Schömberg und der Zieder:
(Verfasser: Arnold Wittwer, der auch die Bilder zur Verfügung stellte.)
Schömberg und der Zieder, das ist eine ganz besondere Geschichte. Ein ganzes Tal wurde nach ihm benannt. In Schömberg erhielt dieser Fluss aber erst seinen Namen. Je nach Jahreszeit war er mal ein kleiner Bach, mal wurde er zu einem reißenden Fluss. Viele Kindheitserinnerungen verbinden mich mit diesem Fluss.
Sein Einzugsgebiet liegt auf 600 m Höhe in den östlichen Hängen des Rabengebirges, dem Überschar- und dem Schömberger Gebirge zwischen Berthelsdorf und Schömberg.
Die Tannenquelle (Aufnahme: vor dem Krieg)
Die Tannenquelle - Aufnahme: 2016
Nach dem Zusammenfluss des Voigtsdorfer Wassers mit dem Tannengrunder Wasser (Meta hieß es in Blasdorf bis 1936) am Ziederweg, Ecke Gartenweg, entsteht hier der Zieder. Entlang dem Ziederweg und der Landeshuter Straße passiert er die Dörfer Erlendorf, Klein-Hennersdorf, Neuen, Grüssau und Ober Zieder und fließt nach ca. 16 km in Landeshut in den Bober. Der Zieder ist ein rechter Nebenfluss des Bober, dieser wiederum mündet in die Oder.
Zusammenfluss des Voigtsdorfer Wassers (von links)
mit dem Tannengrunder Wasser. (Aufnahme: 2014)
Zusammenfluss des Voigtsdorfer Wassers (von links)
mit dem Tannengrunder Wasser. (Aufnahme: 2014)
Während meiner Kinderzeit war der Zieder im Sommer ein gemütlich dahin plätschender Bach, in dem sich Forellen, Äschen und Elritze wohl fühlten und reichlich Nahrung fanden. Zur Laichzeit zogen die Forellen im Schwarm bis zu der Quelle hoch, um dort ihre Eier beim Paaren abzugeben. An solchen Tagen habe ich sehr oft auf der Holzbrücke am Haus meiner Großmutter gestanden und diesem einmaligen Schauspiel zugeschaut.
Holzbrücke vor dem Haus Weiß - Ziederweg Nr. 2
(Aufnahme: um 1930)
Das Haus der Familie Wittwer - Nr. 9 - besteht heute nicht mehr.
Ziederweg Nr. 2 - Familie Weiß, im Hintergrund die
Städtischen Häuser an der Landeshuter Straße.
(Aufnahme: 2014)
Ziederweg Nr. 2 - Familie Weiß (Aufnahme: 2014)
Standort: Brücke vor dem Haus Weiß
Standort: im Hintergrund - Haus der Familie Lahmer, Erlenweg Nr. 9
Früher war es auch üblich, dass an Waschtagen die Frauen die Wäsche im Zieder spülten. Obwohl die Arbeit sicher anstrengend war, kamen die Frauen hier zusammen und hielten dabei auch manchen Plausch. Gleichzeitig diente das Ziederwasser auch zur Bewässerung der Gärten.
Kreuzung Brücke Postweg, Ziederweg, Gartenweg und Erlenweg.
(Aufnahme: 1943)
Für uns Kinder war der Zieder etwas ganz Besonders. An warmen Sommertagen errichteten wir mit Holzdielen eine Sperre und konnten so in dem bis zum Bauch reichenden angestauten Wasser baden. Einige erlernten sogar im Zieder das Schwimmen. Ein beliebter Zeitvertreib und Mutprobe zugleich war es, über den Zieder von einem Ufer zum anderen zu springen. War eine Stelle zu breit, wurde eine Stange zur Hilfe genommen und im Stil eines Hochspringers die Breite überwunden. Fiel einer in das Wasser, ging er unter dem Gelächter und Spott seiner Freunde nach Hause. Große Begeisterung erwartete ihn daheim allerdings nicht.
Kinderidylle am Ziederweg.
Die Bergmann-Brüder vom Ziederweg Nr. 13
Die Spielkameraden vom Ziederweg
Die Spielkameraden vom Ziederweg
Schöne Kinderzeit (Aufnahme: 1. Mai 1939)
(Arnold Wittwer - Bildmitte)
Bestimmte Abschnitte des Flusses waren damals von der Stadt an Personen mit einem Angelschein verpachtet worden. Diese waren dann berechtigt, Forellen zu fangen. Als es nach dem Kriegsende keine Lebensmittel zu kaufen gab, habe ich mit meinen Freunden manche Forelle mit der Hand aus dem Zieder gefischt, sehr zur Freude meiner Mutter. Es war eine große Bereicherung für das sonst sehr spartanische Mittagessen. Rückerinnernd waren das die schmackhaftesten Forellen die ich je gegessen habe.
An der Maria-Brücke (Aufnahme: vor dem Krieg)
An der Maria-Brücke: Gabelung Ziederweg / rechts Postweg
(Aufnahme: 2014)
Blick von der Maria-Brücke auf den Zieder (Aufnahme: 2014)
Liebauer Straße - Brücke über den Zieder
Standort: Brücke Landeshuter Str. - Erlenweg, rechts im Bild: Haus der Familie Rohrlach, Ziederweg Nr. 37
Standort: Brücke Landeshuter Str. - Erlenweg
Standort: Brücke bei dem früheren Anwesen
der Familie Martin, Ziederweg Nr. 6
Standort: Brücke bei dem früheren Anwesen der
Familie Martin, Ziederweg Nr. 6
Während meiner Kinderzeit fuhren die Bauern mit Pferde- oder Ochsengespann durch den Zieder. "Furt" nannte man diese Stelle beim Anwesen von Kohlen-Wieland. Frau Stief ließ mich auch einmal das Kuhgespann durch die "Furt" fahren. Für mich als 10-jährigen Bub war das ein unvergessliches Erlebnis.
Nach einem starken Gewitter, oder im Frühjahr während der Schneeschmelze, wurde aus dem zahmen Zieder ein alles mit sich reißender Gebirgsbach. Er trat an verschiedenen Stellen über das Ufer und verursachte erhebliche Schäden. Dabei wurden u. a. große Holzstücke, Hausrat oder andere Gegenstände mitgerissen. Selbst Brücken, die zu den Häusern führten, hielten den Fluten nicht stand.
Flussbett zwischen Schömberg und Erlendorf
Am Zieder in Erlendorf
Am Zieder in Erlendorf
Der Zieder in Klein-Hennersdorf.
Der Zieder in Grüssau
Der Zieder in Grüssau
In Landeshut fließt der Zieder in den Bober.
Blick von der Boberbrücke zur Prollbrücke.
Früher besaß der Zieder noch sein natürliches Bett. In der heutigen Zeit ist das Ufer zu beiden Seiten, zumindest zwischen Schömberg und Erlendorf, mit Steinen befestigt. Forellen sucht man heute leider vergebens, da ihr Lebensraum durch die Zementierung zerstört wurde. Sie finden keine Nahrung und Versteckmöglichkeiten mehr.
Meine Erinnerung an den Zieder und die glückliche Kinderzeit wird dadurch aber nicht zerstört. Alles hat seine Zeit, Schömberg und der Zieder bleiben unvergessen.