ehrenbürgertitel geehrt.

Verheiratet war Ewald Schwandt seit dem 18. September 1909 mit Ehefrau Olga, geb. Stiller. Nach dem Krieg kamen die Eheleute nach Wagenfeld-Förlingen. Im nahen Diepholz verstarb Ewald Schwandt am 7. Dezember 1952. Seine Beisetzung erfolgte am 10. Dezember 1952.

Quelle:

  • Schlesischer Gebirgsbote

Semper, Ernst Leberecht

Pastor, Barockdichter
* 01.06.1722 in Heidewilxen                                        + 08.03.1758 in Landeshut
Wirkungsstätte: Landeshut

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Dass auch ein Pastor die Dichtkunst beherrscht, bewies der Barockdichter Ernst Leberecht Semper. Geboren wurde er am 01.06.1722 in Heidewilxen im Fürstentum Oels als Sohn des Pastors Johann Ernst Semper. Nach dem Besuch des Magdalenengymnasiums in Breslau studierte er von 1741 - 1744 Theologie in Jena. Dort war er Mitglied der "Deutschen Gesellschaft", einer Vereinigung literaturbegeisterter Studenten, der auch viele Adlige angehörten. In diesem Kreis wurde sein Interesse für die Dichtkunst geweckt und er trat bereits mit eigenen Dichtungen hervor.

Bevor Ernst Leberecht Semper am 07.09.1749 einem Ruf als Diakonus an die Gnadenkirche nach Landeshut folgte, war er Prediger in Obernigk im Kreis Trebnitz. Seit dem 28.08.1748 war er mit Johanna Elisabeth Goldammer verheiratet, der Tochter des Breslauer Kauf- und Handelsherren Ferdinand Goldammer. Sein erstgeborener Sohn Ernst Ferdinand, der am 20.07.1749 in Großweigelsdorf im Hause des Großvaters Semper zur Welt gekommen war, sicherte den Fortbestand des Familiennamens. Ein weiterer Sohn verstarb bereits im Säuglingsalter, ebenso zwei Mädchen. Eine dritte Tochter wurde erst nach dem frühen Tod des Vaters geboren.

In Landeshut fand Semper sehr schnell einen guten und zuverlässigen Freund, Christian Samuel Ulber, Archidiakon an der Gnadenkirche. Obwohl Ulber Sempers Vorgesetzter war, tat dies dem engen Freundschaftsverhältnis keinen Abbruch, da auch er ein begeisterter Dichter war. Semper übte sein neues Amt mit sehr großem Eifer aus, konnte aber von seiner geliebten Dichtkunst nicht lassen. Er verfasste viele Gedichte, welche zum größten Teil geistlichen Inhalts sind. Auch die gräfliche Familie von Hochberg auf Schloss Fürstenstein bedachte er mit seinen Gedichten. Aus dem Jahr 1756 stammt ein Büchlein mit dem Titel "Der Christ in Adersbach - Christliche Gedanken über das wunderbare Steingebirge zu Adersbach im Königreich Böhmen". Dieses Buch befindet sich heute in der Herzog-August-Bibliothek in Wolfenbüttel.

Als Christian Samuel Ulber 1757 die vakante Stelle des Hauptpastors der St. Jacobikirche in Hamburg übernahm und Landeshut verließ, war dies für seinen Freund Ernst Leberecht Semper ein schwerer Verlust.Er trat zwar dessen Nachfolge im Amt des Archidiakons an, war aber dieser Aufgabe nicht gewachsen. Die größere Arbeitslast und Verantwortung sowie der Schmerz über die Trennung von seinem Freund setzten seinem Leben ein frühzeitiges Ende. Er verstarb am 8. März 1758.

Quellen:

  • Arbeitskreis Landeshut: Geschichte der ev. Gnadenkirche Landeshut/Schlesien, Festschrift zum 300jährigen Jubiläum der Grundsteinlegung 1709 - 2009
  • Autor: I. U.: Allgemeine Deutsche Biographie 33 (1891)
  • Brügmann, Martin: Die Gnadenkirche Landeshut
  • Geschichte der ev. Gemeinde zu Landeshut vor und seit Erbauung der jetzigen Kirche und Schule, ein Denkmal am ersten hundertjährigen Jubelfeste, Landeshut, 1809, neu herausgegeben, Kamienna Góra, 2007
  • Grünewald: Aus der Predigergeschichte des Kirchenkreises Landeshut
  • Wikipedia

Semper, Gottfried, Dr. h. c.

Architekt
* 29.11.1803 in Hamburg                                              + 15.05.1879 in Rom
Früherer Wohnort des Vaters: Landeshut

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Die Wurzeln des weltberühmten Architekten Gottfried Semper, Erbauer der nach ihm benannten Semperoper in Dresden, liegen in Landeshut. Die Familie Semper war eine der ältesten Landeshuter Familien. Sie konnte auf einen 400jährigen Stammbaum in Landeshut zurückblicken. Viele national und international bekannte Persönlichkeiten sind aus dieser Familie hervorgegangen. Sie war früher Eigentümerin des Hauses Markt Nr. 7, das im Jahre 1616 erbaut wurde und wohl das älteste Privathaus der Stadt war. Erworben wurde es im Rahmen einer Erbschaft. Darüber hinaus besaß die Familie das an der Böhmischen Straße (später Langhans-Straße) gelegene Eckhaus, in dem sich das alte Rathaus befand. Dieses Haus hatte die Stadt Landeshut am 05.02.1874 gekauft.

Gottfried Emanuel Semper, der Vater des später so berühmt gewordenen Architekten, war als junger Mann von Landeshut nach Hamburg gezogen, gelangte als Wollfabrikant zu Wohlstand und gründete mit seiner Ehefrau Johanna Marie, geb. Paap eine Familie. In Hamburg erblickte Gottfried Semper am 29.11.1803 als fünftes von acht Kindern das Licht der Welt. Seine Schulausbildung begann er auf der Gemeinde-schule in Barmstedt und besuchte anschließend das Hamburger Gymnasium Johanneum. Nach dem Abitur studierte er an der Universität Göttingen Mathematik und Geschichte. Am 30.03.1825 verließ Semper Göttingen und begab sich nach München um an der Kunstakademie Architektur zu studieren. Dort lehrte Friedrich von Gärtner, einer der bedeutendsten Baumeister im damaligen Königreich Bayern. Sempers Münchener Studienzeit war jedoch nur von kurzer Dauer. Über Heidel-berg, Würzburg und Regensburg kam er 1826 nach Paris und lernte Franz Christian Gau kennen. Dieser war Leiter einer Architekturschule, die hauptsächlich Deutsche ausbildete. Gaus bekanntester Schüler war Gottfried Semper. Mit seinem Lehrer blieb Semper bis zu dessen Tod im Jahre 1853 freundschaftlich verbunden.

Nach zweijährigem Aufenthalt verließ Semper die Seinemetropole und begann 1828 als Volontär am Hafenbau in Bremerhaven zu arbeiten. Aber bereits 1829 reiste er zu seinem erneuten Studienaufenthalt nach Paris zu seinem Lehrer Gau. Von Paris aus begab er sich auf eine mehrjährige Studienreise. Sie führte ihn über Marseille, Genua und Sizilien nach Griechenland. Hier wollte er die Bauten der Antike studieren. Zu diesem Zweck war er 1832 vier Monate lang an archäologischen Forschungen auf der Athener Akropolis beteiligt. Im Jahr 1833 kehrte er über Rom und Mailand nach Deutschland zurück und machte in Berlin die Bekanntschaft mit Karl Friedrich Schinkel, dem Oberbaudirektor des preußischen Königs.

Auf Fürsprache seines Parisers Freundes Franz Christian Gaus berief ihn die Königliche Akademie der bildenden Künste in Dresden am 17.05.1834 als Professor der Architektur an die Hochschule. Die Einführung erfolgte am 30.09.1834. Er leistete dem sächsischen König den Untertaneneid und wurde somit sächsischer Staatsbürger. Hier in Dresden begann nun seine große Schaffensperiode. Es entstanden u. a. das Maternihospital (Frauen-Versorgungshaus), das Hoftheater, welches jedoch 1869 abbrannte, die Villa Rosa, die Synagoge, das Oppenheim-Palais, das Neue Hoftheater (die spätere Semperoper). Auch Grabdenkmäler auf Dresdener Friedhöfen stammen von Semper, für die Familie Oppenheim auf dem Trinitatis-Friedhof, für den Kunstforscher Freiherrn von Rumohr auf dem alten Neustädter Friedhof und für Carl Maria von Weber (1844 von London nach Dresden überführt) auf dem katholischen Friedhof.

Semper konnte während seiner Dresdener Zeit nicht nur berufliche Erfolge vorweisen, auch privat war das Glück auf seiner Seite. Am 1. September 1835 heiratete er Bertha Thimmig, die Tochter eines königlich sächsischen Majors a. D. Aus dieser Ehe gingen bis 1848 sechs Kinder hervor, vier Söhne und zwei Töchter. Der älteste Sohn Manfred wurde ebenfalls Architekt, Emanuel Bildhauer. Der dritte Sohn Hans, Dr. phil, war als Dozent für Kunstgeschichte an der Universität Innsbruck tätig. Über den Werdegang des vierten Sohnes ist nichts bekannt. Von Sempers beiden Töchtern heiratete eine den Bürgermeister Mölling aus Kiel, die andere den Hofrat Prof. Dr. Sickel aus Wien. Sempers Ehefrau starb bereits am 13. Februar 1859 in Zürich.

Der Dresdener Maiaufstand 1849, an dem er sich gemeinsam mit seinem Freund, dem Komponist Richard Wagner aktiv beteiligte, beendete jäh sein großes Schaffen in der sächsischen Elbmetropole. Da er nach dem Scheitern des Aufstandes von der neuen Regierung steckbrieflich gesucht wurde, floh er unter Zurücklassung seiner Familie über Pirna und Zwickau nach Würzburg. Dresden sah er nie wieder, obwohl der Steck-brief gegen ihn 1863 aufgehoben wurde. Als das von ihm erbaute Hoftheater 1869 abbrannte und er mit dem Bau eines neuen Theaters beauftragt wurde, lieferte er lediglich die Pläne. Den Bau leitete aber sein ältester Sohn Manfred nach seinen väterlichen Anweisungen.

Nach mehreren Zwischenaufenthalten in Hof, Karlsruhe und Straßburg erreichte Semper schließlich Paris. Hier verweilte er bis zum Jahre 1851. Seine Absicht, nach Amerika auszuwandern, zu welchem Zweck er bereits seine Familie von Dresden nach Hamburg beordert hatte, gab er auf, als ihm in England eine Tätigkeit versprochen wurde. Dort erhielt er zwar einige Aufträge, aber keine Festanstellung. Als ihm am 7. Februar 1855 die Professur für Architektur am Polytechnikum in Zürich angeboten wurde, nahm er begeistert an. Nunmehr begann seine ebenso erfolgreiche Züricher Zeit, die bis zum Jahre 1871 dauerte. In diesen Jahren entstanden der Neubau des Polytechnikums, die Sternwarte, das Haus des Nationalrates Fierz und die auf einem Ponton platzierte pompejanisch dekorierte Waschanstalt. In Winterthur baute er das 1866 vollendete Rathaus.

Im September 1871 siedelte Semper nach Wien um. Gemeinsam mit dem Architekten Karl Freiherr von Hasenauer, den er sich selber zum Partner gewählt hatte, leitete er die Bauten des Kunsthistorischen und des Naturhistorischen Museums sowie des Burgtheaters. Zwischenzeitlich war er zum K. K. Oberbaurat ernannt worden. Nach Reibereien mit seinem Partner beendete Semper 1876 die gemeinsame Arbeit.

Gesundheitliche Gründe zwangen ihn, den Winter 1876/77 in Venedig zu verbringen. Im Sommer 1877 suchte er Erholung in Bad Reichenhall. Nach kurzen Aufenthalten in Leipzig und Wien reiste er erneut nach Italien. In Gegenwart seines ältesten Sohnes Manfred verstarb er am 15. Mai 1879 in Rom. Beigesetzt wurde er auf dem protestantischen Friedhof an der Cestius-Pyramide in Rom. Für seine Verdienste wurde er mehrfach ausgezeichnet. Die Münchener Akademie der Künste ernannte ihn 1862 zu ihrem Ehrenmitglied, von der Universität Zürich erhielt er 1864 den Titel Dr. phil. h. c., 1865 wurde er Mitglied der Berliner Kunstakademie und im folgenden Jahr Mitglied der Münchener Akademie der Wissen-schaften. An Orden schmückten ihn der Sächsische Zivilverdienstorden, der Komthur des Franz-Josephs-Ordens, der Komthur des Hessischen Hausordens und seit 1874 der Orden Pour le Mérite. Mehrere Denkmäler wurden ihm zu Ehren errichtet, in Dresden, Zürich und in Hamburg. Ferner wurden einige Straßen nach ihm benannt, in Essen, Berlin-Schöneberg, Leipzig, Hamburg-Winterhude und auch in Wien.

Quellen:

  • Autor: S. H.: Allgemeine Deutsche Biographie 33 (1891)
  • Lipsius, Constantin: Gottfried Semper in seiner Bedeutung als Architekt
  • Nachrichten des Turmknopfes der ev. Kirche zu Landeshut von 1717 bis 1837
  • Salisch, Hugo: Alte Kaufmannshäuser und alte Kaufmannsfamilien in Landeshut (Heimatbuch des Krs. Landeshut - 1929)
  • Semper, Hans: Gottfried Semper - Ein Bild seines Lebens und Wirkens 
  • Wikipedia 


Folgendes Bild zeigt die Semperoper in Dresden.

Stanietz, Walter

Schriftsteller, Bühnenautor
* 31.08.1907 in Kattowitz                                             + 13.05.1965 in Kritzenast
Kindheit, Jugend: Landeshut

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Wer kennt nicht den großartigen schlesischen Bauernroman "Das tägliche Brot"? Der Autor dieses Werkes Walter Leo Josef Stanietz verbrachte seine Kindheit und Jugend in Landeshut. Geboren wurde er am 31. August 1907 im oberschlesischen Kattowitz als Sohn des Geschäftsmannes Leo Stanietz.

Während Walters Schulzeit zog die Familie Stanietz von Kattowitz nach Landeshut. Hier eröffnete Leo Stanietz im Hause Markt Nr. 7 sein Geschäft für Damen-Kleiderstoffe, Leinen- und Baumwollwaren, Gar-dinen, Trikotagen und Strümpfe. Der junge Walter besuchte hier zwar das Gymnasium, jedoch mit mäßigem Erfolg. Der Schulbesuch behagte ihm ebenso wenig, wie die auf Veranlassung des Vaters aufgenommene kaufmännische Tätigkeit in Glogau. Er wollte einen künstlerischen Beruf ergreifen. Einem Journalisten gegenüber äußerte er sich einmal wie folgt: "Ich bin in Schlesien geboren, um es genau zu sagen, in Oberschlesien, wo ja bekanntlich ein kräftiger Menschenschlag gedeiht. Ich war - nach einer strengen Kindheit - erst Kaufmann, das heißt, ich war es nicht, sonst wäre ich heute nicht Dichter. Seit Kindesbeinen, wie man so sagt, musste ich schreiben, zum Entsetzen meiner Verwandtschaft, die nicht recht begreifen konnte, warum eigentlich. Damals hat sie entschieden recht gehabt, denn ich fiel aus einer guten Bürgerreihe heraus. Nicht mit Absicht - ich schätze den Bürger - sondern aus innerer Notwendigkeit".

Entscheidend für seinen späteren Werdegang und auch für seine beruflichen Erfolge  wurden die Begegnungen mit dem Grüssauer Benediktinerprior Prof. Dr. Justinus, dem Schriftsteller Gerhart Hauptmann sowie Aufführungen einer Wanderbühne. Er suchte den Kontakt zu dem literarischen Kreis um Gerhart Hauptmann und begann, selber zu schreiben. Einige Zeit verbrachte er auch in der Künstlerkolonie auf Hiddensee. Auf dieser Insel verlebte die Familie des großen Schrift-stellers Gerhart Hauptmann seit 1926 die Sommermonate.

Walter Stanietz Erstlingswerk "Die Grunerts" wurde bereits ein Erfolg. Die Uraufführung des Dramas fand 1935 in Bochum statt und wurde an-schließend auf 28 weiteren Bühnen gespielt. Das nächste Bühnenwerk "Der Bauernkanzler", in dem die Ereignisse des Bauernkrieges thema-tisiert wurden, ließ nicht lange auf sich warten. 1936 wurde es zu gleicher Zeit an den Bühnen in Münster, Königsberg und Breslau uraufgeführt.

Nach Aufenthalten in Prerow an der Ostsee und in Berlin bekam Walter Stanietz Heimweh nach Schlesien. Er bezog ein eigenes Haus in Stein-seiffen in der Nähe von Krummhübel. Hier begann nun seine große Schaffensperiode. Er schrieb die Kindertragödie "Das Kind Gustel", das Schauspiel "Der Weg der Marie Tschenscher", welches 1936 im Alten Theater in Leipzig uraufgeführt und anschließend auf weiteren 30 Bühnen gespielt wurde. Das Drama "Die Mutter", 1938 in Mannheim uraufgeführt, wurde auf 90 Bühnen gespielt und kam darüber hinaus in französischer Übersetzung sogar in Paris zur Aufführung.

Im Jahr 1940 veröffentlichte Walter Stanietz den großartigen Bauern-roman "Das tägliche Brot". Hier schilderte er seine Erlebnisse auf dem großmütterlichen Bauernhof. Das Buch erreichte eine Gesamtauflage von einer halben Million und wurde auch in Russische und Holländische übersetzt. Den Höhepunkt seiner Karriere als Dramatiker erlebte er mit der "Ballade am Strom", welche 1943 unter dem Titel "Katrin" am Schiller-Theater in Berlin uraufgeführt wurde. Namhafte Schauspieler wie Heinrich George, dessen Ehefrau Berta Drews sowie Horst Caspar und Ernst Schröder wirkten in dieser Inszenierung mit. Der großartige Erfolg dieses Werkes mag mit dazu beigetragen haben, dass Walter Stanietz der Oberschlesische Kulturpreis verliehen wurde.

Das Kriegsende erlebte Walter Stanietz in Schlesien und wurde kurzzeitig von der polnischen Miliz inhaftiert. Auf Fürsprache Gerhart Hauptmanns kam er wieder frei und gehörte nach dessen Tod im Jahr 1946 zu den Mitfahrern des Gerhart-Hauptmann-Sonderzuges nach Dresden. Sein letzter Wohnort war das kleine Dorf Kritzenast im Bayerischen Wald. Für sein 1943 noch in Steinseiffen geschriebenes Drama "Die Brüder" wurde er 1954 mit dem Adalbert-Stifter-Preis ausgezeichnet. Aufgeführt wurde dieses Werk in Donaueschingen.

In seinen letzten Lebensjahren befasste sich Walter Stanietz mit der Esoterik und hielt Kontakt zu dem indischen Philosophen Yogananda. Sein Spätwerk, das zum Teil posthum veröffentlicht wurde, beschäftigt sich mit den letzten Fragen des Seins.

Walter Stanietz verstarb am 13. Mai 1965 in Kritzenast. Verheiratet war er in 1. Ehe mit Gerda, geb. Tschechne und in 2. Ehe mit Uta Charlotte, geb. Schibura.

Quellen:

  • Richter, Gustav: Berühmte Zeitgenossen aus Landeshut (Heimatbuch des Krs. Landeshut - 1954)
  • Schlesischer Gebirgsbote
  • Wikipedia

Walter Stanietz

Gemälde von Richard Sprick (1935)

Thomas-Gottesberg, Fritz

Bildhauer, Grafiker, Maler
* 08.07.1910 in Gottesberg                                          + 04.06.1997 in Flensburg
Wirkungsstätte: Grüssau, Liebau

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Der bekannte Bildhauer und Grafiker wurde am 8. Juli 1910 in Gottesberg im Kreis Waldenburg geboren. Seine Taufe empfing er in der evangelischen Kirche in Gottesberg. Mit seinem Geburtsort fühlte er sich so eng verbunden, dass er seinem Namen den Namen Gottesberg anfügte. Unter dem Namen Fritz Thomas-Gottesberg wurde er weltbekannt.

Nach der Schulausbildung erlernte er das Tischlerhandwerk. Bereits in jungen Jahren zeigte sich aber sein Talent zur Bildhauerei. Was lag daher näher, als die weltbekannte Holzschnitzschule in Bad Warmbrunn zu besuchen. Diese Schule bestand vom 7. November 1902 bis zum 1. März 1946 und gehörte vier Jahrzehnte zum Mittelpunkt des kunstgewerblichen Schaffens im Riesengebirge. Die Schüler erhielten hier theoretischen und praktischen Unterricht. Die bekannteste Klasse war die des Holzbildhauers und Medailleurs Cirillo Dell`Antonio, des vierten Direktors dieser Schule. Dell`Antonio brachte den weichen Südtiroler Stil seiner Heimat mit, andere Lehrer kamen aus Gegenden mit anderen Ausdrucksformen. So verschmolzen verschiedene Kunstrichtungen in den Kunstwerken, die die Schüler und Lehrer der Holzschnitzschule Bad Warmbrunn fertigten. Im Jahre 1937 erteilte das Ministerium der Schule die Bezeichnung "Meisterschule des deutschen Handwerks für Bildhauer und Tischler".

Fritz Thomas-Gottesberg absolvierte 15 Semester an dieser Schule. Während dieser Zeit war er fünf Jahre Meisterschüler bei Prof. Cirillo Dell`Antonio, nahm an vielen Kursen teil und gewann die Wettbewerbe. U. a. schnitzte er das Kruzifix für das Karlshospital in Kassel. Er nahm auch an Vorlesungen des berühmten Prof. Gunther Grundmann teil, der später Provinzialkonservator für Niederschlesien in Breslau war.

Nach dem erfolgreichen Abschluss der Bildhauerschule in Bad Warmbrunn kehrte Fritz Thomas-Gottesberg mit seiner Ehefrau Monika und Sohn Frank nach Gottesberg zurück und bezog eine Wohnung an der Bahnhofstraße. Der Künstler arbeitete in Ateliers in Liebau und Grüssau. Dort entstanden seine schönsten schlesischen Kunstwerke. Meistens waren es Skulpturen religiöser Art. Im Grüssauer Atelier entstand das große Kreuz mit Jesus für die Kirche in Dittersbach/Kreis Waldenburg. Der zweite Weltkrieg und die zweijährige Gefangenschaft unterbrachen sein künstlerisches Schaffen; dennoch schuf er in dieser Zeit über 120 Porträtzeichnungen.

Auch die Familie Thomas-Gottesberg musste nach Kriegsende die Heimat verlassen. Die Werkstatt und seine Arbeiten wurden vernichtet. Die Familie kam nach Munster in Niedersachsen, später zog sie nach Flensburg. Seit 1948 war Thomas-Gottesberg an der Werkkunstschule in Flensburg als Lehrer tätig und konnte hier seine pädagogischen und künstlerischen Fähigkeiten einsetzen. Er wirkte dort bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1975. Einer seiner Meisterschüler war bis 1961 der bekannte Grafiker und Bildhauer Siegbert Amler aus Hirschberg, dessen Arbeiten mehrfach ausgezeichnet wurden. U. a. wurde er mit dem Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland geehrt.

Sein künstlerisches Schaffen setzte er auch in seiner neuen Heimat Niedersachsen unbeirrt fort. Es entstanden Kunstwerke in unterschiedlicher Technik: Skulpturen, aber auch Malerei und Grafiken. Der Künstler experimentierte mit verschiedenem Material. Er schuf viele grafische Zyklen als Holz- und Linolschnitte, wie z. B. die Reihe "Wo die Bäume sind".

Im Jahre 1980 hatte er seine erste Ausstellung in Munster. Es waren über 50 Linolschnitte aus dem Zyklus "Mühlen und Menschen". Dieser Zyklus wurde auch im internationalen Mühlen-Museum in Gifhorn in Niedersachsen ausgestellt. Weitere Ausstellungen in anderen Städten Deutschlands folgten. 

Am 20. Oktober 1989 unterzeichneten der Bildhauer und die Stadt Munster einen Vertrag, der die Überlassung seines Werkes an die Stadt regelte. In dieser Zeit entwarf er für Munster ein Modell für den Heidebrunnen und gab ihm den Titel "Vegetatives". Zur Eröffnung der Ausstellung "Natur im Städtebau" goss er die Bronzestatue "Der Junge mit der Schnecke". Am Mühlenteichpark in Munster kann man die Plastik "Intervall" bewundern.

Zum 80. Geburtstag des Künstlers im Jahre 1990 gab die Stadt Munster einen Katalog heraus, in dem 77 Kunstwerke abgebildet wurden, unter ihnen vier, die er für seine Heimatstadt Gottesberg geschaffen hatte.

Thomas-Gottesberg war nicht nur Bildhauer, Maler und Grafiker, sondern auch Schriftsteller. Es gibt ein bisher noch nicht veröffentlichtes Prosa-Werk von Erzählungen mit dem Titel "Der Sonnenwirbel". Darüber hinaus veröffentlichte er viele Fachaufsätze und schrieb Kunstkritiken.

Fritz Thomas-Gottesberg starb am 4. Juni 1997 kurz vor seinem 87. Geburtstag und wurde in Flensburg beigesetzt. Dort starb am 13. Mai 2010 seine Witwe Monika Thomas. Die Sammlung des Künstlers, die sich im Eigentum der Stadt Munster befand, wurde im Jahre 2008 noch einmal in einer Ausstellung präsentiert und danach an den Sohn Frank Thomas zurückgegeben.

Quellen:

  • Poludniak, Natalia: "Längst in andren Landen" - Lebensbild des schlesischen Künstlers Fritz Thomas-Gottesberg, in Schlesischer Gottesfreund, Heft Nr. 2/2013
  • Wikipedia

Selbstporträt aus dem Zyklus "Mühlen und Menschen"

Die Holzschnitzschule in Bad Warmbrunn

Im Atelier in Liebau

(aus dem Katalog: "Stadt Munster, Sammlungen Fritz Thomas Gottesberg",

zur Verfügung gestellt von Frau Roswitha Rüschkamp)

Atelier in Grüssau, Gemeinschaftsarbeit an einem 3 Meter großen Cruzifix
 für die Kirche in Dittersbach.

(aus dem Katalog: "Stadt Munster, Sammlungen Fritz Thomas Gottesberg", 

zur Verfügung gestellt von Frau Roswitha Rüschkamp)

Lutherkopf für die Kirche in Gottesberg

Bronzestatue "Der Junge mit der Schnecke"

Plastik "Intervall"

von Tiele-Winckler, Eva

Diakonisse
* 31.10.1866 in Miechowitz OS.                                    + 21.06.1930 in Miechowitz OS.
Wirkungsstätte: Michelsdorf

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Als "Mutter Eva" ging Eva von Tiele-Winckler in die Geschichte der Diakonie ein. Sie schuf eine evangelische Schwesternschaft, in der sie als Vorsteherin und zugleich als Schwester unter Schwestern "gebunden und doch frei" den Lebensberuf der Diakonisse ausübte. Im Kreis Landeshut wirkte sich ihre bewundernswerte Arbeit insbesondere in der Gemeinde Michelsdorf aus. Sie wurde am 31.10.1866 als zweitjüngstes von neun Kindern in Miechowitz/Oberschlesien geboren. Ihr Großvater mütterlicherseits war ein führender Unternehmer im Bergwerkswesen. Als behütete Tochter einer Adelsfamilie verbrachte sie ihre Kindheit auf Schloss Miechowitz. Im Alter von 13 Jahren verlor sie ihre geliebte Mutter Valeska von Tiele-Winckler, eine katholische und überaus warmherzige Frau. Als der Vater Hubert von Tiele-Winckler ein zweites Mal heiratete, erhielt Eva eine evangelische Mutter, die die christliche Unterweisung der Kinder förderte.

Außerhalb des elterlichen Schlosses befand sich das große ober-schlesische Kohlenrevier, in dem die Menschen damals in großer Armut lebten. Dies blieb auch der jungen Eva nicht verborgen. Um die Not etwas zu lindern, wurden Armenspeisungen durchgeführt. Eva beteiligte sich daran und teilte in den unteren Küchenräumen des Schlosses Suppe aus. Sie lernte polnisch, um auch den polnisch sprechenden Armen helfen zu können.

Während einer Reise lernte sie 1885 Bethel und Friedrich von Bodelschwingh kennen und ließ sich zur Krankenpflegerin ausbilden. Danach arbeitete sie im heimatlichen Miechowitz als Schwester. Ihr Vater richtete ihr ein Haus für Kinder, Alte und Pflegebedürftige ein, den "Friedenshort". Dies war der Beginn des Diakonissenmutterhauses. Im Jahre 1892 besuchte Friedrich von Bodelschwingh den Friedenshort. Er riet ihr, eine eigene Schwesternschaft zu gründen, um die vielen Aufgaben zu bewältigen. Sie selbst wurde in Bethel als Diakonisse eingekleidet und eingesegnet. Mutter Eva, wie sie nun aufgrund ihrer liebevollen Zuneigung genannt wurde, schaffte eine Schwesternordnung, die "Regeln für die Gemeinschaft der Friedensschwestern". Darin verpflichteten sich die Schwestern für ihr ganzes Leben zur sozialen Arbeit im Dienst für Christus. Sie wählten ihre Aufgaben nicht selbst, sondern wurden begabungsgemäß dort eingesetzt, wo sie gebraucht wurden.

Ein wichtiger Aufgabenbereich war für Schwester Eva, heimatlosen Kindern eine Heimat zu schaffen. Sie gründete in vielen Städten und Dörfern sog. Kinderheimaten. Hier fanden verlassene Kinder in gemeindenahen, überschaubaren, familienähnlichen und von einer Schwester geleiteten Lebensgemeinschaften ein Zuhause. So entstand auch Ende 1921 in Michelsdorf das "Haus Gottestreue", das sie gemein-sam mit dem damaligen Michelsdorfer Pastor Forell gründete. Vorgängerin dieser Michelsdorfer Anstalt war das 1864 von Pastor Trogisch gegründete "Rettungshaus", das im Oktober 1921 abbrannte. Finanzielle und materielle Grundlagen dieser gesamten Einrichtungen bildeten die GmbH "Heimat für Heimatlose", Schenkungen von Grundstücken und Gebäuden sowie Sach- und Geldspenden aus Freundeskreisen.

Wie viele andere Persönlichkeiten war auch Schwester Eva in umfassender Weise publizistisch tätig. Sie verfasste Schwesternbriefe, religiöse Betrachtungen, Bibelauslegungen, Erfahrungstexte, Spruchweisheiten, Gedichte und geistliche Lieder. Sie verstarb am 21.06.1930 im Friedenshort in Miechowitz.

Für ihre Verdienste verlieh ihr Kaiser Wilhelm II. am 22. März 1897 den Wilhelm-Orden. Nach dem Tod der Schwester Eva musste dieser Orden aber zurückgegeben werden.

Quellen:

  • Schlesischer Gebirgsbote
  • Schlesischer Gottesfreund, Heft Nr. 3/2022
  • Schlesischer Kulturspiegel, Heft Nr. 2/2017
  • Tiele-Winckler von, Eva: Nichts unmöglich - Erinnerungen und Erfahrungen von Schwester Eva von Tiele-Winckler
  • Wikipedia

Text der Verleihungsurkunde des Wilhelm-Ordens

(Quelle: Schlesischer Kulturspiegel, Heft Nr. 2/2017)

Wohnhaus und letzte Ruhestätte

(Quelle: Schlesischer Gottesfreund, Heft Nr. 3/2022)

Trogisch, Gustav

Pastor
* 17.06.1827 in Prinkendorf                                        + 29.05.1888 in Landeshut
Wirkungsstätte: Michelsdorf

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Mit dem Namen Gustav Trogisch verbindet sich untrennbar die Erinnerung an das Michelsdorfer Rettungshaus und den Landeshuter Knabenhort.

Als Sohn eines Lehrers wurde Ernst Gustav Trogisch am 17.06.1827 in Prinkendorf, Kreis Liegnitz geboren. Nach Schul- und Studienzeit erfolgte am 05.04.1854 in Breslau seine Ordination zum Vikar in Parchwitz. Noch im selben Jahr begann er seine segensreiche Tätigkeit als evangelischer Pastor in Michelsdorf, die bis zum Jahre 1882 dauerte. Die damalige Not der Weber, die auch viele junge Menschen aus der Bahn warf, beschäftigte ihn sehr. In den Gebirgsdörfern, in denen der Ackerbau nur sehr wenig Ausgleich bot, war die Not am größten. Was nutzte es, wenn der Hand-weber von früh bis spät täglich 16 Stunden am Webstuhl arbeitete, und auch Frau und Kinder kräftig mithalfen, Hunger und Not wollten doch nicht weichen. Hoffnungslos standen sie diesem Schicksal gegenüber. Entmutigt legten viele Personen die Hände in den Schoß und ergaben sich der Bettelei. Diesen armen und verzweifelten Menschen nahm sich Pastor Trogisch an. Er mietete das alte Hofeschloss im Nachbardorf Hermsdorf und richtete eine Rettungsanstalt für Erwachsene ein. Viel Zeit, Kraft und Geld investierte er in diese Aufgabe. Schon nach zwei Jahren zeigten sich die ersten Erfolge. Die ärgste Bettelei in den Dörfern nahm bereits 1856 wesentlich ab.

Doch noch etwas anderes bedrückte Pastor Trogisch, die Not vieler Kinder. Daher gründete er 1856 in Hermsdorf auch ein Kinderrettungshaus. Die Kinder sollten nicht wieder in das Elend zurücksinken. Trogisch sorgte für ihren Unterhalt und für ihre Erziehung. Da die Zahl der Hilfe suchenden Kinder aber ständig zunahm, musste dringend nach einem größeren Haus Ausschau gehalten werden. Im Jahr 1864 kaufte er mit den bescheidenen Mitteln einer Stiftung und eines Vermächtnisses für 9.500 Taler ein Bauerngut von 100 Morgen in Michelsdorf. Natürlich reichten die Gesamtmittel für den Kauf und den erforderlichen Umbau nicht aus. Erst 1879 konnte er den größten Teil der Schulden tilgen. Im neuen Heim war nun genügend Platz vorhanden. Auch im Michelsdorfer Rettungshaus wurde Ackerbau und Viehzucht betrieben. Da die älteren Kinder dabei helfen konnten, wurde die Versorgung mit Nahrung erleichtert und selbstverständlich auch preisgünstiger. Für die auswärtigen Kinder mussten die Fürsorgepflichtigen Unterhaltsbeihilfen zahlen. Für seine Heimkinder lebte er, er sparte und opferte für sie. Sie ersetzten ihm, dem Unverheirateten, bis zu einem gewissen Grad die Familie. Reichten die finanziellen Mittel trotz aller Sparsamkeit manchmal nicht aus, so wusste er von öffentlichen, kirchlichen und privaten Stellen immer wieder welche zu beschaffen. Auch die preußische Königinwitwe Elisabeth und die Kaiserin Augusta unterstützten seine Anstalt.

Michelsdorf war für Pastor Trogisch zur Heimat geworden. Als er 1865 das Angebot erhielt, Reise-prediger der Inneren Mission zu werden, lehnte er ab. Auch die 1875 angebotene Mitarbeit an der "Allgemeinen Evangelisch-lutherischen Kirchenzeitung " schlug er aus. Er blieb Michelsdorf und den ihm anvertrauten Kindern seines Rettungshauses bis zum eintritt in den Ruhestand im Jahre 1882 treu.

Aus gesundheitlichen Gründen musste er bereits im Alter von 55 Jahren emeritiert werden. Seinen Lebensabend verbrachte er in Landeshut. Aber trotz seines schweren chronischen Rheumaleidens legte er auch hier nicht die Hände in den Schoß. Um seinen Unterstützern und Gönnern, den Schreibendorfer Familien von Heinen und von Thielau zu danken, schrieb er die Ortsnachrichten von Schreibendorf in Chronikform nieder, die aber erst nach seinem Tod gedruckt wurden. Noch kurz vor seinem Tod gründete der zwischenzeitlich bereits Gelähmte gemeinsam mit seinem Arzt und zwei Lehrern den Landeshuter Knabenhort. Gustav Trogisch verstarb am 29. Mai 1888 in Landeshut und wurde in Michelsdorf beigesetzt.

Sein Lebenswerk, das Rettungshaus in Michelsdorf, wurde auch nach seinem Tod von dem späteren Michelsdorfer Pastor Forell weitergeführt.

Quellen:

  • Chronik der Stadt Landeshut
  • Seeliger Prof. Dr., Hermann: Bedeutende Männer aus dem Landeshuter Kreise (Heimatbuch des Krs. Landeshut - 1929)
  • Schlesischer Gebirgsbote
  • Wichern, Johann Hinrich: Fliegende Blätter aus dem Rauhen Hause zu Horn bei Hamburg, 

       Band 22



Uhde, Gerhard

Schriftsteller, Regisseur
* 07.08.1902 in Thorn (Westpreußen)                  + 07.08.1980 in Heidenheim an der Brenz
Kindheit, Jugend: Schömberg

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Gerhard Uhde erblickte am 07.08.1902 in Thorn an der Weichsel, der Geburtsstadt des bekannten Astronomen Nikolaus Kopernikus, als Sohn eines Feldwebels das Licht der Welt. Dass er aber trotzdem ein echter Schlesier wurde, bekannte er selbst einmal mit folgenden Worten: "In Thorn geboren - in Schlesien aufgewacht".

Im Alter von dreieinhalb Jahren kam er mit seinen Eltern und seiner drei Jahre älteren Schwester in das reizvolle Weberstädtchen Schömberg. Hier wurde er eingeschult und absolvierte die ersten beiden Schuljahre. Er war noch keine acht Jahre alt, als sein Vater von Schömberg nach Lewin in der Grafschaft Glatz, dem späteren Hummelstadt, versetzt wrude. Uhde besuchte die Lewiner Volksschule bis zum 10. Lebensjahr. Dann stand der Familie Uhde ein weiterer Wohnsitzwechsel bevor. Die oberschlesische Stadt Ratibor wurde die neue Heimat der Familie. Nach der bestandenen Aufnahmeprüfung begann der junge Gerhard seine Gymnasialzeit am humanistischen Gymnasium in Ratibor. Hier schloss er sich der Jugendbewegung "Wandervogel" an, die 1896 in Berlin-Steglitz gegründet worden war. Gemeinsam mit seinen Mitschülern zog er mit "Klampfe" und Rucksack hinaus in die freie Natur.

Nach dem Abitur studierte er zunächst an den Universitäten Erlangen, Bonn und Hamburg. Ihn zog es jedoch mit aller Macht an die Bühne. Er begann als Laienspieler in Volksspielgruppen. Auf vielen Fahrten spielte er die ihm zugeteilten Rollen, in Bremen, Hamburg, Südmähren und schließlich auch in Wien. Hier spielte die Gruppe in den Tuchlauben vor einem großen Publikum. Sogar Hugo von Hofmannsthal, der große österreichische Schriftsteller, Dramatiker und Mitbegründer der Salz-burger Festspiele, kam in die Garderobe und bedankte sich bei jedem einzelnen Spieler.

Zwischenzeitlich hatte Gerhard Uhde aber auch seine schriftstellerischen Qualitäten entdeckt. Im Jahre 1924 erschienen seine ersten Gedichte und Kurzgeschichten. 1929 kam der Erstlingsroman "Der Bibelrekrut" heraus, der in der heimatlichen Stadt Ratibor spielte. Nach eigenem Bekunden fühlte er sich jedoch auf den Brettern sicherer als im Schreiben. Er wollte Berufsschauspieler werden. Von entscheidender Bedeutung für seinen beruflichen Werdegang war die Begegnung mit dem Regisseur Gottfried Haas-Berkow. Dieser engagierte ihn erstmalig 1927 für eine Tournee und Uhde gehörte auch zum Stammensemble, als Haas-Berkow 1933 Intendant der Württembergischen Landesbühne wurde. In den Jahren 1938/39 leitete Gerhard Uhde das Naturtheater in Heidenheim a. d. Brenz. Mit dem Ausbruch des 2. Weltkrieges wurde die dramaturgische Tätigkeit Uhdes beendet.

Neben seiner Bühnenkarriere war Uhde aber auch immer noch schriftstellerisch tätig gewesen. Viele Romane, Dramen und Novellen stammen aus seiner Feder. Der große Schicksalsroman "Lioba lebt" erschien in sieben Auflagen. Mehr als 30.000 Exemplare dieses Buches gingen in alle Welt. Er wurde sogar in Dänische übersetzt. Große Beachtung fand auch sein Buch "Allen Gewalten zum Trutz".

Nach dem Krieg lebte Gerhard Uhde in Bad Hersfeld. Für seine hervor-ragenden Verdienste zeichnete ihn diese Stadt mit der goldenen Ehren-plakette aus. Am 29. September 1968 wurde ihm von der Gesellschaft für Literatur und Kunst (Wangener Kreis) in Wangen im Allgäu der Eichen-dorff-Literaturpreis verliehen. Mit diesem Preis, der 1956 erstmalig verge-ben wurde, soll u. a. die Aufmerksamkeit auf Schriftsteller gelenkt wer-den, die aus Schlesien stammen oder sich intensiv mit der schlesischen Kultur beschäftigen.

Nach einem Kuraufenthalt in Bad Reichenhall verstarb Gerhard Uhde am 07. August 1980, dem Tag seines 78. Geburtstages, in Heidenheim an der Brenz.

Quelle:

  • Schlesischer Gebirgsbote

Vielheuer, Christoph(orus)

Apotheker, Buchautor
* um 1624                                                                       + um 1687 in Landeshut
Wirkungsstätte: Landeshut

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Das Leben des Christoph Vielheuer, seines Zeichens Apotheker in Landeshut, lässt sich nur recht fragmentarisch nachzeichnen und verbleibt oft im Ungefähren. Wir erfahren von ihm lediglich durch sein 1676 in Leipzig veröffentlichtes Buch:

                           "Gründliche Beschreibung fremder Materialien und Specereyen Ursprung,

                           Wachsthum, Herkommen und deroselben Natur und Eigenschaften, wie auch
                           welchem Planeten ein jedes unterworffen."

So berichtet er, dass er sich um 1638 in Frankreich aufhielt und dann um 1640 seine Tätigkeit als Apothekerlehrling bei Elias Jacobi in Polnisch-Lissa aufnahm. Da damals Lehrlinge meist zwischen dem 14. und 17. Lebensjahr eine Lehre aufnahmen, lässt sich schließen, dass Vielheuer um 1624 geboren sein müsste. Nach dieser ersten Ausbildung zog es ihn nach Breslau, wo er um 1646 als Apothekergeselle eine Anstellung bei dem Apotheker Jeremias Schöps (1606 - 1678) in der Apotheke zum Goldenen Hirsch annahm.

Aus Vielheuers spärlichen Aufzeichnungen geht hervor, dass er etwa um 1649 mit seinen umfangreichen Reisen begann, die ihn für 16 Jahre an viele Orte brachte, die ihm Aufschlüsse vermittelten über Besonderheiten der Natur, die er später in seinem Buch aufnahm. So führte ihn seine Reise u. a. nach Stettin, wo er Walfischknochen begutachten konnte, nach Lübeck, wo er in der Marienkirche eine besondere Schlangenhaut sah. Weiterhin begutachtete er den Tabakanbau bei Hanau und Krokusfelder bei Landau.

Er zog praktisch durch ganz Europa, er war in Amsterdam, zog den Rhein entlang, nach Österreich, dann nach Polen und Litauen. Er war in Königsberg ebenso wie an vielen Orten Schlesiens und besonders im Riesengebirge. All diese Orte nennt Vielheuer in seinem 1676 erschienen Buch. Immer wieder spricht er davon, dass er an machen Orten "servierte", was wohl so viel bedeutet wie, dass er sich wahrscheinlich auf seinen Reisen immer wieder meist in Apotheken als Fachkundiger verdingte.

Als nahezu einziges klares Datum nennt Christoph Vielheuer das Jahr 1664. Da übernahm er in Landeshut die Stadtapotheke, die sich zu seiner Zeit noch im Gebäude des ersten Rathauses der Stadt befand. Außerdem gilt die Landeshuter Stadtapotheke als eine der ältesten Apotheken in Schlesien. Sie wurde bereits 1369 aufgrund eines Privilegs der Herzogin Agnes, der Witwe Bolkos II., gegründet. Hier wirkte Vielheuer vermutlich bis zu seinem Tod 1687, da im Oktober 1687 bereits Gottfried Neumann als Apotheker der Stadtapotheke erwähnt wird. Es ist davon auszugehen, dass er in Landeshut seine letzte Ruhe fand.

Über sein sonstiges Leben erfahren wir nichts. Weder ist bekannt, ob er verheiratet war und Kinder hatte, wovon auszugehen ist, noch wird etwas berichtet über seine Stellung in der Landeshuter Stadtgesellschaft. Immerhin weist das Adressbuch der Stadt und des Kreises Landeshut von 1938 fünf Personen mit dem Familiennamen "Vielheuer" aus, was zumindest ein Indiz dafür sein könnte, dass der Apotheker aus dem 17. Jahrhundert Nachkommen haben könnte.

Das Besondere an dem Materialienbuch des Apothekers Christoph Vielheuer ist, dass es der erste Versuch eines illustrierten und alle damals gängigen Drogen umfassenden Handbuches für Apotheker darstellt. Lange Zeit ist dieses Werk von der Pharmaziehistorik übersehen worden.

(Verfasser: Wolfgang Kraus)

Quellen:

  • Adreßbuch der Stadt und des Kreises Landeshut 1938
  • data-cerl-org.translate.goog/thesaurus
  • deutsche-biographie.de/pndI24559409.html
  • Hein, Wolfgang-Hagen: Das Materialienbuch des Apothekers Christophorus Vielheuer, in: Beiträge zur Geschichte der Pharmazie, Beilage zur Deutschen Apotheker-Zeitung, Stuttgart 1969, Nr. 4, S. 27 - 31

Buch von Christoph Vielheuer

(Quelle: Bayerische Staatsbibliothek)

Buch von Christoph Vielheuer

(Quelle: Bayerische Staatsbibliothek)

Weigel, Adam Johann Valentin

Pastor, Geograph, Naturforscher
* 29.09.1740 in Sommerhausen                                     + 24.06.1806 in Haselbach
Wirkungsstätte: Haselbach

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Bekannt wurde Adam Johann Valentin Weigel als schlesischer Geograph und Naturforscher. Seine Wiege stand aber nicht in Schlesien, sondern in Sommerhausen bei Würzburg. Dort wurde er am 29.09.1740 als Sohn des Kantors Valentin Weigel geboren. Nach dem Studium in St. Sebald bei Nürnberg besuchte er die Akademie in Altdorf. Anschließend begab er sich zur weiteren Aus-bildung nach Leipzig und bald darauf nach Halle. Hier war er als Lehrer am Waisenhaus tätig. Durch Empfehlung kam Weigel nach Schlesien und wirkte anfangs als Erzieher im Hause eines Herrn von Backs. Später zog er nach Landeshut, wo er wiederum eine Stelle als Erzieher annahm und zwar im Hause eines Herrn von Kluge.

In den Jahren von 1778 bis zu seinem Tod am 24.06.1806 war er in Haselbach als evangelischer Pastor tätig. Neben seiner seelsorgerischen Tätigkeit beschrieb er die schlesische Landschaft hinsichtlich ihrer topographischen und biologischen Struktur. Er verfasste hierüber ein zehnbändiges Werk "Geographische, naturhistorische und technologische Beschreibung des souverainen Herzogthums Schlesien". Es beinhaltet viele verschiedene Statistiktabellen, vollständige Dorfverzeichnisse mit genauen Zahlen von Kirchen, Schulen, Gemeinden und Schlossbesitztümern. Besondere Beachtung in diesem Werk finden die Studien über die Regionalsprache der Ortsbewohner der jeweiligen schlesischen Kreise. Darüber hinaus erwarb er sich auch große Verdienste um die Flora des Riesengebirges. Nach ihm wurde sogar eine Pflanze benannt, Bryum weigelii, die er bei seinen Wanderungen im Riesengebirge sammelte. Es handelt sich hierbei um eine besondere Moosart.

Verheiratet war Pastor Weigel mit Henriette Friederike, geb. Flöricke, der ältesten Tochter des Wirtschaftsamtmannes Johann Friedrich Flöricke und dessen Ehefrau Erdmuth Friedericke, geb. Hensel.

Weigel war Mitglied der Gesellschaft Naturforscher in Berlin und Halle an der Saale sowie der ökonomisch-patriotischen Forscher des Fürstentums Schweidnitz. Er war ein enger Freund des Friedrich Wilhelm Freiherr von Reden, Besitzer des Schlosses Buchwald. Dieser ließ zur Erinnerung an seinen Freund an der Ostseite des Gärtnerhauses im Buchwalder Park einen Gedenkstein anbringen. Dieses Gärtnerhaus wurde früher nicht nur als Wohnhaus des Gärtners benutzt, sondern hier befand sich auch die gräfliche Naturalien- und Schmetterlingssammlung.

Auch die Haselbacher Pfarrgemeinde gedachte ihres berühmten Seelsorgers, in dem sein Bild einen Ehrenplatz in der evangelischen Kirche erhielt. Beigesetzt wurde er auf dem später katholischen Friedhof in Haselbach. Dort befindet sich noch heute sein Grabstein.

Quellen:

  • Heerwagen, Friedrich Ferdinand Traugott: Literatur-Geschichte der geistlichen Lieder und Gedichte neuer Zeit - Band 1 - Seite 249
  • Lubieniecki, Jan: Adam Weigel (Aus der Geschichte des Landeshuter Landkreises - 2008)
  • Streit u. Zimmermann: Schlesische Provinzialblätter, Band 28 - Juli bis Dezember 1798 -


Das folgende Bild zeigt den Grabstein von Pastor Adam Johann Valentin Weigel auf dem katholischen Friedhof in Haselbach. Er trägt folgende Inschrift:
                                                 Hier ruht
                                                 ein Pilger der Erde.
                                                 Johann Adam Valentin Weigel
                                                 
geb: den 29 ten Septbr. 1740
                                                 zu Sommerhausen in Franken.
                                                 Durch mancherlei Schicksale
                                                 kam er 1768 nach Schlesien
                                                 wo er bey hiesiger
                                                 evangelisch lutherischen Kirche
                                                 die Religion Jesu gelehrt hat
                                                 von 1778 bis 1806.
                                                 Er legte seinen Pilgerstab nieder
                                                 im 66 ten Jahre seiner
                                                 Wallfahrt.

von Weiler, Friedrich Heinrich Carl Alberto, Dr. jur.  

Verwaltungsbeamter, Landrat des Kreises Landeshut
* 06.01.1879 in Krefeld                                                + 20.12.1922 in Hamburg
Wirkungsstätte: Landeshut

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Carl von Weiler wurde am 6. Januar 1879 in Krefeld geboren. Seine Eltern waren der Kaufmann Maximilian von Weiler und dessen Ehefrau Maria, geb. von Beckerath. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Krefeld, wo er Ostern 1898 das Abitur ablegte, studierte er Rechts- und Sozialwissenschaften an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Dort wurde er 1898 Mitglied des Corps Guestphalia Heidelberg. Später setzte er seine Studien an den Universitäten Berlin und Bonn fort.

Sein erstes Staatsexamen absolvierte von Weiler am 24. Juli 1902 am Oberlandesgericht Köln. Die Promotion zum Dr. jur. erfolgte am 30. Juli 1902 an der Universität Leipzig. Am 4. August 1902 trat er in den preußischen Staatsdienst, wurde als Gerichtsreferendar vereidigt und begann seine Tätigkeit bei den Gerichten in Uerdingen, Düsseldorf und Krefeld. Sein Regierungsreferendariat absolvierte er bei der Regierung in Düsseldorf und bestand die Prüfung zum Regierungsreferendar am 6. August 1904 und wurde schließlich 1907 Regierungsassessor.

Am 27. August 1907 wurde er zur Hilfeleistung an das Landratsamt des Kreises Konitz, Provinz Westpreußen, abgeordnet. Anschließend wurde er am 25. Juni 1909 an das Landratsamt des Kreises Greifswald versetzt. Anfang 1914 wurde von Weiler zur Regierung Frankfurt/Oder beordert, wo er am 1. Dezember 1915 zum Regierungsrat ernannt wurde.

Carl von Weiler wurde am 15. Oktober 1916 die kommissarische Verwaltung des Landkreises Landeshut übertragen. Seine offizielle Ernennung zum Landrat erhielt er am 20. Juni 1917. Doch schon zum 1. September 1919 wechselte er als Regierungsrat zum Oberpräsidium der Provinz Hessen-Nassau in Kassel. 1921 wurde er zum Landrat des Kreises Eder in Bad Wildungen ernannt. Von Weiler starb nach mehrfachen Beurlaubungen wegen Lungentuberkulose am 20. Dezember 1922 in Hamburg.

Er heiratete am 31. August 1909 in Hamburg-Blankenese Helene Edye (1889 - 1928), die Tochter des Schiffsmaklers, Reeders und Mitinhabers der Firma Robert M. Sloman jr. John Alfred Edye (1845 - 1922) und seiner Ehefrau Olga, geb. Crasemann (1851 - 1920).

(Verfasser: Wolfgang Kraus)

Quellen:

  • genealogie-seeger.com/relateform.php?primaryID=151241&tree=tree1
  • wikipedia
  • www.eirenicon.com/rademacher/www.verwaltungsgeschichte.de/landeshut.html
  • www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/bio/id/16361
  • Schlesischer Gebirgsbote, Nr. 1/1965, S. 15
  • Adressbuch der Stadt Hirschberg und Umgebung, 1926

Werner, Armin

Buchdruckereibesitzer
* 06.02.1848 in Armenruh, Kreis Goldberg
+ 27.11.1899 in Landeshut
Wirkungsstätte: Landeshut

Willmann, Michael

Maler
* 27.09.1630 in Königsberg                                          + 26.08.1706 in Leubus
Wirkungsstätte: Grüssau

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Michael Lucas Leopold Willmann gehört zu den erfolgreichsten deutschen Malern der Barockzeit und seine Werke haben die Jahrhunderte überdauert. Er ging als der "schlesische Raffael" in die Geschichte ein. Große Verdienste erwarb er sich mit seinen einzigartigen Werken für die Grüssauer Klosterkirche, so dass sein Name auch untrennbar mit Grüssau verbunden ist.

Geboren wurde er am 27.09.1630 in Königsberg als Sohn des dortigen Malers Christian Peter Willmann und dessen Ehefrau Maria, geb. Dirschow. Der Vater erkannte bereits frühzeitig das Talent seines Sohnes und erteilte ihm gemeinsam mit dem Maler de Backer den ersten Unterricht. Um seinen Sohn weiter zu fördern. schickte er ihn in die Niederlande, damit er dort die Kunst der großen Meister der damaligen Zeit kennen lernen sollte. Den jungen Michael Willmann fesselten besonders die Werke der berühmten Maler Rembrandt, Rubens und van Dyck. Die Ausbildung im Atelier eines bekannten niederländischen Malers konnte er sich jedoch aus finanziellen Gründen nicht leisten.

Nach etwa zweijährigem Aufenthalt kehrte er in seine Heimatstadt Königsberg zurück, legte die Meisterprüfung ab und begab sich auf Wanderschaft. Erste Stationen seiner Reise waren Danzig und Prag, wo er von 1653 - 1655 lebte. Anschließend begab er sich nach Breslau. Seine ersten bekannten Werke, die er im Auftrag des Leubusser Abtes Arnold Freiberger schuf, entstanden in dieser Zeit. Die nächste Station seiner Wanderschaft war Berlin. Hier hielt er sich während der Zeit von 1657 bis 1658 auf und malte für den Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg mythologische Gemälde. Willmann wurde sogar zum Kurfürstlichen Hofmaler ernannt.

Nach langen Jahren der Wanderschaft wollte er aber eine Heimat finden. Im Jahr 1660 ließ er sich in Leubus nieder und richtete sich dort eine große Werkstatt ein, die schnell an Ruhm gewann. Da er überwiegend für die Abteien in Grüssau, Heinrichau, Kamenz, Rauden und Himmelwitz arbeitete, trat er 1662 zum katholischen Glauben über. Sein Leben verlief nun in geregelten Bahnen. Seit dem 26.11.1661 war er mit der Witwe des Kaiserlichen Rates Lischka, Helena Regina, geb. Schulz, verheiratet. Sie brachte den Sohn Johann Christoph Lischka und auch Landbesitz, der später noch vergrößert wurde, mit in die Ehe. Aus dieser Ehe gingen 5 Kinder hervor. Die Älteste, Maria Magdalene, geboren am 26.01.1664, heiratete den Breslauer Maler Christian Neunhertz und starb bereits 1694. Ihr Sohn war der später ebenfalls als Maler bekannt gewordene Georg Wilhelm Neunhertz. Willmanns zweite Tochter Anna Elisabeth, geboren am 18.10.1665, trat in Breslau in das Kloster St. Katharina ein und wurde Dominikanerin. Der am 16.11.1669 geborene Sohn Michael Leopold, vom Vater als Maler ausgebildet, starb am 30.08.1706, nur 4 Tage nach seinem Vater, an einer Vergiftung. Am 07.05.1673 wurde die dritte Tochter der Eheleute Willmann geboren. Sophia heiratete später den Handeslmann Georg Friedrich Schmied aus Großglogau. Die jüngste Tochter Helena Regina, geboren am 21.08.1675, trat am 02.04.1695 bei den Ursulinen in Breslau ein. Ihr Klostername war Maria Bernada.

Willmanns bedeutendstes Lebenswerk war sicherlich die Ausmalung der neu errichteten Josephskirche in Grüssau. Abt Bernardus Rosa reiste vom 28.08. - 04.09.1692 persönlich nach Leubus, um dort mit dem Meister zu verhandeln, die nötigen Arbeiten zu besprechen und den Vertrag abzu-schließen. Am 11.10.1692 reisten Michael Willmann und sein Stiefsohn Christoph Lischka nach Grüssau, um eine Anzahlung von 400 Rthln. in Empfang zu nehmen. Die Wand- und Deckenmalereien nahmen drei Jahre in Anspruch. Auch sein Sohn Michael Leopold beteiligte sich an den Arbeiten. Michael Willmanns vermutlich letztes Bild, das auf einer Staffelei stand, war eine Pieta, die er noch entworfen und angefangen hatte, aber nicht mehr vollenden konnte. Sein Stiefsohn und Schüler Christoph Lischka nahm sich dann dieses unvollendeten Werkes an.

Am 26. August 1706 verstarb der große Barockmaler in Leubus. Er wurde in der Stiftskirche in Leubus beigesetzt.

Quellen:

  • Grünhagen: Allgemeine Deutsche Biographie 43 (1898)
  • Lossow, Hubertus: Michael Willmann, Meister der Barockmalerei
  • Patschovsky, Wilhelm: Die Kirchen des ehemaligen Klosters Grüssau
  • Schlesischer Gebirgsbote

Winkler, Heinrich

Kreisbranddirektor
* 07.02.1867 in Waldenburg                                         + 01.03.1929 in Landeshut
Wirkungsstätte: Landeshut

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Heinrich Winkler wurde am 7. Februar 1867 in Waldenburg geboren. Wenige Jahre später zog die Familie nach Landeshut, wo er seine Schulzeit absolvierte. Da der Vater bereits im Jahre 1877 verstorben war, übernahm er noch während seiner Schulzeit kleinere Botengänge, um die Mutter und drei jüngere Geschwister zu unterstützen.

Nach Beendigung der Schulzeit war er zwei Jahre in einem Kurz-warengeschäft tätig, bevor er am 01.06.1883 bei der Firma Albert Hamburger seine Tätigkeit aufnahm, allerdings unterbrochen durch den dreijährigen Wehrdienst beim Infanterieregiment 58. Zunächst war er bei der Firma Hamburger als Buchhalter tätig, später wurde er zum Fabrik-inspektor befördert. Bis zu seinem Tod blieb er der Firma treu.

Im Jahre 1893 heiratete Heinrich Winkler Bertha Gläser, Tochter des Bäckermeisters Wilhelm Gläser aus Leppersdorf. Während der Ehe wurde Sohn Alfred geboren. Das Familienglück war aber nur von kurzer Dauer. Bereits 1911 musste er seine Ehefrau zu Grabe tragen. 1913 vermählte er sich mit der Stieftochter Anna des Fleischermeisters Adolf Wehner aus Liebau. Aus dieser Ehe stammt der Sohn Heinrich, der 1948 in Hamburg verstorben ist. Anna Winkler verstarb 1933 in Landeshut, vier Jahre nach dem Tod ihres Ehemannes.

Heinrich Winkler gehörte zu den Mitbegründern der Freiwilligen Feuerwehr Leppersdorf. Dort war er zunächst Schriftführer und später Branddirektor. Nebenbei bekleidete er seit etwa 1898 im Unterverband und späteren Kreis-Feuerwehr-Verband Landeshut das Amt des Schriftführers.

Nachdem der Oberpräsident von Schlesien eine Verordnung zur Neuregelung des Feuerlöschwesens erlassen hatte, brauchte der Kreis einen Feuerwehrmann, der die Verordnung in die Tat umsetzte. Der Vorsitzende des Kreis-Feuerwehr-Verbandes, Bergwerksdirektor Schoenknecht, lehnte wegen seines Alters ab. So bat der Landrat von Doetinchen de Rande Heinrich Winkler, an einem 8-wöchigen Lehrgang bei der Berufsfeuerwehr in Breslau  teilzunehmen. Nach erfolgreichem Abschluss des Lehrgangs wurde er zum Kreisbrandmeister ernannt und Anfang 1905 von seinen Kameraden zum Vorsitzenden des Kreis-Feuerwehr-Verbandes Landeshut gewählt. Damals bestanden im Kreis 12 Wehren. Am 15.03.1913 wurde er als Städtischer Branddirektor eingesetzt und anlässlich des 60-jährigen Jubiläums der Feuerwehr Landeshut im Jahre 1925 zum Kreisbranddirektor ernannt.

Neben dieser verantwortungsvollen und arbeitsintensiven Tätigkeit hatte er auch noch den Vorsitz der im Jahre 1908 gegründeten Sanitätskolonne des Roten Kreuzes inne.

Während des Brandes der Haase-Mühle in Johnsdorf am 29.10.1928 zog er sich ein Ohrenleiden zu, das trotz bester ärztlicher Betreuung am 01.03.1929 zu seinem Tode führte.
Für seine Verdienste um das Feuerlöschwesen wurde Heinrich Winkler mehrfach ausgezeichnet.

Zuchhold, Hans, Prof. Dr.

Lehrer, Dichter, Schriftsteller
* 14.06.1876 in Tzschecheln (Niederlausitz)           + 27.04.1953 in Bad Essen
Wohnort: Haselbach

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Professor Dr. Hans Zuchhold war nicht nur ein hervorragender Pädagoge, sondern auch ein bekannter Dichter und Schriftsteller. Als Zwillingssohn eines Pfarrers wurde er am 14.06.1876 in Tzschecheln (Niederlausitz) geboren. Gemeinsam mit seiner Zwillingsschwester Liesbeth und der älteren Schwester Grete verlebte er im elterlichen Pfarrhause (zunächst in Tzschecheln, später in Canig, Krs. Guben und ab 1885 in Triebel, Krs. Sorau) eine sorglose Kindheit und Jugend. Die Erinnerungen an diese schöne Zeit gaben ihm nach eigenem Bekunden im späteren Leben immer wieder sehr viel Kraft und Mut.

Nach dem Besuch der Volksschule besuchte er ab 1888 das Gymnasium in Guben und beendete seine Schulzeit im September 1895 erfolgreich mit dem Abitur. Anschließend studierte er in Halle, München und Berlin Philologie und Theologie. Obwohl in einem Pfarrhaus aufgewachsen, wollte Zuchhold nicht Pfarrer, sondern Lehrer werden. Am 15.12.1900 legte er die Lehramtsprüfung ab und erhielt die Lehrbefähigung für die Fächer Deutsch, Geschichte für alle Klassen und Religion für die mittleren Klassen. Nach dem Besuch des pädagogischen Seminars in Hirschberg wurde ihm 1904 die Lehrbefähigung für das höhere Lehramt erteilt. Im Jahr 1905 promovierte er zum Dr. der Philosophie. Stationen seiner beruflichen Laufbahn waren Ratibor, die Gymnasien in Lauban, Jauer und Berlin-Schöneberg. Am 01.04.1909 wurde er an die Oberrealschule in Liegnitz versetzt und blieb dort bis zu seiner Pensionierung am 01.10.1938. Hier gehörte u. a. der spätere Nobelpreisträger, der Pathologe und Bakteriologe Gerhard Domagk zu seinen Schülern. Über seinen Lehrer Zuchhold äußerte sich dieser später einmal, dass er am meisten seinen "unvergesslichen" Deutschlehrer Prof. Dr. Hans Zuchhold verehrt habe. Dieser las mit den Primanern Goethes Faust, aber auch Gerhart Hauptmann, August Strindberg, Arno Holz und viele andere damals noch umstrittene Schriftsteller. Er begeisterte seine Schüler durch Vorlesen eigener Gedichte und Novellen. In Domagk weckte er nach eigenem Bekunden die Liebe zur Literatur und Kunst. Diese habe ihn dann das ganze Leben lang begleitet.

Als pensionierter Oberstudiendirektor wurde Zuchhold in den Jahren 1940 bis 1945 nochmals in das Lehramt berufen. Für die zum Wehrdienst einberufenen Lehrkräfte der Langhansschule in Landeshut übernahm er die Vertretung. Ebenso wie in Liegnitz war er auch in Landeshut bei seinen Schülern überaus beliebt. Sie verehrten ihn und nannten ihn liebevoll "Papa Zuchhold".

Neben seinem Lehrerberuf widmete er sich mit voller Hingabe der Schriftstellerei und der Dichtkunst. Viele Werke stammen aus seiner Feder, Romane, Novellen, Erzählungen und Gedichte. Bei seinen Gedichten wurde er immer wieder von der Schönheit des Riesengebirges inspiriert, so dass ich es nicht versäumen möchte, nachfolgend ein besonders schönes Gedicht zu erwähnen:
                                       Entwölktes Gebirge
                                 
Wie von zauberischen Händen
                                  ist der Vorhang aufgetan,
                                  und aus dunklen Wolkenwänden
                                  wölbt sich des Gebirges Plan.

                                  Während in der Tageshelle
                                  jedes Räuchlein rasch verfliegt,
                                  hat sich, wie in sanfter Welle,
                                  Berg zu Berg ins Licht gewiegt.

                                   Auch die Koppe hebt die blanken
                                   Schultern aus dem grauen Flor,
                                   aus den Wogen, die versanken,
                                   steigt sie wie ein Turm empor.

                                   Und sie wendet die befreite
                                   Stirn zum Dorn des Himmels hin,
                                   eine Siegerin im Streite,
                                   leuchtend, uns`re Königin.

Die Erlebnisse seiner Kindheit und Jugend schilderte er in seiner Autobiografie "Bruder der Wolken und Winde". Viele seiner noch nicht veröffentlichten Manuskripte sind durch die Kriegserlebnisse in Verlust geraten und trotz umfangreicher Bemühungen bis heute unauffindbar geblieben. Prof. Dr. Zuchhold gehörte zum schlesischen Dichterkreis und stand in Verbindung mit den Brüdern Gerhart und Carl Hauptmann. Befreundet war er auch mit den Dichtern Hans Christoph Kaergel sowie Hermann Stehr, mit dem er eine langjährige Wanderkameradschaft pflegte.

Trotz aller beruflichen und schriftstellerischen Erfolge stand Zuchhold nicht nur auf der Sonnenseite des Lebens. Viele persönliche Schicksalsschläge musste er verkraften. Aus seiner am 31.10.1905 geschlossenen 1. Ehe stammen zwei Söhne und 1 Tochter. Nach dem Tod seiner Ehefrau Ine und auch seiner Kinder begab er sich nach Haselbach. Dort wohnte seine Cousine, die pensionierte Lehrerin Käthe Figowski. Gemeinsam mit seiner verstorbenen Ehefrau hatte er Käthe Figowski früher mehrfach während der Schulferien besucht und in diesem kleinen Riesengebirgsort Ruhe und Erholung gefunden. Diese Ruhe und Stille suchte er nun wieder und fand sie in Käthe Figowskis gemütlichem Heim "Haus Heimkehr". Am 8. Mai 1945 heiratete das Paar zunächst standesamtlich und zwei Tage später fand in der evangelischen Kirche in Haselbach die kirchliche Trauung statt. Kurz vor dem Weihnachtsfest 1945 verließ das Ehepaar Zuchhold schweren Herzens Haselbach für immer. Über Rothenburg O.L. gelangten sie nach Bohmte und schließlich am 22.11.1946 nach Bad Essen. An der örtlichen Realschule war Prof. Dr. Zuchhold noch einige Zeit als Lateinlehrer tätig. Nach einem langen Krankenlager verstarb er am 27. April 1953 in Bad Essen.

Quellen:

  • Schlesischer Gebirgsbote
  • Zuchhold, Hans: Bruder der Wolken und Winde

 

Geburtshaus von Prof. Dr. Zuchhold in Tschecheln

Das "Haus Heimkehr" in Haselbach

Frau Zuchhold mit ihrem Bruder vor dem "Haus Heimkehr"

Prof. Dr. Zuchhold mit Schülerinnen und Schülern

Grab der Eheleute Zuchhold in Bad Essen.