Erlendorf (Olszyny)
(Verfasser: Hella Tegeler)
Erlendorf liegt etwas nördlich von Schömberg und gehört heute mit 322 Einwohnern zur Landgemeinde Kamienna Góra (Landeshut). Diesen Ortsnamen gibt es erst seit 1929. Am 01.04.1929 erfolgte der Zusammenschluss der Landgemeinden Kratzbach und Leuthmannsdorf zur neuen Landgemeinde Kratzbach. Die Umbenennung des Ortsnamens Kratzbach in Erlendorf geschah am 28.11.1929.
Kratzbach wurde 1287 unter der damaligen Ortsbezeichnung "Caczbach" gegründet. Der damalige Grundherr war Witigo von Upa und Schwabenitz. Später ging der Ort in den Besitz des Klosters Grüssau über. Die Gründung des Ortes Leuthmannsdorf geht auf das Jahr 1343 zurück. Der Ortsname lautete "Lutoldi villa". Auch dieser Ort gehörte zum Klosterbesitz.
Die zuständigen Kirchen für beide Konfessionen und auch das Standesamt befanden sich in Schömberg. Im Ort gab es 1 katholische Schule. Einwohnerzahl: 1925 = 521 (davon 38 evangelisch), 1939 = 500. Erlendorf war ein reines landwirtschaftlich geprägtes Dorf. Fast 70 % aller Bewohner waren in der Landwirtschaft tätig.
Quellen:
- Anhang aus dem Adressbuch von 1911 des Kreises Landeshut
- Knie, J. G.: Übersicht der Dörfer, Flecken und Städte der königl. preuß. Provinz Schlesien, 1845
- Pohlendt, Heinz: Die Landeshuter Passlandschaften, Priebatschs Buchhandlung Breslau 1938
- Schlesischer Gebirgsbote
- Zimmermann, Friedrich Albert: Beyträge zur Beschreibung von Schlesien, 5. Band, 1785
Die Scholtiseien:
Quelle:
- Taube, Tilmann: Die bäuerliche Führungsschicht im Grüssauer Klosterland von ca. 1550 bis 1750, Selbstverlag 2003
1. Scholtisei Kratzbach:
Soweit erforscht, stellt sich die Besitzerfolge wie folgt dar:
I. Generation: Hans Hanning Erb- und Gerichtsscholze in Kratzbach ab 1566.
Im Jahr 1569 trat er die zur Scholtisei gehörende Mühle an das Stift Grüssau ab.
I. Generation: Lücke ca. 1590 - 1600
III. Generation: Christoph Pohl EuGS um 1620
IV. Generation: Michael Weyrauch EuGS 1676
Nach der Anzeige in der Zeitung "Der Bote aus dem Riesengebirge" (s. unten) gehörte die Scholtisei im Jahre 1858 einem Herrn Fichtner.
Anzeige aus der Zeitung "Der Bote aus dem Riesengebirge",
Heft Nr. 23/1858.
2. Scholtisei Leuthmannsdorf:
Soweit erforscht, stellt sich die Besitzerfolge wie folgt dar:
I. Generation: Hans Hiltmann Erb- und Gerichtsscholze in Leuthmannsdorf 1595
II. Generation: Michel Meissner EuGS ca. 1620
III. Generation: Georg Hoffmann EuGS vor 1647
IV. Generation: Heinrich Hübner EuGS 1676
V. Generation: Christian Raupach EuGS um 1719
Nach den Anzeigen in der Zeitung "Der Bote aus dem Riesengebirge" (s. unten) gehörte die Scholtisei im Jahre 1830 einer Frau Neumann und 1863 einem Herrn Kuhn.
Anzeige aus der Zeitung "Der Bote aus dem Riesengebirge",
Heft Nr. 15/1830.
Anzeige aus der Zeitung "Der Bote aus dem Riesengebirge",
Heft Nr. 52/1863.
3. Vorwerk Leuthmannsdorf:
Soweit erforscht, stellt sich die Besitzerfolge wie folgt dar:
I. Generation: Georg Fischer Vorwerksbesitzer in Leuthmannsdorf 1595, 1620
(Es ist zur Zeit nicht klar, ob es sich um denselben Georg
Fischer oder vielleicht um Vater und gleichnamigen
Sohn handelt.)
II. Generation: Lücke in der Besitzerfolge um 1640/50
III. Generation: Martin Winkler Vorwerksbesitzer 1676
Kleine Kapelle:
Bild von Herrn Arnold Wittwer, Bensheim - Aufnahme: 2016)
Bild von Herrn Arnold Wittwer, Bensheim - Aufnahme: 2016)
Die Schule:
Bis zum Zusammenschluss der Landgemeinden Kratzbach und Leuthmannsdorf befand sich die katholische Schule in Leuthmannsdorf. Kurz vor Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde ein neues Schulgebäude errichtet, da die alte Schule nicht mehr den Erfordernissen entsprach.
Folgende Lehrer waren an der Schule tätig:
1911 = August Heinzel
1925 = August Heinzel
1938 = Hildegard Haupt
Das Schulgebäude - Altbau
Schulrat Feldotto vor dem neuen Schulgebäude
(Aufnahme: vor dem Krieg)
Drei Erlendorfer besuchen ihre frühere Schule.
(Bild von Herrn Arnold Wittwer, Bensheim - Aufnahme: 2016)
Die Gastronomie:
Seit der Zusammenlegung der Gemeinden Leuthmannsdorf und Kratzbach zur Gemeinde Erlendorf verfügte der Ort über 3 Gasthöfe:
- Haus Nr. 74 (Leuthmannsdorf) Gasthof "Zum eisernen Kreuz"
- Haus Nr. 80 (Leuthmannsdorf) Oberkretscham (Berthold Müller)
- Haus Nr. 108 (Kratzbach) Niederkretscham (Raabe)
Haus Nr. 74 - Gasthof "Zum eisernen Kreuz"
(Besitzer: Land- und Gastwirt August Stief)
Haus Nr. 74 - Gasthof "Zum eisernen Kreuz"
(Bild von Herrn Arnold Wittwer, Bensheim - Aufnahme: 2016)
Bäckerei und Warenhandlung Josef Lindner
Haus Nr. 9 - Familie Robert Müller
(Bild von Herrn Arnold Wittwer, Bensheim - Aufnahme: 1940)
Haus Nr. 9 - Familie Robert Müller
(Bild von Herrn Arnold Wittwer, Bensheim - Aufnahme: 2016)
Haus Nr. 40 - Familie Richard Ulbrich (Aufnahme: 1958)
Haus Nr. 95 - Bauergutsbesitzer Paul Stief Stief
Haus Nr. 99 - Familie Alfred Beer (Aufnahme: 2001)
Gewerbetreibende in Kratzbach
Auszug aus dem Amtlichen Adressbuch für Industrie, Handel und Gewerbe des Jahres 1927.
Gewerbetreibende in Leuthmannsdorf
Auszug aus dem Amtlichen Adressbuch für Industrie, Handel und Gewerbe des Jahres 1927.
Ansichten von Erlendorf:
Alle folgenden Bilder stellte Herr Arnold Wittwer aus Bensheim zur Verfügung.
Bilder aus dem Alltag:
August Stief bei der Feldarbeit - Haus Nr. 62
(Bild von Herrn Bernhard Stief)
Brüder Stief - Haus Nr. 62 (Aufnahme: 1939)
(Bild von Herrn Bernhard Stief)
Erntefest in Erlendorf, die Landjugend mit dem Erntekranz.
Getreideernte 1943
Von rechts: Frau Müller, Arnold Wittwer und Liese Wittwer, geb. Müller.
(Bild von Herrn Arnold Wittwer aus Bensheim)
Mechanische Weberei Josef Lerch & Söhne:
Der Firmengründer Josef Lerch wurde am 3. März 1876 in Zabors im Bezirk Weckelsdorf (Böhmen) geboren. Nach der Schulausbildung erlernte er das Müllerhandwerk. Im Jahre 1913 erwarb er in der damaligen Gemeinde Kratzbach (später Erlendorf) die dortige Wassermühle, die er im Verlauf der Jahre modernisierte und eine eigene Turbinenanlage für die Erzeugung des elektrischen Stroms für seine Grundstücke baute. 1928 wurde eine Weberei angegliedert, die zunächst als Lohnweberei für andere Textilbetriebe tätig wurde. Schon sehr bald reichten die Räumlichkeiten aber nicht mehr aus, und so errichtete er in unmittelbarer Nähe des Mühlengrundstückes eine eigene Weberei, die durch mehrfache Erweiterungsbauten zu einer ansehnlichen Fabrik ausgeweitet wurde.
Unterstützung erhielt Josef Lerch von seinem Sohn Rudolf. Dieser trat nach dem Besuch der höheren Textilfachschule in Sorau als Textilkaufmann in den väterlichen Betrieb ein. Die Firma entwickelte sich stetig weiter und die Geschäftsbeziehungen dehnten sich auf ganz Deutschland aus.
Josef Lerch war auch auf kommunalpolitischem Gebiet tätig. Viele Jahre war er Mitglied des Gemeinderates und war an den Beschlüssen, die zur Zusammenlegung der beiden Dörfer Kratzbach und Leuthmannsdorf zu dem Ort Erlendorf geführt haben, beteiligt.
Im Jahre 1946 kam die Familie Lerch nach Dassel im Kreis Einbeck. Der Neuanfang war sehr schwer. Aus Fabriktrümmern bombenzerstörter Betriebe wurden noch reparaturfähige Webstühle angekauft und mit eigener Hand wieder betriebsfähig gemacht. Unter der Leitung seines Sohnes Rudolf entstand im Laufe der Jahre unter der Firmenbezeichnung Gebr. Lerch GmbH & Co. KG ein großer Textilbetrieb. Das Werk von Josef Lerch wird somit erfolgreich weitergeführt.
Firmengelände der Weberei Lerch vor dem Krieg
Weberei und Mühle Lerch
(Aufnahme: Herr Alois Wiener, zur Verfügung gestellt von Herrn
Arnold Wittwer aus Bensheim)
Weberei und Mühle Lerch
(Aufnahme: Herr Manfred Schremmer, zur Verfügung gestellt
von Herrn Arnold Wittwer)
Weberei und Mühle Lerch
(Aufnahme: Herr Manfred Schremmer, zur Verfügung gestellt
von Herrn Arnold Wittwer)
Die frühere Weberei Lerch im Jahre 2016.
(Das Bild wurde von Herrn Arnold Wittwer aus Bensheim zur Verfügung gestellt).
Josef Lerch (03.03.1876 - 10.09.1956)
Das Firmengelände in Dassel, Kreis Einbeck
Gefallene des 1. Weltkrieges - Kratzbach:
Aus den Verlustlisten (VL) der Gefallenen des 1. Weltkrieges ergeben sich für Kratzbach folgende Namen:
- Bock Josef VL vom 30.03.1915 - Seite 5589
- Herda Emil VL vom 02.08.1916 - Seite 13722
- Hoffmann Albert * 17.09. ? VL vom 26.09.1917 - Seite 20852
- Krause Bruno * 18.02.1894 VL vom 19.05.1917 - Seite 18554
- Martin Paul VL vom 27.09.1914 - Seite 569
- Schiller Hermann VL vom 16.09.1915 - Seite 8790
- Schruth Franz * 14.01.1896 + 04.09.1916 (Angabe von Frau Dr. Schruth)
- Tatsch Adolf VL vom 16.03.1915 - Seite 5301
- Tatsch Richard VL vom 30.06.1915 - Seite 7304
- Teichmann Wilhelm * 07.01. ? VL vom 19.09.1917 - Seite 20713
Diese Aufstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Gefallene des 1. Weltkrieges - Leuthmannsdorf
Aus den Verlustlisten (VL) der Gefallenen des 1. Weltkrieges ergeben sich für Leuthmannsdorf folgende Namen:
- Elsner Heinrich * 12.08.1895 VL vom 08.09.1919 - Seite 30968
- Elsner Richard * 04.07.1897 + 20.09.1918 VL vom 02.04.1919 - Seite 29793
- Grallert Heinrich * 14.07. ? VL vom 01.07.1918 - Seite 24707
- Hörnig Reinhold * 07.05. ? VL vom 24.07.1918 - Seite 25225
- Meier Hugo VL vom 07.04.1916 - Seite 11932
- Penke Alfred VL vom 08.08.1916 - Seite 13874
- Stief Heinrich VL vom 29.09.1915 - Seite 9076
- Vogt August VL vom 02.06.1915 - Seite 6666
- Werner Richard * 31.12.1883 + infolge VL vom 17.04.1917 - Seite 18189
Krankheit
Diese Aufstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Alte Flurnamen in Erlendorf (früher Leuthmannsdorf und Kratzbach):
Quelle:
- Böcks, Fritz: Die Flurnamen im Ziedertal in: Zeitschrift "Der Wanderer im Riesengebirge", Heft Nr. 10/1925
Von Klein Hennersdorf gelangte man zunächst nach Leuthmannsdorf. Hier gab es folgende Flurnamen, wobei es sich um Ackerstücke handelte:
- der "Sonnenwirbel",
- das "Fahrrecht",
- das Hutmacherstück",
- das "Grunenfeld",
- das "Kapellenfleckchen" und
- der "Rasenstich".
Die nur durch den Ziederfluss von Leuthmannsdorf getrennte Gemeinde Kratzbach verzeichnete folgende Flurnamen:
- die "Fahre",
- die "Floß- und Mooswiese",
- das "Teichbissel" und
- die "Quere.
Von hier aus gelangte man in die schöne Bergstadt Schömberg, eine Perle des Ziedertales.