Hartau städt. (Paprotki)
(Verfasser: Hella Tegeler)
Hartau städt. gehört heute zur Landgemeinde Lubawka (Liebau). Der nach Norden ansteigende Ort liegt nordwestlich von Liebau unweit der Bobertalsperre. Das breite Tal wird östlich vom Scharten- und westlich vom Bärberg begrenzt.
Gegründet wurde Hartau städt. ca. 1667 und wechselte im Laufe der Jahre mehrfach den Besitzer. Um 1720 war der zuständige Grundherr der Graf von Tschernin, später gehörte der Ort der Kämmerei zu Schmiedeberg.
Hartau städt. bildete eine eigene Landgemeinde und gehörte seit 1874 zum Amtsbezirk Hermsdorf städt. Die zuständigen Kirchen beider Konfessionen befanden sich in Michelsdorf. Im Ort gab es aber eine evangelische Schule. Im Jahre 1925 zählte Hartau städt. 174 Einwohner, davon waren 160 evangelisch. 1939 hatte der Ort 140 Einwohner.
Quellen:
- Anhang aus dem Adressbuch von 1911 des Kreises Landeshut
- Knie, J. G.: Übersicht der Dörfer, Flecken und Städte der königl. preuß. Provinz Schlesien, 1845
- Zimmermann, Friedrich Albert: Beyträge zur Beschreibung von Schlesien, 5. Band, 1785
Die Scholtisei (Gerichtskretscham):
Auch in Hartau städt. gab es eine Scholtisei bzw. einen Gerichtskretscham. Forschungsergebnisse liegen darüber aber noch nicht vor. Bekannt ist lediglich, dass bereits im Jahr 1845 die Familie Rasper Eigentümer der Scholtisei war. Dies ergibt sich aus einer Anzeige aus der Zeitung "Der Bote aus dem Riesengebirge". Dort gibt Herr Rasper am 13. September 1845 den Tod seiner ältesten Tochter Henriette (18 Jahre) bekannt. Die jüngste Tochter Ernestine (10 Jahre) verstarb zwei Tage später.
Nach den Adressbüchern der Jahre 1911, 1925 und 1938 gehörte der Gerichtskretscham bis zur Vertreibung Karl Rasper.
Die Schule:
Bereits vor Errichtung der ersten Schule sollen in Hartau städt. Hausväter hin und wieder unterrichtet haben. Auch nach 1742 haben der Michelsdorfer Adjuvant und nachher der Petzelsdorfer Lehrer noch in Privathäusern Unterricht erteilt, da die Gemeinde erst 1750 ein altes baufälliges Haus erwarb, das dann notdürftig hergestellt wurde. Folgende Lehrer haben in diesem Gebäude unterrichtet:
1755 - 1760 Herr Scholz aus Schweidnitz
1760 - 1763 Vertretung durch den Petzelsdorfer Lehrer Steiner
1763 - 1774 Herr Kirsch aus Agentendorf
1774 - 1779 Herr Otto aus Liegnitz, vorher Adjuvant in Hermsdorf
1774 - 1794 Herr Louis aus Jägerndorf (vorher in Haselbach)
Im Jahre 1793 errichtete die Gemeinde unter der Leitung des Scholzen Finger und des Schöffen Ludwig ein massives, einstöckiges Haus für 1000 Thaler. Unterstützt wurde die arme Gemeinde von der Herrschaft Schmiedeberg und einer Kirchen- und Hauskollekte. In diesem Schulhaus waren folgende Lehrer tätig:
1794 - 1797 Herr Thiel
1797 - 1802 Herr Mempel
1802 - 1806 Herr Steigmann
1806 - 1819 Herr Rückner
1821 - 1828 Herr Pohl
1828 - 1844 Herr Linke
1844 - 1856 Herr Wagenknecht
1856 - 1864 Herr Brettschneider
1864 - 1867 Herr Arnold, ein Michelsdorfer Präparand von Kantor Richter
1868 - 1876 Herr Schatte
1876 - 1881 Herr Schwarzer
1881 - 1882 Herr Giradet
1883 - 1886 Herr Trauschke (vorher in Hermsdorf)
1886 - 1890 Herr Rincke
1890 - 1893 Herr Preisler
1893 - 1897 Max Wobus
Da das alte Schulgebäude im Laufe der Jahre nicht mehr den Erfordernissen entsprach, ließ die Gemeinde im Jahre 1897 ein neues Haus errichten. Diese Schule wurde auf altem Scholtiseigelände für 5000 Thaler gebaut. Der bisherige Lehrer Max Wobus zog nun in den Neubau ein.
1897 - 1909 Max Wobus (am 27. Februar 1909 fand er beim Skilauf, nahe der Emmaquelle,
den Tod durch Erfrieren)
1909 - 1935 Heinrich Saenger (er wurde 1935 nach Eckersdorf - Kreis Sagan - versetzt und
fiel im Volkssturm)
10/1935 - 12/1935 Herr Hoffmann
1935 - 1946 Erich Burchardt
Quelle:
- Klapper/Huppertz: Chronik von Michelsdorf........, Ev. Pfarramt Michelsdorf 1922
Das Schulgebäude
Das frühere Schulgebäude heute
Lehrer Heinrich Saenger mit Ehefrau Margarete.
(Bild von Frau Laura Saenger)
Lehrer Hoffmann mit Schulkindern vor dem Eingang des Schulgebäudes
Lehrer Burchardt mit Schulkindern und einigen Angehörigen während eines Ausfluges ins Riesengebirge. Im Hintergrund die Schneegrubenbaude.
Gewerbetreibende in Hartau städt.
Auszug aus dem Amtlichen Adressbuch für Industrie, Handel und Gewerbe des Jahres 1927.
Gefallene des 1. Weltkrieges:
Aus den Verlustlisten (VL) der Gefallenen des 1. Weltkrieges ergeben sich für Hartau städt. folgende Namen:
- Friese Heinrich VL vom 09.12.1914 - Seite 3484
- Hühner Stephan * 24.03. ? VL vom 19.08.1918 - Seite 25705
- John Karl * 11.09. ? + infolge VL vom 19.08.1918 - Seite 25705
- Rasper Gustav VL vom 30.08.1916 - Seite 14456
- Runge Hermann VL vom 13.11.1915 - Seite 10119
- Scharf Gustav VL vom 20.10.1915 - Seite 9481
- Scholz Wilhelm VL vom 04.03.1915 - Seite 5101
Diese Aufstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Herr Marian Gabrowski hat in der Zeitschrift "Na Szlaku", Heft Nr. 11/2022, über das Kriegerdenkmal einen sehr interessanten Artikel veröffentlicht, der nachfolgend in Auszügen wiedergegeben wird.
"Wie in anderen umliegenden Dörfern wurde auch in Hartau städt. ein Denkmal für die im Ersten Weltkrieg gefallenen Einwohner errichtet. Der Standort dieses Denkmals ist aus den Messtischblattkarten ersichtlich, auf denen das entsprechende Symbol genau in der Mitte des Dorfes an der Ostseite der durch das Dorf verlaufenden Hauptstraße angebracht war.
Obwohl ich keine Informationen über die Existenz der Stätte nach dem Krieg finden konnte, beschloss ich, zu überprüfen, wie die Stätte des Denkmals heute aussieht. Zu diesem Zweck fuhr ich im Oktober 2022 nach Hartau städt. Obwohl der jetzige Eigentümer des Gebäudes, das früher an das Denkmal angrenzte, keine Informationen über das gesuchte Objekt hatte, erlaubte er mir, den Teil des Hausgartens gründlich in Augenschein zu nehmen. Leider habe ich keine Spur des Denkmals gefunden.
Ich habe auch einen Bewohner des gegenüberliegenden Gebäudes nach diesem Denkmal gefragt. Es folgte ein kurzes Gespräch, und es stellte sich heraus, dass der Mann wertvolle Informationen über das Schicksal des gesuchten Objekts hatte. Er erinnert sich aus seiner Kindheit, dass die Elemente des Denkmals nicht an dem auf der Karte angegebenen Ort standen, sondern bei dem Gebäude auf der anderen Straßenseite. Aus seinem Bericht geht auch hervor, dass das Denkmal nicht dort aufgestellt wurde, sondern seine Bestandteile dorthin transportiert wurden. Könnte es also sein, dass das Denkmal nach dem Krieg abgebaut und seine Fragmente neben einem nahe gelegenen Gebäude deponiert wurden? Das Umstürzen des Denkmals kann auch während des Krieges geschehen sein, z. B. durch einen umgestürzten Baum und kann vom damaligen Dorfvorsteher erledigt worden sein. Mündlichen Berichten zufolge, die meinem Gesprächspartner bekannt sind, gehörte dieses Gebäude der Person, die damals eine solche Funktion innehatte.
Die interessanteste Information war jedoch, dass die wichtigsten Elemente des Denkmals bis heute erhalten geblieben sind, Mein Gesprächspartner transportierte Teile des Denkmals an den Rand des Grundstücks als er begann, das genannte Gebäude in ein 'Wohnhaus umzubauen. Zwei Sandsteinelemente des Denkmals sind heute noch vorhanden. Das erste ist eine Steinplatte, das zweite ein Steinobelisk. Die Platte misst 78x78x20 cm. Ihr oberer Rand ist dekorativ abgeschrägt. Eine kurze Inschrift ist auf der linken Seite einer der Seiten des Sockels eingemeißelt, die sich wahrscheinlich auf der Rückseite befand:
P. Müller
Liebau
Laut dem Adressbuch der Stadt und des Kreises Landeshut von 1925 lebte der Bildhauer Paul Müller zu dieser Zeit in Liebau. Daraus ist zweifellos ist zu entnehmen, dass er das Denkmal geschaffen hat.
Der Steinobelisk hat die Form einer schlanken Säule mit einer quadratischen Grundfläche von 49 cm, die mit der Höhe auf 35 cm abnimmt. Das Ende hat die Form einer Pyramide mit einer Höhe von 7 cm, die Gesamthöhe beträgt 137 cm.
Der Obelisk liegt derzeit auf seiner linken Seite, die daher nicht sichtbar ist, die rechte Seite und die Rückseite sind frei von Inschriften oder dekorativen Elementen. Auf der Vorderseite befindet sich ein Relief, das ein eisernes Kreuz in einem mit Bändern gebundenen Kranz aus Eichenlaub darstellt. Darunter befindet sich eine geprägte Aufschrift 1914 - 1918, deren Anfang ausradiert wurde, so dass nur die letzten drei Ziffern erhalten sind.
Die Namen der Gefallenen sind auf dem sichtbaren Teil des Denkmals nicht aufgeführt. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass sie auf der unsichtbaren Seite angebracht sind."
Messtischblattkarte mit dem Standort des Denkmals.
(Bild von Herrn Marian Gabrowski)
Die Steinplatte, die früher den Sockel des Denkmals bildete.
(Bild von Herrn Marian Gabrowksi)
Inschrift an der Seite des Sockels des Denkmals:
P. Müller, Liebau.
(Bild von Herrn Marian Gabrowski)
Der Obelisk, der das Herzstück der Gedenkstätte bildet.
(Bild von Herrn Marian Gabrowski)
Dekorative Elemente an der Vorderseite des Obelisken.
(Bild von Herrn Marian Gabrowski)
Freiwillige Feuerwehr:
Im Jahre 1912 wurde die freiwillige Feuerwehr gegründet. 1937 wurde das 25jährige Jubiläum gefeiert.