Rathausgeschichte
(Verfasser: Hella Tegeler)
Quellen:
- Perschke, Wilhelm: Beschreibung und Geschichte der Stadt Landeshut in Schlesien. Als Beitrag zur Verfassungsgeschichte deutscher Städte, Landeshut 1829
- Schlesischer Gebirgsbote, Heft Nr. 5/1965
- Skoczylas-Stadtnik, Barbara: Ratusz w Kamiennej Górze
Das 1. Rathaus:
Landeshut besaß seit über fünf Jahrhunderten drei verschiedene Rathäuser an jeweils unter-schiedlichen Standorten. Wie in vielen anderen schlesischen Städten stand auch in Landeshut ursprünglich das Rathaus auf dem Ring, dem Marktplatz. Der Überlieferung nach soll bereits im Jahr 1535 an der Stelle des im Jahr 1564 errichteten Rathauses ein Fachwerkbau gestanden haben, der wohl auch als Rathaus genutzt wurde. Der Turm des Rathauses war ca. 43 Meter hoch und damit das höchste Bauwerk der Stadt. Der erste Stock war Sitz der Stadtverwaltung, des Magistrats, des Gerichts und des Rates. Außerdem gab es in diesem Gebäude einen großen Saal für Feste und Hochzeiten. Darüber hinaus eine Schatzkammer, ein Archiv, ein Gefängnis und einen Rathauskeller mit einer Taverne, die die Stadt an Gastwirte vermietete. Vor dem Eingang zum Rathaus befand sich das Gebäude für die Stadtwaage. Das königliche Zoll- und Steueramt wurde im Jahr 1732 in der Nähe des Rathauses errichtet.
Während des Dreißigjährigen Krieges wurde die Stadt bis zu 27mal geplündert, zwei Brände zerstörten das Eigentum ihrer Bewohner und eine Pestepidemie entvölkerte die Stadt. Das Rathaus wurde am 11. Oktober 1638 mit dem Rathausturm durch einen Brand zerstört. Die Kosten für den Neubau beliefen sich auf 1.400 Taler. Der Apotheker Christoph Vielhauer lieh der Stadtverwaltung für diesen Neubau 320 Taler, die im Jahr 1682 zurückgezahlt wurden. Der neue Rathausturm entstand 1661. Bereits 1720 bedurfte er aber einer Renovierung. Am 7. September 1780 erhielt der Turm eine neue Spitze mit einem neuen vergoldeten Knauf und einer Wetterfahne, die von Herrn Engemann finanziert wurde, dem ältesten Bürger Landeshuts. Er war damals bereits 91 Jahre alt. Diese Turmerneuerung kostete 508 Taler und 20 Silbergroschen. Vergoldet wurde die Spitze von den Brüdern Johann Christian und Christoph Gottfried Schiller aus Landeshut. Eine erneute Reparatur des Turmes im September 1810 erforderlich.
Im 19. Jahrhundert gab es rund um das Rathaus 35 Handelsstände. Im Jahr 1828 wurde für das Aufstellen eines Standes auf dem Marktplatz eine Gebühr von 50 Talern erhoben.
Am 7. September 1831 um 17.25 Uhr stürzte der Rathausturm ein. Da der Einsturz im Inneren des Turmes erfolgte, wurden nur einige Stände beschädigt. Da ein Neuaufbau des Turmes nicht geplant war, wurde im Jahr 1844 auf dem Rathausgebäude ein Glockenturm errichtet, in dem eine kleine Glocke mit der Aufschrift "Omnes spiritus laude dominum Halleluja 1639" installiert wurde.
Das alte Rathaus blieb noch bis zum Jahr 1873 in Betrieb. 1875 wurde es zusammen mit den übrigen Nebengebäuden abgerissen. Heute erinnert eine Platte an den Standort dieses Rathauses.
Das 1. Rathaus um ca. 1870
(Das Bild stellte Herr Bartosz Bebenek zur Verfügung )
Das 1. Rathaus um ca. 1870
(Das Bild stellte Herr Bartosz Bebenek zur Verfügung)
Das 1. Rathaus um ca. 1870
(Das Bild stellte Herr Bartosz Bebenek zur Verfügung)
Das Rathaus von 1660 - 1873
Das alte Rathaus ohne Turm (nach 1831)
Landeshuter Marktplatz um 1822 mit Rathaus und Rathausturm
Anlässlich des 100jährigen Bestehens des 3. Landeshuter Rathauses
wurde am Standort des 1. Rathauses am Markt eine Gedenktafel
in den Fußboden eingelassen.
(Quelle: Privatarchiv der verstorbenen Frau Brigitta Riedel)
Diese Platte erinnert an den Standort des 1. Rathauses
Auch im alten Rathaus gab es bereits eine Rathausschankstätte,
die am 1. Mai 1835 erneut verpachtet werden sollte.
(Anzeige aus der Zeitung "Der Schlesische Gebirgsfreund", Heft Nr. 7/1835)
Der Einsturz des Rathausturmes am 7. September 1831:
Das mitten auf dem Marktplatz stehende Rathaus zierte ein im Jahre 1661 errichteter Turm. Er war 43 Meter hoch und besaß einen zweimal durchbrochenen Helm. Das Mauerwerk des Turmes bedurfte jedoch nach reichlich hundert Jahren wiederholter Instandsetzungen. Anfang 1800 zeigte der Turm beträchtliche Risse, die immer größer wurden und die schlimmsten Befürchtungen verursachten. Über die geeigneten Schritte konnten sich die Verantwortlichen nicht einig werden. So erhöhte sich die Gefahr, dass der Turm einstürzen könne, von Jahr zu Jahr. Schließlich musste der Turm mit mächtigen Stämmen abgestützt ( s. folgendes Bild) und die Umgebung abgesperrt werden. Erst am 5. September 1831 beschloss man den Abbruch. Turmwächter und Stadtmusikus, welche im Turm wohnten, mussten ausziehen. Diese notwendige Maßnahme erhöhte jedoch die Angst der Landeshuter Bevölkerung vor einem stündlich zu erwartenden Einsturz derart, dass sich kein Handwerker zur Abnahme der Turmuhr - eines teuren, wertvollen Werkes - bewegen lassen wollte. Endlich entschloss sich, zum Entsetzen der Bürger, am 6. September 1831 der Landeshuter Uhrmacher Thomas hierzu, der sich auch sehr beeilte, denn unaufhörlich bröckelte das Gestein von den Wänden herab.
Am folgenden Abend, am 7. September 1831, verkündete in der siebenten Stunde ein fürchterliches, donnerähnliches Krachen und eine undurchsichtige, dichte Staubwolke, dass der Turm eingestürzt war. Als Ursache der Baufälligkeit war eine im Grundraum des Turmes unterhaltene Senkgrube für die Abwässer ermittelt worden, welche das untere Mauerwerk morsch gemacht und zerfressen haben sollte. Menschen waren bei der Katastrophe nicht verunglückt.
Der Rathausturm wenige Tage vor seinem Einsturz am 7. September 1831
Das 2. Rathaus:
Die Stadt Landeshut suchte nun dringend ein neues Gebäude. Vorübergehend wurde das alte, aber ebenfalls baufällige alte Steuerhaus am Markt genutzt. Schließlich erwarb die Stadt im Jahr 1873 ein Kaufmannshaus an der Böhmischen Straße (später Langhansstraße)/Ecke Kirchgasse. Dieses barocke Haus war 1789 von Johann Ernst Conrad errichtet worden. In den 1860er Jahren ging es in den Besitz der bekannten Landeshuter Familie Semper über.
Dieses Haus sollte aber nur ein Provisorium sein. Im Laufe der Jahre wurde es zu klein und die Stadt entschloss sich, ein neues Rathaus zu bauen. Heute befindet sich an diesem Hause eine Gedenktafel.
Rechts das alte Steuerhaus am Markt.
In diesem Haus war das Rathaus kurzzeitig nach dem
Abriss des alten Gebäudes untergebracht.
Die Stadt Landeshut erwarb am 13.11.1868 von dem Steuer-Fiskus das auf dem Marktplatz stehende ehemalige Steueramtsgebäude zum Preis von 2.555 Thaler. Die Übergabe erfolgte aber erst am 1. April 1869.
Der Abbruch dieses Hauses begann am 22. März 1875. Ebenfalls abgebrochen wurden die Buden, die um das alte Rathaus und das Steuerhaus standen.
Anzeige aus der Zeitung "Der Bote aus dem Riesengebirge",
Heft Nr. 29/1860.
Hier war das Rathaus von 1873 bis 1905 untergebracht.
Rathaus von 1873 - 1905
Gedenktafel
Das 3. Rathaus:
Am Obertor, wo früher eines der Haupttore der alten Stadt stand, sollte der Neubau entstehen. Am 12. August 1902 beschloss die Stadtverordneten-Versammlung den Ankauf dieses Bauplatzes und am 29. Januar 1903 wurde der Beschluss zur Errichtung des Neubaus getroffen. Die Kosten sollten 246.500 Mark betragen. Am 23. Juni 1904 erfolgte die Grundsteinlegung und bereits am 30. November wurde das neue Rathaus feierlich eingeweiht.
Wohlhabende Bürger der Stadt Landeshut sorgten durch großzügige Spenden für eine komfortable Innenausstattung des Rathauses.
1. Für den Stadtverordnetensaal stifteten:
- der Stadtverordneten-Vorsteher, Geheimer Kommerzienrat Methner, die bunten Glasfenster;
- der Stadtverordnete Fabrikbesitzer Prerauer den Prunkkamin;
- der Bürgermeister Burkhardt die broncene Kaiserbüste;
- der Stadtverordnete Klahr die silberne Präsidentenglocke.
2. Für das Magistratssitzungszimmer stifteten:
- der Stadtrat, Geheimer Kommerzienrat Frahne, die in Öl gemalten Porträts des Kaiserpaares und einen echten Teppich;
- der Stadtrat Fabrikbesitzer Hamburger die Möbel;
- die übrigen Magistratsmitglieder, Beigeordneter Geh. Medizinalrat Dr. Koehler, die Stadträte Honigbaum, Neumann, Schütz und Dr. Elstner eine prachtvolle Standuhr;
- der bereits verstorbene Arzt Dr. Neetzke ein Prunkschreibzeug;
- an der Standuhr brachte Herr Stadtverordneter Kallinich ein kunstvoll in Holz geschnitztes Stadtwappen an.
3. Das schöne Treppenhausfenster ist eine Schenkung des Stadtverordneten Kaufmanns
Hiersemenzel,
4. Der Photograph Böttcher brachte eine Darstellung des Empfangs Sr. Majestät des Kaisers in
Landeshut am 11. Januar 1904 dar.
5. Für die Außenfronten stifteten:
- der Kommenrzienrat Rinkel das Hussitenfries;
- der Stadtverordnete Kaufmann Wiener die Laterne vor dem Haupteingang.
6. Die Festschrift ist eine Schenkung der Werner`schen Druckerei.
Die 100-Jahrfeier zur Einweihung des Rathauses wurde im Jahre 2005 in Kamienna Góra (Landeshut) ebenso feierlich begangen. Eine Gedenktafel am Rathaus erinnert an diese Veranstaltung.
Das Obertor Anfang des 19. Jahrhunderts
Obertor vor dem Neubau des Rathauses im Jahre 1904.
Das Gebäude rechts im Bild wurde für den Neubau des Rathauses abgerissen, dahinter das katholische Pfarrhaus.
Grundsteinlegung am 23. Juni 1904
Grundsteinlegung am 23. Juni 1904
Während der Bauphase
Feierliche Einweihung am 30.11.1905
Blick auf das neue Rathaus,
im Hintergrund
die katholische Pfarrkirche St. Peter und Paul
Das neue Rathaus
Das Rathaus wurde im Stil der Neorenaissance nach den Plänen der Architekten Richard Gaze & Alfred Böttcher errichtet. Ein erster Entwurf des Landeshuter Stadtbaumeisters W. Fisch aus dem Jahr 1903 wurde nicht realisiert. Das Gebäude besteht aus drei Stockwerken. West- und Südfassade haben acht Achsen. Der Sockel des Rathauses, die Fensterrahmen, der Dreiecksgiebel, Turmecke und Portale sind aus grauem und gelbem Sandstein. Die Sandsteinmaurerarbeiten wurden an die Firma Zeidler & Wimmel aus Bunzlau vergeben. Für die Durchführung der Bildhauerarbeiten war der Breslauer Bildhauer Richard Schipke (1874 - 1932) zuständig. Er entwarf die Ornamente, Flachreliefs und Skulpturen, die die Fassaden und Innenräume des Rathauses schmücken.
Der Maurer- und Tischlermeister Weiner errichtete mit seiner Firma das Rathaus und führte auch die Zimmererarbeiten aus. Das Rathausdach wurde mit Keramikziegeln der Firma Sturm aus Freiwaldau gedeckt. Die Kupferplatte der Turmspitze stammte von der Firma Lehmann aus Breslau.
Stadtbaumeister Wilhelm August Adolf Ludwig Fisch, geb. 25.01.1861.
Er gehörte seit dem 24.06.1891 als Mitglied der Johannis-Loge "Zum Innigen Verein am Riesengebirge im Orient von Landeshut in Schlesien" an. Dort übte er die Funktion eines Zeremonienmeisters aus.
Der nicht realisierte Entwurf des Landeshuter
Stadtbaumeisters W. Fisch aus dem Jahr 1903.
(Quelle: Staatsarchiv Breslau, Zweigstelle Hirschberg,
zur Verfügung gestellt von Herrn Bartosz Bebenek)
Deckblatt des Mitgliederverzeichnisses.
Ausschnitt aus dem Mitgliederverzeichnis.
Der realisierte Entwurf der Architekten Richard Gaze
und Alfred Böttcher aus dem Jahr 1904.
(Quelle: Staatsarchiv Breslau, Zweigstelle Hirschberg,
zur Verfügung gestellt von Herrn Bartosz Bebenek)
Hauptportal des Rathauses mit Treppe, Entwurf der Architekten
Richard Gaze und Alfred Böttcher aus dem Jahr 1904.
(Quelle: Staatsarchiv Breslau, Zweigstelle Hirschberg,
zur Verfügung gestellt von Herrn Bartosz Bebenek)
Entwurf des Rathausturmes der Architekten
Richard Gaze und Alfred Böttcher aus dem Jahr 1904.
(Quelle: Staatsarchiv Breslau, Zweigstelle Hirschberg,
zur Verfügung gestellt von Herrn Bartosz Bebenek)
Möbelentwurf für das Stadtverordnetensitzungszimmer des Rathauses von Heinrich Hauswalt aus Breslau.
(Quelle: Staatsarchiv Breslau, Zweigstelle Hirschberg,
zur Verfügung gestellt von Herrn Bartosz Bebenek)
Die Südfassade des Rathauses:
Quelle:
- Skoczylas-Stadnik, Barbara: Ratusz w Kamienny Górze
Die Südfassade des Rathauses wurde prachtvoll und wunderschön gestaltet. In der südwestlichen Ecke, auf der Höhe des ersten und zweiten Stockwerkes, befindet sich ein dreiseitiger Erker. Am Fries dieses Erkers befinden sich Tafeln mit geschnitzten Emblemen der am Bau des Rathauses beteiligten Zünfte: Schmiede, Maurer, Steinmetze, Zimmerleute, Dachdecker und Klempner.
Die Südfassade hat acht Achsen und wurde mit einem dekorativen Giebel verziert, der von Obelisken flankiert wird. Über dem zweiten Stockwerk befindet sich ein in Sandstein gemeißelter Fries, der die Verteidigung der Stadt während des Hussiteneinfalls am 21. Juli 1426 darstellt. Dieser Fries wurde vom Geheimen Kommerzienrat Hermann Rinkel gestiftet. Er ist ein Werk des Breslauer Bildhauers Richard Schipke. Auf der linken Seite des "Hussitenfrieses" befinden sich die Wappen von Breslau und Liegnitz und auf der rechten Seite die Wappen der Städte Liebau und Schömberg, die zum Kreis Landeshut gehörten.
Die Südfassade des Rathauses
Hussitenfries
Wappen der Städte Breslau (links) und Liegnitz (rechts)
Wappen der Städte Schömberg (links) und Liebau (rechts)
Gedenktafel im Treppenhaus:
Zur Erinnerung an die Architekten und des Bauleiters des neuen Rathauses wurde im Treppenhaus eine Gedenktafel angebracht. Die Inschrift lautet:
"Dieses Rathaus wurde unter der Regierung Kaiser Wilhelm II, Königs von Preußen, in den Jahren 1904 und 1905 erbaut, als Richard Burghardt Bürgermeister und Paul Methner Stadtverordneten-vorsteher war. Der Bau wurde nach den Plänen und unter Oberleitung der Baumeister Richard Gaze und Alfred Böttcher aus Breslau ausgeführt und von dem Stadtbaumeister Wilhelm Fisch geleitet. Zur Ausschmückung des Hauses trugen zahlreichen Bürger durch Schenkungen bei."
Rathaus - Treppenaufgang
Glasfenster im Treppenhaus mit dem Spruch:
"Geht Dir der Rat aus - Gehe zum Rathaus"
(Aufnahme: 2013)
Rathaus - Treppenaufgang
Rathaus - Treppenaufgang
Rathaus - Treppenhaus
Rathaus - Treppenhaus
Sitzungssaal der Stadtverordneten (Aufnahme: 2013)
Glasfenster im Sitzungssaal der Stadtverordneten (Aufnahme: 2013)
Arbeitszimmer des Bürgermeisters (aus der Festschrift zur Einweihung des neuen Rathauses zu Landeshut in Schlesien am 30.11.1905)
Sitzungszimmer des Magistrats (aus der Festschrift zur Einweihung des neuen Rathauses zu Landeshut in Schlesien am 30.11.1905)
100-Jahrfeier zur Erinnerung an die Einweihung des Rathauses
im Jahre 2005 in Kamienna Góra (Landeshut)
Gedenktafel zur Erinnerung an die 100-Jahrfeier am Rathaus
Versammlung vor dem Rathaus
(Aufnahme: vor dem Krieg)
Die Buntglasfenster im Ratssaal:
An der westlichen Wand des Ratssaales befinden sich drei große Buntglasfenster, die im Jahre 1905 von dem Atelier Seiler in Breslau angefertigt worden sind. Sie stellen drei wichtige Fakten aus der Stadtgeschichte dar.
Quelle:
Skoczylas-Stadnik, Barbara: Ratusz w Kamiennej Górze
Das 1. Fenster: Rückeroberung der Stadt durch Bolko II:
In Heukarren versteckte Soldaten Bolkos II. erobern die Stadt zurück. Rechts das Porträt des Herzogs Bolko I., links das Porträt des Herzogs Bolko II. Im oberen Teil des Fensters befindet sich ein Medaillon mit folgender Inschrift: "Rückeroberung der Stadt durch Herzog Bolko II."
Das 2. Fenster: Die Blüte des Leinwandhandels in Landeshut im 18. Jahrhundert.
Im oberen Teil des Fensters befindet sich ein Medaillon mit folgender Inschrift: "Blüte des Leinwandhandels im 18. Jahrhundert." Rechts und links befinden sich die Porträts der Eigentümer der Firma Methner & Frahne.
Das 3. Fenster: Die Schlacht bei Landeshut am 23. Juni 1760.
Ernst Heinrich August de La Motte Fouqué (1698 - 1774) wurde in der Schlacht bei Landeshut am
23. Juni 1760 gefangen genommen. Im oberen Teil des Fensters befindet sich ein Medaillon mit
folgender Inschrift: "Gefangennahme Fouqués und Schlacht bei Landeshut 23. Juni 1760". Links
daneben ein Porträt des Generals Fouqué, rechts ein Porträt des Königs Friedrich II.
Die Orgel im Ratssaal:
Landeshut war die erste Stadt in Schlesien, die eine Orgel für das Rathaus finanzierte. Sie wurde erst im Jahre 1944 aufgestellt. Das Instrument wurde 1943 von der NSDAP-Führung für den Ratssaal bestellt. Angefertigt wurde das Werk vom Orgelbauer Josef Kloss aus Jägerndorf (Sudentengau) in Tschechien. Die Kosten für das Instrument betrugen 9.790 Mark. Dieser Betrag wurde in drei Raten aufgeteilt: 3.917 Mark, 2.937 Mark und noch einmal 2.937 Mark. Die Baukosten des Instrumentes stiegen jedoch insgesamt auf 12.940 Mark. Aufgrund des in Preußen geltenden Gesetzes über die Verwendung von Metallen durften damals nur Metalle geringerer Qualität ver-wendet werden. Josef Kloss baute die Orgel in der Zeit von 1943 - 1944.
Das Instrument hatte drei Register und zwei Manuale sowie 18 Stimmen und 104 Pfeifen, die höchste davon war 3.20 m hoch und 24 cm breit, der Orgelprospekt bestand aus dunkelbraunem Holz. Die Orgel gab dem Ratssaal einen würdevollen und monumentalen Charakter. Bei der feierlichen Einweihung am 25. Mai 1944 gab Rudolf Finke aus Frankfurt ein Konzert. Den Vorsitz bei der Einweihung führte der damalige Bürgermeister Sendler. Nach dem 2. Weltkrieg wurde das Rathaus Sitz der polnischen Stadtverwaltung. Die Orgel wurde zerlegt und aus dem Rathaus entfernt. Ihr Verbleib konnte bis heute nicht ermittelt werden.
Quelle:
Skoczylas-Stadnik, Barbara: Ratusz w Kamiennej Górze
Die Orgel im Ratssaal
(Das Bild stellte Herr Bartosz Bebenek zur Verfügung)
Die Landeshuter Bürgermeister:
Aufgrund fehlender Aufzeichnungen, insbesondere in der frühesten Zeit, ist die Liste der Bürgermeister unvollständig.
Quellen:
- Skoczylas-Stadnik, Barbara: Ratusz w Kamiennej Górze
- Moritz, Hella (jetzt: Tegeler, Hella): Kurzbiografien von 100 bedeutenden Persönlichkeiten aus dem Kreis Landeshut, Roco-Druck GmbH, Wolfenbüttel, 2011
- Schlesischer Gebirgsbote Heft Nr. 5/1984
- Zimmermann, Otto: Chronik der Stadt Landeshut
- Martin Scholze 1546
- Hans Raspener 1537
- Christoph Krause
- Hans Rasper 1616 - 1617
- Hans Röhricht 1617
Georg Fischer - 1626
Er wurde vom Landrat Heinrich Alexander von Bibran abgesetzt.
Ferdinand Friedrich Reuschel ? - 1635
Nachdem er zum katholischen Glauben zurückgekehrt war, wurde er Bürgermeister und Reichsrichter. Als erste Amtshandlung verwies er seine früheren Vorgesetzten aus dem Amt. Reuschel übte sein Amt mit harter Hand aus. Wer seinem evangelischen Glauben treu bleiben wollte, wurde aus der Stadt getrieben und dessen Güter wurden eingezogen. Durch Polizeibeamte führte man die Bäckerzunft zur Beichte; wer nicht willig folgte, wurde in den Kerker geworfen. Der Organist der Kirche (der Schwiegersohn Reuschels) wurde mit seiner Frau aus der Stadt gewiesen.
Reuschel übte das Bürgermeisteramt bis 1635 aus.
Hanns Peltz
Bürgermeister von Landeshut ab 1635. Er war von Beruf Metzger und starb 1648 als Evangelikar.
Caspar Hübner
Ab 1641 war er Bürgermeister der Stadt. Seine Amtszeit dauerte bis 1656. Ein Unglücksfall beendete sein Leben. Pferde zertrampelten den betrunkenen Bürgermeister.
Kammler 1699
Winkler 1708 - 1709
Er war im Jahre 1709 an den Vorbereitungen zum Bau der Gnadenkirche beteiligt.
Hans Christoph Peltz
1711 wurde er neuer Bürgermeister von Landeshut. Im Jahre 1711 kaufte er gemeinsam mit Gottfried Krause jun. ein für die Erweiterung des Areals notwendiges Grundstück an der Gnadenkirche, das für den Friedhof bestimmt war.
Christoph Springer
Theodor Speer
Er war von 1741 - 1772 Bürgermeister. Nach der Übernahme Schlesiens durch Preußen wurde ein neuer Bürgermeister gewählt und in sein Amt feierlich eingeführt. Diese Tätigkeit übte Speer vom 4. Dezember 1741 bis zu seinem Tod im Jahr 1772 aus. Er war weise und gebildet, unabhängig und aufrichtig von protestantischer Konfession. Befreundet war er mit Johann Günther, einem großen schlesischen Dichter der Barockzeit. Dieser hielt sich zweimal in Landeshut auf.
Friedrich der Große förderte den Neubau massiver Häuser in Landeshut und verbot diese mit Schindeldächern zu decken. Dadurch sollte der Ausbruch großer Brände vermieden werden. Mit der Durchführung dieser Maßnahme wurde Theodor Speer beauftragt.
Johann Philipp Thimm
Er war Bürgermeister in den Jahren 1772 - 1774. Weil er in Breslau ein höheres Amt in der Kriegs- und Domänenkammer übernehmen konnte, verließ er Landeshut.
Georg Karl Friedrich Pätsch 1774 - 1776
Er hat sein Amt niedergelegt.
Hogold 1794 - ?
Fischer
Johann Wilhelm Gottlieb Otto Benda
Geboren wurde er am 30. Oktober 1775 in Berlin als Sohn eines berühmten Musikers. Er arbeitete zunächst in Lissa und war danach bis 1808 als Kriminalrat bei der Kriegskammer in Kalisz (Großpolen) tätig. In den Jahren 1808 - 1816 übte er das Amt des Bürgermeisters in Landeshut aus. Ab 1816 war er Königl. Preußischer Regierungsrat in Oppeln. Benda war Perückenträger. Neben seiner beruflichen Tätigkeit war er Schriftsteller und übersetzte die Werke von Shakespeare. Im Jahr 1868 wurde über ihn geschrieben: "Er war ein merkwürdiger und vielseitig gebildeter Mann".
Benda starb am 28. März 1832 in Oppeln.
Wilhelm Karl Adolph Perschke (1782 - 1840)
Perschke bekleidete über 2 Amtszeiten das Amt des Bürgermeisters, und zwar von 1816 - 1828 und von 1828 bis 1840. Eine Amtszeit dauerte 12 Jahre. Geboren wurde er in Sulau, Kreis Militsch. Seine Ausbildung erhielt er an der Fürstenschule in Meißen. Er beherrschte Griechisch, Latein und Französisch. Sein Interesse galt der Malerei, der Literatur, Physik und Philosophie. Ab 1803 studierte er Philosophie und Rechtswissenschaften an der Universität (Oder). Von 1806 bis 1809 war er als Angestellter und Privatlehrer tätig. 1810 wurde er Stadtrichter in Seitenberg. Im Jahre 1812 heiratete er. Die am 19.09.1816 geborene Tochter Wilh. Caroline verstarb bereits wieder am 29.11.1817 (Quelle: Schlesische Provinzialblätter).
Perschke wurde 1816 Bürgermeister von Landeshut und 1828 erneut für 12 Jahre in diesem Amt bestätigt. Er führte die Stadt modern und effizient. Darüber hinaus war er Autor zahlreicher Veröffentlichungen im Bereich Recht und Geschichte. Landeshut widmete er drei Werke basierend auf unveröffentlichten Quellen. Das erste Werk handelt von der Gnadenkirche, das zweite von den Sammlungen der Wallenberg-Bibliothek und das dritte von der Geschichte der Stadt. Dies sind heute bedeutende Veröffentlichungen, denn viele von Perschke zitierte Archivquellen haben unsere Zeit nicht überlebt. Zur Sammlung der Wallenberg-Bibliothek gehörte sein Portrait, das sich heute in der Sammlung des Webereimuseums in Landeshut befindet.
Er verstarb am 21. Februar 1840.
Stadtrichter Perschke aus Mittelwalde wird im November 1816
neuer Bürgermeister in Landeshut.
(Quelle: Schlesische Provinzialblätter Bd. 64, 11. Stück, Nov. 1816, S. 453)
Bürgermeister Perschke wird erneut als Bürgermeister gewählt
und in seinem Amt bestätigt.
(Quelle: Schlesische Provinzialblätter Bd. 86, 8. Stück, Aug. 1827, S. 183)
Wilhelm Karl Adolph Perschke
Nachruf für Wilhelm Karl Adolph Perschke - Teil I
(Quelle: Schlesische Provinzialblätter, Bd. 111, 3. Stück, März 1840, S. 294)
Nachruf für Wilhelm Karl Adolph Perschke - Teil II
(Quelle: Schlesische Provinzialblätter, Bd. 111, 3. Stück, März 1840, S. 295)
Nachruf für den Sohn Friedrich Wilhelm Perschke
(Quelle: Schlesische Provinzialblätter, Bd. 117, 2. Stück, Febr. 1843, S. 231)
Gustav Uhden (1820 - 1865)
Bürgermeister Uhden aus Trebnitz wurde im August 1840 neuer Bürgermeister in Landeshut. Dieses Amt bekleidete er bis 1847.
Am 18. Januar 1842 heiratete er T. Sophie Heinze, Tochter des verstorbenen Kämmerers Heinze.
Er verstarb bereits im Alter von nur 45 Jahren im Jahre 1865.
Bürgermeister Uhden aus Trebnitz wird im August 1840 neuer Bürgermeister in Landeshut.
(Quelle: Schlesische Provinzialblätter, Bd. 112, 8. Stück, Aug. 1840. S. 163)
Am 18.01.1842 heiratete Bürgermeister T. Sophie Heinze, Tochter des
verst. Kämmerers Heinze.
(Quelle: Schlesische Provinzialblätter, Bd. 115, 2. Stück, Febr. 1842, S. 193)
Bürgermeister Buchwald
Am 10. November 1847 wurde der nach mehreren Zwischenfällen gewählte Bürgermeister Buchwald in sein Amt eingeführt (Quelle: Zimmermann, Otto: Chronik der Stadt Landeshut in:
Schlesischer Gebirgsbote, Heft Nr. 7/1988).
Am 12. Februar 1848 heiratete er in Breslau Mar. Theres. Frieder. Müller. Ein gemeinsamer Sohn wurde am 15. Dezember 1848 geboren.
Neuer Bürgermeister von Landeshut ist Herr Buchwald.
(Schlesische Provinzialblätter, Bd. 126, 11. Stück, Nov. 1847, S. 449)
Am 12.02.1848 heiratete in Breslau Bürgermeister Buchwald
Mar. Theres. Frieder. Müller.
(Quelle: Schlesische Provinzialblätter, Bd. 127, 2. St. Febr. 1848, S. 186)
Bürgermeister Seeliger
Am 23. April 1851 erfolgte die Amtseinführung des Appellationsgerichts-Referendars Seeliger zum Bürgermeister von Landeshut (Quelle: Zimmermann, Otto: Chronik der Stadt Landeshut in: Schlesischer Gebirgsbote, Heft Nr. 7/1988).
Er verstarb am 27. September 1865.
Hermann Marzahn (1834 - 1915)
Er war Bürgermeister von Landeshut in den Jahren 1866 - 1875.
Die Stadtverordneten wählten den bisherigen Beigeordneten aus Pyritz am 7. Dezember 1865. Am 4. Februar 1866 traf Hermann Marzahn in Landeshut ein. Die Kavallerie des Bürgerschützen-Corps ritt ihm bis Wernersdorf entgegen und geleitete seinen Wagen in die Stadt. Im Saal des Gasthofes "Zum Raben" hatten sich die städtischen Amtsträger versammelt und hier hielt der Kämmerer und Beigeordnete Thamm die Begrüßungsrede. Dann begab sich der Bürgermeister Marzahn in den Saal des Gasthofes "Zu den drei Bergen" und begrüßte die hier aufgestellten Bürgerschützen. Am 8. Februar fand die amtliche Einführung des neuen Bürgermeisters durch den Königlichen Landrat von Kützow statt. Um 8 Uhr Kirchgang unter Begleitung des Bürgerschützen-Corps, danach Übergabe der Bestätigungsurkunde der Königlichen Regierung zu Liegnitz im Conventzimmer durch den Königlichen Landrat von Kützow und um 2 Uhr Diner im Gasthof "Zum Raben".
Im Jahre 1873 ging Marzahn zusammen mit einem Rechtsbeistand nach Berlin, um im dortigen Handelsministerium um Unterstützung für die Entwicklung der Stadt Landeshut zu bitten. Schon während seiner Amtszeit gab es stürmische Diskussionen über den Bau eines neuen Rathauses.
Mit Einführung der Standesämter in Preußen zum 1. Oktober 1874 wurde Bürgermeister Marzahn auch zugleich der 1. Standesbeamte in Landeshut. Das 1. Paar, dessen Ehe vor dem Standes-beamten geschlossen wurde, war der Kaufmann Barchewitz mit seiner Braut, geb. Scholz.
Marzahn war ein Naturliebhaber, insbesondere schwärmte er für das Riesengebirge. In Landeshut leitete er 10 Jahre lang einen Kreis von Fremdenführern. Er verstarb am 28. September 1915 in Löwenberg im Alter von 82 Jahren.
Im Jahre 1867 gab er folgende Publikation heraus: Bericht des Magistrats über die Verwaltung und den Stand der Gemeindeangelegenheiten der Stadt Landeshut in Schlesien.
Bericht über die Verabschiedung des Bürgermeisters Marzahn in der Zeitung "Der Bote aus dem Riesengebirge", Heft Nr. 8/1875.
August Pfuhl (1833 - 1900)
August Pfuhl war in den Jahren 1875 - 1900 Bürgermeister von Landeshut. Während seiner Amtszeit wurden viele Bauvorhaben verwirklicht.
- Am 20. Oktober 1890 erfolgte die feierliche Einweihung der neuen Volksschule in der Altstadt für 1.000 Schüler, unter Beteiligung der Geistlichen beider Kirchengemeinden. Anwesend waren neben Bürgermeister Pfuhl u. a. auch Rektor Langner und Rektor Jöptner.
- Mit dem Bau eines neuen Schlachthofes wurde im Jahr 1899 begonnen. Dieser Bau kostete damals 90.000 Mark. Am 10. November 1890 erfolgte die Inbetriebnahme.
- Im Jahre 1899 wurde mit dem Bau eines neuen Bankgebäudes begonnen.
- Ebenfalls während der Amtszeit des emsigen Bürgermeisters Pfuhl wurde auf dem Marktplatz ein Denkmal für Graf Eberhard zu Stolberg-Wernigerode nach den Plänen von Johann Pfuhl (1846 - 1914) errichtet.
25 Jahre lang leitete August Pfuhl die Geschicke der Stadt Landeshut. Er starb am 25. August 1900. Zu seinen Ehren benannte die Stadt eine Straße nahm ihm und ließ 1905 einen Gedenkstein errichten.
Bericht über die Einführung des neuen Bürgermeisters Pfuhl in der Zeitung "Der Bote aus dem Riesengebirge", Heft Nr. 30/1875.
Richard Burkhardt
Richard Burkhardt, Stadtrat der Stadt Halberstadt und Rechtsanwalt, wurde am 24. Oktober 1900 zum neuen Bürgermeister von Landeshut gewählt und trat am 29. Dezember 1900 sein Amt an. Am 11. Januar 1900 erhielt Landeshut neue Straßennamen und Hausnummern. Auf Initiative des Bürgermeisters wurden die angrenzenden Gemeinden Nieder-Leppersdorf und Nieder-Zieder, in denen sich die Industrie entwickelte, in die Stadt eingemeindet. Während seiner Amtszeit wuchs die Stadt von 365 auf 1.160 ha und die Einnahmen des Stadthaushaltes stiegen deutlich an. Er war von Natur aus sehr sparsam und die Entwicklung der Stadt lag ihm sehr am Herzen. Dafür war er in ganz Niederschlesien bekannt.
Im Jahre 1903 wurde der Bau eines neuen Rathauses genehmigt. Mit der Bauausführung wurde Stadtbaumeister Wilhelm Fisch beauftragt. Ebenfalls in diesem Jahr wurde von Bethlehem aus eine 6 km lange Wasserleitung gelegt, die für die sich entwickelnde Industrie von großer Bedeutung war. 1904 gründete Burkhardt den Stadtverschönerungsverein. Die Zahl der Straßenlaternen stieg 1908 von 100 auf 185. Auf Initiative des Bürgermeisters wurde neben der Grundschule ein Spielplatz errichtet. Das ehemalige Schulgebäude in Nieder-Zieder wurde in ein Altersheim umgewandelt.
Er plante die Errichtung eines Abwassersystems für die ganze Stadt. Leider kam der 1. Weltkrieg und die Pläne konnten nicht realisiert werden. Die Stadtverwaltung musste sich in dieser schweren Stadt um die Nahrungsmittelhilfe für die hungernde Bevölkerung kümmern.
Richard Burkhardt wurde 1914 für eine weitere Amtszeit von 12 Jahren gewählt, schied jedoch krankheitsbedingt früher aus seinem Amt aus. Er verließ 1919 Landeshut und kehrte in seine Heimat Halberstadt zurück.
Gustav Proll
Gustav Proll war einige Jahre der 2. Bürgermeister von Landeshut. Hohe Verdienste hatte er sich aber bereits in der Vergangenheit in der Gewerkschaftsarbeit erworben. Im Jahre 1897 wurde die Filiale des Verbandes aller in der Textilindustrie beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen Deutschlands gegründet. Die Gründung erfolgte in einer Privatwohnung, und erst mit dem Erwerb des Gasthauses "Zur Sonne" in Nieder-Zieder hatte man ein festes Versammlungslokal. Innerhalb von 10 Jahren wuchs der Textilarbeiter-Verband in Landeshut von 27 Mitgliedern auf weit über 1.000 Mitglieder. Die zunächst nebenamtlich verrichtete Arbeitersekretariatsarbeit war aufgrund dessen so stark angewachsen, dass zu ihrer Bewältigung Gustav Proll angestellt wurde. Seine geleistete Arbeit zur Erhaltung der Organisation und ihrem weiteren Ausbau fand im ganzen Kreis und darüber hinaus vollste Anerkennung.
Während seiner Tätigkeit als 2. Bürgermeister erwarb er sich sehr schnell die volle Anerkennung bei den Bürgern der Stadt und auch den Angehörigen anderer Parteien, da er stets bemüht war, jedermann gerecht zu werden. Ihm war es auch zu verdanken, dass man zu Stadtratssitzungen im bürgerlichen Anzug erscheinen konnte und nicht, wie früher üblich, in Rock und Zylinder.
Lange konnte Proll aber dieses Amt nicht ausüben, da eine schwere Krankheit ihn daran hinderte. Seine Beisetzung fand unter großer Beteiligung der Bevölkerung statt. Ihm zu Ehren erhielt die Brücke über den Bober den Namen "Proll-Brücke".
Seine Stelle als 2. Bürgermeister übernahm der Sozialdemokrat Otto Fechner im Jahr 1922.
Beisetzung von Gustav Proll im Jahr 1922
Die Grabstätte von Gustav Proll
Otto Fechner
Nach dem frühen Tod von Gustav Proll wurde Otto Fechner im Jahr 1922 der zweite Bürgermeister von Landeshut.
Bürgermeister Otto Fechner überreicht den
siegreichen Turnern den Sportpokal.
Bürgermeister a. D. Otto Fechner bei einem Demonstrationsvortrag
auf der Reichstagung schwedischer Ärzte in Stockholm.
Kurt Feige (1883 - 1954)
Kurt Feige erblickte am 10. Oktober 1883 in Oppeln das Licht der Welt. Im Jahr 1919 wurde er Nachfolger des verdienten 1. Bürgermeisters Richard Burkhardt. Er übte dieses Amt bis 1931 aus. Es waren Jahre, die geprägt waren vom politischen Zusammenbruch, der Inflation, der Hungersnot und der Arbeitslosigkeit.
Nach seiner juristischen Ausbildung und Erfüllung der Militärzeit bei den Königsgrenadieren in Liegnitz war er zunächst in der Verwaltung der Stadt Kreuzburg OS. tätig. Danach folgte er einem Ruf nach Landeshut. Er wurde Stadtrat und 2. Bürgermeister. Bereits in diesem Amt, das in die Zeit des 1. Weltkrieges fiel, erwarb er sich große Verdienste. Gemeinsam mit dem 1. Bürgermeister Richard Burkhardt versuchte er der hungernden Landeshuter Bevölkerung zu helfen. Im Herbst 1917 und während des folgenden Winters herrschte eine große Kartoffelnot. In dieser verzweifelten Lage reiste Kurt Feige in das Ernährungsministerium nach Berlin. Dort wurde er an den Oberpräsidenten in Stettin verwiesen, der wiederum verwies ihn nach Greiffenberg in Pommern. Dort erhielt er jedoch anstelle von Kartoffeln einen Waggon Kohlrüben für seine hungernden Landeshuter Bürger.
Die ersten Jahre seiner Amtszeit als 1. Bürgermeister waren geprägt durch die immer rascher fortschreitende Geldentwertung. Um die Zahlungsknappheit abzuschwächen, ließ die Stadtverwaltung in einer Breslauer Großdruckerei städtisches Notgeld in 5-Mark-Scheinen drucken, das von Kurt Feige und Sparkassendirektor Scharke in großen Koffern selbst abgeholt wurde. Durch Überdrucke sind diese Scheine später in ihrem Nennwert weit erhöht worden, so dass sie zeitweise auf 20 Milliarden lauteten.
Aber nicht nur schwere Zeiten begleiteten seine Amtszeit. Er konnte als Bürgermeister für seine Stadt auch schöne Erfolge verzeichnen. Sein schönstes und sichtbarstes Werk ist die Errichtung des Freibades am Bober unterhalb des Sternbusches. Als die Webschule in Schömberg aufgelöst wurde, setzte Bürgermeister Feige gemeinsam mit Vertretern der Industrie durch, dass die neue Webschule nach Landeshut kam. Die Höhere Töchterschule wurde in eine sechsstufige Mittel-schule umgewandelt, die mit dem Zeugnis der mittleren Reife abschloss. Trotz erheblicher Proteste erwarb er sich auch besondere Verdienste durch die Eingemeindung von Ober -Leppersdorf, wozu auch der Gutsbezirk Kreppelhof gehörte, die ohne jegliche Bedingungen erfolgte. Durch diese Eingemeindung stieg die Einwohnerzahl um 1.250 Personen.
Mit Wirkung vom 30. Juni 1931 schied Bürgermeister Kurt Feige aus seinem Amt aus und ließ sich als Rechtsanwalt in Liegnitz nieder. Sein Nachfolger im Amt des 1. Bürgermeisters wurde Günther Ries. Nach der Vertreibung war Kurt Feige seit 1946 als Rechtsanwalt und Notar in Stadtoldendorf tätig. Er starb am 7. September 1954 in Wilhelmshaven.
Städt. Notgeld (Vorderseite)
Städt. Notgeld (Rückseite)
Diesen Gutschein im Wert von 100 Mark gab die Stadthauptkasse Landeshut am 16. September 1922 heraus. Er trägt u. a. die Unterschrift des damaligen Bürgermeisters Feige. Auf der Rückseite befindet sich der Spruch: "Geht Dir der Rat aus, gehe zum Rathaus". Dieser Spruch ist auch in einem Glasfenster des Treppenhauses enthalten.
Notgeldschein 500 Mark
(zur Verfügung gestellt von Herrn Bartosz Bebenek)
Dieses Notgeld im Wert von 1 Million Mark gab die Stadthauptkasse Landeshut während der Inflationszeit am 14. August 1923 heraus. Auch dieser Notgeldschein trägt u. a. die Unterschrift des damaligen Bürgermeisters Feige.
Günther Ries 1900 - 1981)
Günther Ries wurde am 1. Juli 1931 Nachfolger des verdienten Bürgermeisters Kurt Feige und war damit das letzte demokratisch gewählte Stadtoberhaupt von Landeshut. Das Licht der Welt erblickte er zwar am 08.03.1900 in Brake an der Unterweser, aufgewachsen ist er aber in Birkenfeld, das damals - und zwar seit dem Wiener Kongress - zum Großherzogtum Oldenburg gehörte und eine Exklave bildete. Es liegt an der Nahe, also zwischen Rhein und Saar. Nach dem Abitur studierte er an den Universitäten Bonn und Jena Jura, aber auch Musik. Einen großen Teil seiner Ausbildungszeit als Referendar absolvierte er in Preußen.
Als 23jähriger wurde er völlig unvorgesehen vom Oldenburgischen Staatsministerium in die Verwaltung der Stadt Oberstein berufen. Durch die französische Besatzung und die damit zusammenhängende Separatistenunruhen hatte die Stadt besonders zu leiden. Sämtliche leitenden Beamten waren ausgewiesen worden, so dass der junge Gerichtsassessor Ries die städtische Verwaltung selbstständig leiten musste.
Bevor er sich um das Amt des Stadtoberhauptes von Landeshut bewarb, war er von 1928 bis 1931 als Richter am Amtsgericht (Westerstede (Oldenburg) tätig. Zur Wahl standen 1931 drei Kandidaten, Magistratsrat Dr. Knaak-Reichenbach, Magistratsrat Dr. Damrau-Hagen aus Westfalen und der Richter aus Westerstede Günther Ries. Für Günther Ries stimmten 21 Stadtverordnete, lediglich drei Stimmzettel waren unbeschrieben. Damit war er für die gesetzliche Amtsdauer von 12 Jahren zum Ersten Bürgermeister gewählt.
Ähnlich wie sein Vorgänger im Jahre 1919 trat auch Günther Ries sein Amt unter sehr ungünstigen Voraussetzungen an. Schwere Aufgaben warteten auf den neuen Bürgermeister und eine noch schlimmere Zeit sollte folgen, die damals jedoch niemand vorhersehen konnte. Arbeitslosigkeit und die mit ihr verbundene Not, eine katastrophale Finanzlage der Stadt, der politische Umbruch sowie der Ausbruch des zweiten Weltkrieges prägten seine Amtszeit. Aber mit sehr viel Geschick und hohem Verantwortungsbewusstsein meisterte er diese schwierige Zeit und schied nach zwölf Jahren 1943 aus dem Amt aus. Eine Wiederwahl wurde von der damals herrschenden Partei verhindert.
In diesen zwölf Jahren war er aber nicht nur als erster Bürgermeister für Landeshut überaus verdienstvoll tätig, auch an der Entwicklung des Musiklebens war er aktiv beteiligt. Er gründete den Madrigal-Chor, der bei den Deutschen Musiktagen in Görlitz mit Erfolg auftrat. Aufführungen fanden auch in den Städten Breslau und Frankfurt an der Oder statt. Die Musik bedeutete Günther Ries seit seiner Jugend sehr viel. Daher hatte er neben Jura auch einige Semester Musik studiert. Nach einem arbeitsreichen und anstrengenden Tag vermittelte sie ihm Ausgleich und Entspan-nung. Große Freude bereitete ihm das Musizieren mit gleichgesinnten Freunden, so z. B. mit seinem Schömberger Amtskollegen Dr. Georg Schramm.
Aus der Ehe mit der Bildhauerin Gertrud, geb. Hahlo stammt Sohn Peter Ries, ein bekannter deutscher Theaterregisseur, Autor und künstlerischer Leiter von Theaterfestivals. Das künstlerische Talent hatte er von seinen Eltern geerbt.
Nach dem Krieg war Günther Ries von 1946 bis 1966 ununterbrochen im Justizdienst tätig, zuletzt als Landgerichtspräsident in Hannover. Er starb am 21. März 1981 in Hannover und wurde auf dem Oldenburger Gertruden-Friedhof beigesetzt.
Günther Ries
Otto Sendler
Otto Sendler kam aus Liebau. Dort hatte er im Jahre 1935 den damaligen Bürgermeister Josef Schmitz abgelöst.
In Landeshut übte er das Amt in den Jahren 1944 - 1945 aus. Damals wurde im Ratssaal des Rathauses eine kleine 15-stimmige Orgel eingebaut.
Otto Sendler verstarb in einem russischen Lager in Mecklenburg (Quelle: Heimatbrief des Riesengebirgs-Osten von Mai 1949)
Der Bürgermeisterstuhl:
Dieser Stuhl befindet sich heute im Niederschlesischen Webereimuseum in Landeshut.
Ein stimmungsvolles Bild des Rathauses
Ein stimmungsvolles Bild des Rathauses
Hermann Ruppin und Erna, geb. Peritz, auf der Rathaustreppe nach der standesamtlichen Trauung (Aufnahme: 29.07.1928)
(Bild von Frau Gerda Dykmans, geb. Wolf, Gent in Belgien)
Hochzeitsgesellschaft vor dem Rathaus nach der standesamtlichen Trauung.
Das Luftschiff "Graf Zeppelin" überquerte am 24.06.1930 Landeshut und das Rathaus.
(Bild von Herrn Bartosz Bebenek)
Die Landeshuter Polizeiwache:
Im Neuen Rathaus war auch die Polizeiwache untergebracht, die sich im Kellergeschoss befand. Der Eingang war am Ende des Rathauses links. Der zuständige Leiter war Polizeiinspektor Engler. Sein Nachfolger wurde Polizei-Leutnant Ewald Wahn.
Als eines Tages die alte Polizei-Wache im Rathaus zu klein wurde und die Post in das neue Gebäude an der Bahnhofstraße umzog, verlegte man die Polizeistation in das alte Postgebäude an der Wallstraße.
Anzeige aus der Zeitung "Der Bote aus dem Riesengebirge",
Heft Nr. 22/1864.
Polizeibeamte im Jahr 1905
Von links nach rechts: Riemer, Brückner, Förster, Hübner, Raupach und Kümmel.
Der Landeshuter Ratskeller:
Der Eingang zum Ratskeller befindet sich an der rechten Ecke des Rathausgebäudes. Über dem Eingang befindet sich ein Relief aus Sandstein, das den bärtigen Gambrinus mit einem Bierkrug darstellt. Dieser Gambrinus war Johann I., Herzog von Lothringen und Brabant (1261 - 1294), begraben in Brüssel. Er gilt als der Erfinder des Bieres. Im Brauereimuseum in München gibt es ein Bild dieses Grafen mit folgender Bildunterschrift:
"Im Leben ward ich Gambrinus genannt, König zu Flandern und Brabant. Ich hab aus Gerste Malz gemacht und Bierbrauen zuerst erdacht. Drum können die Brauer sagen, dass sie einen König zum Meister haben."
(Gambrinus, König zu Flandern und Brabant)
Der Ratskeller verfügte über eine sehr stilvolle Einrichtung und eine entsprechende Ausstattung, die für Feste eine günstige Atmosphäre bot. Der Innenraum war mit Deckenbalken, Holztäfelungen und Jugendstilmöbeln ausgestattet. Der große Speisesaal war mit Buffet und Küche sowie mit der Kellerwohnung des Pächters verbunden. Die Fenster waren mit Buntglas verziert. Hergestellt wurden sie in der Werkstatt von Oskar Ehrbeck in Breslau.
An das Untergeschoss des Rathauses schließt sich ein Turmzimmer an, in dem ein von der Firma Sachse & Co. aus Halle errichteter Heizraum für die Zentralheizung untergebracht war. An dieser Stelle wurde am 23. Juni 1904 der Grundstein für den Bau des Rathauses gelegt.
Der Ratskeller war verpachtet. Pächter waren Eugen Imm, später Ludwig Jaehn.
Quelle:
- Skoczylas - Stadnik, Barbara: Ratusz W Kamiennej Górze
Der Eingang zum Ratskeller.
Gambrinus mit dem Bierkrug über dem Eingang, der Erfinder des Bieres.
Das Landeshuter Ratskeller
Der Landeshuter Ratskeller
Das folgende Foto zeigt Mitglieder eines Stammtisches im Ratskeller
(Aufnahme: Weihnachten 1941)